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Laufberichte

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Autor: Joe Kelbel

In Stadtgebiet von Budapest fließt die Donau von Norden nach Süden. Buda liegt am östlichen, dem linken Ufer, Pest  am westlichen, dem rechten Flussufer. Früher nannte man die Stadt Pec Buda, Ofen des Buda. „Buda“ geht auf den Namen Bleda zurück, den älteren Bruder von Attila. Bleda und Attila  bildeten ein hunnisches Doppelkönigtum, sowas ist in Ungarn nicht unüblich. Doch dann ermordete Attila seinen Bruder und der Name Bleda sollte verschwinden. „Buda“ hat nun auch die Bedeutung von „Heizung“. Ich laufe morgen in der Ofenheizung.

Für Hin-Und Rückflug habe ich 37, 48 Euro gezahlt. Man spricht hier kein Deutsch, aber gutes Englisch. Vom Liszt Ferenc Flughafen sollte man ein „Transferticket“ erwerben, dann kommt man für umgerechnet 1,50 Euro zum Startplatz. So geht´s:  Bus 200E, dann Metro 3 und Metro 1. Die Metrolinie 1, eine der ältesten der Welt (1896) ist ein schnuckliges, kleines Schmuckstück aus goldenen Zeiten. Auf jedem Bahnsteig gibt es ein Ticketbüro aus glänzendem Edelholz. Die schönste Haltestelle ist die am Opernplatz. Ich fahre weiter zum Heldenplatz (Hösök tere), auch prachtvoll.

Es ist dunkel und der Heldenplatz grandios erleuchtet. Das Museum der bildenden Künste  und die Kunsthalle rahmen den Platz gekonnt ein. Für uns Läufer ist es eine große Ehre, auf dem Heldenplatz (Weltkulturerbe) morgen früh um 9:30 Uhr starten zu dürfen. Immer wieder war der Platz Bühne für einschneidende Ereignisse in der ungarischen Geschichte gewesen, 1896 zum 1000 jährigen Jubiläum der magyarischen Landnahme wurde er angelegt. „Landnahme“ hört sich komisch an.

 

 

Das Runners Office ist seit 17 Uhr geschlossen, die Pastaparty soll super gewesen sein. Direkt gegenüber vom Offices habe ich ein Hostel gefunden (ab 6 Euro). Das Hostel und airbnb-Anbieter haben kleine Wohnungen in diesem alten Viertel. Kommt man in den Innenhof, eröffnet sich die ganze Pracht der königlichen Vergangenheit. Die Räume sind 4 Meter hoch, neben dem Bett ist eine Fliegenklatsche. Doch wie komme ich an die Decke?  

Recht früh bin ich im Marathon Village. Unglaublich viele Aussteller sind vertreten, die alle irgendwas zum Frühstück anbieten.  Das ist schon sehr edel. Dann kommen der Rennleiter und die Pressereferentin auf mich zu. Ich dürfte selbstverständlich auch im VIP Zelt ein Frühstücks-Bierchen trinken, man hätte von meinem Buch „100 Kilometer für ein Bier“ gehört. Der Racdirector ist begeistert, dass ich von der Strecke berichten will, das hätte es noch nie hier gegeben, schrieb er mir per e mail. Daraufhin schickte ich ihm die Links von meinen M4Y-Kollegen, die von hier schon vor Jahren berichtet haben. Beide Offizielle nehmen sich sehr viel Zeit für mich, ich trinke einen Kaffee.

17.000 Läufer nehmen teil, 5000 beim Marathon, 3000 bei den 30 Kilometern, der Rest bei den 10 Kilometern. Man strebt keine Rekordean, der Focus ist darauf gerichtet, jedem Hobbyläufer ein grandioses Finish zu ermöglichen. Mir stellt sich bei dem Zeitlimit von 5:30 Stunden die Frage, wie genau man die zahlreichen Erstlinge über die Ziellinie bringen will.  Ich werde überrascht sein. Es geht.

Ich gehe hinüber zum Heldenplatz, wo der Startbogen steht. In der Mitte steht die Säule mit dem Erzengel Gabriel, der die ungarische Krone und das Patriachenkreuz hält. Am Sockel magyarische Reiter mit Hirschgeweihen, genau so habe ich mir die Savannenbewohner vorgestellt.

Die Kolonaden des Platzes bilden den Eingang zum Citypark, dort sind Standbilder der Herrscher Ungarns, dahinter die Station der beer bikes. Im Citypark ist das weltberühmte Széchenyi Heilbad. Der Eintritt (19 Euro) für die neobarocke Therme von 1913 ist leider nicht mehr im Startgeld enthalten.

