marathon4you.de

 

Laufberichte

Mehr Wald geht nicht

17.07.05
Autor: Klaus Duwe

Statt Pasta gibt’s Maultaschen

 

Auf dem schönsten Weg zum Hornisgrinde-Marathon kommt man über Baden-Baden und die 1930 erbaute Schwarzwald Hochstraße, die älteste, bekannteste und für viele die schönste Touristenstraße im Schwarzwald. Ich nutze die Gelegenheit, meine Heimatstadt Baden-Baden einmal kurz vorzustellen.


Die Römer bauten hier an der Oos um 70 n. Chr.  eine Stadt, die sie "Aquae" nannten, was soviel wie "die Wasser" oder "die Bäder" bedeutet. Am Florentiner Berg entstanden um die Heißen Quellen die soganannten Kaiser- und Soldatenbäder, deren Ruinen heute wieder zu besichtigen sind.


Den Beinamen „Sommerhauptstadt Europas“ bekam Baden-Baden im 19. Jahrhundert, als sich Kaiser und Könige, Fürsten, Politiker und Dichter, Maler und Musiker in der Stadt aufhielten und teilweise auch für längere Zeit nieder ließen. Badekuren, Glücksspiele, Pferderennen, kulturelle Ereignisse, die schöne Landschaft, das milde Klima, exklusive Sportarten, wie Tennis, Golf und Reiten, schätzten sie dabei besonders.


Eine lange Tradition hat das Glückspiel in Baden-Baden. Bereits 1748 wurde dazu eine Lizenz erteilt. Im Roman "Der Spieler" setzte  Dostojewski der Kurstadt ein geschriebenes Denkmal. Die Spielbank im Kurhaus von Baden-Baden ist für Kenner  die schönste der Welt.

 

Zwar hat Baden-Baden viel vom Glanz der vergangenen Jahrhunderte eingebüßt, dennoch ist auch heute noch gerade im Sommer die Kurstadt Treffpunkt der Reichen und Prominenten aus Politik, Wirtschaft und Show-Business. Hotels wie  „Brenner’s Parkhotel“ oder das „Schlosshotel Bühlerhöhe“ haben Weltruf.


Die Caracalla-Therme setzt die Tradition Baden-Badens als Bäderstadt fort und  feiert gerade 20. Geburtstag. Im neuen Festspielhaus finden viel beachtete Aufführungen statt und die Pferderennen in Iffezheim gehören zu den internationalen Höhenpunkten. Letztes Jahr wurde in dem von dem bekannten Architekten Richard Meier entworfenen Museumsgebäude  in der Lichtentaler Allee die „Sammlung Frieder Burda“ eingeweiht, eine Kunstsammlung von internationalem Rang.


Die Gegend um Baden-Baden mit dem Rebland, der Rheinebene und den umliegenden Bergen (Fremersberg, Ybug, Merkur und Battert), ist ein Paradies für Läufer, Walker, Wanderer und Kletterer. Es gibt viele ausgezeichnete Rund- und Weitwanderwege, unter anderem führt der Westweg von Pforzheim nach Basel über die Badener Höhe, Hundseck zur Hornisgrinde.


Hornisgrinde – genau -  darüber will ich ja schreiben. Hornisgrinde heißt die mit 1164 m höchste Erhebung im Nordschwarzwald. Am alten Kurhaus Hundseck, direkt an der Schwarzwaldochstraße (B 500) ist auf 886 m Höhe der Start. Eine traumhaft schöne Gegend, ideal für einen Landschaftsmarathon. Genau genommen sieht man die Hornisgrinde von Hundseck aus nicht einmal. Dazu muss man schon auf den Mehliskopf, an dessen Fuss das Start- und Zielgelände ist, oder ein paar Kilometer weiter die Schwarzwaldhochstraße weiter fahren. Es lohnt sich, auch wegen des sagenumwobenen Mummelsees.

 

Die Schwarzwald Hochstraße beginnt in Baden-Baden und steigt zunächst steil zum Hauptkamm des Nordschwarzwalds hinauf, den sie bei der Bühlerhöhe erreicht. Weithin bekannt ist hier das renommierte Luxushotel "Bühlerhöhe". In der Nähe kann man auch auf einem Felsen eine kleine Marienkirche besichtigen, in der schon Konrad Adenauer gebetet hat.  Der Blick von der Bühlerhöhe über die Rheinebene bis hin zu den Vogesen ist einmalig.

