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Laufberichte

Ausdauernd geholfen

15.12.12 Eisweinlauf
 

Eiswein als hochwertiger, natursüßer Wein ist ein Prädikat für Qualitätswein, wie uns Wikipedia aufklärt. Wenn dem so ist, denke ich mir, muß der Eisweinlauf (Motto: „Ausdauer beim Helfen“) ein Prädikat für Qualitätsläufe sein. Daher schwinge mich mit Andrea, Hannelörchen und dem genauso unverwüstlichen Jochen ins Auto und fahre nach Baden-Baden.

Neben dem hochgeschätzten Herrn Chefredakteur wohnen, nicht weit von dort entfernt, auch die nicht minder geschätzten Brigitte und R(ud)olf Mahlburg. Seit Jahren begleite ich sie immer wieder etappenweise auf dem von ihnen organisierten und durchgeführten Rheinsteig-Erlebnislauf in meiner Heimat, genieße die stressfreie, weil zeitnahmelose Gemeinschaft auf traumhaften Pfaden, und tue nebenbei noch etwas Gutes.

In unserem Nachbardorf Niederbreitbach nämlich wohnt der Namensgeber der „aktion benni & co.“, so wurde ich auf die beiden Mahlburgs seinerzeit aufmerksam. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, die Forschungsarbeiten für die tückische Muskelschwundkrankheit Duchenne Muskeldystrophie zu unterstützen. Rund zweieinhalbtausend Jungs leiden und sterben daran spätestens im jungen Erwachsenenalter alleine in Deutschland, trotzdem „lohnt“ sich die Forschung wegen der geringen (?) Fallzahlen kaum. Hört sich grausam an, ist aber wohl so. Und dagegen unternimmt „benni & co.“ etwas.

Über 200 Ultra- und Etappenläufer sowie Nordic Walker sind mittlerweile regelmäßig dabei, um als Gruppe in traumhafter Umgebung über lt. Ausschreibung 62 km und 1.800 Höhenmeter teils durch winterliche Weinberge von Offenburg nach Baden-Baden zu laufen. Aber nicht nur zu laufen. Das Geheimnis des Erfolgs ist nämlich, daß dieser anspruchsvolle Ultra durchaus von Normalläufern bewältigt werden kann, da ernsthafte Steigungen konsequent gegangen werden und auch das eine oder andere kurze Päuschen, vornehmlich an den Etappenzielen bzw. Verpflegungspunkten, eingelegt wird. So kommen zwar letztendlich rund zehn Stunden brutto an der frischen Luft zusammen, die kraftschonende Fortbewegung ist aber etwas ganz anderes als ein schnell gelaufener Marathon.

Wir treffen uns am Vorabend mit vielen anderen Übernachtungswilligen in der Tullahalle Bühl-Vimbuch am Fuß des Nordschwarzwalds, wo um 19 Uhr ein gemeinsames Carboloading stattfindet. Der Betreuungsfaktor ist enorm hoch, sogar selbstgebackene Kuchen harren der Vernichtung. Rolf erklärt uns den morgigen Ablauf und dann können wir uns gegenseitig beschnuppern. Bei uns am Tisch sitzt auch ein nettes Ehepaar und bei der gegenseitigen Vorstellung, nachdem wir uns schon eine halbe Stunde unterhalten haben, stellt sich heraus, daß das unsere Mitautoren Birgit und Jochen Fender sind, wir lachen uns scheckig.

Nach meiner Etappenteilnahme am diesjährigen Transeuropalauf war ich noch sicher gewesen, daß dies auf absehbare Zeit meine letzte Sporthallenübernachtung gewesen war. Aber so kann man sich täuschen! Na ja, den lebens- und schlafrettenden Gehörschutz habe ich nicht vergessen und kann daher tatsächlich ein Äuglein zumachen. Wir dürfen sogar etwas länger schlafen resp. liegenbleiben als beim TEFR, trotzdem geht es nach einem netten Frühstück (u. a. hat Brigitte eine Riesenschüssel frisches Müsli gezaubert) bereits um 6.30 Uhr mit dem Bus gen Süden nach Offenburg.

