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Laufberichte

Einfach genial

01.04.12
Autor: Klaus Duwe

Praktisch laufen wir jetzt die „alte“ Strecke entgegengesetzt, allerdings ohne die lange Zähringer  Passage. Schon nach 5,5 km sind wir deshalb in Herdern. Kenner wissen, was das heißt: Bomben-Stimmung und jede Menge Zuschauer.  In der Fasnachtshochburg weiß man zu feiern.  Und wohnen tut man hier auch nicht schlecht. Prachtvolle Villen sind auf dem weiteren Weg zu bestaunen mit wunderschön blühenden  Bäumen und Sträuchern in den Gärten.

Jetzt läuft man um das Siegesdenkmal (km7)  und kommt zum Schlossbergring. Von hier fährt die Schlossbergbahn auf den 456 m hohen Gipfel, auf dem die Geschichte von Freiburg ihren Ursprung hat. 1091 hat hier der Zähringer Herzog Berthold II das „Castrum de Friburch“ errichtet und sein Sohn Konrad 1120 der Handwerker- und Dienstleute-Siedlung am Fuß des Berges das Marktrecht verliehen.  Auch das berühmte Freiburger Münster, mit dessen Bau um 1200 begonnen wurde und sich über 300 Jahre hin zog, kann man von hier aus kurz sehen.

Dann das Schwabentor, einst Teil der Stadtbefestigung und heute wieder Mittelpunkt einer riesigen Marathon-Party. Nur mühsam können die Helfer die vielen Zuschauer hinter den Absperrungen halten. „I like Marathon!“ brüllt einer. Er meint das Fest, nicht den Lauf. Er hat wie ich eine grüne Nummer.

Dann trau ich meinen Augen nicht. Lizzy kommt mir entgegen. Lizzy Hawker, die sympathische Engländerin, die jahrelang die Bergmarathon- und -ultraläufe (UTMB!) fast nach Belieben gewann und sich seither immer wieder mit Verletzungen plagt. Jetzt liegt sie noch deutlich in Führung, später muss sie wegen Rückenschmerzen zurückstecken und der Schweizerin Denise Zimmermann den Vortritt lassen.

Ungefähr 6 km misst die Schleife ostwärts der Dreisam entlang. Auch sie wird ungewohnter weise in entgegengesetzter Richtung gelaufen. So hat man völlig neue Eindrücke.  Den Läuferinnen und Läufern gönnt man etwas Ruhe und postiert „nur“ 8 Bands auf diesem Streckenabschnitt.  Es ist traumhaft schön. Die Wiesenhänge beginnen zart zu grünen, Sträucher, Blumen und Bäume blühen.  Vor dem „Stahl“, einem alten, traditionsreichen Gasthof, hat man eine Verpflegungsstelle eingerichtet. Eine Rockband spielt. Es ist zum Hinsetzen, Genießen, Sitzenbleiben. 

Gleich kommt die Brücke über die Dreisam, der Blick auf die Schwarzwaldberge, aber nicht die Wende. Die neue Strecke führt uns noch etwas weiter ostwärts um verschiedene Sportanlagen und um das Georg-Thoma-Haus herum und nach ungefähr 1,5 km zurück zum Ausgangspunkt an der Brücke.  Ein Wort zu Georg Thoma. Der Olympiasieger von Squaw Valley in der Nordischen Kombination hat im Schwarzwald ungefähr  den gleichen Status wie Franz Beckenbauer international. Hätte er seine Goldmedaille nicht 1960 sondern 50 Jahre später gewonnen, er wäre ein reicher Mann.  Dabei ging es dem bodenständigen, überaus sympathischen und bescheidenen „Jörgel“, der am 20. August 75 Jahre alt wird, nie um Geld. Er war nur der Skisportler aus dem Schwarzwald. Und ist noch heute ein Idol, eine Legende.

Die Trommler bei der Brücke sind nicht neu. Sie heizen hier seit  Jahren Aktiven und Zuschauern ein. Deshalb ist auch nirgendwo im Grünen mehr geboten als hier an der Dreisam. Wäre es etwas wärmer, gäbe es keinen Picknick- oder Grillplatz mehr auf den Wiesen.

14 km bin ich jetzt gelaufen. Neuer 4-Monats-Rekord. Und nichts, was mit meinen Knie- und anderen Problemen zu tun hat, tut mir weh. Das macht mich froh. Aber 14 km sind nur ein Drittel eines Marathons. Das gibt mir zu denken. 

Der Lärm bringt mich zurück ins Jetzt. Mann, ist hier was los. Durch einen engen Zuschauerkorridor werden wir durchs Schwabentor in die Altstadt getrieben. Die Straße soll gepflastert sein. Ich spüre nichts. Hier in Oberlinden, dem ältesten Teil Freiburgs, wird gefeiert, was das Zeug hält. Feste haben hier eine lange Tradition. Der Gasthof zum Roten Bären ist der älteste in Deutschland.

Entlang der schmalen Gassen fließen seit dem 13. Jahrhundert die für Freiburg typischen „Bächle“. Man könnte sich leicht denken, dass sie einst der Entsorgung von Fäkalien und Abfällen dienten. Stimmt aber nicht. Sie wurden zur Brandbekämpfung angelegt. Deshalb war es wichtig, dass das Wasser immer ohne Behinderung fließen konnte. Obwohl die Feuerwehr heute wirkungsvollere Einrichtungen hat, pflegen die Freiburger diese Tradition und beschäftigen noch heute zwei „Bächlesputzer“, die für Sauberkeit und damit für die richtige Fließgeschwindigkeit sorgen.

Die Innenstadt ist jetzt zwischen Bertholdbrunnen, Schwaben- und Martinstor eine einzige Partymeile. Der Lärm der Zuschauer und die Klänge von sechs oder sieben Bands bilden eine Geräuschkulisse, die die Marathonis wohl lange nicht vergessen. Über die Bertholdstraße kehren wir der Altstadt dann den Rücken. Die Party ist damit noch nicht zu Ende. Es wird weiter gefeiert, getrommelt und gejubelt.

Letzter Höhepunkt vor dem Ziel dann die Wiwili-Brücke (km18),  die man jetzt ebenfalls entgegengesetzt passiert und daher auf die imposante Stühlinger Kirche direkt zuläuft. Brücke und Kirche sind so etwas wie das Erkennungszeichen  des Freiburger Marathons. 

Danach lichten sich die Zuschauerreihen etwas. Kein Wunder, ich bin am Ende des Halbmarathonfeldes. Aber mit Blaulicht wird bereits der erste Marathoni angekündigt. Es ist Bastian Franz. Der Hund, der schwäbische läuft seinen ersten Marathon und gewinnt gleich mit neuem Streckenrekord. Dabei wurde Gernot Weigl im Vorfeld noch gewarnt, die neue Strecke sei nicht so schnell. Was ich immer sage: Nicht die Strecke ist schnell, der Läufer oder die Läuferin ist es (oder nicht).

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Informationen: Mein Freiburg Marathon
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