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Laufberichte

Laufsport im Weltkulturerbe

 

Für einen Marathonsammler, der in Wien lebt, ist der Wachau Marathon mit rund 10.000 Läufern in allen Disziplinen ein Fixpunkt, außer man möchte seine Länderbilanz erweitern, dann kann man am zweiten Sonntag im September alternativ  in Köln, Tallinn oder Vilnius laufen.

Meine Laufambitionen werden seit geraumer Zeit von auftretenden Schmerzen im Bereich des linken Hüftgelenks etwas gedämpft. So habe ich letzten Sonntag einen geplanten Marathon ausgelassen, um ja für heute fit zu sein. Doch nach einem Ausrutscher auf nassen Fliesen gestern Abend im Bad, kehrte der zugegeben leichte Schmerz beim Gehen zurück.

2011 bin ich ein halbes Jahr mit einem eingerissenen Meniskus Marathons gelaufen, man gewöhnt sich an den Schmerz. Doch heute steht fest, dass ich beim 17. Wachau Marathon keine mich zufriedenstellende Zeit schaffen werde. Daran denke ich, als ich um 6 Uhr früh bei Regen mit meinem Auto von Wien in das ca. 80 km entfernte Krems fahre. Überhaupt ist das Wetter seit Tagen unfreundlich, in Teilen Österreichs gab und gibt es Überschwemmungen. In der Wachau wurden seit dem Jahrhunderthochwasser im letzten Jahr und davor entsprechende bauliche Schutzmaßnahmen vorgenommen. Auf der Strecke wird es daher gewisse Engstellen geben, die mich als langsamen Läufer nicht betreffen werden.

Für Wiener gibt es einen besonderen Service, denn man kann sich vor Ort bei Sports Direct die Startnummer abholen. Am Renntag werden sogar zwei Sonderzüge von Wien nach Krems geführt. Von dort geht es weiter mit Bus, Bahn oder Schiff zu den jeweiligen Startorten in Emmersdorf (Marathon), Spitz (Halbmarathon) und Dürnstein (Vierteldistanz).

Ich nehme einen der zahlreichen Busse nach Emmersdorf, die pünktlich ab 8.20 Uhr abfahren. Im Bus spricht mich ein Holländer an, der mich in Helsinki am 16. August gesehen haben will. In Helsinki zeigte ein Läufer inmitten einer Gruppe von Italienern mit dem Finger auf mich, weil er mich erkannt hat. Ich denke, dass dies mit meinen gelegentlichen Berichten auf M4Y zu tun hat. Da fühlt man sich den Kollegen fast schon ein wenig verpflichtet.

Schon während der ca. 35minütigen Busfahrt hat der Regen aufgehört. Ich persönlich laufe sehr gerne bei etwas nassem Wetter, ein leichter Regen macht mir nichts aus. Meine Laufschuhe werden dabei etwas nass, es hat seit Tagen geregnet. Auch andere Läufer finden sich am Wasser ein. Wenn man flussaufwärts blickt, sieht man das in den Jahren 1702–1746 von Jakob Prandtauer errichtete weltberühmte Benektinerkloster Stift Melk, das wie die gesamte Region Wachau zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Ich nutze die Zeit um zu testen, wie ich mit leichten Schmerzen am besten laufen kann. Die ideale Position ist bald gefunden, möglichst langsam und mit nach innen angezogenem linken Bein. Vielleicht ist es nur ein Muskelproblem und keine Abnützung des Gelenkes. Ich werde bei Gelegenheit einen Orthopäden konsultieren.

Es ist Zeit, mich zum Start zu begeben, der für 10 Uhr vorgesehen ist. An einem der Kleiderbusse treffe ich Franz Lang, der nach längerer Zeit wieder einen Marathon angeht und wie schon so oft als pünktlicher Pacemaker eingesetzt ist. Voriges Jahr hat er beim 40. Berlin Marathon seine Gruppe exakt unter 4:15 ins Ziel gebracht. Auch vom 100 Marathon Club Austria sind etliche Kollegen am Start.

