marathon4you.de

 

Laufberichte

Marathon aus dem Baukasten

24.02.07
Autor: Klaus Duwe

Wer „fertig hat“ läuft den Weg einfach zurück ins Ziel

 

Bad Salzuflen hat ungefähr 56.000 Einwohner und liegt in Nordrhein-Westfalen in der Nähe von Bielefeld. Über die A 2 ist die Salz- und Bäderstadt gut zu erreichen. Jürgen von der Lippe ist hier geboren und den Künstlernamen hat er sich zugelegt, weil in der Nähe das Flüsschen Lippe entspringt.

 

Schon die erste urkundliche Erwähnung von Bad Salzuflen im 11. Jahrhundert als „Uflon“ steht in Zusammenhang mit einer in der Nähe liegenden Salzstätte. Der Handel mit dem „weißen Gold“ sorgte für Wachstum und Wohlstand. Prachtvolle Bürgerhäuser, unter anderem auch das alte, 1545/47 erbaute Rathaus, sind noch heute Zeugen dieser Blütezeit.

 

Ein Überbleibsel der Salzgewinnung sind zwei noch erhaltene Gradierwerke, deren Ursprung auf das 17. Jahrhundert zurück gehen. Unter Gradieren versteht man die Erhöhung der Salzkonzentration in einer Sole. Die so genannte Dorngradierung in einem Gradierwerk war damals eine echte Innovation.

 

1767 wurde auf Empfehlung von Joachim Friedrich Freiherr von Beust hier das erste Gradierwerk errichtet. Meterhohe Wände aus Schwarzdornzweigen wurden in einem kunstvoll gezimmerten Gerüst aufeinander geschichtet. Zuerst in Handarbeit, später mittels Pumpen wurde die Sole darüber gegossen. Durch natürliches Verdunsten durch Wind und Sonne erhöhte sich die Salzkonzentration.

 

1818 wurden in einem Pumpturm ein paar Badewannen installiert und so die erste Saison des Solbades Salzuflen eröffnet. Auch als Thermal- und Mineralbad machte man sich einen Namen, aber erst seit 1910 schmückt man sich mit dem Zusatz „Bad“.

 

Das große Gradierwerk am Rosengarten gehört heute zu den größten Freiluft-Inhalatorien in Deutschland. Ein Spaziergang daran entlang sei so gesund, wie ein Aufenthalt am Meer, verspricht der Werbeprospekt.

 

Dass bei so viel Bezug zu Gesundheit und Wellness auch der Laufsport eine große Rolle spielt, versteht sich von selbst. Den Marathon hat man allerdings nicht erfunden, aber vielleicht den Marathon-Baukasten? Ist auch egal – viel wichtiger ist den Veranstaltern vom LC 92 Bad Salzuflen, dass die Idee jedes Jahr mehr Läuferinnen und Läufer so gut finden, dass sie auch lange Anfahrtswege in Kauf nehmen. 1500 treffen sich dieses Jahr in der Grundschule West im  Kurgebiet Obernberg, die damit fast aus allen Nähten platzt.

 

Sogar den Start verschiebt man um 10 Minuten nach hinten, weil es bei der Anfahrt zu Staus kommt. Dass dadurch andere ins Schwitzen kommen, die pünktlich auf der Matte stehen, aber einen  Fixtermin bei der Deutschen Bahn haben, übersieht man dabei leider.

 

Um 12.15 Uhr gehen  zuerst die „Sprinter“ auf die 10 km-Strecke und um 12.25 Uhr endlich die „Blockläufer“, die sich aus dem Marathon-Baukasten bedienen und unterwegs entscheiden, was es denn werden soll: 18 km, 26, 34 oder 42 km?

 

Nach einigen Kurven um die Häuser kommt man auf einen nicht ganz ausreichend breiten, dafür aber ansteigendem Weg (Staugefahr!) und erreicht nach etwa einem Kilometer an der Schützenwiese den 8 km langen Rundkurs, den man nun 1 – 5 Mal durchlaufen kann. Wer „fertig hat“ läuft den Weg einfach zurück ins Ziel und wird für die zurückgelegte Strecke gewertet.

 

Die Strecke ist landschaftlich sehr schön. Die teilweise schmalen Wege und Pfade durch herrlichen Laubwald muss man nur an einer Stelle verlassen, wo die Spuren des Orkans Kyrill noch nicht beseitigt sind. Auf einer gut gesicherten Umleitung läuft man ein kurzes Stück auf der Verkehrsstraße, dann geht es wieder links auf einen Wald- und Wiesenweg. Schon von Weitem sieht man die Getränkestelle, wo Wasser und warmer Tee bereit gehalten werden. 

