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Laufberichte

Geballte Olfaktorik bei der Mutter aller Ultras

12.06.10

Waren’s auch der km viel, 2010 mußt’ ich nach Biel

Fotos: Wolfgang Bernath, Silke und Markus Pitz

„Um das Erlebnis und die Wirkung des Laufens zu haben, muß man nicht Marathon laufen. Wer doch einmal Marathon probiert hat, weil er der Herausforderung nicht widerstehen konnte, sagt sich möglicherweise: Einmal und nie wieder... Wer dann die Marathonstrecke im Griff hat – denn die meisten, die den Marathon nur ein einziges Mal versuchen wollen, werden wortbrüchig -, der wirft mit der Zeit ein Auge auf die 100 km. Nur ein einziges Mal, um überhaupt mitreden zu können – allein deshalb“.

So die Lauf- und Schreiblegende Werner Sonntag in seinem Buch „Herausforderung Marathon“ aus dem Jahr 1988. Ja kannte der mich etwa? Und das schon 1988, wo ich mich höchstens gezwungenermaßen beim Bund maximal mal über 12,5 Runden auf der Bahn gequält habe? Es scheint so, denn er schreibt mir aus der (heutigen) Seele. Dabei möchte ich mal unerwähnt lassen, daß er den Bogen von den 100 km zu den 24 Stunden-Läufen weiterspann...

Er beschreibt also wirklich meine eigene Entwicklung, die mehr oder weniger zufällig vonstatten ging. Mit 41 Jahren das Laufen begonnen, erste Volksläufe und 2002 im Siebengebirge den ersten Marathon. Zwei Tage konnte ich zur Schadenfreude meiner Familie nur rückwärts die Treppe heruntergehen und litt wie ein Hund. Trotzdem lief ich im Frühjahr 2003 durch Mainz meinen zweiten Marathon. Es kamen erste Kurzeinsätze bei Etappen von Erlebnisläufen von 50 – 54 km Länge, schließlich 2007 der Albmarathon mit 50 km und 1.100 Höhenmetern. Nie, nie (mehr) wollte ich eine weitere Strecke unter die Füße nehmen.

Dann liest man von vielen anderen herausfordernden Läufen, deren erfolgreiche Absolventen man bewundert. So etwas kommt dann für einen selbst natürlich nicht in Frage. Plötzlich entdeckt man in einer Ergebnisliste – in die man selbstverständlich nur spaßeshalber hineingeschaut hat - einen Bekannten, der es probiert und doch tatsächlich geschafft hat. Und wundert sich. Bestaunt ihn. Und stellt sich vor, man selber stünde dort verzeichnet. Quatsch, völlig illusorisch. Dann findet man immer mehr Leute, liest immer mehr und beginnt sich mit dem Thema ernsthafter auseinander zu setzen. Ist es möglicherweise doch nicht völlig von der Hand zu weisen?

Man beginnt, Werner Sonntag zu lesen. Hört und liest auch aus anderen Richtungen vom Mythos Biel. Sagt sich, daß man ja mal eine Zwischendistanz probieren könnte. Läuft den Röntgenlauf über 63,3 km mit 850 Höhenmeter und schafft diesen. Lernt (wieder), daß Training die eine Seite der Medaille ist, die Psyche aber die andere.

Und dann ist es soweit. Du entscheidest Dich und erzählst zum ersten Mal öffentlich, daß Du es versuchen wirst. Erntest Respekt bis Spott, setzt Dich damit aber selber gewollt unter Druck. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Mit Elke reise ich bereits am Donnerstag an und treffe mich mit unseren Freunden Silke und Markus. Markus hat bereits zwei Mal den „Langen Kanten“ am Rennsteig geschafft und versucht sich hier auch erstmals am Hunderter. Weil wir, so weit wie irgend möglich, auf Nummer Sicher gehen wollen, schlagen wir die unzweifelhaften Erlebnisse Massenquartier sowie Zeltplatz aus und nehmen ein anständiges Hotel in der Hoffnung, die Nacht vorher vernünftig schlafen zu können. Irgendwie auch blöd, für drei Nächte zu bezahlen und nur zwei davon zum Schlafen zu nutzen!

Da wir bestens in der Zeit liegen, machen wir zuerst einen Abstecher zum See am Bieler Strandbad. Elke und ich nutzen die Gunst der Stunde zum Ganzkörperabkühlen – bei 32° und wolkenlosem Himmel herrlich! Anschließend machen wir uns zu Fuß zum Eisstadion auf, wo die gesamte Infrastruktur untergebracht ist. Unterwegs erkunden wir die sehenswerte Bieler Altstadt und können uns an der Architektur, an der der 2. Weltkrieg natürlich spurlos vorübergegangen ist, gar nicht sattsehen.

Die Startunterlagen holen wir direkt nach der Öffnung um 18.30 Uhr ab. Die Schlange der Männer ist bereits lang, bei den Mädels und zum Nachmelden muß man/frau nicht warten. Die Gelegenheit zur Pastaparty wird natürlich noch wahrgenommen, einige Schülerläufe beklatscht und liebe Freunde getroffen. Das Finisher-Shirt muß man sich hier übrigens, im Gegensatz zu den meisten anderen Veranstaltungen, erst verdienen und erhält es nach dem Lauf. Also darf man jeden, der es trägt, auch zu recht bewundern. Zum Hotel zurück geht es per Bus.

Am Lauftag besichtigen wir vormittags bei 22 – 24° noch Aarberg, den ersten wichtigen Punkt auf der nächtlichen Strecke und sind von Brücke, Altstadt und Fluß begeistert. Auch den Einstieg auf dem Emmendamm in Kirchberg schauen wir uns bei Tageslicht an und stellen uns vor, morgen in aller Herrgottsfrühe in deutlich verändertem Zustand wieder hier zu sein. Auf beide Punkte werde ich später noch zu sprechen kommen. Ein schönes Mittagessen im Brückenrestaurant Kirchberg beschließt den Ausflug. Zurück im Hotel wird noch eine Stunde geruht, das WM-Eröffnungsspiel geschaut und dann wird es endgültig ernst.

 
 

Informationen: Bieler Lauftage
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