 

Der Hornisgrinde-Marathon erfährt dieses Jahr bereits die 33. Auflage und gehört damit zu den Traditions-Veranstaltungen in Deutschland. Der Lauf hat eine treue Fangemeinde. Die meisten Teilnehmer sind Wiederholungstäter. Das liegt nicht an der Attraktivität der Strecke allein, sondern auch an der liebevollen Organisation und an der familiären Atmosphäre. Kaffee und hausgemachter Kuchen sind obligatorisch, statt Pasta gibt’s Maultaschen. Das ist zwar eine schwäbische Spezialität, aber wenn etwas gut ist, übernehmen wir Badener es gerne. Start- und Zielgelände ist ein großer Waldparkplatz mit einem Zelt, in unmittelbarer Nähe das große Gasthaus Hundseck.


Der Halbmarathon startet bereits am Samstag auf einer separaten Strecke. Am Sonntag heißt es dann früh aufstehen, Start zum Marathon ist nämlich bereits um 8.15 Uhr. Noch früher, um 8.00 Uhr gehen die 10 km-Läuferinnen und Läufer auf ihre ebenfalls eigenständige Strecke. 

 

Das Wetter ist herrlich an diesem Sonntagmorgen. Strahlender Sonnenschein und Temperaturen um die 18 Grad versprechen zwar einen heißen Sommertag, aber zunächst ist sehr angenehm. Wir laufen parallel zur Schwarzwaldhochstraße hinunter zum Kurhaus Sand. Zunächst ist es etwas eng auf dem Waldweg, aber als es kurz vor Sand auf die hier gesperrte Schwarzwaldhochstraße geht, hat sich das Läuferfeld bereits so weit in die Länge gezogen, dass jeder seinen Rhythmus findet. Wir verlassen die Verkehrsstraße, laufen rechts in den Wald und erreichen gleich das  Hotel Plättig. Dort geht es rechts aufwärts Richtung Badener Höhe. Nicht weit, dann geht’s links weiter ziemlich eben auf breitem Weg Nr. 13 Richtung Scherrhof. Der Weg liegt meist noch im Schatten und es ist es sehr gut zu laufen. Nach 6 Kilometern erreichen wir die erste Verpflegungsstelle. Es gibt Tee, Iso, Wasser, Bananen und Brot. So sind auch alle anderen Verpflegungsstellen bestückt und auch für die Letzten des Feldes ist ausreichend gesorgt.

 

Wir passieren die Bernsteinhütte (738 m – 8 km), kommen bei km 10 zur zweiten Verpflegungsstelle und dann zum Scherrhof (676 m – 11,5 km), einem sehr beliebten Ausflugslokal. Bis hier ging es meist abwärts, von einigen flachen Passagen abgesehen. Jetzt erreichen wir einen schmalem Pfad, der parallel zur Teerstraße verläuft. Ich gebe ihm den Namen „Badischer Ho Tschi-Minh-Pfad“, weil rechts und links das Farnkraut  bis zu einem Meter hoch steht. Einen Kilometer geht das so, dann wechseln wir kurz auf die Teerstraße, um dann wieder auf einem schmalen Pfad  Richtung Rote Lache zu laufen. Diese Passhöhe zwischen Baden-Baden und dem Murgtal (690 m) erreichen wir nach 15 km. 


Jetzt geht es auf gutem Fahrweg (dem sogenannten Harzweg) meist flach oder leicht aufwärts. Überall sind die Schäden des Orkans „Lothar“ sichtbar.  Er hat hier am 2. Weihnachtstag 1999 binnen weniger Stunden ganze Berghänge kahl geschlagen. Ich erinnere mich noch gut an diesen Tag. Wir waren unterwegs und kamen am frühen Nachmittag nach Hause. Schon von der Autobahn her konnten wir sehen, dass nichts mehr ist, wie es war. Der Hardberg, an dessen Fuß wir unser Häuschen haben, war nur noch zur Häfte bewaldet. Zu unserem Haus konnten wir nicht mehr fahren. Die Straße war nicht passierbar. Riesige Bäume lagen auf der Straße und in unserem Garten. Das Haus blieb aber bis auf ein paar lose Ziegeln unversehrt.


Das Schild „Kilometer 20“ reißt mich auch meinen Gedanken. Knapp zwei Stunden bin ich unterwegs und kann es nicht glauben. So schnell ist die Zeit vergangen. Links unten sehe ich schon die Schwarzbach-Talsperre. Mit 2 Kilometer Länge ist der Stausee der größte See im Nord- und Mittelschwarzwald. Erbaut wurde die Talsperre 1922 bis 1926 und gilt noch heute als Pionierleistung.

