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Laufberichte

Geile Sache

02.05.15

Gut 100 Höhenmeter tiefer liegt Spielberg, das vom gleichnamigen Schloss dominiert wird. Im 12./13. Jahrhundert hatten hier die Grafen von Truhendingen und Oettingen das Sagen. Heute ist im Schloss ein Museum für zeitgenössische Kunst untergebracht, das der Künstler Erwin Steinacker   betrieb. Unterhalb von Spielberg an den Ausläufern des Hagbucks wird unsere Zwischenzeit genommen. An der Genussstation haben am angebotenen Apfelkuchen noch nicht viele Läufer zugegriffen. Leute, euch geht da etwas durch die Lappen.

 

Von Gnotzheim nach Gunzenhausen

 

1:45 Stunden bin ich unterwegs, der Weg  ist jetzt deutlich einfacher geworden. Es mischen sich jetzt schon befestigte und betonierte Feldwege in unser Geläuf, die Geschwindigkeit steigt. Die 800 Einwohner zählende Ortschaft Gnotzheim ist schnell durchlaufen. Für einen kurzen Ratsch mit Kerstin reicht die Zeit. Langsam machen brauche ich nicht, dann ist sie wieder an mir dran. Doch jetzt schickt sie mich nach vorne.

Nach einen Kilometer auf bestem Betonweg geht es wieder in den Modder im folgenden Wald. Der gestrige Niederschlag hat sind in Mulden gesammelt, wo der Wanderpfad durchläuft. Goretex-Schuhe lassen wenigstens kein Wasser nach innen. Aber wenn du eingefasst hast, bleibt das Wasser im Schuh.

Kurz nach dem 20. Kilometer folgt eine weitere Tankstelle unweit der Ortschaft Pflaumfeld. Ich schnappe mir eine Banane und laufe weiter. Ein Trailläufer hat Probleme mit seiner Wade und dehnt sich an der Bierbank. Ich halte mein Tempo hoch und kann weitere Gegner einsammeln. Der Kurs ist nun einfacher zu laufen, die Kilometer fliegen nur so dahin, auch wenn noch einige Graswege noch warten.

Wir unterqueren die Bahnlinie Treuchtlingen-Ansbach und sehen die Markgrafenkirche des Gunzenhäuser Stadtteils Aha. Wie Aha zu seinem Namen gekommen ist? Nun, vielleicht waren die Franken etwas mundfaul und sind daher mit den drei Buchstaben der Verwunderung ausgekommen. Das ist aber noch zu toppen, denn im nördlichen Oberbayern gibt es einen Ort mit nur zwei Buchstaben: Sie nannten ihre Hoamat einfach Au. Bevor ich euch einen Bären aufbinde, der Ortsname Aha hat seine Wurzeln im Althochdeutschen aha, was fließendes Wasser oder Wasserlauf bedeutet.

Die Ortsausgangstafel zeigt Gunzenhausen in zwei Kilometer Entfernung an. Wir unterqueren die Bundesstraße 13 und dann sehen wir schon die Türme und das Stadtbild von Gunzenhausen. Rund 1,5 Kilometer führt die Asphaltpiste in den Altmühlauen. Dann führt die Altmühlbrücke in die Stadt. Helfer weisen uns den Weg in einen kleinen Park, an dessen Ende bringt uns die Straße „Zur Altmühl“ in die Altstadt.

Kurz vor dem Finish sehe ich links den Färberturm, der etwa um 1300 erbaut wurde und Teil des Weißenburger Tores war. Gut 30 Meter ist er hoch. Die Turmtür ist offen, es kann hochgestiegen werden. 2.37 Stunden lese ich auf der Uhr, als ich die letzten Meter hinter mir bringe. Ich will die Zeit jetzt nicht mal in Relation zur Streckenlänge von 27 Kilometer bringen.

 

Im Ziel - erste Trailtag

 

Mein kurzes Resümee: Am Anfang forderte die Strecke uns voll heraus, sie war mit vielen technischen Stücken garniert. Auf den letzten Kilometer konnten die Läufer voll auf die Tube drücken.

Helfer drücken jeden eine Wasserflasche in die Hand und zeigen den Weg zur V-Stelle, die ein paar Meter entfernt ist. Dort gibt es Obst, süße und herzhafte Backwaren sowie Getränke. Die Rucksäcke werden in der Tourist Information ausgegeben. Ich mache mich dann auf den Heimweg. Schee war der erste Tag. Für morgen sagt der Wetterfrosch Dauerregen voraus und davor graust's mir schon jetzt.

 

Zweiter Tag

Vor dem Start in Muhr am See

 

Wie komme ich von Gunzenhausen zum Start nach Muhr am See? Der VGN offeriert jeden Teilnehmer eine Fahrt mit der Bahn dorthin. Es ist auch möglich, das Auto dort abzustellen und nach dem Rennen im Stundentakt zurückzufahren. Frühzeitig bin in Gunzenhausen und nach gut fünf Minuten Bahnfahrt in Muhr. Irgendwie hat jemand noch einen Wunsch nach oben geschickt, denn der vorhergesagte Dauerregen ist lediglich ein Nieseln und fast braucht man keine Regenjacke. Doch mitführen sollte man dieses Ausrüstungsteil schon, es wiegt ja fast nichts.

