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Laufberichte

Erstmals Dr. Eisenbart an der Strecke

22.10.06

„Der Elbauenpark Magdeburg - da blüht Ihnen was!“

 

Dieser Slogan, mit dem für das faszinierende Gartenreich der ehemaligen Bundesgartenschau geworben wird, muss vor allem für die Marathonis wie eine Drohung klingen, denn die letzten zwei Kilometer werden überwiegend im Park gelaufen! Weil ich diesmal nur einen halben Marathon laufe, denke ich eher an Biertulpen und weißen Blumen auf blondem oder schwarzem Gerstensaft.

 

Vor zwei Jahren war dies ganz anders, da verfluchte ich die Schleife im Park. Auch in diesem Jahr werde ich leiden, mitleiden vor allem mit der Startnummer 150, weil meine Frau diese trägt.

 

Das Starttor steht diesmal direkt vor der Brücke, die den westlichen Teil des Parks mit dem östlichen verbindet. Jeder, der ins Ziel möchte, und wer möchte das nicht, muss später dort oben entlang. Je nach Kondition im Laufschritt, stolpernd oder wie ein gewisser Schmidtchen Schleicher. Im Park sind die Blumenbeete leider schon leer geräumt, da vor einer Woche die Saison endete. So blüht kurz vor dem Start nur der Flachs, der gesprochene Flachs. Es wird gescherzt und gelästert, um das Startfieber zu senken.

 

Einigen Läufern sieht man die Anspannung an: Sie warten auf den Startschuss der Magdeburger Topläuferin Claudia Dreher wie rassige Rennpferde auf das Öffnen der Startboxtüren.

 

Kurz nach 10.00 Uhr, das Wetter ist traditionell fantastisch, ist es endlich soweit. Der 3. Magdeburg-Marathon ist gestartet.

 

Einige rennen los, als ob der Leibhaftige hinter ihnen her ist. Hoffentlich sind es nur 12-km-Läufer, denke ich. Bevor ich lostrabe, mahne ich meine Gattin noch zur tempomäßigen Besonnenheit. Neu im laufenden Programm ist gegenüber dem Vorjahr der Alte Markt. Eine gute Idee, denn am renovierten Rathaus blüht es noch immer und auf 100 Metern bilden hier stadtbekannte Persönlichkeiten still und stumm Spalier,– Johann Andreas, Otto, Roland, ein zweiter Otto und Till.

 

Für Nicht-Magdeburger:

 

Dr. Johann Andreas Eisenbart – viel genannt, oft verkannt.
Otto von Guericke – Ex-Bürgermeister und Luftdruckexperte.
Roland – steinerner Ritter mit bloßem Schwert.
Otto I. – Gründer des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.
Till Eulenspiegel – bekannter Narr, der einst die Elbestädter veräppelte.

 

Vorbei am Hundertwasserhaus erreiche ich den Domplatz. Vor dem Hauptportal des Domes steht ein graues Zelt, am Absperrzaun baumelt ein Schild. „Betreten verboten - Archäologische Grabungen“ kann ich im Vorbeilaufen gerade noch lesen. Aha, hier wird schon wieder gegraben, nach Wurzeln, historischen Wurzeln. Sicher werden neue Beweise für Magdeburgs große Vergangenheit gefunden. Schon längst ist nämlich bewiesen, dass diese Stadt im frühen 10. Jahrhundert nicht nur ein kleiner Flecken an der slawisch-germanischen Grenze war. Nein, schon damals, lange vor München oder Berlin, stand Magdeburg in voller Blüte. Mehrmals wurde die Stadt später zerstört, doch sie blühte immer wieder auf.


In der Hegelstraße stelle ich fest, dass im Läuferfeld noch immer der Flachs blüht. Beste Stimmung herrscht auf der Sternbrücke, wofür auch einige Musiker sorgen. Möglich, dass diese die Nacht durchgemacht haben, denn die Magdeburger Jugend feiert hier gern Partys.
Dass beim Magdeburg-Marathon alle Sinne angesprochen werden, spüre ich in Höhe der Pferderennbahn, wo mir frischer Stallduft um die Nase weht.

 

In der Läuferschlange ist es jetzt merklich ruhiger, der Flachs beginnt zu welken.

 

Auf der letzten Brücke, schon längst im Elbauenpark, holt mich der Werbeslogan, dieses „da blüht Ihnen was“ wieder ein: Ich sehe das Ziel, höre Jubel, Trubel, Heiterkeit und muss am Rampenende abbiegen – nach links, weg vom Ziel!

 

Doch in der Einlaufgasse, das Zielbanner und die kurzberockten Cherleaders vor Augen, von zahlreichen Zuschauern umjubelt, ist alles vergessen.

 

Während ich am Getränkestand mit einer schneeweißen Blume auf schwarzem Bier etwas entspanne, eilen meine Gedanken hinaus in die Elbaue, hin zum höchsten Punkt des Laufes, dem Weinberg (76,5m). Meine Frau müsste sich jetzt dort herumtreiben. Wie viele Läufer hat sie etwas Respekt vor dieser Anhöhe und dem anschließenden Auf und Ab am Wasserstraßenkreuz.

 

Mit Torsten, Mitglied der berühmt-berüchtigten „Elbblitze“ aus Grieben, radele ich nach dem Bierchen bis hinter die Stadtgrenze, bis etwa Kilometer 34,5. Hier muntern wir mit unseren Ratschen nicht nur unsere Vereinsmitglieder (HSV Medizin Magdeburg, Elbblitze Grieben) auf. Fast alle danken uns mit einem Lächeln, einem kurzen Wink oder zeigen den Winner-Daumen.

 

Früher als gedacht kommt uns, noch immer recht locker, die Startnummer 150 entgegen. Da ich weiß, dass meine bessere Hälfte nach 20 Kilometern nicht gern redet, sogar ein Telefon würde sie jetzt ignorieren, reiche ich ihr fast wortlos mit Powergel angereichertes Wasser und - lass sie laufen. Im Ziel bestätigt sich unser Verdacht: Sie ist heute schneller als bei ihrer Marathonpremiere in Berlin. Heimvorteil!

Bei Kaffee & Kuchen (Marathontorte), Tombola und Musik endet ein goldener Herbsttag.


Das Fazit des Tages: Magdeburg und sein Marathon sind keine Mauerblümchen!

 

 

Informationen: Magdeburg-Marathon
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