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Laufberichte

Angeschlagen in Apeldoorn

 

„Running is a serious business“, steht auf einem Banner quer über der Loolaan, auf der sich jetzt die Läufer und Läuferinnen der „Asselronde“ aufstellen: Irgendwie ein ganz passender Spruch und trotzdem nett für mich, wieder die Wettkampfatmosphäre am Start zu spüren. Das Wetter hat inzwischen aufgeklart. Vorsichtshalber habe ich mich nicht in die Startgruppe A eingestellt – ich wollte eigentlich eine Zeit unter 2:20 Stunden laufen -, sondern stehe bei den Läufern der Startgruppe B.

Der Startschuss fällt, es herrscht gute Laune, und schon geht es los. Ich lasse mich mittreiben, bis mir eine Mittelinsel Gelegenheit zu ersten Fotos gibt. Kurz dahinter steht bereits die zweite Musikkapelle – es werden noch einige sein, bis wir das nähere Stadtumfeld verlassen.

Gelegentlich für ein Foto stehenbleibend, ignoriere ich im Folgenden die ersten Aufforderungen meines Laufcomputers zu Gehpausen: Überraschend treten die Hüftschmerzen noch nicht auf – auch nicht, als es über längere Zeit bergauf geht. Nur etwas kraftlos bin ich heute, aber als ich relativ bald nahe dem Ende des Läuferfelds laufe – sollte denn nicht noch ein Startblock folgen? –, schaffe ich es, immer wieder auch Läufer zu überholen und nicht völlig zum Schlusslicht zu werden.

Die Laufstrecke ist abwechslungsreich: Es geht durch ein Parkgelände mit zahlreichen Rhododendron-Sträuchern und oberhalb eines Springbrunnens an einem See vorbei, an dessen gegenüberliegendem Ufer ich den vorderen Teil der Läuferschlange kurz zwischen den Bäumen sehe. An einem Tor mit der Aufschrift „Berg & Bos“ (Berg und Tal) spielt die nächste Musikkapelle: Die Stimmung ist gut. Und ich laufe. Laufe immer noch.

Bei Kilometer vier folgt ein längerer Aufstieg und ein Sponsor verspricht auf großen Tafeln „400 m tot de top“ – was ich aber irgendwie missverstehe: Denn auch hinter dem „top“ – wo uns die 16-Kilometer-Läufer entgegenkommen – geht es noch weiter bergauf. Immerhin erkenne ich an dieser Kreuzung die Laufstrecken wieder, die ich 2011 – damals den noch angebotenen Marathon – und 2012 mit der alten Asselronde gelaufen bin: Mit der neuen Asselronde passiert man diese Kreuzung auf dem Rückweg nicht mehr und muss nicht mehr das anschließende Stadtviertel durchqueren, weil man jetzt auf einer direkten Straßenverbindung die breite Loolaan als Zielgerade erreicht. 

Soweit sind wir aber jetzt, bei Kilometer 6, noch lange nicht: Durch schönen, hochstämmigen Buchenwald geht es weiter auf einer schmalen Straße mit einigem Auf und Ab. Hier höre ich plötzlich deutsche Worte – bisher war mir noch kein deutscher Läufer aufgefallen -, und ich komme daraufhin mit Christian und seinem Begleiter Frank ins Gespräch: Sie sind aus  Solingen und Langenfeld angereist, um hier einen langen Trainingslauf in Vorbereitung auf ihren Hamburg-Marathon zu absolvieren. Ihr Tempo ist gemächlich, meines auch – wobei ich immer noch nicht einen heftigen Bedarf zu Gehpausen verspüre. Ein Sanitätsauto will uns passieren, wir laufen auf der engen Straße rechts, aber eine Läuferin zur Linken reagiert nicht: Die Musik in ihrem Kopfhörer ist so laut, dass sie das Auto hinter ihr nicht wahrnimmt, bis ich ihr an ihrem Ärmel ein Zeichen zum Rechtslaufen gebe. Ich selbst mag Laufen mit Musik im Ohr nicht, will lieber den Wind in den Bäumen rauschen hören oder mich wie gerade unterhalten.

Immerhin reicht meine Ortskenntnisse auf der jetzt bekannten Strecke aus, meinen Begleitern gleich das schönste Teilstück anzukündigen: Hinter Hoog Soeren mit seinen wenigen Häusern geht es ab Kilometer 9 auf gewundener, schmaler Straße durch eine schöne Heidelandschaft.

Ohne Zweifel ist das der Höhepunkt der Asselronde. Wir passieren wieder – immer nach fünf Kilometern – einen Verpflegungsstand, an dessen Ende wir Bananen angeboten bekommen. Die Heide endet, und an einem Bahnübergang bei Kilometer 12 gibt es nicht zu überhörende Warnsignale, weil uns auf der Bahnstrecke zur Linken gerade ein Zug entgegenkommt. Wir biegen aber stattdessen rechts in einen Waldweg ein, eigentlich eine lange geradeaus führende Erdstraße, zu der parallel rechts ein asphaltierter Radweg die besseren Laufmöglichkeiten bietet.

