Als Volksfest wurde die Veranstaltung angekündigt und ein Volksfest war es in der Tat. Bereits am Vorabend gab es eine Pastaparty im Festzelt, an der ich leider nicht teilnehmen konnte. Was ich aber am Sonntagmorgen gegen 8.30 Uhr sah, deutete in der Tat alles auf ein Volksfest hin: Der Schlossplatz vor dem Rathaus war bereits ordentlich bevölkert, viele saßen an den Tischen, die vor den angrenzenden Restaurants und Cafes aufgestellt waren, Kinder tummelten sich auf dem Platz, am Getränkestand warteten Kunden und ein Sprecher informierte über alles Mögliche. Aber nicht nur Läuferinnen und Läufer sah man, sondern jede Menge nicht laufender Mitmenschen.
Vermutlich hatte jeder aus St. Wendel und Umgebung einen Läufer oder eine Läuferin in der Verwandt- oder Bekanntschaft, den er vor dem Start begleiten und aufmuntern, während des Laufes anfeuern und selbst aber auch einen vergnüglichen Tag erleben wollte. Dazu kam noch das unglaubliche Wetter, das einen heißen Tag versprach und eine angenehme Stimmung verbreitete. Wie wäre das bei Regenwetter gewesen?
Sonne und Wärme die Tage zuvor und auch am Lauftag früh morgens hatte wohl noch viele dazu animiert, für den Halbmarathon oder gar dem Marathon nachzumelden, was dadurch noch unterstützt wurde, dass keine Nachmeldegebühr bezahlt werden musste. Glücklicherweise waren wir noch vor dem größten Ansturm da und konnten unsere Startunterlagen im Rathaus einigermaßen zügig abholen. Kurze Zeit später stand bereits die Schlange der Wartenden bis hinaus vor das Rathaus. Hier wurde man offensichtlich von den Nachmeldern überrannt. Auch wenn das vermutlich vor allem am Wetter lag, bei der zweiten Auflage sollte man hier entzerren und die Engpässe beseitigen.
Die Anreise um 8 Uhr von Saarbrücken aus war problemlos, trotz gesperrter B41 und auch einen Parkplatz fanden wir sofort. Im Start- und Zielbereich war zwar alles dicht, die Parkplätze in der näheren und weiteren Umgebung konnten aber kostenlos genutzt werden und wurden alle paar Minuten von einem Shuttlebus bedient, so dass man schnell vor Ort war. Auch nach dem Rennen fuhr der Bus die Parkplätze und auch die Duschen an – vorbildlich.
Was die „kleine“ Stadt für ihren Marathon alles auf die Beine gestellt hat, ist schon sehr bemerkenswert. Beim ersten Marathon in St. Wendel ist alles bestens gelaufen und Kritik wäre absolut fehl am Platz. Selbst dem ungewöhnlich heißen Wetter wusste man zu begegnen und stellte einfach noch zwischen die geplanten Versorgungsstellen je eine Wasserstelle auf, so dass gesichert war, dass es ca. alle 2,5 km etwas zu trinken gab. Da waren Leute am Werk, die was vom Laufen verstehen und nicht nur ihr Stadtmarketing im Hinterkopf haben.
Mehr als 27 Grad warm sollte es werden und da erst um 11 Uhr gestartet wurde, war auch wenig Schatten zu erwarten. Die 42 Kilometer verteilten sich auf zwei Runden, so dass auch ein Halbmarathon angeboten wurde. Wie üblich waren es beim Halbmarathon deutlich mehr Teilnehmer: etwa 1.900 nahmen den „Halben“ unter die Füße und nicht ganz 500 die 42 Kilometer.
Vom Start in der Innenstadt ging es etwa 2,7 km Richtung Nordosten nach Urweiler zur ersten Wende. Auf der anderen Straßenseite ging es dann zurück, man ließ die Innenstadt links liegen, lief am Bahnhof vorbei und hinaus aus St. Wendel. Weiter ging es auf der Bundesstraße 41 ca. 5,5 Kilometer Richtung Süden bis zum zweiten Wendepunkt in Niederlinxweiler. Dann die wieder zurück bis an den Anfang von St. Wendel und auf ein drittes Wendepunktstück, ca. 1,4 km lang zum dritten Wendepunkt. Von dort wieder zurück, hatte man bald den Start- und Zielbereich erreicht. Mir persönlich gefallen solche Begegnungsstrecken, weil sie meist sehr belebt sind.
