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Laufberichte

22. Zagreb-Marathon: Regionaler Lauf mit internationaler Beteiligung

13.10.13 Special Event
 

Zehn Jahre nach seinem Beitrittsantrag ist Kroatien seit dem 1. Juli 2013 das 28. Mitglied der Europäischen Union. In politischer Hinsicht gingen damit für viele, vor allem junge Menschen, ein Traum in Erfüllung, denn sie können nun die Freizügigkeit innerhalb der Union für eine berufliche Karriere nutzen. Mit über 420 registrierten, zumeist kroatischen Teilnehmern, allerdings auch aus dem Ausland, hat sich die Bekanntheit des bereits in der 22. Auflage stattfindenden Marathons auch internationale deutlich erhöht.

Die 20 Euro Anmeldegebühr bis zum 5. Oktober beinhalten ein Funktionsshirt, einen Bon für eine Gulaschsuppe und ein Bier nach dem Zieleinlauf sowie eine Finishermedaille.  Eine preiswerte Möglichkeit also für Jürgen Penthor und mich, unsere Länderstatistik zu erweitern. Kroatien fehlt uns noch, in Graz, wo dieses Wochenende der 20. Marathon stattfindet, bin ich schon zweimal gelaufen. Aber acht Mitglieder des 100 Marathon Club Austria bleiben Patrioten und nehmen am Grazer Jubiläumsmarathon teil. Darunter auch Franz Lang, schon erfolgreicher 4:15-Stunden Pacemaker in Berlin am 29. September, wird auch heuer in Graz wie letztes Jahr das Tempo vorgeben.

Je näher ich der Hauptstadt Kroatiens mit knapp 800.000 Einwohnern, ca. 170 km von der Adria entfernt, kommen, desto stärker wird der Regen. Bei meiner Hinfahrt von Wien über den Wechsel ins südliche Burgenland habe ich meine Frau spontan angerufen und ihr vorgeschwärmt, welch schöner Herbsttag heute zu erwarten ist.

Der Portier im Best Western Hotel in Zagreb ruft beim Einchecken auf meine Frage, wie das Wetter morgen beim Marathon wird, die Vorschau im Web auf und verkündet eine deutliche Besserung. Es soll trocken bleiben, mit 16 bis 18 Grad um die Mittagszeit würde auch die Temperatur bestens passen.

Nach der Ankunft hole ich mir die Unterlagen im Start- und Zielgelände des morgigen Marathons am Jelačić-Platz ab. Auf diesem für die Kroaten aus national-historischen Gründen sehr bedeutsamen Platz im Zentrum Zagrebs befindet sich die große Reiterstatue des Ban Josip Jelačić. Er gilt als kaisertreuer Volksheld, der an der Niederschlagung der 1848er-Aufstände zu Zeiten der kuk-Monarchie beteiligt war. Die Skulptur wurde vom österreichischen Künstler Anton Dominik Fernkorn geschaffen und 1866 eingeweiht. Demonstrativ zeigte der Säbel des Feldherrn gegen Budapest.

Der Ban-Jelačić-Platz gilt übrigens als der bedeutendste Treffpunkt der Zagreber Bevölkerung. Hier findet auch regelmäßig der Markt statt. Als ich gegen 17 Uhr dort eintreffe, werden gerade die Marktstände abgebaut. Man verkauft vor allem Naturprodukte wie Obst, Gemüse, Honig, Kräuter und Kunsthandwerk.

Ich stelle mich bei der Startnummernausgabe an. Es sind nur zwei Läufer vor mir in der Reihe. Obwohl ich den Einzahlungsbeleg zu Hause vergessen habe und die entsprechende Eintragung – ein „DA“ in der Bezahlt-Rubrik bei mir fehlt –, glaubt mir die hübsche Helferin, die die Unterlagen ausgibt, dass der Banktransfer von mir durchgeführt wurde. Ich erkläre ihr, dass ich seit Ostern jede Woche einen oder gar zwei Marathons gelaufen und zeitweise schon leicht verwirrt bin, daher manchmal Belege vergesse, weil einfach zu viel zusammenkommt.

