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Laufberichte

Der schönste Sport ist der BiertranSport

 

Oberfranken ist das Land von unzähligen Privatbrauereien, die längst als Touristenattraktion gelten und per pedes der Reihe nach auf einem eigens ausgewiesenen Wanderweg angesteuert werden können. Alle zwei Jahre auch im Laufschritt beim „Brauereienlauf“, und wieder sind Judith und ich dabei.

Wir reisen mit der Bahn an. Bamberg ist sogar per ICE zu erreichen. Unser Hotel finden wir in der Altstadt, seit 1993 UNESCO-Weltkultur- und -naturerbe. Per Linienbus geht es am Freitagabend in den Vorort Gundelsheim zur dortigen Grundschule, in der die Startunterlagen abgeholt werden können. Wir bekommen die Startnummer von Regina überreicht, die morgen den ersten Platz bei den Damen erreichen wird. Zusätzlich erhält jede/r Teilnehmende einen wiederverwendbaren Becher, da an den Verpflegungsstellen diesmal keine Becher ausgegeben werden. Ein T-Shirt konnte ebenfalls bestellt werden. Außerdem gibt es eine „Kloß mit Soß“- Party sowie eine verpflichtende Wettkampfinformation. In der angeschlossenen Turnhalle des SV Gundelsheim spielt eine Blaskapelle auf und natürlich gibt es außer dem besagten Knödel mit Soße auch noch Bier zu kaufen.

 

 

Basis und Ziel aller angebotenen Laufstrecken ist der Parkplatz vor der Hauptsmoorhalle in Strullendorf, 8 Kilometer von Bamberg entfernt und S-Bahn- sowie RE-Halt. In der Nähe der Halle gibt es Parkmöglichkeiten. Wir kommen um 8:15 Uhr mit dem Zug an und legen mit vielen Gleichgesinnten die restlichen Meter zu Fuß zurück. Es ist noch frisch, aber man spürt schon die warme Sonne. In der Halle befinden sich die Taschenabgabe und Toiletten.

Vor dem Startbogen geht es ziemlich gelassen zur Sache. Der Sprecher bittet uns, doch endlich Aufstellung zu nehmen, aber so recht eilig hat es keiner. Viele Marathonis sind heute mit Glaskrug unterwegs. Das zum Bamberger Bier besser passende Steingutseidl sehe ich nicht. Dirk, die rheinische Frohnatur aus Köln, macht mich darauf aufmerksam, dass der Bürgermeister von Strullendorf den ganzen Marathon mitlaufen wird. Das sei der mit dem weißen Käppi. Dummerweise haben sehr ich viele weiße Käppis; schade, dass die Bürgermeister nicht wie in Italien eine Schärpe tragen.

Pünktlich um 9:00 Uhr dann der Start. Wir drehen zügig in einen Wald ab. Ein Mann hält eine Packung Papiertaschentücher nach oben und ruft: „Haltet das Tempo hoch“. Nächstes Highlight ist die A73 Talbrücke. Das Teilbauwerk 2 der Zeegenbachtalbrücke wurde 2021 mit der Zustandsnote 3,4 (nicht ausreichender Bauwerkszustand) bewertet. Inzwischen wurden einige Gleitträger repariert. Dahinter dann die Querung der St2188, wie immer zum Tag des Brauereienlaufs sind alle Straßenüberquerungen von der Feuerwehr gut gesichert. Weiter über Felder zur ersten Verpflegung in Roßdorf. Da ist sehr viel los. Die Krüge wollen gefüllt werden. Ein wenig weiter und nach oben kommen wir nach Geisfeld. Und schon wieder Verpflegung. Wir genehmigen uns ein Schäuferla. Lecker.

 

 

Hinter einem Hügel ergibt sich ein schöner Blick auf Bamberg. Obwohl die sanften Hügel der Gegend den aus Bamberg stammenden Mundartpoeten Gerhard C. Krischker zu der Bezeichnung „Fränkische Toskana“ angeregt haben, sucht man bei diesem Lauf die toskana- typischen Zypressenalleen vergeblich.  Aber die frisch gepflügten Felder erinnern mich schon sehr an Läufe in Italien. Mir geht natürlich der Abstecher zum Meer ab, der charakteristisch für den Pisa-Marathon ist. Aber man kann nicht alles haben. In Pisa gibt es dafür keine Brauerei-Boxenstopps.