Der Start war auf der Straße neben dem Schlossplatz, durch Absperrgitter und –Bänder von den Zuschauern getrennt. Am Rand des Startbereichs markierten Schilder die jeweiligen Zeitbereiche. Etwa 20 Minuten vor dem Start füllte sich der Bereich, alles wuselte durcheinander, Läufer und Zuschauer, die „Ihren“ Läufer, „ihre „Läuferin“ auch beim Start sehen wollten und man kam kaum noch durch die Absperrungen in den Startbereich.
Offensichtlich hatte man nicht mit 2.400 Läuferinnen und Läufern gerechnet, denn die Geschwindigkeitsbereiche folgten zu dicht aufeinander, viele fanden in „ihrem“ Bereich keinen Platz mehr, so dass sie sich ganz hinten einreihen mussten, obwohl sie vielleicht schneller laufen wollten. Ich stellte mich neben den Startbereich, außerhalb der Absperrungen und würde mich dann erst in die Läuferschlange einreihen, wenn sie sich bewegte und sich Lücken auftaten. Derweil beobachtete ich die vielen Menschen um mich herum.
Die Zeitnahme erfolgte mit einem Chip in der Startnummer, so dass die Nettozeit gemessen wurde. Von daher wäre auch ein spätes Überschreiten der Startlinie kein Problem. Entgegen der ursprünglichen Absicht war der Chip kostenlos, so dass man sich den ganzen Ärger mit Ausleihe und Rückgabe erspart hatte - sehr klug.
Pünktlich um 11 Uhr ging es dann auch los, ich musste vielleicht 30 Sekunden warten, bis sich die Läufer auch hier im Mittelfeld langsam bewegten und konnte mich dann auch problemlos, wie geplant, von der Seite her einreihen. Viele hundert Zuschauer standen links und rechts dicht gedrängt und verabschiedeten uns mit großem Beifall. Der Blick nach vorne und zurück zeigte ein breites, dichtes Band an Läufern, die die Bahnhofstraße hinunter liefen. Nach etwa 200 Metern bog man rechts weg in die Mommstraße, ebenfalls breit genug, um alle aufzunehmen, so dass man einigermaßen sein Tempo laufen konnte, vorausgesetzt, man hatte sich nicht ganz falsch eingereiht. Etwa nach einem Kilometer hatte sich das Feld so weit auseinander gezogen, so dass ein ungestörtes Laufen möglich war.
Die ersten Läufer kamen mir bereits wieder entgegen, als ich die erste Wasserstation erreichte. Sie war genau in der Mitte der Straße aufgebaut, so dass die Läufer aus beiden Richtungen bedient werden konnten. Trotz der großen Zahl an Teilnehmern, die hier noch ganz dicht liefen, gab es wenig Gedränge und man kam problemlos an einen Becher Wasser. Nur ganz kurz hielt ich an, um das Wasser hinunter zu stürzen und lief sofort weiter. „Schnell, flach, durchgehend asphaltiert.“ So stand es in der Ausschreibung. Nun, hier stimmte das nicht ganz, ein wenig stieg hier die Straße an. Wenn man den gesamten Streckenverlauf betrachte und gar ein Auge zudrückt, könnte man den Kurs vielleicht als flach durchgehen lassen.
Der sanfte Anstieg war bald vorbei und etwa bei Kilometer 3 kam der erste Wendepunkt. Herum um die Markierung und schon ging es zurück, jetzt natürlich tendenziell leicht abwärts und man konnte entspannt all diejenigen beobachten, die einem entgegen kamen und noch zum Wendepunkt mussten.
Bereits nach wenigen Minuten auf der B41 kam mir der erste Halbmarathoni entgegen und keine Minute später der erste Marathoni. Nahezu doppelt so schnell waren die unterwegs! Mit nicht ganz einer Minute Rückstand war dann auch schon Florian Neuschwander da, Saarländischer Lokalmatador aus Neunkirchen, der heute seinen ersten Marathon lief, so zumindest erzählten mir meine Mitläufer. Ganz bis zum Ende konnte er sein Tempo nicht halten, wurde auf der zweiten Runde etwas langsamer, erreichte aber immerhin noch den dritten Platz in der guten Zeit von 2:36:41, etwa sechs Minuten hinter dem Zweiten.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite kamen uns jetzt immer mehr Läuferinnen und Läufer entgegen, so dass auch auf diesem Streckenabschnitt keine Langeweile aufkam. Bald war auch ich am Wendepunkt und lief wieder zurück.
