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Laufberichte

Eistanz, Entsafter und Brocken-Kampf

07.02.09

Erlebnis- und Wohltätigkeitslauf von Göttingen zum Brocken-Gipfel - 78 km, 2271 m Anstieg, 1467 m Abstieg

Am Samstagmorgen, um 6 Uhr standen im Hainholzhof Kehr in Göttingen viele Vermummte und warteten darauf, dass jemand das Startsignal gibt. Wäre dies eine normale Veranstaltung, würden sich die Läufer/innen am Start drängeln und losspurten. Hier standen die 125 gemeldeten Teilnehmer locker in einzelnen Gruppen auf dem Parkplatz und unterhielten sich, bevor jemand der Organisatoren das Wort ergriff, allen einen guten Lauf wünschte,  zur Vorsicht auf der Strecke anmahnte und uns dann mit einem „Los“ auf die Reise schickte.

Da war wieder diese faszinierende Atmosphäre, es war dunkel, einzelne Stirnlampen erhellten den Weg im zu durchlaufenden Göttinger Stadtwald und kleine Fackeln am Wegesrand wiesen auf den ersten Kilometern den Weg. Es wurde gequatscht, sich ausgetauscht und immer wieder ertönten einzelne Rufe der Vorsicht, von vorne, neben mir und von hinten. Die Strecke war teils spiegelglatt und die Begleitfahrradfahrer einzelner Läufern hatten ihre Mühe auf der Strecke zu bleiben, bzw. bei einzelnen Steigungen überhaupt vorwärts zu kommen. Ihr Tag sollte kaum weniger anstrengend als das der Läufer werden.

Die erste Verpflegungsstelle beim KM11 in Landolfshausen wurde von den meisten noch im Dunkeln erreicht. Warme Getränke waren hier gefragt, obwohl es eigentlich für die Jahreszeit recht mild war. Es waren um die 0 Grad. Gefühlt aber wohl etwas darunter, obwohl noch kein Wind zu spüren war, der würde uns erst am Schlussanstieg begleiten.

Der Nebel war beeindruckend, als es langsam hell wurde und der Tag erwachte, während der zweite Teilabschnitt von Landolfshausen – Seeburg führte und die zweite Verpflegungsstation bei KM 16,2 auf uns wartete. Ein recht kurzweiliges Stück und doch hielt jeder an der Station an, um sich zu stärken, egal ob sie mit Rucksack liefen und selbst noch Reserven dabei hatten, oder diejenigen, die nur mit einem Trinkrucksack unterwegs waren.

Es gab wieder die unterschiedlichsten Läufertypen auf der Strecke, ich vergleiche das immer mit einem Hotel, Übernachtung, Frühstück, Halbpension oder Vollpension. Man sieht welche, die gar nichts dabei haben, außer dem Handy als Pflichtausrüstung und dann nur welche mit Trinkgürtel oder Trinkrucksack und dann die Variante zwischen Halb- und Vollpension, sprich die Verpflegung kann teils selbst übernommen werden und den Vollverpflegern, die sogar Ersatzklamotten dabei haben!

Die Strecke auf den ersten 30KM ging vom Start bei 320HM über Wellen bis 430HM hinab auf ca. 210HM am Verpflegungspunkt Rhumequelle bei KM 30,8 Hier entstand eine größere Gruppe am Verpflegungsstand, weil niemand mehr weg wollte. Die Auswahl war so klasse, dass ich keine Bange hatte, später am Brockengipfel allzu viele Kilos verloren zu haben. Apropos Rhumequelle, hier hatte uns der Schnee endlich gepackt, die Landschaft war weiß und blieb es auch, der spiegelglatte Boden tauchte nur noch vereinzelt auf.

Herrliche Landschaftsbilder konnten hier gemacht werden und gedanklich konnte man die nächsten Kilometer bis zur Verpflegungsstation bei KM 42,6 an der Dreymannsmühle „rollen“ lassen. Hier wollten einige Läufer aussteigen, was ich erst nicht verstehen konnte. Aber das sollte sich so langsam ändern, denn in der kleinen Gruppe, in der ich lief, waren auch Wiederholungstäter dabei, die immer wieder das Wort vom „Entsafter“ in den Mund nahmen.
Jetzt begann die eigentliche Bedeutung des Brocken-Challenge, ab nun ging es bis KM55 von 300HM (NN) auf knappe 700HM (NN) hinauf, zum vorerst höchsten Punkt. Bei schneefreier Strecke hätten uns hier „Reiter“ verpflegt, aber das war bei den Wetterbedingungen nicht möglich. Daher wartete hier eine kleine Frauenriege mit süßen Kleinigkeiten als Abwechslung.

