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Laufberichte

Marathon durch 4.000 Jahre Geschichte

30.03.11

 

Um den Mount Zion

 

Wir umlaufen den Berg Zion. Auf ihm steht der markante Bau der Dormitio-Abtei. Diese neoromanische Kirche hat vier Ecktürme um ihre große Kuppel. Hinunter geht es ins Kidron-Tal. In der Talsohle laufen wir am rechts liegenden Sultanteich vorbei und machen uns wieder auf den Weg nach oben. Durch das Kidron-Tal kann man übrigens in einer Wanderung über 25 KM bis ans Tote Meer gelangen. Ist jedoch aus Sicherheitsgründen nicht zu empfehlen.

Weiter geht‘s an der Residenz des Staatspräsidenten und dem bekannten Khan Theater entlang. Es folgt die Deutsche Kolonie. Die Yahuda Street bringt uns hinauf zu einer Wendepunktstrecke Richtung Osten. Von der Goldman Promenade haben wir einen schönen Blick auf die Altstadt und gegenüberliegenden Ölberg. Von Weitem glänzt die goldene Kuppel des Felsendoms. Einfach nur schön – dazu scheint jetzt noch die Sonne. Weniger schön ist der Blick auf die Sperranlagen an der Grenze zum Westjordanland.

Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen, als die ersten Halbmarathonläufer überholen. Wir sind schon auf der Wendepunktstrecke in den Süden. Die Halben haben ihren Wendepunkt ein gutes Stück vor den Marathonis. Dafür entgeht ihnen der Blick hinüber nach Bethlehem und auf das Herodium. Ich genieße das Laufen in der Sonne und passiere die Halbmarathonmarke ohne Eile.

 

Doppeltes Ziel

 

Ich bin froh, dass es bis zur Yahuda Street mal ein längeres Stück ohne auf und ab gibt. Die Yahuda führt uns aber schon wieder hinab. Wir nähern uns dem Ziel – um daran vorbei zu laufen. Es gibt zwei verschiedene Zieleinläufe. Das Marathonziel liegt im Sacher Park etwas links von uns. Direkt neben uns befindet sich das Halbmarathonziel. Ordner trennen an einer Kreuzung die Halben von den Marathonis. Hoffentlich wird jeder korrekt zugeordnet. Irgendwo queren sogar noch die 10er den Lauf.

Ich laufe kurz vor dem HM-Ziel an drei Läufern mit großen Fahnen vorbei. Marathon mit den Fahnen auf dem Buckel, Respekt. Mit Blick auf den Obersten Gerichtshof oben links laufen wir rechts hoch auf bekanntem Terrain. Wieder führt uns die Strecke über die Straßenbahngleise in der Yafo Street bis an den Rand der Altstadt. Wir biegen links ab Richtung Mount Scopus. Dabei queren wir die bis zum Sechstagekrieg von 1967 gültige Grenze zwischen Israel und Jordanien.

Es geht parallel zur Straßenbahntrasse den Berg hinauf auf den Mount Scopus. KM 30 wird passiert. Es gab bislang nur an einer Verpflegungsstation etwas zu Essen. Die angebotenen Datteln waren Klasse. Meine zwei mitgeführten Riegel sind weg und ich frage eine freundliche Helferin nach etwas Essbarem. Sie lächelt und verweist mich auf andere Helfer vor mir. Sie bieten Gels an. Ich greife gerne zu. Und auf dem Rückweg auch gleich nochmal. Das wurde aber auch Zeit. Ich hatte Hunger bis unter beide Arme.

Wieder geht es hinauf zum Mount Scopus und in einer Schleife um die Hebräische Universität Mt. Scopus drehen. Auf der nördlichen Seite der Schleife haben wir einen guten Blick auf das arabische Viertel Isawiya und die Sperranlagen zum Westjordanland. Die südliche Schleife bietet einen tollen Blick über Altstadt und Ölberg bis hinüber zur Goldman Promenade, wo wir schon waren.

