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Laufberichte

Alles richtig gemacht?

18.10.09

Eigentlich mache ich alles falsch – beim Laufen.

Trainingsplan? Braucht man so was in unseren, ach so verplanten, Zeiten?
Langer Trainingslauf? Der letzte fand vor acht Monaten statt.

Tempotraining? Ja, das gibt es manchmal; dann, wenn der Hafer meine Kumpels im Lauftreff wieder einmal sticht und ich ihnen hinterherhecheln muss.

Fahrtspiele? Fehlanzeige!

Ja, was mache ich dann überhaupt, um meine läuferische Form zu behalten?

Unsere spanische Straßenmischlingshündin dankt es mir, wenn ich drei- bis viermal die Woche den Abendspaziergang als kleine Laufrunde gestalte.

Und dann eben das, was allen Empfehlungen widerspricht: Statt gezielt auf zwei oder höchstens drei Marathons hinzuarbeiten, mache ich das, was mir im besten Fall ungläubiges Staunen, meist aber schiefe Blicke beschert oder ein nachdenkliches Kratzen am Kopf provoziert. Manchmal kommt auch die Frage „Ist das gesund?“ oder gar ein „Du spinnst!“.

Ich bin eben Marathonläufer und nicht Marathontrainierer und packe deshalb die Chancen, welche sich mir bieten, beim Schopf und fahre in schöner Regelmäßigkeit an eine der vielen Veranstaltungen, die mir dieses Vergnügen bieten. Und davon gibt es viele.

Ich kenne keine Studie, die mir den Beweis liefern würde, ich bin aber überzeugt, dass Deutschland das Land mit der höchsten Marathondichte ist. So viele Marathons, wie in der Reichweite einer Tankfüllung unserer Familienkutsche liegen, kann auch ich nicht laufen. An manchen Wochenenden habe ich die Qual der Wahl und es gibt noch so viele Strecken, die ich noch nicht unter den Sohlen hatte.

Eine weitere solche kennenzulernen, ist mein heutiges Ziel. Ein weiteres Mal in diesem Jahr führt mich der Weg in den Großraum Stuttgart, ein weiteres Mal in ein Weinbaugebiet. Das Viertele überlass ich den Weintrinkern und den gestern zum 10 km Bottwartal-Kellerei-Herbstlauf Gestarteten und trete auf der ganzen Distanz an, zum Bottwartal Marathon, obwohl ich auch die Halbdistanz bestreiten könnte (entweder auf der Nord- oder der Südschleife). Aber wenn man schon so Vieles falsch macht, sollte man dies nicht nur halb machen…

Auf dem zugesandten Meldeschein sind alle wichtigen Informationen aufgeführt und bereits die Anfahrt kann bestens geplant werden. Ob in der Nähe zum Start- und Zielbereich oder etwas weiter entfernt, dafür bei Garderoben und Duschen, der Möglichkeiten gibt es genug. Da kann man nichts falsch machen.

Das Wetter bei meiner Ankunft ist leider fast wie vorhergesagt. Regen bei  5 Grad. Was habe ich bloß falsch gemacht? Dabei habe ich in der vergangenen Woche doch immer alles schön aufgegessen. Irgendetwas Warmes werde ich mir anziehen. Was, weiß ich noch nicht, weshalb ich die Tasche noch bei mir behalte und mich nach dem Abholen der Startunterlagen und des im Preis inbegriffenen Baumwoll-T-Shirts in die Festwirtschaft begebe, wo eine Stunde vor dem Start  eine Morgenandacht gehalten wird. Am hintersten Tisch bekomme ich davon – abgesehen vom Posaunenchor – kaum etwas mit.  Trotzdem  kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, wenn ich an das Dilemma denke, in welches fromme Amerikaner damit gestürzt würden. Eine Besinnung in einer Kellerei – einem Ort, in welchem Alkohol hergestellt wird? 