 

Wir laufen noch in entgegen gesetzter Richtung leicht ansteigend, dann aber abwärts und plötzlich scharf links ab Richtung Stausee (668 m). Wir haben einen herrlichen Blick auf den See und die umliegenden Berge. Heute tummeln sich schon viele Menschen an den Ufern. In der Sonne spürt man deutlich die inzwischen gestiegenen Temperaturen, aber noch macht das überhaupt keine Probleme.


Wir laufen eine kurze Pendelstrecke am See entlang. Jetzt sehe ich die etwas vor mir Liegenden, darunter natürlich etliche Bekannte. Am Wendepunkt (25 km) werden die Marathonis registriert, dann geht’s zurück. Jetzt laufen in Gegenrichtung die hinter mir Liegenden und ich grüße auch hier  viele Bekannte.

 

Nach 2 km auf leicht ansteigendem Weg überqueren wir die Verkehrsstraße (km 28) nach Herrenwies. Auf der Birkenaustraße, einer breiten Forststraße, kennt der Weg jetzt nur noch eine Richtung: aufwärts. Das erste Stück ist etwas steil, dann wird es flacher. Ich spüre wieder meine rechte Wade. Geht das nie vorbei? Nächstes Wochenende mache ich keinen Lauf, vielleicht tut das mal ganz gut.


Schatten ist auf diesem Streckenabschnitt eher selten. In kurzen Abständen stehen Wannen mit Wasser. Manchmal geht es nicht anders, und sie stehen in der Sonne. Entsprechend warm ist dann das Wasser. Das macht zwar nass, kühlt aber nicht. Rechts und links stehen viele Heidelbeersträucher. Es sind auch einige Sammler unterwegs. Sehr zufrieden sind sie nicht. „S’gibt net viel dies Johr“, so der Kommentar.

 

Die letzten 10 Kilometer werden rückwärts gezählt. Noch sieben, gleich kommt wieder eine Verpflegungsstelle. „Iso“, sagt die kleine Leonie und hält mir mit beiden Händen einen Becher entgegen. Da kann ich nicht nein sagen. Dann Waden kühlen,  Kopfbedeckung eintauchen, und weiter. Der Schwung der ersten Streckenhälfte ist allerdings weg, das Laufen macht jetzt deutlich mehr Mühe. Es geht vorbei an der Birkenauhütte und bald erreichen wir die Verkehrsstraße Richtung Hundseck. Erst langsam, dann aber ziemlich steil steigt die Straße an. Ich kann noch mal einige Plätze gut machen und überhole einige Geher. Beim alten Kurhaus Hundseck geht es dann rechts etwas steil den Wald hoch und dann sind es nur noch 200 Meter ins Ziel. Jeder wird namentlich begrüßt und von den Zuschauern gibt es freundlichen Applaus.


4:32 Stunden war ich unterwegs und damit 11 Minuten schneller als vor 2 Jahren bei meiner ersten Teilnahme. Wenn ich denke, dass für Fotos auch noch mal etliche Minuten drauf gehen, bin ich super zufrieden. Zumal ich ohne jede Ambitionen an den Start bin. 

 

Besonders gefreut habe ich mich über ein ganz außergewöhnliches Debüt. Die 21-jährige Maria Kreideweis lief ihren ersten Marathon und landete in der Wertung W 20 gleich auf dem ersten Platz. Super gemacht, herzlichen Glückwunsch.


Streckenbeschreibung:

Rundkurs auf meist breiten Waldwegen, aber teilweise auch auf schmalen Pfaden.
Jeweils ca 1/3 der Strecke geht’s abwärts, abwechselnd auf und ab und dann nur
aufwärts, der letzte Kilometer ziemlich beschwerlich. Alles im Wald.

 

Zeitnahme:

Manuell

 

Weitere Veranstaltungen:

Halbmarathon am Samstag
10 km und Schülerläufe

 

Auszeichnung:

T-Shirt oder Handtuch, Urkunde

 

Logistik:

Kein Problem, alles ist im Auto. Parkplatz in unmittelbarer Nähe zu Start und Ziel.
Umkleide- und Duschmöglichkeit im Haus des Skiclubs.

 

Verpflegung:

Ich konnte sie nicht mehr zählen, die Verpflegungs- und Getränkestände waren überall, im Wald, an Unterständen und Hütten. Es gab Wasser, Iso, Tee, Brot,  Bananen und Äpfel.

 

Zuschauer:

Zuschauer sind bei Landschaftsläufen eher rar. Aber beim Hornisgrinde-Marathon sind sie praktisch nicht vorhanden. Nur die Angehörigen der Marathonis stehen an der Strecke, ab und zu begegnet man Wanderern mit Rucksack oder Bikern. Sie alle nehmen vorbildlich Rücksicht und klatschen anerkennend. Das war’s dann auch.

 

Informationen: Hornisgrinde Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024