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Laufberichte

Laufen im Herrgottswinkel

04.10.09

Ferrette bis Bouxwiller

Das Verkehrsschild mit einem Flugzeug und dem schriftlichen Zusatz ULM deutet nicht etwa an, dass es von hier eine Flugverbindung in die Stadt des Einstein-Marathons gibt. Es ist die Abkürzung für ultra-léger motorisé, also motorisierte Ultraleichtflugzeuge, die parallel zur Straße ihre Graspiste haben. Über dem Gelände ist kein Motorenlärm zu hören, das Einzige, was uns entgegenschwebt, ist der Klang eines Alphorns, mit welchem den Läufern die Aufwartung gemacht wird.

Kurz darauf ist durch die Bäume hindurch der erste von zahlreichen Weihern zu sehen, in welchen Karpfen gehalten werden. Jetzt, im Herbst, ist wieder Zeit für die Sundgauer Spezialität „carpes frites“. Als Wettkampfverpflegung nicht gerade geeignet, aber nachher, serviert mit gut gesalzenen Pommes – warum nicht?

Auf die Bedürfnisse der Marathonis zugeschnittene Verpflegung gibt es gleich im nächsten Dorf, in Durmenach. Zum Beginnen Wasser, Bananen und Orangen. Auf dem Weg dorthin werden wir schon eingangs Ortschaft begeistert empfangen. Vor dem ersten Kreuz, das mir am Wegrand begegnet, stehen Alt und Jung. Besondere Beachtung finden die einheimischen Teilnehmer. Man kennt sich hier. Man weiß auch, dass die Verlockung groß ist, bei der Einfahrt in die Dörfer die Geschwindigkeit nicht den Vorschriften und den Gegebenheiten anzupassen. Deswegen steht eine Geschwindigkeitsmessanlage am Straßenrand, die auch mir andeutet, dass mein kurzer Zwischenspurt nach einem Fotostopp zu schnell geraten ist.

Die Dörfer im Sundgau sind nicht groß, und so dauert es nicht lange, bis wir wieder in der Landschaft draußen sind. Vorbei an friedlich ruhenden Kühen und Maisfeldern geht es leicht wellig nach Bouxwiller, wo nach etwa acht Kilometern die Strecke der Ferrettoise rechts abzweigt und die Marathonisti am Rand des Dorfes über die „route  départementale“, an einem weiteren Wegkreuz vorbei, nach Werentzhouse geleitet werden.  Ein Fahrradfahrer gesellt sich neben die Dreiergruppe, mit welcher ich schon eine Weile unterwegs bin, und gibt eine Positionsmeldung weiter. Der zufolge ist sind die Damen an siebter, achter Stelle und ich müsste gemäß dieser Zählung den hundertsten Zwischenrang belegen.

Werentzhouse bis Oltingue

An diesem Sonntag ist in Werentzhouse nicht nur Marathontag. Ein ansehnlicher Flohmarkt ist im Aufbau, als ich auf der Anfahrt den Ort durchquere. Entsprechend sind Leute unterwegs und ist die Aufmerksamkeit groß, die uns vor der Kulisse der farbenfrohen Häuser zuteil wird, bevor es – gut verpflegt - wieder weiter übers Land geht. Am ersten Sonntag im Monat – und das ist es ja –hätte zwar das Museum der Liebenden geöffnet, ein kleines rosa Haus im Herzen des Dorfes. Es wurde von Ortsansässigen gegründet und widmet sich dem Thema Liebespaare, dargestellt auf Postkarten, Fayencen und anderen Objekten, dazu gibt es eine Sammlung alter Fotografien des Sundgaus. Aber ich mag jetzt nicht noch drei Stunden warten, bis die Pforten öffnen…

Der Wind ist im Rücken und ich nehme ihn nur wahr, weil er die Maisfelder neben der Straße dauernd am Rascheln hält. Nächste Station ist Fislis. So klein der Flecken auch ist, die Zuschauer sind mit Begeisterung an der Strecke, wie wenn die Weltelite vorbeikäme. Nach dem lebhaften Teil am Dorfrand kommt wieder die Ruhe der Landschaft. Still steht das nächste Wegkreuz vor dem Maisfeld, durch welches der Wind streicht. Am östlichen Horizont ist es hell, so wie es am frühen Morgen schon war. Ob sich der bedeckte Himmel über dem Sundgau noch freundlicher zeigen wird?

Linsdorf und St. Blaise heißen die nächsten Stationen. Unterbrüche in der Landschaft, die eine Ruhe ausstrahlt; wo außer Ausdauerläufern kein Mensch zu sehen ist. Die Anfeuerungsrufe schicken uns wie auf einer Welle weiter ins nächste Dorf.

Oltingue ist die nächste Station. Ein weiterer Ort, der seine Ursprünglichkeit bewahrt hat. Blumenschmuck und Riegelhäuser, eines davon das „Maison du Sundgau“, in welchem das Bauernmuseum untergebracht ist. Zeit für die Besichtigung der kleinen spätgotischen Kirche Saint-Martin-des –champs, einem „Monument historique“ habe ich heute nicht, aber vorgemerkt ist sie.

Fünfzehn Kilometer liegen hinter mir, als ich mir beim dritten Verpflegungsposten Cola und Wasser gönne. Die Tische sind immer schön angerichtet, die verschiedenen frischen und gedörrten Früchte schön angerichtet, das „pain d’épice“ akkurat in Streifen geschnitten. Liebevoll wird für die Läufer gesorgt. Rund 700 Teilnehmer sind es bei allen drei Disziplinen und  250 Freiwillige sind im Einsatz. Eine beeindruckende Zahl.

Die Straße nach Wolschwiller ist eine der typischen Baumalleen Frankreichs. Aber weder die Bäume noch der hochstehende Mais nebenan vermögen den Wind abzuhalten, der uns nun stark auffrischend von rechts, aus westlicher Richtung eine Bremswirkung beschert.

Wolschwiller bis Raedersdorf

Aufgehoben wird diese im Dorf von den Häusern und ihr entgegengewirkt von den Zuschauern, die es kaum fassen können, dass ich stehen bleibe und sie auf den Speicherchip banne. „Normalerweise ist das umgekehrt“, rufen sie und schicken mich „bravo“ und „allez hop“ weiter.

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Informationen: Marathon du Jura Alsacien
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