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Laufberichte

Tra lago e monti - der Gardasee Marathon 2010

10.10.10
 

Schließlich erreichen wir den beeindruckend großen, im Weiß der zahllosen Bootsrümpfe erstrahlenden Yachthafen Rivas. Angesichts des unüberschaubaren Mastenwirrwarrs der ankernder Boote kommt mir nur das Sprichwort „man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht“ in den Sinn. Gleich hinter dem Hafen erhebt sich der 376 m üNN aufragende Monte Brione, quasi der  „Hausberg“ Rivas. Wie ein gewaltiger Riegel schiebt sich der Monte Brione am Nordufer des Sees zwischen Riva und das benachbarte Torbole. Während er auf der Riva zugewandten Seite sanft und von dichtem Grün bewachsen ansteigt, bricht er auf der anderen Seite jäh und schroff ab.

An der seezugewandten Seite hat man Einiges vom Berg weggesprengt, um Platz für eine Uferstraße zu schaffen. Auf einem parallel führenden Weg folgen wir dieser Straße und genießen von hier einen ganz speziellen Panoramablick auf die die hinter, vor und neben uns liegende Berglandschaft.

Am Berg vorbei signalisiert das Ortschild „Lido di Arco“ bei km 12, dass es Abschied zu nehmen gilt vom Gardasee. Das nördliche Hinterland des Sees mit dem Städtchen Arco stehen nun auf dem Programm.

 

Über Arco nach Torbole

 

Schnurgerade, kilometerlang und bretteben ist die Asphaltstraße, die vom Ufer in Richtung Arco wegführt. Bis zum Horizont zieht sie sich hin und von dort weiter und weiter ... . Obstplantagen und Rebstöcke säumen unseren Weg, dazwischen verstreut liegen ein paar Gehöfte. Hohe Berge umzingeln die weite Ebene. Eigentlich eine schöne Landschaft, aber eben kein Vergleich zu der bisherigen grandiosen Szenerie. Meditatives Laufen ist angesagt, böse Zungen würden vielleicht auch sagen „Kilometerfresserei“.

Am Horizont ist schon von Weitem der wie ein Monolith aus der Ebene ragende, steile Burgberg Arcos mit den Resten der mittelalterlichen Festung zu sehen. Auf ihn scheinen wir geradewegs und unausweichlich zuzusteuern. Doch irren ist menschlich. Gerade, als wir die gewerblich geprägten Außenbezirke Arcos erreichen, macht die Strecke einen Knick und wir finden uns auf einmal auf einem schmalen Wirtschaftsweg wieder, der uns zurück zur Natur, zunächst durch Felder mit hoch aufragenden Weinreben, bringt.

Immer neue Haken macht unser Kurs, mal geht es auf der Straße durch bewohntes Gebiet, dann wieder auf Nebenwegen durch kultivierte Landschaft. Dabei scheinen wir Arco in gebührendem Abstand immer weiter zu umrunden, jedenfalls will der Burgberg als Landmarke einfach nicht näher rücken.

Aber schließlich ist es dann doch so weit: Von Westen nähern wir uns entlang einer Einfallstraße unaufhaltsam dem Ortszentrum. Mehr Details des Festungsbergs werden sichtbar. Aber auch aus kürzerer Distanz wirkt die Burg weiterhin unnahbar und der Welt entrückt, so steil und hoch ragt der Fels empor. Dabei ist der Festungsberg mitten in der Stadt gelegen und wird von der Altstadt umringt. Das mit Bastionen und Türmen befestigte Castello d’Arco wurde bereits im 12. Jh. durch das gleichnamige Adelsgeschlecht an diesem im Sinne des Wortes abgehobenen Platz errichtet. Nicht bewahrt hat diese Lage jedoch die Burg vor späteren Verwüstungen. Heute ist Arco dank seiner bevorzugten Lage ein Zentrum des Wein- und Obstanbaus, auch Industrie hat sich am Stadtrand angesiedelt. Touristisch ist die Stadt vor allem bei Mountain-Bikern und Kletterern ein „In“-Ziel.