 

 

Ich stehe auf der Pressebühne, mache Startfotos, dann reihe ich mich in die Startbahn ein. Es wird nicht blockweise gestartet, aber man sollte sich schon zeitmäßig einordnen. Der Ordner motzt, als ich mich durchs Gitter drängele, denn gerade ist erst der 3:15 Pacer vorbeirauscht. Ich bin einfach nur geil, ich will in dieser grandiosen Stadt mein Bestes geben! Mich jucken die Beine!

Die Ehrenrunde über den Heldenplatz ist genial, dann beginnen wir unsere Tour mit Andrássy-Straße.  Andrássy war ein gegen Habsburg gerichteter Adliger (19.Jahrh). Zu seiner Zeit entstand diese Boulevardstraße mit der wunderschönen Metrolinie 1.

Links ist die Budapester Börse. André Kostolany, der Crashwarner, verdiente hier in den  Wirren des Zerfalls des Habsburger Reiches als 13jähriger auf dem Parkett seine ersten Millionen mit fallenden Kurse. 1998 traf ich ihn auf dem Frankfurter Parkett: „Es wirrrrd ein Blutbad gäben“ plärrte er mich damals an. Heute wird es eine Hitzeschlacht geben.  Hätte er das auch gewusst?

Wir sind im Stadtteil Terézváros (Theresienstadt). Der Kodály körönd ist ein wunderschöner Kreisverkehr mit alten Häusern und vier Statuen ungarischer Helden. Die nächste Kreuzung ist der Oktogonplatz (1870), Sammelpunkt von Fastfood-Restaurants in kaiserlich-königlichen Häusern.

 

 

Bei Km 4 queren wir das Wahrzeichen von Budapest, die Kettenbrücke (1849). Széchenyi lánchíd, wird sie nach Graf Széchenyi genannt, der seine Brücke nie sehen durfte, da er den Rest seines Lebens in einer Nervenheilanstalt verbrachte. Oft wird gesagt, ich gehöre auch da hin.  Stimmt, ich hab einen Spurt hingelegt, als sei ich Teilnehmer einer Schülerstaffel. Jetzt bin ich am Arsch, hatte aber verdammt viel Spaß.  

Die Umrundung des Burgpalastes, der oberhalb der Donau thront, ist genial. König Béla hat ihn nach dem Mongolensturm, im 13. Jahrhundert erbaut. König Béla war der Bruder unserer Heiligen Elisabeth aus Marburg, also Schwager vom römisch-deutschen Kaiser Friedrich II, König von Jerusalem. Zahlreiche Kriege haben der Burg zugesetzt. 145 Jahre lang war die Burg von den Türken besetzt gewesen. Die Kämpfe von 1945 gaben ihr den Rest. Der Tunnel, der durch den Berg und zurück zur Kettenbrücke führt, wird vom Gebrüll der Läufer erfüllt. Die Akustik hier unten ist brutal, sodass die, die schon einige Meter weiter sind, genervt aufhören zu brüllen.

Als ich aus dem Tunnel hinauslaufe, bin ich überwältigt von dem Blick  über den Clark Adam Platz zur Kettenbrücke, die noch immer von Läufern gequert wird. Läufer und Zuschauer in einer genialen Streckenführung. Großes Kino!  Rechter Hand ist der 0-Kilomterstein, von diesem werden die Kilometer der ungarischen Fernverkehrsstraßen gemessen. Ich werde an der Laufzeit gemessen. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich im Heizofen laufe? Ich kippe mir die Wasserbecher über den Kopf. Das Wasser ist stark gechlort, nicht trinkbar, die bunten Isogetränke auch nicht. Bananen, Traubenzucker? Ich greife mit einige Stücke Zitrone.

Wir laufen jetzt südwärts, donauabwärts. Die Elisabethbrücke ist nicht nach unserer Heiligen Elisabeth benannt, sondern nach Elisabeth Amalie Eugenie, Herzogin in Bayern, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, kurz Sissi. Wir passieren bei km 8 die Rudas Therme mit Panoramabecken und Blick über die Donau, freitags und samstags 24 Stunden geöffnet, gerade nachts ein Highlight.

An den Flanken des Gellértberges, wenige Meter weiter, steigen Schwefeldämpfe empor. Gellért (Gerhard) ist der Stadtpatron von Budapest, er wurde 1046 von diesem Berg hinabgestürzt. Am Südhang ist die beeindruckende Grottenkirche, daneben die Gellért Therme, eine der schönsten mit ihrem neogothischen Interieur. Oben auf dem Berg die Zitadelle von 1848/49. Die langen Geraden entlang der Donau sind mein Ding, ich mag lange Strecken, doch heute schalte ich schon weit vor den zahlreichen Verpflegungsstellen in den ersten Gang.

 

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Informationen: Budapest Marathon
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