Die Gesamtstimmung im Teilnehmerfeld ist im Vergleich zum letzten Jahr aber eine Spur gedämpfter. Es könnte mit dem schlechten Wetter zu tun haben, freudige Gesichter sind nicht leicht auszumachen. Die sehr weit vorne Stehenden sind sowieso unter Druck, denn ihnen geht es um eine schnelle Laufzeit. Läufer mit Zielzeiten zwischen 4:30 bis 5 Stunden habe es nicht eilig. Sie strahlen  mehr Ruhe aus, sie haben Routine und Coolness. 

Der Marathonkurs verläuft wie gehabt am Anfang ca. 2 km aus der Ortschaft Emmersdorf hinaus flussaufwärts, bevor es in einer Schleife zurückgeht. Ich versuche mich an die 4:30er-Gruppe mit Franz als Tempomacher dranzuhängen, doch das ist für mich etwas zu schnell. Mag sein, dass Franz bewusst am Anfang anzieht, um Reserven für die zweite Hälfte zu haben. So liege ich schon auf den ersten zwei Kilometern ca. 30 bis 50 m hinter der Gruppe. Voriges Jahr bin ich am Vortag in Kärnten einen Marathon gelaufen und habe dann den in der Wachau noch mit 4:51 gefinisht. Heute spüre ich das Handicap schon am Beginn, es wird eine zähe Angelegenheit werden.

Bald kommt uns das Spitzenfeld auf der linken etwas tiefer gelegenen Laufstrecke entgegen, darunter auch der Sieger des Vorjahres, Wolfgang Waldner und der erfolgreiche zigfache Ironman Alexander Frühwirth. Die Organisation verzichtet bewusst auf die Verpflichtung laufstarker Schwarzafrikaner auf der Marathondistanz, daher reichen 2:32:02 Stunden als Siegerzeit im Jahr 2013. Beim Halbmarathon hingegen sind Streckenrekorde eingeplant, daher sind auch dieses Jahr etliche starke Kenianer am Start, die die 1h-Marke unterbieten sollen.

Ich kann nicht oft genug betonen, dass ich mich schon vor jedem Läufer verbeuge, der unter 3:30 laufen kann (wie unsere Tochter Amanda 2004 beim Vienna City Marathon, den sie als Vierzehnjährige mit 3:25 finishte), geschweige denn sub 3-Stundenläufer oder die Elite unter 2:30. Da sind Welten dazwischen, die für die meisten Hobbyläufer unüberbrückbar sind. Die sogenannten Genussläufer haben daher auch einen anderen Zugang, sonst müssten sie eigentlich gleich frustriert kapitulieren. Der Marathonlauf hat sich längst zu einem boomenden Breitensport vor allem in Kombination mit dem Städtetourismus entwickelt. Die Freude dabei zu sein, überwiegt. Die großen Citymarathons wie Berlin, London, New York, Paris, Rom haben Schlusszeiten zwischen 6 und 8 Stunden, sodass auch Powerwalker die 42,195 km schaffen können.

Nach 5 km kommen wir wieder zum Ausgangpunkt zurück, dort ist auch die erste Labestelle. Der Wachau Marathon bietet eine sehr gute Versorgung, Wasser, Iso, Cola, Bananenstücke. Im letzten Jahr gab es im weiteren Verlauf auch Riegel und Isostar-Gels.

Meine Verspätung beträgt nach 5,6 km schon fast 2 Minuten zur fast schon ominösen 6er-Zeit, die ich immer wieder erwähne und vor der ich ausgehe, wenn es gut laufen soll. Eigentlich sind die Bedingungen ideal, es hat um die 16 Grad, die Luft ist frisch, kein Wind weht, doch heute muss ich es dosiert angehen, um ins Ziel zu kommen. 

Der Wachau Marathon verläuft nicht immer abwärts, wie man aufgrund des Verlaufes der Donau meinen möchte. Dazwischen gibt es immer wieder einige langgezogene Anstiege, die mit der Zeit Kraft kosten. Bei der 10 km-Anzeige wechseln die Staffelläufer, ich treffe dort nach ca. 63 Minuten ein. Das bedeutet, dass noch mehrere Dutzend ihrer Kameraden hinter mir auf der Strecke sind. An der Labestelle stehen noch einige aus der Pacemaker-Gruppe von Franz Lang, der seinerseits nicht verweilt, sondern wie es sich ja gehört, im langsamen Laufen trinkt. Bald ist der inzwischen auf 100 m angewachsene Vorsprung auf mich wieder hergestellt.

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Informationen: WACHAUmarathon
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