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Laufberichte

Celebration

15.05.11
Autor: Olaf Ulmer

Es ist Sonntag, der 15.05.2011, 13:10 Uhr. Tatort: Heilbronn, Frankenstadion. Vor wenigen Sekunden habe ich die Zeitmessmatten des 11. Trollinger-Marathons überquert und damit zum 50. Male eine Strecke über die Marathon-Distanz und länger geschafft.

Meine Lauf-Laufbahn begann mit ersten Trainingsläufen im Wald im Herbst 2004. Kurz nach dem Laufeinstieg wagte ich den ersten Volkslauf über 10 Kilometer auf dem Formel-Eins-Ring in Hockenheim, dem schließlich im Frühjahr 2005 der erste Halbmarathon in St.Leon-Rot folgte. Obwohl ich den Marathon zu Beginn meiner Lauferei nicht im Visier hatte, meldete ich mich in der Woche nach dem Halbmarathon zu meinem ersten Marathon in Niedernhall an. Ehrfurcht und eine Menge Respekt begleiteten mich während dieser Vorbereitungszeit und auch während des Laufes. Im Ziel angekommen, war es geschehen: Ich war von einem Virus befallen, vom Marathon-Virus. Noch am selben Abend meldete ich mich zu meinem zweiten Marathon an: Den Bottwartal-Marathon in Großbottwar bei Ludwigsburg, der nur rund einen Monat später stattfand.

Diesen beiden ersten 42ern folgten etliche weitere Marathons, 2007 sogar der New York-Marathon. Im Jahre 2008 wagte ich den Sprung auf die Ultramarathon-Distanz. Ich wählte hierfür den K78 in Davos. Im vergangenen Jahr wurden dann die Distanzen erstmals dreistellig. Dem 100 Kilometer-Lauf in Kienbaum bei Berlin folgte der 24-Stunden-Lauf in Iserlohn.

Nun stehe ich, ähnlich nervös wie im Herbst 2005, am Start des Trollinger Marathons in Heilbronn in der Badstraße. Der Neckar nebenan fließt ruhig in seinem Bett. Ihn interessiert das Getummel all dieser Leute gar nicht.

Heilbronn, das ist so etwas wie meine zweite Heimat. Zum vierten Male trete ich hier an. Etliche Bekannte und Freunde treffe ich hier, so wie Thomas, der wieder den Zugläufer für 3:59 h macht. Bei ihm waren wir auch ein Tag zuvor auf der Pasta-Party und haben schon mal vorgefeiert. Peter ist natürlich auch wieder mit von der Party, also ist das TOP-Team wieder mal komplett. Uwe, Gerhard, Bernie,  Jan und etliche andere treffe ich ebenfalls, so dass die Zeit bis zum Startschuss rasend schnell vergeht.

Wir haben uns fast ganz hinten im Feld platziert. Nach dem Startschuss lassen wir uns erst noch ein paar Sekunden Zeit bevor wir lostraben. Bei der Netto-Zeitmessung mit dem Champion-Chip ist das kein Problem.

Die ersten Meter führen uns auf der Badstraße in Richtung des Neckarturmes. Ein Rechtsknick bringt uns über den Neckar und ich kann Bernie bei seiner Arbeit ablichten. Nach einem weiteren Rechtsknick laufen wir entgegen der ursprünglichen Laufrichtung.

Vorbei am Freibad Neckarhalde geht es durch den Wertwiesenpark nach Sonthofen, nach einem Linksknick können wir auf Thomas, den Zugläufer, auflaufen.

Nach einigen Metern werden wir stimmungsvoll und musikalisch aus Sontheim verabschiedet. Die Reise führt uns nun nach Flein. Unterwegs erwarten uns bereits die ersten Wellen. Im Ort werden wir frenetisch angefeuert. Wir dürfen sogar auf Rosenblättern laufen. Sowas ist mir bei 49 Marathons zuvor  auch noch nicht unter die Sohlen gekommen.

Nun wird es langsam ernst, denn  es beginnt  allmählich immer weiter anzusteigen. Nach den ersten Höhenmetern verlassen  wir in einem  Kreisel Flein und machen uns auf zum Aufstieg auf den Haigern.

Nach erfolgreichem Gipfelsturm gibt es dann bei Kilometer 10 an der Verpflegungsstelle einen Roten als  Belohnung, der hier neben den üblichen Köstlichkeiten im Angebot ist.

Derart  gestärkt geht es rasant talabwärts, passenderweise nach Talheim.  Unsere Reise führt uns wieder bergan, wo wir am Kulminationspunkt von einem weiteren Albhornbläser begrüßt werden. Leicht wellig geht es weiter in Richtung Lauffen. Eine Bergabpassage bringt uns zum Zementwerk Lauffen, das wir schnell hinter uns lassen.  Immer  mehr Zuschauer säumen den Streckenrand. Nach einer geschickten Links-Rechts-Kombination kommen wir an eine weitere Verpflegungsstelle. Und wie es sich gehört, wieder mit Trollinger. „Nicht fotografieren, trinken!“ schallte es mir entgegen. Na, das lasse ich mir nicht zweimal sagen.

