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Laufberichte

Work-Life-Balance

04.11.12


Überstunden


Später Nachmittag und 50 Runden beziehungsweise vier Stunden später. Draußen regnet es wieder. Die ersten Anzeichen für ein Läufer-Burn-out machen sich bei einigen bemerkbar. Meine Batterien sind leer, ich habe eine Energiekrise. Wie gerne möchte ich wieder Energiespitzenwerte erreichen, als nur wie eine menschliche Energiesparlampe herumzubummeln. Je anspruchsvoller die Tätigkeit, desto länger die Arbeitszeit. Ich male mir in den schwärzesten Farben aus, was passiert, wenn ich nicht weiterlaufe. Noch mehr Überstunden? Und was wird aus meinem dritten Platz? Schnell versuche ich im Kopf auszurechnen, wie viel fünf Runden in Kilometern sind. Aber in diesem Zustand auch noch rechnen? Es war mir die ganze Zeit egal, dann ist es jetzt auch egal. Komisch, hier rechnet man nicht in Kilometern sondern wirklich nur nach Runden und die „fliegen“ schneller vorbei, als die elenden Kilometerschilder.



Außerdem herrscht nun eine entspannte Arbeitsatmosphäre. Jetzt jedenfalls kennt man sich. Glaubt man dem Karriereberater, dann schadet ein keiner Small-Talk auf dem Flur nicht, bloß habe ich jetzt den Anschluss an meine Gruppe verloren. Ich neige unfreiwillig zu Alleingängen. Der Blonde hat’s unterdessen aufgegeben. Er packt seine Sachen und verabschiedet sich mit einem kurzen Gruß in die Runde. Überall in den  Gängen, sehe ich noch welche laufen, die einen haben auf den Müßiggang heruntergeschaltet, ruhig und gedämpft, Flüsteratmosphäre. Andere lassen es nochmal „krachen“. Ich bin auf  Runde 54, die letzte  für heute. Der Moderator heizt das Publikum an, mich auf der letzten Runde nochmal so richtig anzufeuern. Wieder Gänsehaut. Wahrscheinlich will er aber auch nur, dass ich mich beeile, damit endlich mit der Siegerehrung begonnen werden kann.


Zweitausendvierhundertundzwanzig


Das Kriechen und Siechen in der Büro-Welt ist schmerzhaft. Die letzte der zweitausendvierhundertzwanzig Stufen ist geschafft, noch eine letzte ungezählte Kurve, ein letzter Schluck Cola: dann kommt der ersehnte Zieleinlauf.



Wer sagt, Büroarbeit sei eine belastungsarme Tätigkeit? Ich frage mich, wann ich das letzte Mal so geschwitzt habe? Apropos, wo sind die eigentlich? Während ich in der letzten Runde nochmal richtig in die Tasten gehauen habe, sind die beiden hinter mir wohl gegangen. Jetzt werde ich nie erfahren, ob der eine vielleicht ein Projektmanager oder nicht vielleicht doch ein Controller war. Schade. Eine letzte Kurve und ich laufe durch das Ziel. Ein halbes Dutzend Fotoobjektive halten diesen Moment auf Bildern fest. Den Oberkörper gebeugt, die Arme stützen sich auf den Hüften ab. Irgendwann strecke ich die Faust in Richtung Bürodecke. Jubel bricht aus.


Wohlbefinden im Büro


Ein (Lauf)Kollege ist ebenfalls im Ziel. Ich sehe nur, wie er wortlos zum Aufzug schlappt. Sorgen brauche ich mir um ihn nicht zu machen, denn es gibt einen Läuferbereich mit einer Chill-Out-Zone inklusive Massage, dazu Kaffee und Kuchen, was will Läuferherz mehr? Auch mein Gang ist träge. Nur noch zweiundzwanzig Treppenstufen und ein paar Schritte wären es bis zu den Duschen. Aber wer will schon duschen, wenn er gleich auf den roten Teppich darf und für diesen Lauf auch noch belohnt wird? Während die Siegerehrung im vollen Gange ist, ziehen noch immer Läufer ihre Runden. Einige Helfer beginnen damit, Stühle beiseite zu stellen, denn um 18:00 Uhr ist hier Schluss. Das Büro, das heute kein Büro sein will, schließt. Nun haben alle Läufer Feierabend. Sonntagsarbeit kann ganz schön anstrengend sein…


Resümee:


Verehrte Arbeitnehmer und Angestellte, sehr geehrte Arbeitgeber und Chefs, liebe Leser!

Wie viel Bewegung, wie viel körperliche Betätigung enthält Ihr normaler Arbeitstag noch? Die Wege ins Büro werden mit dem Auto zurückgelegt, zwischen Tiefgarage und Büro nimmt man den Aufzug. Dabei hat jedes Büro hat eine Treppe. Vielleicht ist der Indoor-Marathon ja eine Inspiration, statt dem Aufzug einfach mal das Treppenhaus zu nutzen? Und wer weiß, mit ein wenig Training sehen wir uns dann vielleicht beim Sächsischen Mt. Everest Treppenmarathon in Radebeul (Ultra-Treppenlauf mit 39.700 Stufen, dazu insgesamt 8.848 Meter Höhenunterschied auf der doppelten Marathondistanz). Wenn ich das plant, sprecht nicht drüber. Sonst holt man am Ende noch den Betriebspsychologen.

Was man noch wissen sollte:


Veranstalter: TÜV Rheinland LGA Beteiligungsgesellschaft GmbH
Wettbewerbe: Marathon, Halbmarathon, Staffellauf-Marathon (8 TN je Staffel)
Ausrichter: Team Klinikum Nürnberg e.V.
Streckenprofil: Marathon 42,195 km (vermessen!) 55 Runden, 455 Höhenmeter (Treppenanteil) auf zwei Ebenen (Ebene 0 und Ebene 1)
Umkleide-/Duschmöglichkeiten: Im Erdgeschoss der LGA
Zeitmessung: BiB-Chip
Kosten Marathon: Für fünfzehn EURO gibt es auf jeder Runde "All you can eat" mit Live-Musik
Weitere Veranstaltungen: Halbmarathon, Staffellauf
Auszeichnung: Goldmedaille, Funktionsshirt, Urkunde


Marathonsieger: (keine Altersklassenwertung)
Männer:

Wassiliew Jewgenij, 3:05:45 Stunden
Roland Rigotti, 3:07:04 Stunden
Frank Zocher, LAC Quelle Fürth, 3:12:42 Stunden

Frauen:

Ildiko Wermescher, Ft Jahr Landsberg, 3:39:41 Stunden
Petra Marton, LG DUV, 4:00:25 Stunden
Andrea Helmuth, marathon4you, 4:11:24 Stunden

 
 

Informationen: Indoor Marathon
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