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Laufberichte

Rio ohne Samba

 

Einen Marathon laufen und nebenbei die schönste Stadt der Welt besuchen! Das war die Idee unserer Tochter Yvette und ich muss zugeben, viel Überzeugungsarbeit war nicht notwendig, auch mich dafür zu begeistern.

Als Air France im März Flüge zum Zuckerhut für knapp 600 Euro anbot, gab es nur eins - für den Marathon anmelden und die Flüge buchen! Danach blieb die unangenehme Aufgabe, meiner Frau und dem Mann meiner Tochter zu erklären, dass sie zuhause bleiben müssen. Aber selber schuld, die beiden, warum sind sie keine Marathonis geworden …

Am 30. Juni, eine Woche vor dem Marathon, ging es los. In Frankfurt rein ins Flugzeug, in Paris umgestiegen und morgens 5 Uhr in Rio gelandet. Hier gleich mal ein Tipp für alle, die es nachmachen wollen: Vom Flughafen fahren die blauen „Real“-Busse ins Zentrum und zu den Strandvierteln. Für 13 Reales, knapp 4 Euro. Das war auch schon billiger, ist aber immer noch günstiger als ein Taxi.    
Am Flamengo-Park stiegen wir aus, 5 Minuten Fußweg bis zum Hotel „Riazor“. „Vier Jahre warst du nicht da“, mit diesen Worten empfängt mich Luis an der Rezeption. Er irrte, es waren nur drei. Leider irrt er nicht, als er den Preis für das Zimmer nannte: 170 Reales. Im Jahr 2010 hatten wir 70 bezahlt … 

Die nächsten Tage hatten wir ein ausgesprochen touristisches Programm. Auf dem Zuckerhut oder Corcovado stehend vergaßen wir den Grund unserer Reise. Man überblickt von da aus zwar auch einen großen Teil der Marathonstrecke, aber bei so viel Schönheit, die sich da dem Auge bietet, fällt einem so manches ein - nur nicht, dass man schweißüberströmt durch diese Stadt laufen könnte. Anders an den Stränden. Der Körper genießt das Bad in der Sonne, aber das Hirn sagt: Sonntag liegen andere hier, du wirst dich die Strandstraße entlangquälen … Die Motivation fördert das nicht!

 

Die Lust auf  Marathon kehrte bei zwei Trainingsläufen zurück. Vom Flamengo-Strand über den von Botafogo, immer den Zuckerhut im Blick, bis man direkt unterhalb des Hutes entlangläuft. „Ich muss zuhause beim Training auch nicht durch die Stadt laufen, aber so eine schöne Trainingsstrecke habe ich nicht“, schwärmte meine im Allgäu wohnende Tochter. Und bemerkt erst später den Denkfehler. Wir laufen in einer Stadt … 

Der zweite Lauf ging entlang des Flamengo-Strandes Richtung Inlandflughafen. Immer wieder Zuckerhut und Corcovado im Blick, die Schönheit dieser Stadt endet nicht. Und an Obdachlosen vorbei, die noch schliefen.

Yvette schaute mich fragend an. Sie hat wohl auch gelesen, das Rio zu den gefährlichsten Städten der Welt zählt. Aber hier mal für alle, die deshalb auf einen Besuch der Stadt – oder gar auf den Rio-Marathon! - verzichtet haben: Ich war vier Monate in Rio unterwegs, auch mit Yvette habe ich mich ausschließlich zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegt – wir leben noch, wurden nicht überfallen. Nur einen Diebstahl habe ich bisher erlebt - als einem Bekannten an der Copacabana die Hose gestohlen wurde. Das war aber eher lustig als kriminell. Vor allem, wie er in Unterhosen in der Metro saß … Wer sich an die Spielregeln dieser Stadt hält, der ist dort ziemlich sicher. Wer es ganz sicher haben will, der sollte gar nicht erst verreisen. Nirgendwo hin.

