marathon4you.de

 

Laufberichte

Zwischenprüfung am Langenberg

28.05.06
Autor: Klaus Duwe

Diesmal von Brilon nach Winterberg

 

Der Rothaarsteig führt über insgesamt 154 Kilometer vom westfälischen Sauerland in Brilon über Winterberg und Schmallenberg ins hessische Dillenburg. Obwohl es den Weg erst seit 5 Jahren gibt, ist er äußerst beliebt und viel begangen. Auch sportlich tut sich einiges. Von Schmallenberg aus startet immer im Oktober der Rothaarsteig-Marathon und letztes Jahr hatte der Rothaarsteig-Lauf, ebenfalls mit einer Marathonstrecke, Premiere. Das besondere an dieser Veranstaltung ist der Punkt-zu-Punkt-Kurs mit Start in Winterberg und Ziel in Brilon, der allerdings im jährlichen Wechsel in umgekehrter Richtung gelaufen wird.

 

Die Premiere im letzten Jahr war viel versprechend und 750 Teilnehmer und ich waren von der Strecke und der Organisation, die keine Schwächen erkennen ließ, begeistert. Kein Wunder auch, wo doch die Profis der Fremdenverkehrsämter in Brilon und Winterberg maßgeblich beteiligt sind. Für mich war bereits im letzten Jahr klar: ich mach den Lauf auch in umgekehrter Richtung von Brilon nach Winterberg mit.

 

Mir ist die Strecke noch ganz gut in Erinnerung und deshalb auch klar, dass sie von Brilon aus wesentlich schwerer sein wird. Damit meine ich besonders die Strecke von Bruchhausen auf den Langenberg. Während sonst die Steigungen und Gefällstrecken nicht sonderlich lang sind, zieht sich dieser Abschnitt über ungefähr 7 Kilometer hin. Es ist nicht besonders steil, aber die Steigung ist da und will bewältigt sein.

 

Ich nehme mir vor, den Lauf so Kräfte schonend wie nur möglich zu bewältigen. Nur diese besagte Stelle, so mein Plan, renne ich durch - als Zwischenprüfung sozusagen.

 

Ich entscheide mich für ein Domizil in Winterberg. Im Nachhinein würde ich vielleicht doch Brilon vorziehen, denn der Wintersportort ist auch um diese Jahreszeit gut besucht und preiswerte Zimmer rar. Ich werde fündig, habe aber schon über ein günstigeres Preis-/Leistungsverhältnis berichten können. Die Lage ist allerdings ideal, nur ein paar Minuten sind es zum Zielgelände, wo am Sonntag um 7.45 Uhr die Busse nach Brilon zum Startplatz fahren.

 

Am Samstag gibt es zwar die Startunterlagen, ein Rahmenprogramm wird aber nicht angeboten. Zum Glück gibt es in Winterberg das „Nudelhaus“. Dort fülle ich meine Energiespeicher mit einem Riesen-Teller Pasta mit einer köstlichen Bärlauchsoße auf. Der einzige Lichtblick bis dahin, denn es regnet nur einmal. Der zweite Lichtblick ist der Wetterbericht. Er sagt uns für Morgen meist trockenes Wetter und längere sonnige Abschnitte voraus. Solche Vorhersagen glaube ich immer gleich und gerne.

 

Obwohl nur 4 Hotelgäste zum Marathon starten und besonders früh aufstehen müssen, richtet der Wirt zeitig das komplette Frühstücksbüffet her. Klar, dass wir alle an einem Tisch sitzen und sofort im Gespräch sind. Ich staune nicht schlecht, denn außer mir waren noch 2, und damit insgesamt 3 der 4 Anwesenden, letzte Woche beim Supermarathon auf dem Rennsteig.

 

Zwei Busse stehen schon bereit, als ich mit meinem Müllsack, der als Kleiderbeutel dient, vor der Sparkasse eintreffe. Gleich muss ich wieder staunen, denn etliche Bekannte sind da, die ich zum Teil letztes Jahr hier erst kennen gelernt habe. Josef Vogt zum Beispiel, oder Andrea (Miss Squeezy). Das Wetter hält , was die Vorhersage verspricht. Der Himmel hängt zwar voller Wolken und manche sind auch bedrohlich schwarz gefärbt, aber sie haben ihren Inhalt bereits in der Nacht über das Sauerland verteilt. 

 

In Brilon ist es noch ziemlich ruhig,  als wir eintreffen. Erst eine halbe Stunde vor dem Start haben sich die meisten der 191 Marathon-Starter eingefunden. In Bruchhausen (25 Kilometer) und in Niedersfeld (16 Kilometer) werden weitere Rennen gestartet, die auch für Walker und Wanderer ausgeschrieben sind. Ziel ist für alle Winterberg.