Peter mahnt  zur Eile, denn Thomas ist inzwischen längst weitergelaufen. Immer diese Hektik. Nach kurzer Zeit haben wir den Zugläufer aber wieder erreicht und verlassen durch das Gewerbegebiet Lauffen und laufen auf leicht welligem Terrain nach Meimsheim. Hier werden wir von einem regelrechten Volksfest erwartet und überqueren die Zeitmessmatten an der Halbmarathon-Marke.
Bergan laufend verlassen wir diesen schönen Ort und kommen nach Hausen an der Zaber. Nach dem stilvollen Ortsschild geht es wieder bergab. Im Ortskern angekommen, erwartete uns bereits der Weingott mit seinem Weinhumpen. Es ist aber nicht Bacchus sondern Jupiter, der  in Hausen die Bewirtung übernimmt. Wieder was gelernt, Marathons sind auch Bildungsreisen.

Wieder tendenziell bergan führt  uns der Weg nach Dürrenzimmern. Auch hier begrüßt man uns mit einem kleinen Fest. Die folgenden Kilometer haben es dann  in sich. Es geht zwar sanft, aber stetig bergan. Dazu bremst teils heftiger Gegenwind merklich meinen Vorwärtsdrang. Thomas und die immer kleiner werdende Truppe der 4-StundenLäufer zieht davon und ich mache das Beste aus der Situation: Bilder. Nur muss  ich zeitweilig mit der Technik kämpfen. Die Isostar-Dusche vor zwei Wochen ist meiner Kamera  wohl doch nicht so gut bekommen.

Kurz vor Neipperg haben wir dann zwei Drittel der Distanz geschafft. Eine alte Weisheit sagt ja, dass man für das letzte Drittel ebenso viel Kraft benötigt, wie für die ersten beiden Drittel. Ich kenne die Strecke und weiß, dass das zumindest für den Trollinger zutrifft, denn es gibt noch einige, wenn auch keine gewaltigen Anstiege zu bewältigen.

In Neipperg werden wir ebenfalls begeistert empfangen, was wieder für etwas Schwung sorgt. Die lauwarme Apfelschorle an der Verpflegungsstelle bei Kilometer 30 will aber nicht bei mir bleiben. Das war‘s dann mit dem Schwung erst mal.

Durch die Weinberge, wo die nächste Generation Trollinger heranwächst, laufen wir nach Nordhausen. Am Sportplatz können  wir wieder verpflegen.  Plötzlich höre ich jemanden nach mir  rufen. Es ist  Tante Rosemarie, die hier wohnt. Mir ist die Zeit nun vollkommen schnurz und gönne mir eine kleine Unterhaltung mit ihr.
Es geht weiter nach Nordheim. Nordheim, da war doch was. Ja, genau: Ein großes Fest in der Fußgängerzone und der letzte größere Anstieg.

Nach einer Bergab-Passage und einem Rechtsknick laufen wir auf die Fußgängerzone zu. Doch was ist das: Nur eine Wasserstelle und ein paar einzelne Zuschauer. Keine Spur von einem rauschenden Fest  wie noch  die Jahre zuvor. Derart irritiert mache ich mich weiter. Zumindest auf dem folgenden Berganstück werden wir wieder angetrieben. Da meine Muskulatur schon arg lädiert ist, lasse ich es etwas ruhiger angehen und nutze die Gehpausen zum Fotografieren.

Ja, wahre Helden sind wir. 50 Mal Marathon oder länger. Von diesem Ziel bin ich nur noch 6 Kilometer entfernt. Kurz vor Klingenberg werden wir dann gewarnt, denn gleich wird die Laufstrecke voller werden, die Halbmaratonis kommen.
Steil bergab laufend fallen wir in Klingenberg ein, wo uns ein großes Fest und die Halbmarathonis erwarteten. Ein Vorteil hat ja diese Zusammenführung: Man kann sich unter den vielen Läufern verstecken, so dass man in seinem Zustand nicht so auffällt. Trotzdem bin ich mit meinem Schlurfschritt immer noch schneller als viele der hier keuchenden „Halben“.

Egal wie ich beinander bin, ich will die Chequered Flag sehen. Wir verlassen Klingenberg auf der „Fifth Avenaue“ wie sie scherzhaft genannt wird. Ein kerzengerades Stück Asphalt bringt uns nach Böckingen. Eine weitere Band heizt uns nochmals ein und eine Rampe bringt uns in die Innenstadt und in die Fußgängerzone. Hier bei km 40 gönne ich mir nochmals ein Gläschen Rotwein. Hatte ich nicht schon erwähnt, dass mir die Zeit inzwischen egal war?

Nach der Unterquerung halten mir Zuschauer Schilder entgegen: „So sehen Sieger aus“,  „Langsam aber sicher“, das trifft doch den berühmten Nagel auf den Kopf. Noch einmal geht es durch den ehemaligen Startbereich in der Badstraße.
Ein Linksschwenk und wir kommen in einem Spalier von vielen Zuschauern ins Frankenstadion. Eine Viertelrunde auf der Tartanbahn und es ist wahr - mein 50. Finish.

Erst ein Foto vom Streckensprecher  Achim Seiter, dann das Interview, dann die Finisher-Medaille und dann ein Weißbier. Denn: Bier auf Wein, das ist fein.  Der kleinen Feier im benachbarten Biergarten folgt das Grillfest bei Zugläufer Thomas. Welch herrlicher Tag! I´ll be back. Nicht erst zum 100.

Marathonsieger

Männer

1. Jon-Paul Hendriksen (Neuseeland) 2:30:28
2. Richard Schuhmacher 2:33:06
3. Patrick Single 2:41:29

Frauen

1. Kathrin Vogler  2:56:50
2. Nadine Haller 3:08:50
3. Julia Fatton 3:14:07

483 Finisher

 

Informationen: Heilbronner Trollinger Marathon
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