Flach wird es heute eigentlich nie werden. Ziemlich genau bei km 9 der nächste VP, diesmal bei der Regnitztaler Alm. Nun kann ich auch beim Bier nicht nein sagen. Aber nur ganz wenig. Ein Stück auf dem Radweg an der Staatsstraße, dann folgt ein Waldstück, letztendlich werden wir nun auf sieben Kilometern viel Grün sehen, leicht bergauf auf dem Forstweg. Wir sind im Hauptsmoorwald, einem Kiefernwaldgebiet, das bis 2014 von den US-Streitkräften genutzt wurde. Ein Marterl erinnert an die heiliggesprochene Kaiserin Kunigunde von Luxemburg, die hier um die erste Jahrtausendwende mit Kaiser Heinrich II unterwegs war.

Einige abgestorbene Bäume stehen in einem Moor. Die Kunigundeneiche, eine altehrwürdige ehemalige Huteeiche nahe dem Litzendorfer Gemeindeteil Kunigundenruh, erfreut sich hingegen bester Gesundheit. Da muss ich mal auf die Knie, um Mitläufer Thomas und den Baum auf ein Bild zu bekommen. Auf einer Tafel wird erwähnt, dass Hutebäume so genannt wurden, weil sie auf Weideflächen standen, wo es ihnen gelang, den Beeinträchtigungen durch Schafe, Ziegen & Co. zu trotzen.

Bei Kilometer 14 verlassen wir den Wald und kommen nach Pödeldorf und Naisa. Einige Familien sitzen vor ihren Häusern. Und mir fällt auf, wie wichtig das Auto hier sein muss. Immerhin steht der Samstagseinkauf an. Aber es wird immer Rücksicht auf uns genommen. VP mit „Ahörnla-Bier“. Auf dem Logo prangt ein Einhorn.

 

 

Über die hügeligen Felder geht’s dahin. Die Sonne brennt nach 11:00 Uhr schon recht stark. Irgendwie wird hier an den Anstiegen das „power walking“ gegenüber dem Laufen bevorzugt. Wir verlassen den Wald und jetzt kommt wieder echtes Toskana-Gefühl auf: Der Blick schweift über Hügel und kleine Weiler. Ein „castello“ kann ich auch ausmachen. Harald, ein nicht weit von hier ansässiger Oberfranke und bekannter Pacer, macht uns auf die Giechburg aufmerksam. Irgendwo dort warten Schätze auf uns, die ein gewisser Zabro, ein hinterlistiger kleinwüchsiger Mann mit dickem Kopf, im 13. Jahrhundert den Rittern geraubt haben soll.

Schamelsdorf, rechts abbiegen auf einen Parkplatz vor einer Halle? Die Streckenmarkierung ist sonst sehr gut. Es gibt DIN A4-Hinweisschilder an kleinen Stecken am Wegesrand, vor und nach einer Abzweigung. Dazu farbige Pfeile am Boden. Hier bin ich erst etwas orientierungslos, aber ein paar Meter weiter sehe ich das Logo der Brauerei Knoblach.

Wir umrunden gerade Litzendorf, wo der Halbmarathon gestartet wurde. Das Feld hat sich inzwischen auseinandergezogen. Hinter uns ein Pulk von Mitstreitern, aber erst nach einigen Kilometern sehen wir eine Läuferin vor uns. Lohndorf wird erst einmal umrundet und erfreut mit schönen Ausblicken. Der kleine Ellernbach muss nicht durchwatet werden, denn im dunklen Grün gibt es neben dem Fahrweg eine kleine Holzsteg. Dann wieder hinauf, das Dorf will ja auch von der anderen Talseite aus betrachtet werden, und kurz danach dann steil bergab nach Lohndorf hinunter.

Der VP liegt vor dem Brauereigasthof Hölzlein auf der anderen Seite der Ellerntalstraße. Ich sehe beim Queren der Straße den riesigen Reifen eines Traktors neben mir. Auf den Schreck jetzt aber bitte ein Bier. Auch Braten gibt es hier. Die Standbetreuerin macht mich freundlich darauf aufmerksam, die Brotunterlage nicht zu vergessen. Und dann die Brote mit dem „Obatzter“, eine bayerische Käsespezialität.
 

 

Frisch gestärkt geht es auf den nächsten 2,5 Kilometern 60 Meter hinauf, angefeuert von einigen Wanderern auf dem 13-Brauereien-Bierwanderweg. Der Traktor mit Anhänger taucht wieder auf. Er wurde an einem Feld beladen und rumpelt jetzt vor einer Läufergruppe über den Weg.

Meine Uhr meint, wir wären nun 400 Meter über dem Meer. Am Sängerehrenmal Melkendorf  vorbei. Hier wird seit 1954 der in den beiden Weltkriegen verstorbenen Sänger gedacht. Ein paar Treppen hinunter und dann auf Teer weiter nach Melkendorf. In der Brauerei Brandholz ist schon viel los, nicht nur wegen uns Laufenden. Einige Bürger haben nach der Einstellung des Braubetriebs die Anlage aufgekauft. Da die Gerätschaften noch vorhanden waren, startete ein Hobby-Braubetrieb. Und im Biergarten können die Anwohner dann ihr lokales Bier trinken und mitgebrachtes Fleisch selber grillen.