 

Auf den ersten Runden ist man noch ganz begeistert vom abwechslungsreichen Streckenprofil, das etliche Steigungen und Gefälle aufweist. Mit Ausnahme einiger Schnellläufer, die lautstark und „notfalls“ auch mit Armeinsatz ihren offensichtlich mit dem bezahlten Startgeld erworbenen Anspruch auf freien Lauf einfordern, hat im dichten Läuferfeld keiner Stress. Der Trainingszustand der meisten Teilnehmer, das Streckenprofil und die teilweise matschigen Passagen machen einen Rekordversuch wenig sinnvoll.

 

Zu den Streckenposten gesellt sich hier und da eine kleine Fangruppe, zeigt mit einem Transparent, wem ihre Sympathien gehören und erschreckt mit Trillerpfeifen Mensch und Tier. Gleich ist es mit der Ruhe aber sowieso vorbei, denn der Weg führt uns jetzt ganz dicht an die A 2 heran. Diese wichtige West-Ost-Verbindung von Oberhausen zu den  Landeshauptstädten Hannover (Niedersachsen) und Magdeburg (Sachsen-Anhalt) und im weiteren Verlauf über den Berliner Ring (A 10) zu unserer aller Hauptstadt, gehört zu den am meisten befahrenen deutschen Autobahnen.

 

Zwei Kilometer weiter beenden wir unsere erste Runde und stärken uns an der gut bestückten Verpflegungsstelle (Orangen, Bananen, Tee, Wasser, Schokolade, später gibt es auch Malzbier und Cola). Auch in der zweiten und dritten Runde ist der Laufgenuss ungetrübt. Längst hat jeder genügend Platz und weil es den Druck nicht gibt, 42 km laufen zu „müssen“, sind alle Kameradinnen und Kameraden gut gelaunt.

 

Nach der vierten Runde legt sich die Begeisterung etwas. Die Strecke ist nicht mehr „sehr schön“ und das Streckenprofil auch nicht mehr „abwechslungsreich“, das Ganze ist nur noch schwer und recht anstrengend und mancher folgt dem Pfeil nach rechts ins Ziel außerplanmäßig früh.

 

Es gibt aber auch die ganz Harten – die, die kaum mehr laufen können, aber „gehen geht noch“ sagen und weiter machen. Von denen überhole ich jetzt einige. Ich bin zwar (noch) langsamer geworden, aber meine Trainingseinheit lautet: durchlaufen, keine Gehpausen.

 

Ich krieg das hin, werde nach Abschluss meiner letzten Runde von der Dame mit dem „Ziel“-Pfeil eingefangen, weil ich so tue, als wollte ich noch eine Runde drehen, mache mich auf den letzten bequemen, weil bergab führenden Kilometer, laufe mit gespielter Lockerheit ins Ziel und lasse mich von ein paar Fans beklatschen.

 

Alles in allem hat es mir sehr gefallen. Die Scheu vor „Rundenrennen“ oder „Baukästen“ habe ich längst abgelegt. Andererseits sind solche Marathons auf kleinem Raum die einzige Chance für kleinere Vereine, eine Marathon-Veranstaltung mit eigenen Mitteln und Kräften überhaupt zu stemmen. Auch deshalb gehört ihnen die Sympathie. Was wäre die Laufszene ohne sie?

 

Start- und Ziel/Veranstaltungszentrum:

Grundschule West zwischen Elkenbreder Weg und Gröchteweg im Kurgebiet Obernberg

 

Logistik:

Parkplätze werden in der Nähe zugewiesen

 

Streckenbeschreibung:

8 km-Rundkurs, ziemlich wellig

 

Auszeichnung:

Urkunde

 

Zeitnahme:

Manuell

 

Andere Wettbewerbe:

10 km, 18, 26 und 34 km

 

Die Marathonsieger:

 

Männer

1. Welzel, Felix -  Männer Triathlon Team Braunschweig 3:01:19,1
2. Berndstrotmann, Karl - TuS Sythen 3:11:38,5
3. Gerlach, Karl  - Marathon-Club Menden 3:13:50,5

 

Frauen

1. Bornhütter, Nicole –  Non-Stop-Ultra Brakel 3:19:46,3
2. Wollenberg, Ute - ESV Lok Potsdam 3:50:55,0
3. Lütkehölter, Annette - Lobby für Kinder Bielefeld 3:57:06,7

 

Mehr zum Thema

 

Informationen: Bad Salzuflen-Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteFotodienst HotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024