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Laufberichte

Singapur - Marathon in den Tropen

04.12.11

Dieses Jahr hat Judith und mich das Marathonlauffieber gepackt. Nachdem wir schon mehrmals die Herbstmarathons in Italien mitgemacht hatten, bot sich mal wieder ein Urlaub in Südostasien an.

Beim Stöbern im Internet fand sich schnell der Singapur Marathon mit 65.000 Teilnehmern verteilt auf mehrere Laufdistanzen (15.000 beim Marathon). Die Kosten erschienen überschaubar  und so  habe ich Judith und mich Mitte des Jahres vorsorglich für den Marathon angemeldet, kurz bevor er ausgebucht war. Singapur kennen wir schon von einigen Reisen in den 1990er-Jahren und die Stadt fasziniert mich sehr. Es handelt sich um einen Stadtstaat am südlichsten Ende des südostasiatischen Festlands, obwohl er eigentlich schon auf einer Insel liegt.

Gegründet von den Engländern und kurzzeitig auch Mitglied im Malayischen Staatenbund, ist es jetzt ein eigener Staat, der einen rasanten Aufstieg hingelegt hat und jetzt zu den teuersten Städten der Welt gehört. Der Tourist merkt das vor allem an den Hotelpreisen. Der vorzügliche öffentliche Nahverkehr und das Essen sind immer noch günstiger als bei uns. Singapur ist ein guter Einstieg in die südostasiatischen Kulturen,  weil dort Chinesen, Malayen, Inder und einige Europäer friedlich zusammen leben. Für mich ein Inbegriff von Multikulti.

Mit dem Laufen in den Tropen haben wir aus einigen Urlauben in tropischen Gefilden schon Erfahrung: Man kann vor Sonnenaufgang eine Stunde recht zurückhaltend laufen und schwitzt dafür dann den ganzen Vormittag. Wäre doch mal interessant zu sehen, ob man bei so einem Klima  auch einen Marathon durchhält. So begann also das Projekt Singapur-Marathon. Ich fand dann noch einen günstigen Flug nach Singapur, bei dem ich erst später feststellen durfte, dass wir mit einem A 380 fliegen würden, was natürlich ein weiteres Highlight werden sollte: Er ist wirklich wahnsinnig leise. Los ging es am dann am 30.11.. Meine Überlegung war, dass es sinnvoll wäre, erst kurz vor einem Marathon anzureisen, um Problemen mit dem Magen aus dem Weg zu gehen, was im Fall von Singapur jedoch äußerst unbegründet ist, da sehr auf die Hygiene der Restaurants geachtet wird. So kann man in Singapur auch an Essenständen (Food Courts) ohne Probleme günstig essen, wobei man vielleicht auf tausendjährige Eier oder fermentiertes Fleisch verzichten sollte.

Nach 21 Stunden Anreise und  einer geruhsamen ersten Hotelnacht ging es am Freitag zur Abholung der Startunterlagen in einer Messehalle im neuen Marina Bay Sands Komplex. Wir müssen dazu erst einmal zwei Stockwerke in den Untergrund und finden uns in einem riesigen Warteschlangenbereich, gegliedert nach Lauflänge, wieder. Es geht alles recht schnell, zur Legitimation wird der Reisepass benötigt. Auffallend ist, dass man hier keine Lauf-T-Shirts trägt, sondern in Straßenkleidung kommt, anscheinend haben die Läufer noch keinen Wettkampfhintergrund?

Auf Nachfrage, warum auf unseren Startnummern ein S vor der Zahl steht, kann uns erst mal niemand antworten. Der Herr vom Infostand muss sich erst mal erkundigen. Es steht für Senioren. Leider wissen wir nicht, ab wann man Senior ist, aber wir fühlen uns erst mal recht alt. In der Startertüte ist übrigens auch ein Laufsinglet des Singapur-Marathons enthalten. Die Marathonmesse ist recht überschaubar. Einer der Sponsoren ist mal wieder BMW, der einen großen Stand betreibt. Und wir lernen einen neuen Anbieter von Energienahrung kennen. Es handelt sich um eine australische Firma, die auch zwei Verpflegungsstellen beim Lauf sponsert. Das stellen wir aber erst fest, nachdem wir einige günstige Tütchen eingekauft haben. Leider gibt es nur wenige Stände von anderen Marathonläufen. Wäre ganz nett gewesen, auch mal zu sehen, wo in Asien und Australien sonst noch Marathon gelaufen wird.