Nun war Vorsicht angebracht, denn ausnahmsweise durften wir jetzt auf der Südharzloipe laufen, die eigentlich für Fußgänger gesperrt ist, da hier das Revier der Langläufer war. Wir benutzten alle den Mittelteil des Weges um die Loipen nicht zu beschädigen. Dies war Teil 1 des so genannten „Entsafter“, einer Strecke, die einem alles abverlangt, körperlich wie gedanklich, denn wenn man nur sieht, das es bergauf geht, kann das schon an der mentalen Kraft knabbern. Daher kam in der Ausschreibung auch nicht zu Unrecht, das man sich mit der Strecke, den Teilabschnitten, u.a. des „Entsafter“ und Erfahrungsberichten auseinandersetzen sollte!

Aber das war erst die Hälfte dieses Streckenabschnittes, denn weitere ca. 10KM sollten uns noch einmal einiges an Höhenmeter bewältigen lassen, obwohl einem erst suggeriert wird, dass es leichter wird, da die ersten 5 Kilometer eben verlaufen, bevor es dann von 540HM (NN) über den Verpflegungspunkt bei KM 63, der Lausebuche in Oderbrück, hinauf bis KM 68 auf ca. 850HM (NN) zieht.

 Paprika, Tomaten, Brötchen, Cabanossi, Süßigkeiten, Hühnersuppe, warme Getränke, Iso-Getränke, Würstchen, Kuchen, Lebkuchen, Gebäck, Tee in verschiedensten Varianten, Wasser, Traubenzucker, ….. Ich konnte gar nicht soviel essen und trinken, was uns auf der Strecke alles geboten wurde.

Der Schneefall wurde nun langsam immer stärker.
Jetzt hieß es noch einmal Kräfte sammeln und sich für die letzten ca. 8 KM bis zum Ziel des Brocken auf 1142HM (NN) zu machen. Hier wartete auf uns noch die sog. Rampe, die einem mit ca. 30% Steigung noch einmal alles abverlangt. Wir entscheiden uns teilweise für das Gehen auf den Gleisen, denn die Brocken-Bahn würde zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fahren. Übrigens kam jetzt der Eingangs erwähnte Wind und nun auch nicht zu knapp. Die gefühlte Temperatur sank erheblich. Der Veranstalter hatte bewusst in seiner Ausschreibung darauf hingewiesen, das es auf dem Brocken ein anderes Klima gibt und das das Zwiebelschalenprinzip angebracht wäre, da einmal die Brocken-Challenge wetterbedingt bereits abgebrochen werden musste.

Die Rampe machte ihrer Bedeutung alle Ehre, reichlich Schnee, steil Bergauf und ein Wind, der natürlich von vorne kam, ließ uns nur langsam Meter für Meter vorwärts kommen. Von den Gleisen auf die Brockenstraße gewechselt, erschien vor uns ein Lichtkegel, welches den Brockengipfel ankündigte. Wir wurden im Ziel von den Brockenhexen empfangen und unsere Startnummern wurden zur Zeit- und Zielerfassung notiert.

Beim Brockenwirt wurden wir herzlich empfangen, Applaus brandete auf, als wir den Saal betraten, die Organisatoren beglückwünschten uns persönlich. Jetzt wurde mir das Motto der Brocken-Challenge noch einmal schlagartig bewusst.

„Denkt bitte daran, dass es sich bei der Brocken-Challenge nicht um einen Wettkampf handelt, sonder darum, dass möglichst viele der Läuferinnen und Läufer unversehrt den Gipfel erreichen! Jetzt wusste ich, warum hier so viele Läufer/innen nicht zum ersten Mal dabei waren, unabhängig davon, dass dies alles auch einem guten Zweck diente!

 

Informationen: Brocken-Challenge
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