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Laufberichte

Des Bergläufer’s Meisterstück

28.07.07

Grüezi aus Davos! Im Frühjahr äußerte ich den Wunsch, einmal in Davos über den K78 zu gehen. Auf dem Rothorn, am Ziel des Graubünden Marathons, sagte mir Klaus: „Ich habe Dich für Davos beim K78 gemeldet.“ „Das passt,“ entgegnete ich und jetzt ist bin ich da.

 

Mit Michael Sailer, mit dem ich schon öfters lange Kanten gelaufen bin, reise ich in die Schweiz. Unser Weg geht über München, Garmisch, Fernpass, Landeck, immer dem Inn weiter aufwärts durch das Engadin nach Susch. Dort biegen  wir rechts ab, um über den Flüelapass dann nach Davos zu gelangen. Mit meiner vorhergesagten Fahrzeit habe ich mich total verrechnet. Wir brauchen gut 1,5 Stunden mehr.

 

Davos ist mit rund 11000 Einwohnern die höchstgelegene Stadt Europas. Mit den 2,1 Millionen Übernachtungen ist sie wohl auch hier in der Spitze zu finden. Im Nordwesten sind nur kurze Seitentäler zu finden, markante Höhen sind Weissfluh (2843 m), Schiahorn (2709 m), Chüpfenflue (2658 m) und Medergen Flue (2674 m). Südwestlich sind die Seitentäler wesentlich länger, es sind das Flüela-, Dischma- und Sertigtal. Vorgelagert sehen wir das Seehorn (2236 m), Büelenhorn (2512 m) und Jakobshorn (2590 m).

 

Die Gegend wurde im Mittelalter aus dem Albulatal und dem Engadin her von Rätoromanen besiedelt. Um 1280 erhielten Walser Kolonisten für ihre Ansiedelung umfassende Selbstverwaltungsrechte. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bildete die Viehzucht und der Abbau von Blei- und Zinkerzen den Haupterwerbszweig der Bevölkerung.

 

1853 wurde von Alexander Spengler das gesundheitsfördernde Klima der Höhenluft entdeckt, das besonders für Lungenkranke dienlich ist. In der Folge wurden viele Sanatorien errichtet. Der Bau der Eisenbahnlinie von Landquart herauf beschleunigte diese Entwicklung. Inzwischen sind jedoch viele dieser Sanatorien wieder aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen worden.

 

Heute ist Davos ein Kongreßzentrum, ein beliebtes Wintersportgebiet für die High Society und im Sommer ein Ziel für viele Touristen. An der Stadtpromenade, die am Freitagabend vor dem Wettkampf für den Autoverkehr gesperrt ist, lässt es sich gut einkaufen, auch wenn die Preise im Vergleich zu den unseren sehr hoch sind.

 

Thomas Mann, der Schriftsteller, machte Davos 1924 mit seinem Roman „Der Zauberberg“ berühmt. Das im Buch beschriebene Sanatorium war das Waldsanatorium, das heute als Waldhotel Davos geführt wird. Für Schlagzeilen aus der Politik sorgt immer das Weltwirtschaftsforum sowie aus dem sportlichen Bereich der Spengler Cup (Eishockey). Und dieses Wochenende hat der Swiss Alpine Marathon die Stadt voll in Beschlag genommen.

Meine Startunterlagen erhalte ich im Kongresszentrum. Anschließend unterhalten wir uns noch mit Klaus und vertreiben die Zeit bis zum Beginn der Nudelparty. Der Gutschein hierfür liegt den Startunterlagen bei. Die Pasta sind reichlich und schmackhaft. In der Folge „schleichen“ wir uns und fahren zur Unterkunft in Frauenkirch. Mit ein paar Versuchen finden wir das Bauernhaus, das rund 200 Jahre alt ist. Da wir uns heute noch nicht bewegt haben, mein rechter Gasfuß ausgenommen, springen wir in die Laufklamotten, und gehen noch für rund 30 Minuten zum Laufen. Dabei finden wir die morgige Strecke bereits ausgeschildert.