Alle sprechen vom Wetter, ich als bekennendes Weichei auch. Fast, aber nur fast hätten wir eisweinadäquate Witterungsverhältnisse gehabt, sprich: eisige Temperaturen und somit gut zu belaufende Untergründe. Der noch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag herrschende knackige Frost hat sich aber schlagartig verflüchtigt und deutliche Plusgrade haben den Untergrund in eine einzige Matsche verwandelt. Dem Herrn sei Dank, als er Trailschuhe und Gamaschen schuf und mich beides kaufen ließ. Und vor allem auch dafür sorgte, daß ich den Krempel trotz der Vergeßlichkeit meines hohen Alters auch tatsächlich mitnahm.

 

1. Etappe: Von Offenburg nach Durbach (9,9 km)

 

Rund hundert Ultras (der Rest sind Etappenläufer und später dazustoßende Nordische Stockgänger) machen sich nach einer langen Busfahrt um 8 Uhr ab dem Offenburger Bahnhof auf den (Rück)Weg, der auch über die Rheinebene hätte führen können. Glücklicherweise nur hätte, denn sonst wäre der Name des Laufs deutlich verfehlt. Über viele An- und Abstiege, häufig über den Ortenauer Weinpfad, werden wir immer wieder an ausgedehnten Rebfeldern vorbeikommen, für mich Rheinländer ein wohlvertrauter und gerne erlebter Anblick.

Ach wie schön ist es, auf vertraute Gesichter zu treffen! Auch wenn man sich lange nicht gesehen hat - oder vielleicht gerade deshalb - gibt es viel zu erzählen und zu lachen. Aber wem sage ich das, viele von Euch kennen das aus eigenem Erleben. Kaum sind wir polizeibegleitet aus Offenburg heraus, beginnt der erste von vielen noch folgenden Aufstiegen. Das Vorgehen auf allen von den Mahlburgs organisierten Spendenläufen (bitte beachtet die am Ende des Berichts aufgeführte Liste mit künftigen Veranstaltungen) ist, wie bereits angedeutet, immer gleich: Ernsthafte Anstiege werden gegangen, im Flachen wird gejoggt und bergab gelaufen. So zieht sich ein Lauftag natürlich erheblich in die Länge, das ist aber bei einem beabsichtigten gemeinsamen Zieleinlauf nicht anders zu gestalten. Das Zusammenhalten der Herde unterwegs ist schwierig, glücklicherweise ist sie folgsam und diszipliniert.

Die ersten Naturwege durch die Weinberge zeigen uns sehr schnell, wie wir heute Abend alle aussehen werden, nämlich total eingesaut. Eine Laufkollegin fackelt nicht lange, macht es richtig und legt sich direkt auf die Fr… Gott sei Dank ist nichts Ernsthaftes passiert. Auffällig sind die vielen schönen Bildstöcke, die ich immer wieder ablichte. Heidi Georgi ist besorgt, daß die alle auf meinen Speicherchip passen, aber kein Problem bei 4 MB. Das durchquerte Durbach hat eine schöne Kirche – natürlich mit Bildstock – und kurz darauf sind wir schon bei der ersten Verpflegung. Wahnsinn, ehrlich, und zwar sowohl der Ort des Geschehens, das Weingut Schloß Staufenberg in historischem Gemäuer, als auch der Mampf. In gefühlten tausenden Tupperdosen befindet sich alles, aber auch wirklich alles, was unsere Herzen begehren. Getränke sowieso, heiß, warm, kalt, alles ist dabei. Leider gestattet das bescheidene Wetter nicht die Sicht aufs angekündigte Straßburger Münster.

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Informationen: Eisweinlauf
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