Bald hatte ich die Parkstraße erreicht, auf der wieder viele Zuschauer die Läuferinnen und Läufer empfingen. Man hörte bereits den Sprecher, der die ankommenden Läufer (HM) begrüßte. Wir Marathonis durften am Ende der Straße jedoch nicht nach rechts auf die Zielgerade einbiegen, sondern mussten nach links auf unsere zweite Runde. Immer noch ging es mir so gut, dass ich keinerlei Bedauern verspürte und ohne zu murren links in die Bahnhofstraße abbog, wieder die Startgerade hinunter lief, nach rechts weg in die Mommstraße und schon war ich auf meiner zweiten Runde.
Den „Anstieg“ nach Urweiler hatte ich geschafft, den Wendepunkt passiert, auch St. Wendel hatte ich links liegen gelassen und war bereits wieder auf den fünf Kilometern auf der B41 zum zweiten Wendepunkt. Hier kam mir ein ganz einsamer Zugläufer entgegen; 4:30 Stand auf seinem Ballon, aber weit und breit war kein Begleiter zu sehen. Offensichtlich wollte oder konnte heute keiner diese Zeit laufen.
Die restlichen 1,5 Kilometer gingen dann recht flott und als wir auf der Parkstraße liefen, waren wir alle drei erleichtert, dass wir am Ende der Straße nach rechts auf die Zielgerade einbiegen durften und nicht mehr nach links auf eine weitere Runde. Glücklich liefen wir über die Ziellinie und waren stolz, den „Doppeldecker“ so gut geschafft zu haben.
Ein wirkliches Volksfest, bei dem das „halbe“ Saarland auf den Beinen war und sich, aber auch uns Läufer feierte. Das schöne Wetter tat ein Übriges, so dass ich diesen Lauf in bester Erinnerung habe. Die Wendepunktabschnitte machen den größten Teil der Strecke aus, ständig kommen Läuferinnen und Läufer entgegen, die man beobachten kann und die Leben auf die Strecke bringen. Zuerst war ich ja etwas skeptisch, als ich las, dass Marathonis und Halbmarathonis gemeinsam starten. Meine Bedenken waren: Gedränge während des Starts, Einsamkeit auf der zweiten Runde. Ersteres hielt sich in Grenzen und Zweiteres traf nicht Mal auf mich zu und ich war wirklich ziemlich weit hinten (nur noch 30 hinter mir).
Also liebe Leute in St. Wendel: Behaltet den gemeinsamen Start bei, macht den Startbereich noch etwas länger und euer Marathon wird sich etablieren. Da stecken so viele engagierte Lauftreffs und Vereine dahinter, dass mir um diesen Lauf nicht bang ist. Die Stadtabschnitte sind abwechslungsreich und zuschauerfreundlich und auch die 10 km nach Niederlinxweiler und zurück sind nicht langweilig. Die Bands waren eine Wucht und haben mich immer wieder motiviert: auf jeden Fall beibehalten.
Ach, noch etwas fand ich sehr bemerkenswert: Die vielen Dixiklos an der Strecke. Da kann sich manch anderer Stadtmarathon eine Scheibe abschneiden. Ich erinnere mich immer noch mit Grausen an den Paris-Marathon, wo man die Dinger nur ganz vereinzelt fand und wenn man sie benutzen wollte/musste, dann war das Häuschen belegt.
Zwei Runden je 21,1 km
Marathon 30 Euro, Halbmarathon 15 Euro. Die Übernachtung in einer Sporthalle oder auf einem Campingplatz in der Nähe ist im Startgeld enthalten. Die Nudeln auf der Pasta Party kosten 4 Euro extra, ein Finishershirt 6 Euro.
470 Marathonis (72 Frauen, 398 Männer); davon kamen 35 nicht ins Ziel (dnf – did not finish)
1.883 Halbmarathonis (562 Frauen, 1321 Männer); davon kamen 41 nicht ins Ziel
Wegwerfchip in der Startnummer ermöglicht Nettozeitnahme und auch Zwischenzeiten (12,4 km, 21,0 km, 33,3 km).
Medaille, Urkunde
Alle ca. 2,5 km Wasser, alle 5 km Wasser, Iso, Bananen, Orangen, die beiden letzten Stationen hatten auch Cola. Im Ziel dann alkoholfreies Bier, Muffins, Brötchen.
Im Start- und Zielbereich jede Menge, aber auch unterwegs viel Unterstützung, auch auf dem Abschnitt nach Niederlinxweiler und zurück jeweils an den Verpflegungsstellen.
Über 20 Musikbands auf die Strecke verteilt, dichter aufeinander in der Innenstadt, aber auch auf den Wendepunktstücken mindestens alle 2 km. Sehr motivierend, da nicht nur die Musik beflügelt, sondern auch die Zuschauer, die sich um diese Bands scharen.