An diesem Samstagabend sind viele Menschen, vor allem junge, unterwegs. Man sitzt zumeist im Außenbereich der Lokalitäten unter überdachten Vorbauten. Im Best Western Hotel wird bis 22 Uhr ein Abend-Buffet-Dinner um 15 Euro geboten, auf das ich nicht verzichte.

Der freundliche Portier bietet mir ein kostenloses Late-Check-Out bis 15.30 Uhr an. Morgen werde ich daher ordentlich Gas geben müssen, um sowohl die 5-Stunden Öffnungszeit des Marathons nicht zu überschreiten als auch nicht zu spät ins Hotel zurückzukommen.

Als ich gegen 8 Uhr in den Speiseraum komme, sitzen an die 50 Italiener dort. Man kann sich vorstellen, dass eine Reisegruppe in dieser Stärke sich am Buffet ausgiebig bedient. Es ist außerdem kein freier Tisch mehr zu finden. Die meisten Marathons starten um 9 Uhr, die Veranstalter in Zagreb lassen sich damit bis 10 Uhr vormittags Zeit. Ich habe also keinen Stress, die übrig gebliebenen  Frühstücksreste zu sondieren.  Ich bin kein Schlemmer, daher begnüge ich mich mit dem Vorhandenen. Auf mein Drei-Minuten-Ei verzichte ich aber nicht, ich wende mich an die junge kroatische Küchengehilfin und sage auf Polnisch „proszę panienka, twa jajka trzy minutytva.“ Als Marathontourist kommt man viel herum, einige polnische Wörter und die Zahlen bis zehn „beherrsche“ ich inzwischen.

Es ist angenehm, wenn man einmal vor einem Marathon nicht auschecken muss, wie das bei mir zumeist der Fall ist. Diesmal räume ich das Zimmer nicht auf, denn bis 15.30 Uhr habe ich dafür Zeit. Der Marathonstart am Jelačić-Platz ist ca. 800 m vom Hotel entfernt, eine Finisherzeit unter 4:45 Stunden plane ich ein. Dann bleiben mir gut 20 Minuten zum Duschen. Schön, wenn sich im Leben alles zeitlich planen lässt.

Es werden Temperaturen bis ca. 18 Grad um die Mittagszeit erwartet, daher verzichte ich auf die 2/3-Laufhose, nehme wieder ein Shorty und zwei Lagen oben – die wasserundurchlässige superleichte Windjacke darüber, falls es regnen sollte.

Es ist inzwischen 9.45 Uhr und ich knipse ein wenig, um die Stimmung bildlich einzufangen. Neben dem Marathon sind ein Lauf über die Halbdistanz und ein Stadtlauf über 5 km vorgesehen. Mit ca. 1000 Halbmarathonteilnehmern ist das Startareal prall gefüllt. Ganz vorne stehen die Schwarzafrikaner, daneben einige kroatische Läufer, die in diesem Moment sich wie Stars fühlen können, denn die Öffentlichkeit differenziert nicht, wenn auf den Pressefotos und im TV in der ersten Reihe die Sieganwärter im Fokus sind

Der Startschuss ertönt, ich stehe immer noch außerhalb der Absperrung. Als der letzte Marathon- und Halbmarathonläufer gestartet ist, schlupfe ich unter dem Band durch und laufe durch den mit Luft gefüllten Torbogen mit dem Logo des Hauptsponsors Hervis. Die letzten Läufer sind ca. 200 Meter vor mir, auf den über einigen Köpfen schwebenden Ballons steht 2:35 als Halbmarathonzielzeit.

Das Läuferaufkommen ist  hoch, die Straße zu eng, zeitweise kommt es zu einem Stau. Ich wäre fast in ein Gitter hineingerannt, das in der Mitte der Laufstrecke steht. Grund ist die Trennung in Hin- und Rückläufer spätestens nach der Wende ca. bei Kilometer 8 – aber soweit bin ich ja noch lange nicht. Auf der Jurišićeva-Straße geht der Kurs stadtauswärts. Schon nach einem Kilometer habe ich zur 2:15er-Ballongruppe aufgeschlossen. 

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