Wir sind inzwischen hinter Kilometer 30 und könnten uns ja auch beeilen. Felder mit wunderschönen Ausblicken und Passagen im Wald wechseln sich ab. Einige Mitstreiter ziehen vorbei. Entscheidend ist nun, wann man ins Gehen fällt und für wie lange.

In Geisfeld treffen wir auf den bekannte VP von Kilometer 6. Aber weiter. Ich bilde mir ein, jetzt müsste es bis zum Ziel immer nur bergab gehen. Weit gefehlt. Hinter Rossdorf am Forst tangieren wir den Felsenkeller und schwenken auf eine alternative Route, die erst mal bergauf führt, aber in der hellen Sonne irgendwie wunderbar wirkt.

In Amlingstadt können wir am Gasthaus Schiller wieder unseren Flüssigkeitsverlust ausgleichen. Die hier geparkten teuren Autos lassen vermuten, dass es sich um einen besonders angesagten Biergarten handelt. Auch einige Läufer in stylischen silbernen Overalls sind hier zugange. Die A73-Talbrücke wird nun auf der anderen Talseite unterquert. Der Forstweg ist leicht rustikal und wellig. Der Schwanenkeller ist geschlossen, also weiter auf Teer durch Strullendorf.

Letzte Verpflegung bei Kilometer 40 neben der Schule, wo wir später duschen können. Hier ist viel los, und fast hätte ich in diesem Durcheinander die Markierung übersehen, die uns auf eine nette Runde durch Strullendorf bringt. Dann endlich Richtung Ziel mit Anfeuerung von beiden Seiten.

 

 

Im Zielsprint werden wir von einer Halbmarathon-Läuferin samt Entourage überholt, sodass Judith und ich vom Sprecher erst in letzter Sekunde gesehen und begrüßt werden. Die nette Medaille kann man anscheinend auch als Bierflaschenöffner verwenden. Wir treffen einige Bekannte, die weitaus schneller waren als wir. Und wir schlagen noch am Zielbuffet zu, besonders beim Obaztzten und den Wurstbroten. Zu trinken gibt es alkoholarmes Heinzlein-Bier, Wasser, Cola und Iso.

Besonders die LäuferInnen der Staffeln und der kürzeren Distanzen haben sich für originelle Wettkampfkleidung wie Tracht oder Ballettröckchen entschieden. Auch die Herren „Völler“ und „Brehme“ in historischen DFB-Trikots waren auf der Strecke, und diverse Hemden vom Medoc-Marathon sind zu sehen. Aber, wie heißt es so schön auf einem Shirt: „Der schönste Sport ist der BiertranSport“.

In der Sommersonne feiert man bei Musik und guter Stimmung noch lange weiter. Abends findet hier noch das Hopfenfest statt. Für uns geht es mit der S-Bahn zurück nach Bamberg, Dort gibt es am Sonntag noch Stadtführungen und einen Frühschoppen im legendären „Schlenkerla“.
Uns zieht es danach nach Hause, Richtung Oktoberfest.

 

Fazit:

Ein sehr schöner und abwechslungsreicher Landschaftsmarathon mit über 500 Höhenmetern. Gut markiert und gesichert. Viele VPs mit guter Auswahl an Bier und lokalen Köstlichkeiten. Auch Iso-Getränke, Wasser, Cola und Obst werden angeboten. In den Dörfern gelegentlich Zuschauende und viele nette Streckenposten. Chipzeitnahme ohne Zwischenzeiten. Großzügige Zielöffnungszeiten. Die Teilnehmerzahlen haben sich verdoppelt, aber warum nur der Frauenanteil so gering ist?

 

Sieger Marathon

1. Engelhardt, Martin             3:15:11       

2. Schulze, Thomas                3:18:48           

3. Middelhoff, Heiko             3:19:51

 

Siegerinnen Marathon

1. Hellinger, Regina               3:45:47           

2. Sommer, Vanessa               4:08:46           

3. Papst, Kathrin                    4:31:33

 

Finisher

Marathon 139 + 12 Staffeln (letzter nach 6:58 h, darunter nur 18 weibliche Finisher)

Halbmarathon 634 (letzter nach 7.33 h, 162 weiblich)

10 km 561 (letzter nach 2:42 h, 208 weiblich)

 

Informationen: Brauereienlauf
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