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Laufberichte

Fata Rotaha

28.01.12
Autor: Joe Kelbel

Eine ziemlich undurchsichtige Geschichte

 

In Rodgau wäre vor 1125 Jahren beinahe die Weltgeschichte verändert worden: Die Äbtissin  des Klosters Rotaha, von dem der Name Rodgau stammt, macht sich mitten im Winter in einem Ochsenkarren auf den Weg zum Kloster Lorsch, um dort einen Vertrag über  die Schenkung ihres Klosters abzuschließen.  Wenn jemand die Strapaze einer solchen Reise bei Eis und Schnee auf sich nimmt, dem muss ein Problem verdammt unter den Nägeln brennen. Um die Vergebung der Sünden zu erlangen, wie es in der Schenkungsurkunde steht, dazu hätte sie auch den Frühling abwarten können.

Unsereiner würde diese Schenkung, die im berühmten Lorscher Codex zu finden ist, einfach übergehen. Doch zur damaligen Zeit bahnte sich  eine Katastrophe an und deswegen  warten wir ja auch nicht den Frühling ab.

Was war geschehen? Der Mann der Äbtissin hatte versucht, den  größten Herrscher der damaligen Zeit zu töten, Karl den Großen. Mit der Schenkung an das Kloster Lorsch  versuchte seine Frau nun zu retten, was zu retten ist. Das Kloster Rotaha ist seitdem verschollen, samt der  Nonnen, die allesamt dem Hochadel entstammten. Sie  waren außerhalb des Klosters Freiwild und wurden so wohl auch behandelt.

Dem  Aufstieg Karl des Großen stand nichts mehr im Wege, 12 Jahre später war er Kaiser des größten Reiches, das Europa je gesehen hat.
Forscher suchen nun nach den Grundmauern des Klosters und das Welttheater der Stadt Rodgau führt zum 1125 Jahrestag  „Fata Rotaha“ mit 120 Darstellern auf.

Kein Gerücht ist es, dass sich etwa  1000 Darsteller beim 50 km Welttheater-Ultralauf angemeldet haben. Die Créme de la Crème des Ultralaufes tritt an, der Termin ist konkurrenzlos. Das Familientreffen beginnt schon am Vorabend in der Turnhalle und endet erst spät auf der Hochsprungmatte. Naja, Fata Rotaha, denn bei den zahlreichen Übernachtungsgästen reicht die Matte nicht.

Den Weckdienst übernehmen die Läufer, die mit der Bahn anreisen ( S1 ab Ffm-HbF, ca 35 Minuten), dann folgen die Autofahrer und ich frage mich, warum die zuhause kein Frühstück  bekommen und dann  auch noch hier das  Klo verstopfen. Wie sagte Joey Kelly: „Der Lauf beginnt mit der Poleposition in der Schlange vor dem Klo.“  Und für mich wird es ein guter Lauf werden.

Den Spaziergang zum Startplatz habe ich schon liebgewonnen. Es ist mein fünfter. In manchen Jahren bin ich den schweren Weg alleine gegangen, dieses Jahr bin ich fit und fröhlich.

Gordan Gekko im Film „Wall Street“ sagt: „Frühstück ist für Luschen“ und da hat er recht. Also muss die mittägliche, isotonische Eigenverpflegung vor dem Start gut positioniert werden. Fotografen scharen sich um das rot-weisse Fähnchen mit der Flüssignahrung, als seien dort keine Grundnahrungsmittelchen positioniert. Gegessen wird nach dem Lauf, beim Ultra-Kaffeeklatsch, wobei Gordan auch meine Meinung zu Kaffee und Kuchen vertritt.

Diesmal ist der Tisch mit der Eigenverpflegung sehr interessant. Ein super- surrealistisches Motiv für Salvatore Dali! Daß es Läufer gibt, die ihre Getränkekonzentration mit der Anzahl der Runden variieren, ist mir  klar. Aber die Fläschen von Jochen-Unbekannt mit der Startnummer 54  sehen aus wie durchnummerierte Eigen-Urinbehältnisse. Nun soll ja so ein Mittelstrahl besonders gut sein, aber er trinkt die Flaschen nie wirklich aus und so garnieren im Laufe des Tages seine Pröbchen  die Laufstrecke und die Fähnchen von Boris seiner Spezialverpflegung warnen mit erhobenen Zeigefinger vor der fälligen  Dopingkontrolle, während meine Behältnisse immerhin noch je 25 Cent bringen.

Ivan Boesky sagt: „Greed is all right!“- Gier ist gut, und deswegen reihe ich mich heute  ganz vorne in den Startblock ein. Mein vierter Marathon in diesem Jahr, heute will ich´s wissen. Gierig nach Schnelligkeit, doch das Läuferfeld ist eng. Erst in der zweiten Runde kann ich frei laufen, die Zwischenzeiten sind herrlich und machen mich noch gieriger. Nach 2 Stunden packe ich den Fotoaparat weg, es ist ein guter Tag für mich, den werde ich nutzen.

Für andere ist der Tag nicht so günstig. In den Büschen kriechen Gestalten rum, die später behaupten werden, dass die kalte Cola schuld an der ungewollten Düngungsaktion  gewesen wäre. Didi spricht sich in FB Mut für die nächsten Läufe zu, doch der Schweizer Daniel erklärt seinen Rücktritt vom Leistungssport: „Die heutige Waldarbeit hat mich fertig gemacht!“

„Joe, der Wüstenfuchs!“ „ Mann Joe, der Bericht war so geil!“. Ich weiss nicht wie oft ich das höre, als ich all die Freunde überhole, es tut sehr gut, spornt mich an, hier sind bessere Laufverhältnisse als im Sand, alles ist optimal.

Unglaublich viele verletzungsbedingt-gezwungene Zuschauer laufen entgegen der Laufrichtung. Das ist Rodgau, die Familie kommt zusammen, notfalls mit Krücken und Rollstuhl. Man kennt sie alle. Sie kommen wieder, das Jahr ist jung.

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Informationen: Ultramarathon Rodgau
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