Vor dem Start

Am hintersten Tisch bleibe ich deshalb hängen, weil der Anton schon dort sitzt und sich mit Kaffee aufputscht. Er ist heute nicht für die m4y-Fraktion in Orange unterwegs, sondern für die Roten. Er der auch sonst immer schnell unterwegs ist, will heute noch einen Zacken zulegen und sich als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr eine gute Rangierung bei den Deutschen Feuerwehrmeisterschaften erkämpfen. Ja, das gibt es, Feuerwehrleute, die nicht wie ein bulliger Tanklöschwagen aussehen, sondern wie ein Schlauchturm und deshalb schnell sind - wie das von der Feuerwehr erwartet wird.

Eberhard und Angelika stehen auch auf der Matte; Eberhard begnügt sich in einem Team mit einem Sechstel der gesamten Distanz. Er will im Hinblick auf Frankfurt alles richtig machen und will heute kurz, dafür heftig, zur Sache gehen.

Olaf hat die Aufgabe als Zugläufer in München so gefallen, dass er Peter begleitet, der heute diesen Job für die 4:30 übernimmt.

Bei der Gepäckaufbewahrung treffe ich (wieder) Nicole und Jochen. Die Beiden sind auch überall dabei, wenn zum Marathon und mehr gerufen wird. So falsch kann es also nicht sein, was ich mache. Wobei, erinnere ich mich nicht schwach an den Ausspruch „Nur weil andere es falsch machen, heißt das nicht, dass es deswegen richtig ist!“?

Und wenn auch, denn auch die Ultraschnecke Conny hat dem Regen zum Trotz ihr Haus verlassen und freut sich zusammen mit Jörg auf einen weiteren Marathon.

Die Startnummern sind in verschiedenen Farben gehalten, damit klar sein sollte, in welchen der entsprechend gekennzeichneten Startblöcke man sich einreihen sollte. „Wie viele sich selbst Überschätzende und Farbenblinde sind heute wohl dabei?“  , frage ich mich - und zwar umsonst. Da wird alles richtig gemacht. In den groß gehaltenen Blöcken herrscht kein Gedränge. 

Mit Kanonendonner werden die Schnellen und die Feuerwehrleute losgeschickt. Oder losgelassen? 

Ich mache vom Privileg Gebrauch, im blauen, dem zweiten von vier Blöcken zu starten, die mit jeweils zwei Minuten Abstand auf die Strecke geschickt werden. Auch die gehen ab wie die Feuerwehr. In weiser Vorahnung vom Ende dieses Blockes aus startend, kann ich ungestört mein Tempo laufen und mich meiner vorläufigen Hauptaufgabe widmen, dem laufend Genießen und Beobachten.

Nach einer kurzen Schlaufe nach Süden geht es in der richtigen Himmelsrichtung auf die Nordschleife. Es dauert nicht lange und schon sehe ich über dem Läuferfeld vor mir in der Ferne die Burg Lichtenberg über den Weinbergen thronen, eine der ältesten, vollständig erhaltenen staufischen Burganlagen nördlich der Alpen. Dieses Wahrzeichen des Bottwartals aus der Mitte des 12. Jahrhunderts gehört zwar nicht zur Stadt Großbottwar, war aber der Wohnsitz der Stadtgründer. 

Kurz nach dem Verlassen der Stadt merkt der kleine Pudel, der seit Beginn am Rand des Feldes mit der Masse mitläuft, dass er seine Startvorbereitung nicht richtig gemacht hat. Wie soll der Kleine auch aufs Dixi-Klo? Ganz ordentlich entfernt er sich zur Seite, verrichtet sein Geschäft und setzt zu einem ungeheuren Spurt an, um die ursprüngliche Position im Feld wieder einzunehmen. Ich bin beeindruckt von dem Sprint und sicher, dass auch Usain Bolt es wäre.

In Hof werden wir zwischen den Häusern kräftig angefeuert, nach Sauserhof hinuntergeleitet und dort in der Kurve von Radio Ton-Maskottchen empfangen. Wer bis jetzt den Rhythmus noch nicht gefunden hat, kann ihn von den Schlaginstrumenten der Musiktruppe übernehmen.

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Informationen: Bottwartal-Marathon
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