In der Schulturnhalle können wir uns umziehen und Toiletten sind auch genügend vorhanden im Gegensatz zum Tag zuvor in Heidenheim, da waren die Boxenplätze knapp. Die meisten Läufer kommen erst mit dem zweiten Zug. Zehn Minuten vor dem Start wäre mir schon etwas knapp.

Gut 2000 Einwohner zählt die Gemeinde, die zur bayerischen Gemeindereform im Jahr 1976 mit den beiden Vorgängerorten Altenmuhr und Neuenmuhr zusammengefasst wurde. Die ersten Hinweise stammen aus dem neunten Jahrhundert.

 

Erste Kilometer

 

Pünktlich um 10.00 Uhr werden wir wieder auf die Strecke gelassen. Es sind heute nicht ganz so viele Läufer unterwegs wie gestern, knapp 200 Trailer sind es aber doch. Nur wenige Minuten dauert die Dorfrunde: Vorbei am Maibaum (wahrscheinlich erst zwei Tage vorher aufgestellt), Kirche St. Jakob Maior und St. Georg (aus dem 17. Jahrhundert) und das Storchennest auf dem Giebel des Gotteshauses. Dann unterqueren wir die Bundesstraße 13 und schon haben wir Muhr verlassen. Im Sommer bietet hier das Seezentrum am Altmühlsee den Urlaubern viel Entspannung mit Baden, Boot fahren und Camping. Und wer den Altmühlsee auf eine andere Weise kennenlernen will, im Sommer wird hier der Altmühlseelauf (Halbmarathon) organisiert, der komplett um den See führt (Startort Unterwurmbach).

Den Altmühlsee sehen wir in der Ferne nach der ersten Steigung mit rund 30 Höhenmetern. Die Büsche an den Feldrainen stehen in voller Blüte. Nur kurz rennen wir über grasige Feldwege, dann verschwindet der Kurs wieder im Wald, wo wir einige umgefallene Bäume überspringen dürfen. Das macht Spaß! Schilder am Rand weisen auf den Seenländer hin, ein 146 Kilometer langer Rundwanderweg, der im Fränkischen Seeland Altmühlsee, Brombachsee und Rothsee miteinander verbindet.

An der ersten Genussstation sorgt der Fotograf für Begeisterung bei den Helfern: Ich bin der erste, der bei den geräucherten Würsten und dem geräucherten Fleisch zugreift. Leicht wellig laufen wir meist auf unbefestigten Wegen durch den Räuberwald. Ja, und da ist er leibhaftig an der Strecke und auf der Suche nach Gold: Der Räuber Hotzenplotz, der am Wegesrand Wanderer auflauert und für Kinder eine Überraschung bereithält. Gut, dass die Läufer schnell zu Fuß sind, so haben wir nichts zu befürchten. Die nächste Versorgung hat wieder hochwertigen Apfelsaft aus heimischer Produktion im Angebot. Übrigens, regelmäßige Kilometerschilder findest du hier nicht: Entweder du läufst nach Gefühl oder hast ein GPS dabei. Vielleicht reichen auch die Kilometerangaben an den V-Stellen.

 

Weiher, Wälder, Wiesen

 

Persönlich gefällt mir das folgende Wegstück am besten, das zwischen Speckweiher, Brandweiher und Eichenberger Weiher entlangführt. Wir dürfen ein Stück auf dem Teichlehrpfad rennen. Die grüne Natur, Wasser und Sportler lassen sich bei meiner Arbeit als Fotograf gut miteinander verknüpfen. Es müsste nur noch die Sonne scheinen, dann wäre es perfekt. Doch ich will nicht maulen, denn es nieselt nur gering.

Nur mehr wenig Steigungen warten auf uns bis zur nächsten Tankstelle bei Kilometer 9,7 am Koppenweiher. Auf der Waldautobahn zuvor (ein geschotterter Weg) kann ich es laufen lassen. Die köstliche Überraschung auf der Streckenkarte sind die feilgebotenen fränkischen Striezel, ein Gebäck aus Hefeteig. Ich nehme mir eines mit auf die weitere Reise. Abbeißen, Kauen und Hinterschlucken, dabei noch ein etwas erhöhter Sauerstoffbedarf, das ist nicht einfach, alles zu koordinieren, wenn der Untergrund wieder anspruchsvoll wird.