 

Dem „gefräßigen“ Michael hungert es bereits wieder, sodass wir erneut nach Davos hineinfahren und den Abend auf der Promenade verbringen. Gegen 22.00 Uhr kehren wir in die Unterkunft zurück und fragen uns, ob wir überhaupt an den Start gehen sollen. Auf was haben wir uns da eingelassen? Von Übermut ist nichts mehr da, eher schon von Schwermut und Demut.

 

Gegen sechs Uhr am Wettkampftag springe ich als erster, mehr schlecht als recht ausgeschlafen, aus dem Bett. Da wir unseren Vermietern, er ist 85 Jahre alt, sie ein wenig jünger, keine Umstände mit dem Frühstück machen wollen, nützen wir die Gelegenheit, uns im Restaurant eines Sponsors für fünf CHF den Bauch nochmals vollhauen zu können. Wurst, Käse, Semmeln, Marmelade, Müsli, Kaffee, Tee und Getränke sind reichlich vorhanden.

 

Gegen 07.15 Uhr sind wir dann am Sportzentrum, einen Parkplatz für mein Auto ist schnell gefunden. Eine Gepäckaufbewahrung ist im Eisstadion eingerichtet. Wir deponieren hier unsere Sachen und machen uns fertig für das Rennen. Dem Michael verliere ich allerdings aus den Augen, er wird sich schon orientieren und zurecht finden können. Am Sportzentrum finde ich dann wiederum Klaus, Alexander, Eberhard und andere Kollegen der schreibenden Zunft. Bestimmt habe ich jetzt jemanden vergessen zu erwähnen.

Über 1100 Bergultraläufer, ein netter Begriff, haben sich jetzt auf dem Sportzentrum versammelt und lauschen den letzten Informationen. Die Sonne ist mittlerweile herausgekommen, es ist mit rund 15 Grad relativ warm. Wir haben jetzt den Vorteil, von hier aus zu starten und auch nach hier wieder heimkehren zu können. Die anderen Teilnehmer, sei es K42, C42, K28, C21 oder Walk, müssen zu ihrem Start nach Tiefancastel, Bergün, Filisur oder Klosters anreisen.

 

Kurz vor acht Uhr wird auf der Laufbahn Aufstellung genommen. Es wird nochmals laute Musik, ich glaube von Vangelis, gespielt, an dessen Ende kommt dann der Startschuss und das Feld setzt sich ohne Hektik und ohne Drängeln in Bewegung.

 

Wir laufen aus dem Stadion in die Talstraße und biegen beim Arabella Hotel in die Promenade ein. Ich sehe vor mir Klaus laufen, hole ihn ein, wechsele ein paar Worte und lasse ihn langsam hinter mir. Zahlreiche Zuschauer und Touristen stehen auf der Straße und feuern uns an.

 

Immer noch in Davos sehe ich dann vor mir zwei Bekannte, es ist Erwin Bittel und Heike Merk. Mit dem Erwin habe ich in den letzten zwölf Monaten viele Lauferlebnisse gehabt. Ich schleiche mich von hinten heran, tupfe dem Erwin links an die Schulter und laufe rechts vorbei und grinse. Die ersten drei, vier Kilometer in Davos sind asphaltiert, die wenigen Höhenmeter sind nicht erwähnenswert.

 

Wir unterqueren die Bahnlinie und verlassen dann die Stadt auf zunächst asphaltierten, später geschotterten Almwegen. Es wird jetzt ein munteres Auf und Nieder auf den ersten zehn Kilometern, das ist im Höhendiagramm gar nicht so genau erkennbar. Das erste Kilometerschild zeigt „K78 – 70 km“. Ich stutze ein wenig, bis ich begreife, dass hier rückwärts gezählt wird. Ein Fotograf von swiss-image.ch sieht mich mit meiner Kamera herumhantieren, ruft mir zu, springt voran und fotografiert mich. Die Wege werden zunehmend schmäler und crossiger. Mitunter müssen wir hintereinander laufen.