Donnerstag wurde es dann auch in Sachen Marathon interessant. Ab diesem Tag gab es die Startunterlagen. Wo? Das wussten wir eigentlich nicht. Auf der Internetseite der Veranstaltung war darüber nichts zu finden. Und Laufberichte über den Marathon in Rio sind im Internet selten. Um genau zu sein, ich fand  nur einen von 2010. Aber darin die entscheidende Information: Die Startunterlagen gibt es im „Centro de Convencoes“!

Wir also mit der U-Bahn ins Zentrum gefahren, um dort festzustellen, den Weg hätten wir uns sparen können. Der Laufbericht hatte zwar nicht gelogen, dort gab es die Startunterlagen - im Jahre 2010 …

Wir wussten, wo sich das Ziel befand. Am Flamengo-Strand,  wir wohnten doch fast daneben. Also war die beste Lösung, dort zu fragen. Und schon der erste, den wir ansprachen, verwies uns auf ein Zelt unmittelbar am Strand. Und tatsächlich, dort gab es die Startunterlagen.

Ich muss hier erwähnen, dass wir im Hotel keinen Internetanschluss hatten. So sind wir am Abend in den Park des ehemaligen Präsidentenpalastes gegangen und haben dort Wlan „geklaut“. Und da erreichte uns auch eine E-Mail vom Marathonveranstalter, in der er uns am Vortag mitteilte, dass es die Startunterlagen am Flamengo-Strand gibt. Etwas spät? Nein, nicht für Brasilien …

      

Perfekt die Ausgabe der Startunterlagen. Wir wurden schon vor dem Zelt von einem Herrn angesprochen – in Deutsch! Herr Blum, wie das Namensschild verriet, führte uns zu den entsprechenden Ständen. Und hatte auch eine positive Antwort auf eine Frage, die uns seit Wochen bewegte. Wir hatten vergessen, den Bustransfer zum Startort zu buchen. Kein Problem, meinte Herr Blum, können Sie nachbuchen, für 5 Dollar. Und schon führte er uns an den entsprechenden Stand. Was hier abging, war VIP- Betreuung für Jedermann.

Für 46 Euro Startgeld haben wir ein T-Shirt, eine Mütze und eine Trinkflasche in einem Beutel, der alleine schon 46 Euro wert ist – ideell gesehen … Und natürlich ist auch die Startnummer dabei. Pech gehabt, Yvette, die 999 habe ich!

Dann kam endlich der Marathon-Sonntag. Das hieß vor allem zeitig aufstehen. 4 Uhr klingelte der Wecker, schnell etwas gegessen und – eine Meinungsverschiedenheit ausgetragen. Was ziehen wir an? Die aus dem Fenster gehaltene Hand sagte, für eine Jacke ist es zu warm, ohne zu kalt. Yvette entschied: Jacke! Und das war falsch, was den Weg zum Bus betraf. Im Bus wären wir ohne Jacke erfroren.

Das Wetter ist ja allgemein von großem Interesse bei Marathonläufen. Und ich glaube, so mancher Deutscher wäre schon in Rio gelaufen, hätte er nicht Angst vor zu hohen Temperaturen. Aber man sollte nicht vergessen, auf der südlichen Halbkugel ist im Juli Winter. Das ließ auch uns hoffen. Die bisher tiefste Temperatur, die in einem Juli in Rio gemessen wurde, lag bei knapp 5 Grad. Das war 1926 und etwas mehr konnte es schon sein. Es wurde viel mehr - 32 Grad!

Als wir aus dem Hotel traten, erwartete uns ein für diese Zeit unerwarteter Fußgängerstrom. Viele hatten heute Frühschicht - meist einheitlich in Orange gekleidet, in den T-Shirts und Mützen des Marathons... Je näher wir der Busabfahrtsstelle an der Einmündung der Rua Lima in den Flamenco-Park kamen, desto mehr entwickelte sich das Ganze zu einem Aufmarsch. Eine nicht enden wollende Schlange an Bussen nahm die Läufer auf.

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Informationen: Rio de Janeiro Marathon
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