Dass Arco zudem eine hübsche, lauschige Altstadt hat, davon können auch wir uns überzeugen. Über eine dicht zugewachsene, gepflasterte Allee werden wir hinein gelotst. Dann geht es weiter durch schmale krumme Gassen, gesäumt von hohen mittelalterlichen Fassaden, und über kleine versteckte Plätze. Nur einmal sehe ich von einem der Plätze aus noch die Festung über mir aufblitzen – dann nie wieder. Auch hier werden wir von einigen Zuschauern mit Beifall empfangen. Andere beobachten das Spektakel neugierig aus der Cafestuhlperspektive. Ich verliere vollkommen die Orientierung, aber die Herumkurverei macht Spaß. Absperrgitter und -bänder weisen uns den rechten Weg. So ganz nebenbei passieren wir die 20 km-Marke.

So plötzlich, wie wir in die Altstadt gelangt sind, so plötzlich sind wir auch schon wieder draußen. Auf den nächsten Kilometern wird die Sarca, der einzige größere Zufluss des Gardasees, unser ständiger Begleiter sein. Als Pendant zur Sarca leitet der Mincio bei Peschiera im Süden des Gardasees wieder Wasser ab.  

Und wieder geht es viele Kilometer geradeaus, immer dem Weg auf dem Hochufer der Sarca folgend. Am Stadtrand Arcos passieren wir die weitläufigen Fabrikationsanlagen des Kunstfaserherstellers Aquafil. Wie ein Ungetüm wirkt das silbrig glänzende Gewirr aus Kesseln, Rohren, Schornsteinen. Aber kaum ein Laut dringt von dort nach außen. Gleich danach ist wieder „Natur pur“ angesagt. Zu unserer Linken fließt gemächlich die bisweilen dschungelartig zugewuchte Sarca, zu unserer Rechten ziehen Felder mit Rebstöcken und Obstbäumen vorbei. Alleebäume bieten immer wieder Schatten vor der ungehindert vom Himmel strahlenden Sonne. Ein herrliches Wegstück – unspektakulär, aber dennoch einfach schön und ungemein entspannend.

Die nahende Steilwand des Monte Brione signalisiert uns, dass Torbole nicht mehr weit sein kann. Vorher erwartet uns bei km 25 erstmals eine Verpflegungsstation mit „Vollservice“. Während es auf den etwa alle 5 km postierten Versorgungstellen bisher nur Wasser (in Halbliterflaschen) gab, steht hier nun auch ein Elektrolytgetränk bereit; dazu gibt es Bananen- und Apfelstücke, Kekse, Kuchen, sogar Zuckerwürfel. Die Umweltverträglichkeit der Wasserflaschen mag zweifelhaft sein – praktisch sind sie schon, sei es beim Trinken oder einfach nur, um sich Kühlung durch eine kleine Dusche zu verschaffen.

Wenig später laufen wir in Torbole ein. Torbole gilt als das Surfer-Mekka Mitteleuropas schlechthin. Besonders hier entfalten die durch die im Norden fjordartige Verengung des Sees angefachten Winde ihre Wirkung, und das mit einer Regelmäßigkeit, nach der man die Uhr stellen kann. So bläst früh morgens von Norden her der kühle Vento, während ab Mittag bis zum Sonnenuntergang die warme Ora aus dem Süden die Windherrschaft übernimmt. Den Winden ist auch zu verdanken, dass nicht selten über dem See die Sonne scheint, während die umliegenden Berge wolkenverhangen sind.

Heute jedoch herrscht überall eitel Sonnenschein. Auf dem See tummeln sich zwar weniger Surfer, aber dafür umso mehr Segler. Auch wir Läufer profitieren von der stetigen, für zusätzliche Kühlung sorgenden Brise.  

Karibische Trommelklänge erwarten uns in Torbole, auch haben sich wieder einige Zuschauer an die Strecke versammelt. Da unsere Torbole-Visite aber nur auf der Durchgangsstraße beschränkt ist, bekommen wir vom Ort selbst letztlich nur am Rande etwas mit. Ehe wir uns versehen, sind wir, vorbei am Yachthafen, auf der Gardesana Orientale, dem am Ostufer des Sees entlang führenden Gegenstück der Gardesana Occidentale, und damit geradewegs auf unserem Weg in Richtung Ziel.

 
 

Informationen: LAKE GARDA 42
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