Kilometer 12. Im Weiler Spina (1587 m) werden wir mit Kuhglockengeläut begrüßt. Verpflegung – und schon haben wir den Ort wieder verlassen. Wieder ein Anstieg auf den Rotschtobel (1700 m), dann geht es nach Monstein (1626 m). Als erstes sehe ich den Kirchturm. Es ist kurz nach 09.30 Uhr. Viele Zuschauer haben sich an der Strecke versammelt.

 

Danach wird es extrem im Bereich des Silberberges und auf dem Knappenweg. Nicht bergan, sondern steil hinunter müssen wir. Ich muss fast jeden Schritt überlegen, denn „wenn’st zum Rutschen kummst, dann haut’s di auf’m Hintern.“ Also Tempo herausnehmen, auch wenn einige im Sturzflug vorbeischießen. Ich bin erleichtert, als ich unten bei Schmelzboden (Kilometer 20, 1340 m) ohne Blessuren ankomme.

 

Hier befindet sich bereits die fünfte Verpflegungsstation, wir erhalten also alle drei bis vier Kilometer Getränke und Futter. Es gibt immer Wasser, meist Tee oder Iso und abwechselnd Bouillon, Cola, Rivella, Riegel, Bananen, Weissbrot und Alpinbrötli. Letzteres ist eine Art Hefenudel mit Dörrobst.

 

Die nächsten drei, vier Kilometer werden wieder angenehm. Auf der breiten alten Schotterstraße laufen wir durch die Zügenschlucht. Neben uns tost das Wasser der Landwasser, die sich hier tief eingegraben hat. Im Flussbett kann man die Schleifspuren erkennen. Einige Tunnel werden durch Baustellenlampen spärlich erleuchtet.

Rallentare, slow, langsam – besagt später ein Schild. Es geht ein paar Meter steil bergab, dann sehe ich die Station Wiesen (Kilometer 25, 1197 m). Zahlreiche Zuschauer sind mit der Rhätischen Bahn oder auch zu Fuss hierher gekommen. Wir werden von einem Speaker angekündigt.

 

Dann folgt ein erster Höhepunkt, das Wiesner Viadukt. Im Vorfeld war mein Wunsch, dass ein Zug kommen möge, wenn ich da bin. Ich betrete gerade das Viadukt, unter mir luftige Metallgitter, da höre ich ein Pfeifen und Quietschen. Eine Bahn schiebt sich langsam bergan und mir entgegen. Ich schreie laut „Juhu“, bleibe nach ein paar Metern auf der Seite des Viaduktes stehen und nehme die Bahn mit der Kamera zwei Mal ins Visier. Das Viadukt wurde 1906 erbaut und kostete seinerzeit 324000 CHF. Das Bauwerk ist 88 Meter hoch und 210 Meter lang. Zahlreiche Bahnfahrer schauen aus den Zugfenstern und plärren. Am Ende des Viaduktes warten arbeitende Profifotografen.

 

Unser Weg wird wieder schmäler, mitunter auch luftiger, da die Landwasser tief unterhalb von uns fließt. Schließlich erreichen wir auf bequemen Almwegen den tiefstgelegenen Ort auf unserem Kurs, Filisur auf 1032 Meter Seehöhe (Kilometer 31). Ich habe bereits gut 30 Kilometer hinter mir, spüre zwar schon die gelaufenen Kilometer, bin aber noch nicht laufmüde. Trotzdem macht mich der weitere Weg mit seinen Schwierigkeiten nachdenklich.

 

Filisur ist eine eigenständige Gemeinde mit knapp 500 Einwohnern. Erstmals wurde es als villa Fallisour im Jahr 1262 erwähnt. Wir durchlaufen den Ort mit seinen im Engadiner Baustil erbauten Häusern. Zwischenzeitnahme. Es ist eine Minute vor 11.00 Uhr. Gut und reichlich verpflegen und dann weiter, heißt es für mich.