Da wir schon mal hier sind, fahren wir auch noch auf die Aussichtsterrasse des Marina Bay Sands-Hotels. Das sollte inzwischen jeder kennen, da auch die deutschen Zeitungen oft Bilder davon veröffentlicht haben: Über drei Hochhäusern mit jeweils 55 Stockwerken liegt eine Plattform mit einem 148 Meter langen Infinity-Pool, also mit Überlaufrinne zur Stadt gelegen. Man hat einen Blick auf eine Stadt mit 5 Millionen Einwohnern und auch die Marathonlaufstrecke und das Zielgelände kann man gut ausmachen. Das Hotel ist auch auf dem Finisher-Shirt abgebildet. Eine Übernachtung im Marina Bay Sands hätte mich schon gereizt, aber mit dem ersparten Geld können wir uns zwei Marathonkurzurlaube in Europa finanzieren. Die Hotels in Singapur sind nicht wirklich günstig, und wenn doch, haben sie Zimmer ohne Fenster. Wir haben im Zentrum noch einen guten Kompromiss gefunden, günstig zum Laufen am Singapur-River. Im riesigen Marina Bay Einkaufszentrum essen wir vorzüglich und sehr günstig in einem Food-Court zu Mittag. Die Eislauffläche hat man rechtzeitig vor Weihnachten stillgelegt.

Die nächsten 1,5 Tage sind dann mit Sightseeing vollgestopft, wir sind viel zu viel auf den Beinen. Es hat sich in den Jahren seit unserem letzten Besuch wieder so viel verändert. Unter anderem gibt es drei neue U-Bahnlinien. In derselben Zeit würden bei uns gerade mal Bürgerinitiativen gegen die Baustellen gegründet. Viele Wohnhochhäuser aus den Sechzigern und Siebzigern sind frisch renoviert und sehen ganz manierlich aus. Die neuen Hochhäuser sind sowieso architektonisch ganz schick.

Am Freitag und Samstagmorgen waren noch kurze Läufe angesagt, um sich ein bisschen an das Klima zu gewöhnen. Wir laufen um den Singapur-River, quasi den ehemaligen Hafen, und stellen fest, dass wir bei weitem nicht die einzigen Läufer sind, die auch bei warmem Regen trainieren. Toll ist auch der schnelle Wechsel zwischen Regenschauer und Sonnenschein

Wer sich nicht vorstellen kann, was laufen in den Tropen bedeutet, dem empfehle ich besonders jetzt im Winter den Besuch eines Botanischen Gartens und dort der Orchideen-Abteilung. Hier ist es noch ein bisschen schlimmer. Dafür wachsen hier die Orchideen auch an den Straßen. Die Weihnachtsbäume sind dafür aus Plastik. Lediglich einige Kiefern haben wir gesehen.

Nun also am Samstag früh ins Bett. Dumm nur, dass es in Deutschland erst 15 Uhr ist und ich recht aufgeregt bin, so dass ich den tropischen Geräuschen zuhöre. Das ist natürlich Unsinn, es hört sich an wie in jeder anderen Großstadt auch.

Um 22 Uhr deutscher Zeit, also 3 Uhr in Singapur, heißt es aufstehen und die zwei Kilometer zum Start gehen. Wir treffen auf viele Nachtschwärmer, die recht guter Dinge sind. Angst braucht man in Singapur nicht zu haben, da es aufgrund drakonischer Strafen wahrscheinlich die sicherste Millionenstadt der Welt ist. Es hat „angenehme“ 25 Grad, da es kurz vorher einen tropischen Schauer gab. Später wird man in de Zeitung lesen, dass es einige Einheimische für empfindlich kühl gehalten haben.

An einer Ampel werden wir von einem Polizisten aufgefordert, bei Rot über die Straße zu gehen. Das kann sonst umgerechnet 300 € Strafe kosten. Nicht ohne Grund gibt es als Souvenir T-Shirts mit dem Spruch „Singapore - the fine city“ zu kaufen, was doppeldeutig ist und „Singapur, die schöne Stadt“ oder „Singapur, die Stadt der Strafen“ bedeuten kann. Auch Prügelstrafen sind vorgesehen.

Der Start in der Orchard Road ist schnell erreicht. Das ist die Einkaufsstraße Singapurs. Hier reiht sich Einkaufszentrum an Einkaufszentrum. Und zwar keine kleinen Häuser. Die Straße ist weihnachtlich geschmückt, so wie man es bei uns wohl nicht hinbekommen würde oder wollte. Die Einheimischen lieben es offensichtlich, sich vor riesigen, blinkenden Weihnachtsbäumen fotografieren zu lassen.

Ein bisschen peinlich ist mir das schon: Wir hatten bei der Anmeldung als voraussichtliche Zielzeit 3:55 h angegeben und sind deshalb im Startblock gleich hinter den Spitzenläufern gelandet. Die beiden nächsten Blöcke sind für die Zielzeiten von 4-6 Stunden und von 6-8 Stunden vorgesehen. Na ja. Bei unseren letzten Läufen hatten wir ja eine bessere Zeit. Dann sehen wir die Pace-Maker. Die ersten sind die 3:45-Läufer. Ist da niemand schneller? Nach hinten geht es anscheinend bis 7:30 h. Leider gibt es keine Toiletten im Startbereich. Die sind ganz hinten bei der Kleiderbeutelabgabe. Im Gebüsch? Ich hatte gestern ein Schild gesehen, dass das ca. 60 Euro kostet. Wenigstens keine Stockhiebe. Trotzdem, erst einmal verkneifen.

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