Die Strecke ist wieder bekannt. Es ist schön, wieder auf die Altstadt mit Damaskus Tor zu zulaufen. Kurz vor der Stadtmauer drehen wir rechts ab und nehmen die nächste Steigung. Vorbei geht‘s am Neuen Tor. Es gehörte nicht zur ursprünglichen Stadtmauer, sondern wurde erst 1887 nachträglich in die Mauer gebaut.

 

Gelbe Bänder bei Bibi

 

KM 40 queren wir auf der Höhe des Independance Park. Kurz darauf sehen wir das bewachte Haus des amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Bibi hat aber wohl wichtigeres zu tun, als Marathon zu schauen und ist nicht an der Strecke. Dafür stehen auf der Mitte der Straße zwei Israelis, die gelbe Bänder verteilen. Ich greife mir eines und man dankt mir. Im Ziel frage ich, was es mit den Bändern auf sich hat. Sie sollen an die israelischen Soldaten erinnern, die sich in Gefangenschaft befinden.

Die letzten paar hundert Meter zum Ziel sind etwas merkwürdig. Vor dem Ruppin Boulevard werden wir durch eine Unterführung geschickt und laufen auf einem schmalen Weg in den Sacher Park hinein. Dann wird’s leicht abenteuerlich. Auf dem  mal matschigen, mal sandigen Untergrund sind Fließmatten ausgelegt. Richtiges Laufen ist kaum möglich, man sinkt richtig tief ein. Das Ziel erreiche ich trotzdem.

 

Eis am Stiel

 

Leider gibt es im Ziel nur Wasser zu trinken. Dazu gibt es Obst und ein Eis am Stiel! Das Eis erweist sich jedoch als Bumerang. Mir wird richtig kalt von innen. Ein heißer Kaffee wäre für mich besser gewesen. Rasch ziehe ich mich ins Hotel zurück. Auf dem Rückweg schaue ich noch auf die Ergebnistafel, finde dort aber nur Halbe und Zehner, keine Marathonis. Am Abend höre ich von anderen Läufern, dass die ersten drei Läufer kurz vor Schluss falsch abgebogen und ins Halbmarathonziel gelaufen sind.

Fazit: Bereicherung des  internationalen Marathonangebots. Wie oft bei Premieren gibt es das eineoder andere zu optimieren. Z.B. bei den Verpflegungsstellen. Wünschenswert sind mehr feste Nahrung und mehr Getränkeauswahl. Die Zieleinläufe kann man auch zusammenlegen und die  Kleiderabgabe kann man in den Startbereich verlegen. .

Insgesamt erlebe ich eine gelungene Premiere. Wer einen Urlaub in einem Land mit vielen historischen, religiösen, kulturellen und landschaftlichen Höhepunkten mit einem Marathon durch eine faszinierende Stadt verbinden möchte, dem sei der Jerusalem Marathon empfohlen.

Mit dem Flieger geht‘s von mehreren deutschen Flughäfen nach Tel Aviv / Ben Gurion Flughafen in gut vier Stunden. Sicherheitsbedenken habe ich keine. Ich habe noch nie bei einem Marathon ein solches Aufgebot an Polizei und Militär gesehen wie in Jerusalem. Es waren fast mehr Sicherheitskräfte an der Strecke als Zuschauer.

Termin für den 2. Jerusalem Marathon: 16. März 2012

 

Ein Muss: Yad Vashem

 

Meine Tipps für eine Reise: Totes Meer und Massada sind in einer Stunde zu erreichen. Bethlehem, Herodion und Kloster Mar Saba sind nur wenige Kilometer entfernt. Für mich ein absolutes  Muss ist der Besuch der nationalen Gedenkstätte Yad Vashem zur Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung von sechs Millionen Juden während des Holocaust. In Yad Vashem auf dem Berg der Erinnerung werden die mehr als eine Million Besucher über Einzelschicksale mit dem Holocaust konfrontiert. Ein wahrlich ergreifendes Museum.

Shalom!

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Informationen: Jerusalem Marathon
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