Es geht zunächst durch ein Kieswerk, zunehmend sind wir der Sonne ausgesetzt. Ich suche, soweit vorhanden, immer wieder den Schatten. Neben uns die Albula, die vom Albulapass herunterfließt. Kilometer 34, Bellaluna (1085 m), zwei Becher trinken, dann taucht unser Weg wieder in den Wald ein. Es geht schwer bergan. Nicht nur mir haut’s den Schweiss aus allen Poren naus. Auf der Hauptstraße nach Bergün sehe ich einen Läufer mit freiem Oberkörper. Auf mein „wenn ich Dich so sehe, fällt mir ein Spruch ein“ schaut er etwas pikiert. „Im Schweisse Deines Angesichts sollst Du Dir Dein Brot verdienen,“ da muss er doch loslachen.

 

Bis Mittag wollen wir Bergün erreichen, das dann unvermittelt auftaucht. Vor dem Ortseingang kann die hierher gebrachte Wechselbekleidung aufgenommen werden. Eine V-Stelle und eine Zeitnahme ist ebenfalls eingerichtet.

 

Bergün (Kilometer 39, 1365 m), mit dem rätoromanischen Doppelnamen Bravuogn, hat gut 500 Einwohner, liegt an der Albulapassstraße und an der Albulalinie der Rhätischen Bahn. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1209. Neben der Viehwirtschaft bildeten der Passverkehr über den Albula und der Bergbau die Grundlage des Ortes. Heute präsentiert sich Bergün als ruhiger Ort für Familienferien.

 

Auch hier herrscht Volksfeststimmung. Viele Zuschauer sind mit der Bahn gekommen. Grund hierfür ist auch der Start des K42 um 11.30 Uhr. Neben den schönen Häusern, die im Engadiner Stil erbaut wurden, sehe ich linkerhand das Gemeindehaus mit dem Platzturm La Tuor. Es geht wieder stärker bergauf. Kinder schreien „Hier Wasser.“ Ich in meinem Laufdelirium, oder ist es die Endorphinwirkung, stürze auf einen Becher zu und bemerke nicht die Frau von Klaus. Erst im letzten Moment. Wahrscheinlich hat sie mich in meinem Saufexzess fotografiert. Wurscht.

Am Ortsende biegt halblinks das Val Tuors ab. Knappe 1300 Höhenmeter auf knapp 14 Kilometer, das macht mich nachdenklich. Zunächst geht es auf asphaltierter Straße moderat ansteigend. Laufen geht noch und so komme ich in das Ende des K42-Feldes hinein. Ich sehe vor mir das bekannte gelbe Trikot des 100 Marathonclubs. Es ist Sigrid Eichner, deren größte Sorge es ist, die Sollzeit zur Keschhütte nicht zu erreichen. Ich wünsche ihr alles Gute.

 

Teva (Kilometer 42,4, 1580 m) und Tuors Davant (Kilometer 44,9, 1704 m) sind die nächsten V-Stellen auf unserem Anstieg. Ich greife immer zwei Becher, um nicht zu verdursten. Mit fällt ein Marathoni mit modernster Laufhose auf, sie ist aus Leder. Später sehe ich zwei Spitzhunde, die auf ein „psst“ genau in die Kamera schauen.

 

Vor Chants (Kilometer 47,2, 1822m) steht unter einem Baum eine Mutter mit ihren zwei Kindern. Die schreien, was das Zeug hält. Am Berghaus Piz Kesch haben sich zahlreiche Wanderer zum Mittagstisch oder zum Kaffee niedergelassen. Ein Wanderwegweiser zeigt mir zwei Stunden zur Keschhütte an. Es ist kurz vor 13.00 Uhr.

Zunächst geht unser Weg wieder in den Wald, den wir aber bald verlassen. Kilometer 50 erreiche ich bei der V-Stelle Tschüvel (2290 m). Ich fühle mich jetzt richtig gut, zumal ich viele auf diesen Anstieg überholen kann. Der Weg ist noch breit genug. Die grünen Almweiden enden dann langsam, die Landschaft wird steiniger. Ich sehe vor mir einen richtigen Lindwurm aus gehenden Wanderern. Laufen geht hier nimmer.