 

Simone Köhler, die Briloner Waldfee, ist heute bewaffnet, denn sie gibt den Startschuss ab. Einige Zuschauer, meist Angehörige der Läuferinnen und Läufer und ein paar schlafgestörte Briloner verabschieden das Läuferfeld mit Applaus auf die Strecke.

 

Nach ein paar hundert Metern verlassen wir die Stadt durch das Stadttor. Ich habe ein paar Bilder gemacht und bin sofort am Schluss des Läuferfeldes. Weil ich weiß, dass es gleich hinauf zum Poppenberg geht, gebe mir keine Mühe, wieder aufzuschließen. Auf einem geteerten Weg geht es an saftig grünen Wiesen vorbei bis zum Bergkreuz und dort links in den Wald.  Es ist ein Buchenwald, der um diese Jahreszeit besonders schön ist. Die Blätter leuchten in kräftigen Grün, das durch die Nässe noch verstärkt wird. Wir kommen zur Bundesstraße 251 und laufen auf einem Radweg bis zum Ortsrand von Peterborn-Gundershagen.

 

Weiter geht es an einem kleinen Bach entlang, rechts hinter den Viehweiden beginnt ein dichter und dunkler Fichtenwald, wie er für das Sauerland typisch ist. Ich bin nach wie vor am Ende des Feldes, aber immer im Blick der zwei Biker, die die Läufer begleiten. Es ist herrlich zu laufen. Das Wetter passt, allerdings ist es ziemlich windig und damit auch etwas frisch. Nach etwa 6 Kilometern kommt die erste Verpflegungsstelle, wo es Bananen und Äpfel gibt, dazu Wasser, Tee und ein Wasser mit Apfelgeschmack.

 

Gut zwei Kilometer weiter, bei Borbergs Kirchhof, kommen wir an eine Waldhütte, wo wir von einigen Leuten, von denen ich nicht weiss, sind sie noch oder schon wieder auf den Beinen, mit La-Ola begrüßt werden. Gleich anschließend geht es etwas steil abwärts Richtung Elleringhausen. Der Weg ist anfangs ziemlich matschig. Überhaupt ist es auf den Waldwegen meist etwas schmierig und rutschig, gerade so, wie ich es noch vom Rennsteig in Erinnerung habe. Nur dass es hier nicht regnet, und das macht den Lauf hier, obwohl ebenfalls ziemlich anstrengend, gleich viel angenehmer.

 

Am Standort Antonius laufen wir rechts und kommen nach einem kurzen aber steilen Anstieg und einem Gefällstück  zur zweiten Verpflegungsstelle. Gleich geht es wieder bergauf  und ich gebe mir gar keine Mühe, den Laufschritt beizubehalten. Die Strecke ist sehr abwechslungsreich. Ich meine damit, dass es nie lange in eine Richtung geht. Ständig wechseln sich Auf und Ab mit flachen Passagen. Nach der Passhöhe Brilon-Wald kann ich es bergab endlich einmal etwas länger richtig rollen lassen. Der Weg führt nach Bruchhausen und ich muss meinen Lauf doch ein- zweimal unterbrechen, um den herrlichen Blick auf die Bruchhauser Steine im Bild festzuhalten.

 

Bei den vier Porphyr-Felsen (Born-, Feld-, Gold- und Rabenstein), die den 721 Meter hohen Istenberg teilweise überragen,  befinden sich Überreste einer vorgeschichtlichen Fluchtburg, die auch als Kult- und Ritualstätte diente und die älteste in Westfalen ist.

 

Als wir den Waldrand erreichen und rechts hinter den Wiesenhügeln Bruchhausen erkennen, kommt der härteste Teil der Strecke. Der Anstieg zum Burbecker Platz, entlang des Langenberges. Strategisch günstig ist davor eine Verpflegungsstelle (ca. km 17) eingerichtet. Ich muss laut lachen, als ich die Frau mit dem Obst-Tablett sehe. Sie hat nämlich die Bananenstücke aufgerichtet und mir fällt der Mainz-Bericht von Norbert Ebbert ein, der die gleiche Szene mit „in Mainz stehen sogar die Bananen Kopf“ kommentiert hat.

 

Jetzt geht es gut sieben Kilometer aufwärts zu meiner Zwischenprüfung. Das Stück will ich laufen, alles andere ist mir dann egal. Ich trabe los und lasse mich dauernd von den 25 km-Läufern überholen, die jetzt für Leben auf der Strecke und willkommene Abwechselung sorgen. Um mich abzulenken,  studiere ich die Aufdrucke auf den Shirts. Auffallend viele tragen ein gelbes Shirt und verkünden: „Wir schaffen’s: 42,2 Kilometer New York 2006.“ Wenn ich sie so leichtfüßig den Berg rauf rennen seh’, hab ich daran keinen Zweifel. Aber sie sind ja auch erst gestartet. Einige hole ich später allerdings wieder ein…

 

Ich trabe langsam aber gleichmäßig bergauf, nie steil, manchmal auch fast eben. Zwischendrin ist eine Verpflegungsstelle und ich habe Grund, kurz stehen zu bleiben. Als es nach weiteren 3 Kilometern endlich abwärts geht, glaube ich, es geschafft zu haben. Dann aber kommt noch einmal ein kurzes, dafür steiles Stück und ich bin am Burbecker Platz (800 m hoch, ca. km 24).

