Der Himmel ist bewölkt und je weiter wir uns den Bergen nähern, umso dichter werden die Wolken. Das kommt mir doch bekannt vor.
Warum fängt mein Bericht gleich mit einem Wetterbericht an? Ganz einfach. Die letzten drei Austragungen des Liechtensteiner Alpin Marathons standen wettermäßig unter einem ganz schlechten Stern. Auf gut deutsch: Es hat jedes Mal gepisst, was nur runter geht. Auch ein Grund für mich, morgen erneut am Start zu stehen. Ausdauer zahlt sich ja bekanntlich aus. Ich möchte einfach einmal bei schönem Wetter hinauf ins Saminatal laufen und wissen, wo entlang denn eigentlich der Kurs genau verläuft. Bisher verliefen meine Starts recht nebulös.
Für mich ist es im Fürstentum somit auch der dritte Start in Serie. Ob die katastrophale Wetterserie auch für den spürbaren Rückgang bei den Anmeldezahlen verantwortlich ist, mag ich nicht beurteilen, aber ich könnte es mir gut vorstellen. Einige werden erst mal abwarten. Der hohe Kurs des Franken wird ein Weiteres dazu beitragen, bei Voranmeldung sind 75 EUR, vor Ort als Nachmelder für den Marathon schon 100 EUR fällig.
Ein weiterer Aspekt wiederzukommen ist für mich der anspruchsvolle Kurs mit ordentlich Höhenmetern. Ein paar Buckel habe ich heuer schon hinter mir und dabei auch einige Höhenmeter gesammelt, aber morgen geht’s schon etwas höher und steiler hinauf, 1870 hm weist das Profil auf. Will man im Laufe der Saison einen längeren Berg-Ultra bestreiten, wie in meinem Fall, hat man dies zwangsläufig auch nötig.
Der Marathon im Fürstentum ist die erste Möglichkeit im Jahr etwas höher in alpines Gelände aufzusteigen und leitet somit praktisch in unseren Breiten die alpine Marathonsaison ein. Zusammen mit Zermatt-/Jungfrau-Marathon und dem Kaisermarathon Tirol, gab es bis 2011 den Mountain Marathon Cup. 2007 wurde die gemeinsame Wertung erstmals ins Leben gerufen und kam bei der eingeschworenen Gemeinschaft der Bergläufer auch recht gut an. Seit heuer wird die Serie nicht mehr angeboten und wird vermutlich in der Form auch nicht mehr stattfinden. Es gibt gewisse unterschiedliche Anschauungen unter den Veranstaltern.
Begleitet werde ich heute wieder von Jan. Zwischendrin wird für uns noch ein kleiner Zwischenstopp fällig, wir bekommen Gesellschaft. Aktivster Laufreporter der Welt nennt er sich und er steigt bei uns zu. Jaaa, es ist natürlich der Joe. Er ist unkaputtbar wie wir wissen und daher auch jede Woche im Einsatz. Wir haben beide ganz zufällig die gleichen Veranstaltungen dieses Wochenende gewählt. Veranstaltungen? Wir steuern gleich im Anschluss an unseren morgigen Zieleinlauf ein weiteres Ziel an, für ein Doppeldecker-Wochenende. Ihm war die Anreise mit eigenem Auto zu lang, so machen wir Car-Sharing. Erste Bedenken von ihm dazu kamen vorab aber dann doch noch auf: „Passen wir überhaupt zu dritt mit zwei Kästen Bier in dein Auto?“
Die Startunterlagenabholung in Bendern schaffen wir heute nicht mehr, Joe hat einen Anschlusszug verpasst und wir müssen etwas umdisponieren. Aber kein Problem, vor dem Start bleibt morgen noch genügend Zeit, wir steuern gleich unser Hotel am Zielort hoch oben in den Bergen an.
Wer Malbun als Übernachtungsort gewählt, muss zwangsläufig etwas früher aufstehen. Die vom Veranstalter gestellten Busse fahren Punkt 7 Uhr ab. In unserem Hotel wird ausnahmsweise für die anwesenden Marathonis das Frühstück bereits ab 6 Uhr serviert. Unser erster Weg nach dem sinnbildlichen Hahnenschrei führt uns ans Fenster. Hey, geil, der Tag verspricht grandios zu werden, wir bestaunen einen wolkenlosen Himmel. Des hamma uns verdient, nach den trostlosen Regenjahren. Mich freut es auch für den Veranstalter und die vielen Helfer, die wahrlich keinen leichten Job zuletzt hatten.
35 Minuten dauert die Busfahrt nach Bendern, wo wir vor der Anstalt abgeliefert werden. Gibt ja nicht wenige, die sagen, da gehören wir auch hin. In unserem Fall handelt es sich aber um die Herbert Ospelt Anstalt. Hier wird keiner eingesperrt, Anstalt nennt sich die Unternehmensform. Hergestellt werden hier Schmankerl für Mensch und Tier. Übergroß prangt uns am Firmeneingang ein Werbeplakat mit Malbuner Speck entgegen. Ich hätte durchaus keine Probleme, wenn uns auch auf der Strecke so eine deftige Brotzeit serviert werden würde, vielleicht noch mit einem Becher Hopfengetränk. Ich kenne da einige, die da sicher nicht nein sagen würden. Dem ist aber leider nicht so, kann ich vorausschicken. Wäre aber vielleicht doch mal eine Anregung für den Sponsor, uns sein Produkt vorzustellen.
15 Grad hat es bereits bei der Ankunft, die Wärmebekleidung kann somit schon frühzeitig in den LKW wandern. Die positiven Wetteraussichten bescheren den Helfern am Nachmeldeschalter noch zusätzlichen Arbeitseinsatz. In der Kantine der „Anstalt“ kann noch in aller Ruhe gefrühstückt werden. Gratis stehen Kaffee, Säfte und Croissants bereit. Heute ist es aber nicht so voll wie in den Vorjahren, alle wollen lieber raus und bereits die Sonnenstrahlen genießen.
Gestartet wird um 9 Uhr. Neben der Marathondistanz hat der Veranstalter noch den Halbmarathon PLUS mit 25 km Länge im Angebot. Insgesamt stehen heute 700 Läufer am Start, aufgeteilt in 1/3 auf den Halben und 2/3 auf den Ganzen. Die Teilnehmerzahlen lagen vor Jahren auch schon mal bei 1.000 Läufern.
Die ersten flachen Kilometer dienen hervorragend zum Einlaufen. Knapp 2 km legen wir auf der Schaaner Landstraße zurück, dann geht’s rechts ab, runter an den Binnendamm. Anfangs noch unterhalb des Walls, nach 5 km dürfen wir dann rauf mit Sichtkontakt auf den Rhein.
Brettleben verlaufen die ersten 10 km bis ins „Städtle“, wo die zweite Verpflegungsstelle aufgebaut ist. Nach durchqueren der Fußgängerzone von Vaduz beginnt die Steigung, vorbei am Kunstmuseum und am unter Denkmalschutz stehenden Roten Haus, neben dem Schloss ein weiteres Wahrzeichen der Stadt. Am spätmittelalterlicher Treppengiebelbau mit seiner markanten Farbe und seinem hochaufragenden Turm schalten viele bereits auf Gehmodus um. Ich bin heute gut drauf und nehme die Steigung im Laufschritt.