 

Dann erspechte ich von der Ferne bereits die Keschhütte. Linkerhand der Piz Kesch (3417 m) und der Porchabellagletscher. Durch die Gletscherschmelze erscheint jetzt ein neuer Berg namens Piz Alpin. Von Süden und Südwesten her nimmt die Bewölkung zu. Dann erreiche ich die Keschhütte (Kilometer 53, 2632 m). Wir haben das Top of Swiss Alpine erreicht. Zeitnahme. Ich greife mir einen Becher warme Bouillon, wie gut die Suppe mundet. Im Windschatten spielen die Keschbuäba. Ich verweile kurz, dann treibt mich die eigene Unruhe wieder weiter.

Es geht wieder bergab. Wo ist die Abzweigung auf den Panoramatrail? Erst zwei Kilometer weiter und gut 100 Höhemeter tiefer bei Platta Naira kommt die Streckentrennung. Der atemberaubende Trail beginnt. Ich habe gehofft, dass jetzt die meisten Läufer der K42-Fraktion angehören, doch jetzt sehe ich ein Gleichgewicht zwischen K42 und K78.

 

Der Trail ist nur etwa 30 bis 40 Zentimeter breit, Konzentration ist also vonnöten. Der Weg ist trocken, aber immer wieder von kleineren Wasserläufen unterbrochen. Auch sind immer wieder Stufen und Steine zu übersteigen. Ich mach es wie mein Vordermann. Laufen, wenn es gefahrlos ist, gehen, wenn unebene Stellen kommen. So werde ich auch nicht überholt. Sonne, Wolken und Wind spielen miteinander. Mitunter beginnt es zu tröpfeln, dann treibt der Wind die Wolken wieder weg. Ich höre pfeifende Murmeltiere. Verpflegung bei Tagliöl (Kilometer 57,2, 2500 m). Rund 300 Höhenmeter hinunter sehe ich die Marathonis auf die Alp Funtauna zurennen. Ein Weg zum Sertigpass zweigt jetzt ab.

 

Dann sehe ich die Marathonis auf ihrem Weg wieder nach oben marschieren. Der Scalettapass naht. Ich unterhalte mich mit einem flotten Wanderer. Wir kommen auf den Rennarzt zu sprechen. „Der wird Dir die Sonnenbrille abnehmen und in die Augen schauen,“ sagt er. „Ich werde ihm einen Witz als Ablenkung erzählen,“ entgegne ich.

Bei Punkt 2505 vereinigen sich wieder beide Strecken. Es wartet ein Anstieg von 101 Höhenmeter. Im Gänsemarsch erreiche ich dann in einer Läuferschlange den Scalettapass (Kilometer 60,1, 2606 m). Zahlreiche Zuschauer, auch vereinzelte Biker haben sich eingefunden. An einer Engstelle steht ein Helfer und spricht jeden an. Das ist der Rennarzt Andy Grünenfelder. Ich bleibe stehen, greife zur Kamera und fotografiere. Er schaut zunächst, muss dann aber lachen, als ich sage: „Du bist der Rennarzt.“ „Wie geht’s Dir, Anton,“ entgegnet er und klopft mir auf die Schulter.

 

Ich verpflege und muss nebenbei einen Batteriewechsel bei meiner Kamera vornehmen. Es geht jetzt bergab. Zwar hat das OK das ganze lose Geröll aus dem Bergweg auf die Seite geräumt, aber dennoch ist Vorsicht geboten, denn zahlreiche Steine schauen immer noch heraus. Also langsam, denn mit einem Sturz kann die ganze heutige Arbeit umsonst sein.