 

Noch einmal geht es ziemlich steil bergauf und wir sind auf der Hochheide, dem nach meinem Geschmack schönsten Teil der Strecke. Die ganze Hochfläche ist mit Erika und Heidelbeersträuchern bedeckt und man hat einen herrlichen Blick auf die umliegenden Berge. Wenn nur nicht der Wind wäre, der hier besonders kräftig bläst.

 

Auf einer Forststraße meist abwärts durch dichten Fichtenwald kommen wir zur Passhöhe Styck und nach einem weiteren Anstieg sind wird wieder auf ungefähr 800 Meter Höhe an der Waldhütte am Hillekopf (ca. km 32). Einen Kilometer sind wir raus aus dem Wald und laufen an einer wegen des vielen Löwenzahns knall-gelben Wiesen entlang. Gleich geht es einen Wiesenweg steil abwärts und wir erreichen den Ortsrand von Küstelberg. Hier bläst mich der Wind fast von Strecke. Wenn die Startnummer nicht aus so festem Material wäre, ich hätte längst keine mehr.

 

Ich glaube, es ist jetzt das zweite Mal, seit wir Brilon verlassen haben, dass wir eine Verkehrsstraße überqueren. Kaum bin ich von der Straße runter, stecke ich knöcheltief im Dreck und habe Glück, dass ich die Schuhe anbehalte. Über einen Holzsteg gelange ich zu einem Parkplatz (ca. km 36 – Wagenschmier) und gut zwei Kilometer weiter zur Ruhrquelle am Nordhang des Ruhrkopfs. Dieses unscheinbare Brünnlein ist also der Ursprung des 217 km langen Flusses, nach dem sich das einstige Zentrum der deutschen Schwerindustrie benennt, das heute vor so großen strukturellen Problemen steht.

 

Jetzt ist der Rest der Strecke kein Problem mehr. Es geht nur noch bergab. So habe ich es in Erinnerung. Aber so ist es heute nicht. Die Strecke wurde geändert. Statt geradeaus auf dem bequemen Teerweg meist abwärts nach Winterberg zu laufen, geht es an dem großen Holzschuppen links abwärts und dann auf einem schmalen Pfad an Wiesen und Sträuchern entlang. Noch einmal geht es rauf und runter. Weil ich damit nicht gerechnet habe, bin ich etwas sauer und frage mich, aus welchem Grund man wohl die Strecke geändert hat?

 

Statt vom Berg hinunter nach Winterberg zu laufen, quäle ich mich jetzt die Bahnhofstraße aufwärts bis ich endlich das Ziel an der Winterberger Pforte erreiche. Natürlich lasse ich mir nichts anmerken und laufe das letzte Stück so locker ich nur kann. Aber es reicht, ich bin froh, dass der Lauf zu Ende ist.

 

Schön war es, sehr schön – aber auch genau so anstrengend. Fast 1.200 Meter geht es rauf, 980 Meter davon wieder runter. Nächstes Jahr ist es wieder umgekehrt.

 

Im Ziel ist Volksfest bei Musik, Bier, Pommes und Gegrilltem. Sogar die Geschäfte haben geöffnet. An der Sporthalle gibt es die Kleiderbeutel zurück, dort sind auch die (heißen) Duschen.

 

Zum Schluss können sich die Marathonis gegen den Gratis-Bon noch eine Portion Nudeln abholen. Portion? Na, ja, sagen wir mal eine Hand voll. Wenn das Budget nicht mehr hergibt, sollte der Veranstalter sich das schenken. Damit verärgert er nur die Teilnehmer.

 

Streckenbeschreibung:

Punkt-zu-Punkt-Kurs mit fast 1 200 Meter Anstieg, davon 980 Meter wieder runter. Fast ausschließlich Naturwege. Landschaftlich überaus reizvoll und abwechslungsreich.

 

Rahmenprogramm:

Unterhaltungsprogramm mit Live-Musik (open-air).

 

Kilometerangaben:

Alle 5 Kilometer, am Schluß jeder Kilometer

 

Zeitnahme:

Champion-Chip

 

Verpflegung:

ungefähr alle 4 - 5 Kilometer Verpflegungsstellen mit Wasser, Tee und Obst

 

Auszeichnung:

Urkunde

 

Logistik:

Startnummernausgabe in Winterberg im Gebäude der Sparkasse.

Von dort Busse zum Start nach Brilon, Parkplätze in unmittelbarer Nähe.

In Brilon Abgabe der Kleiderbeutel. Alles völlig problemlos.

 

 

 

Informationen: Rothaarsteig-Lauf
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024