Auf einem kurzen Asphaltstück erreiche ich den Altmühlüberleiter, ein etwa neun Kilometer langer künstlicher Kanal, der Wasser von Donau/Altmühl in Richtung Brombachsee und Main fließen lässt. Die Niederschlagsmenge zwischen Altmühl und dem regenarmen Rednitztal gab seinerzeit den Ausschlag dafür, die Verbindung zu schaffen. Nur kurz laufen wir durch den Gunzenhäuser Ortsteil Frickenhausen, wo wieder einige wenige Zuschauer am Rand stehen. Im 13. Jahrhundert wurde der Ort „frichenvelde“ genannt, ein neu gebrochenes und gerodetes Land.

 

Gestärkt in den Römerwald

 

Am Ortsausgang kommen wir bei der Genussreise zum Gourmethöhepunkt: Homemade Erdbeer- und Käsekuchen - da freut sich das Leckermäulchen. Ich verzehre in aller Gemütlichkeit ein Stück und mache mich dann wieder auf den restlichen Weg, denn das Kilometerschild zeigte vorher 13,8 gelaufene Kilometer an. Noch rund drei Kilometer warten.

Ein paar Meter weiter zeigt der Wegweiser in den Wald. Schmal ist der Pfad, dann steigt er an und wird rustikal mit Gestrüpp, Wurzeln, Steinen und tiefem Boden. Die Konzentration leidet schon und dann fast ich, als es mir an einer morastigen Stelle fast die Füße wegzieht. Die letzte Steigung mit 50 Höhenmetern endet nach 500 Meter Stolperei. Der Laufuntergrund bessert sich nun.

Im Burgstallwald mündet unser Kurs nun auf den Limeswanderweg, der auf 115 abwechslungsreichen Kilometern von Gunzenhausen nach Bad Gögging führt. Die Route verläuft entlang des raetischen Limes mitten durch den Naturpark Altmühltal und tangiert etwa Ellingen, Kipfenberg und Hienheim. Man kann Kastelle, freigelegte Thermen und rekonstruierte Wachttürme entdecken. Ja, und zwei römische Legionäre entdecke ich dann auch noch, antik bekleidet mit Brustpanzer und Helm. Doch was ist das: Einer füllt sein Trinkhorn mit einer neumodischen Pilsflasche auf. Er fühlt sich gleich schuldig und schenkt mir das letzte Noagerl aus der Flasche gegen meinen Durst.

Auf dem letzten Kilometer, schon im Stadtgebiet von Gunzenhausen, muss ich mich langmachen, um zwei Verfolger, Thomas Hainle und Manuel Herzog, nicht vorbeizulassen. Es geht die Sonnenstraße hinunter. Am Kirchenplatz wartet die letzte Schikane, sechs Treppen hoch zur evangelischen Stadtkirche St. Maria. Das Gotteshaus steht auf den Grundmauern einer romanischen Vorgängerkirche. Noch früher stand hier ein römisches Kastell. Wir laufen um die Kirche rum und nach 50 Meter ist auf dem Marktplatz der Zielbanner. Drunter durch, geschafft.

 

Zielimpressionen vom zweiten Trailtag

 

Im Zielbereich werden die beiden Moderatoren auf mich aufmerksam und holen mich ans Mikrophon. Wie es war, was mir gefallen hat und wie ich auf diesen Event gekommen bin. Meine Geschichte geht übers Mikro. Ein wenig Werbung schadet nie.  „Du bist ja schon ein treuer Läufer“, lobt man mich. Na ja, Tradition geht erst bei der dritten Auflage an.

Ein paar Meter weiter finden wir wieder die Zielverpflegung, als Spezialität haue ich mir weißen und roten Presssack in den Bauch. Einen Verbesserungsvorschlag habe ich da: Zur deftigen Brotzeit gehört doch ein fränkisches Bier. Als Auszeichnung erhält jeder Teilnehmer ein Brotzeitbrettl. Zum Duschen, nein zum Baden dürfen wir in das Juramare. Perfekt, denn ein Solebad und ein Sprudelbecken machen müde Muskeln wieder munter.

Mein Fazit aus den zwei Tagen: Hier lernt ihr die fränkische Gegend gut kennen und wer von weiter anreist, soll sich gleich für ein paar Tage einquartieren, es lohnt sich. Wer Trailrunning ausprobieren will und sich schon auf einer Halbmarathonstrecke sich ausgetobt hat, kann hier ohne große Vorbereitung hinein schmecken. Und es ist eine geile Sache, wetten? Danke an die Helfer von Stephanie Pummer für das herrliche Laufabenteuer. Ich komme gerne wieder.

 

Ergebnisse Gesamtstrecke:

 

Männer
1. Matthias Krah, Team Raidlight/TV Bad Brückenau, 3.01.37
2. Marcus Baur, Baur Brüder/LG Rems Welland, 3.03.41
3. Lukas Sörgel, Salomon TrailrunningTeam, 3.05.28

Frauen
1. Christina Holzinger, o.V., 3.31.20
2. Lena Lang, TSG 08 Roth, 3.47.35
3. Sandra Spörl, FT Naila, 3.47.47

 

12
 
 

Informationen: Altmühltrail
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