 

Je tiefer ich komme, desto grüner wird wieder die Landschaft. Ich sehe wahre Teppiche von blauem Enzian. Herrlich. Ich kann aber meinen Blick nicht schweifen lassen. Zwei Mal bleibe ich mit einem Fuß hängen, kann aber einen Sturz vermeiden. In knapp 40 Minuten ist das gröbste Abwärtslaufen geschafft. Bei Dürrboden (Kilometer 64,4, 2007 m) sind wir wieder in der Zivilisation angekommen. Ich komme mit Hermann Röder der LG Ludwigschorgast ins Reden. Ja, Ende Juni haben die im Frankenwald einen schönen Marathon organisiert, wo ich auch teilnehmen durfte.

 

Das Dischmatal hinaus hätte ich mir die Verbindungsstraße als Laufkurs gewünscht, doch wir laufen auf dem Naturweg durch die Almwiesen. Es ist aber weiterhin Konzentration erforderlich, denn innerhalb einer kurzer Strecke sehe ich mehrere Stürze, die aber alle glimpflich ausgehen. Einer hat gar gefütterte Arbeitshandschuhe an. „Jetzt weißt Du, warum ich diese Dinger dabei hab,“ sagt er nach einer Bauchlandung.

Bei Ain (Kilometer 67,3, 1846 m), Teufi (Kilometer 70,7, 1704 m) und Duchlisage (75,1 Kilometer, 1565 m) sind noch Getränkestellen eingerichtet. Viele Läufer sind schon müde geworden, andere können hier noch aufdrehen. Ich belasse es mit einem kommoden Joggingtempo und kann so noch einige überholen.

 

Auf den letzten Kilometern fällt mir noch eine Marathonfrau auf. Es ist Monika Heinzer vom Vierwaldstätter See. Sie absolviert hier ihren zweiten oder dritten Marathon. Ich lobe sie für ihren Mut, auf diese schwere Strecke gegangen zu sein. Mittlerweile befinden sich die Walker auf unserer Strecke. Einige fuchteln mit ihren Geräten herum. Bei jedem Überholvorgang rufe ich ein „Vorsicht Läufer“, das klappt dann einigermaßen.

 

Unser Weg geht nach Davos hinein, doch dann kommt noch eine Sadistenschleife. Nochmals aus dem Stadtgebiet hinaus und bergan für 30 Höhenmeter. Die tun zwar noch mal weh, aber dann sind wir endgültig in Davos angekommen. Ein paar Meter sind noch auf der Talstraße zu absolvieren, dann laufe ich mit Monika Hand in Hand ins Sportstadion ein. Geschafft.

 

Im Ziel schnappe ich mir zwei Erdinger. Jetzt macht mir Biel oder der Fidelitas in Karlsruhe keine Angst mehr. Mit meiner Zeit von 9.16.48 Stunden lande ich auf den Männergesamtplatz 241 von 798 Klassierten. Ich denke, nicht schlecht, im vorderen Drittel und ganz kaputt fühle ich mich noch nicht. Eigentlich habe ich mit einer Zeit von zehn Stunden gerechnet. Ja, und der Michel wird 13. insgesamt in 7.11.32 Stunden. Er hat sein Rennen verhalten begonnen, danach aufgedreht und dann im Abstieg das Gas wegen der Verletzungsgefahr etwas herausgenommen.

 

Später kommt der Klaus ins Ziel. Nach seiner Uhr hat er rund 8000 Kalorien verbrannt. Wir rechnen wieder diese Einheit in Bierkonsum um und kommen so, eine Halbe hat rund 250 Kalorien, auf rund 1,5 Kästen. Wenn diese dann in einem Zug geleert werden müssen, ja dann kann man uns einliefern ...

 

Fazit:
Ich habe verhalten begonnen und erst ab Filisur im Anstieg zur Keschhütte „Dampf“ gemacht. Den Panoramatrail bin ich vorsichtig gelaufen, ebenfalls die gefährliche Stellen im Abstieg. So hatte ich während des Rennens, auch wegen der reichlichen Verpflegungsaufnahme keinen Durchhänger. Ich habe auch die Umstellung auf die Fettstoffverbrennung nicht bemerkt. So hat mir das Rennen viel Spass und Vergnügen bereitet. Biel kann jetzt kommen.

 

Informationen: Davos X-Trails
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