Christian und Frank sind fast noch langsamer unterwegs als ich, so dass ich sie trotz der Fotostopps immer wieder einhole, denn – Überraschung! – ich laufe noch immer. Nicht schnell, aber ohne Schmerzen in der Hüfte. Hinderlich ist nur meine Kraftlosigkeit und eine gewisse Angespanntheit, die aus einem doppelten Sehnenanriss mit Muskelfaserriss drei Jahre zuvor resultiert: Ich traue mich nicht das Risiko einzugehen und einfach mal zu beschleunigen. Doch was soll es: Ich laufe inzwischen schon 14 Kilometer, durch einen wieder interessanteren Wald, dann durch eine schöne Allee, auf der auch eine weitere Läuferin ihr Smartphone zückt, weil sie den schönen Anblick ebenfalls festhalten will.

Bei Kilometer 15 geht es wieder rechts und weiter auf dem Radweg längs einer breiten Straße: Angenehm, dass uns nur auf der gegenüberliegenden Spur Autos entgegenkommen, die Spur in unsere Richtung aber gesperrt ist – und das, obwohl zwischen Radweg und Straße noch ein breiter Grünstreifen Abstand vom Autoverkehr schafft. Überhaupt, welch ein Radweg – bester Asphalt, glatt und ideal zum flotten Fahren: Wo gibt es in Deutschland einen solch langen, durchgehend hervorragenden Radweg? Allerdings ist das Laufen hier nicht so attraktiv, eher ein wenig eintönig, zumal es noch längere Zeit leicht, aber beständig aufwärts geht.

Es zieht sich, und gern würde ich hier mit mehr Kraft ordentlich beschleunigen: Christian und Frank sind immer mehr zurückgeblieben und ich habe inzwischen beschlossen, heute doch keine Gehpausen einzulegen. Übersieht man mal die 200 Höhenmeter der Asselronde, so wäre sie eigentlich eine ideale Strecke, um seine 25-km-Bestzeit anzugreifen: Hier gibt es nicht wie bei einem Citylauf plötzliche Kurven, die ein gleichmäßig schnelles Laufen stören, und auch der Streckenbelag passt. Tatsächlich läuft derweilen der Schnellste, der Belgier Kjell Dehondt, eine Zeit von 1:21 Stunden, nur 10 Minuten langsamer als der aktuelle Weltrekord.

Für mich als heute arg langsamer Läufer zieht sich das lange Straßenstück zu sehr in die Länge, zumal die Kilometer nur alle zwei Kilometer ausgewiesen sind. Erst ab Kilometer 22, auf einer schmaleren Straße, wird es wieder interessanter. Ein geschlossener Vergnügungspark wird passiert und schließlich der Stadtrand erreicht.

Leider kommen die Läufer nicht am links abseits der Laufroute liegenden „Palais het Loo“ vorbei, in dem bis 1962 Mitglieder der königlichen Familie lebten, ehe es Museum wurde. Auf Bildern des 1689 erbauten Schlosses sieht man große Ähnlichkeiten mit Schlössern im Münsterland, vor allem aufgrund der gesamten Anlage mit dem prächtigen Nordkirchen.

Kurz hinter Kilometer 24 wird es lauter, der Wald bleibt zurück, links geht es wieder in die breite Loolaan und dem Ziel entgegen. Leider tummeln sich die vielen Zuschauer nur im Start-/Zielbereich, wo sie den Start der „Acht von Apeldoorn“ erwarten.  Die Läufer stehen schon aufgekratzt bereit.

Derweil bekomme ich meine schöne Medaille, bin zufrieden, den Lauf heute in Angriff genommen und tatsächlich durchgestanden zu haben. Überrascht stelle ich fest, dass meine zeitweisen Begleiter bisher nicht zu sehen sind und verziehe mich deshalb zu den Umkleideräumen, denn es geht ein unangenehm kalter Wind. Und der verhindert dann auch, dass ich mich noch lange auf der Loolaan und in Apeldoorn aufhalte: Mir ist kalt – „Midwinter“ halt. Auch wenn der richtige Marathon fehlt: Mir reichen die 25 Kilometer heute.

Teilnehmer:

Asselronde (25 km): 2378, davon 644 Frauen
Mini-Marathon (16 km): 3473, davon 1325 Frauen
Acht von Apeldoorn (8 km): 5419, davon 2661 Frauen

Sieger der Asselronde:

1. Kjell Dehondt, BEL, 1:21:34
2. Marcel Bräutigam, D, 1:21:42
3. Stefan van den Broek, BEL, 1:22:18

Siegerinnen:

1. Radka Churanova, CZE, 1:36:50
2. Mireille Baart, NL, 1:38:13
3. Esme Möricke, NL, 1: 38:53

Insgesamt großes und sehr gut organisiertes Laufevent mit vielen Spitzenläufern bei allen drei Distanzen. Die Asselronde ist ein Landschaftslauf auf gut zu belaufenden Straßen und Wegen und trotz ihrer 200 Höhenmeter für ziemlich schnelle Zeiten gut geeignet.

 

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Informationen: Midwinter Marathon
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