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Laufberichte

Luzern - ja, gern!

30.10.11

Wenige wussten es schon, einige ahnten es und alle sollen es nun offiziell erfahren. Ich bin es dem Chefredaktor und marathon4you schuldig, dass ich mich “oute“, damit kein falscher Eindruck entsteht und Leute an der Seriosität unserer Berichte nicht zu zweifeln beginnen.

Eigentlich wollte ich das mit dem Titel des Berichts erledigen, doch ich finde es nicht angemessen, wenn ich mich als unbedeutender Laufberichterstatter mit der Überschrift an Worten der Weltgeschichte vergehe und diese noch abändere. In den Text eingebaut, darf ich es aber wagen, mein Coming Out mit folgenden Worten vorzunehmen: „Ich bin ein Luzerner“.

Ja, ich bin ein erklärter Fan des Lucerne Marathon und ich stehe dazu. Die Gründe dafür habe ich in meinen Berichten der dritten und vierten Austragung ausführlich dargelegt. Für mich war klar, dass ich als Laufberichterstatter für dieses Jahr und zukünftige nicht geeignet bin. So viel Subjektivität wollte ich unserer Leserschaft nicht zumuten. Ganz ohne Aufgabe würde ich trotzdem nicht sein, denn meine Teilnahme als Zugläufer beim ersten kleinen Jubiläum, der fünften Auflage, stand schon seit längerer Zeit fest. Aber wie schrieb schon Wilhelm Busch in Plisch und Plum? „Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.“ Klaus bat mich, mit einem Doppelmandat an den Start zu gehen.

Mit dem im Startgeld inbegriffenen Gutschein für die Anreise mit der Bahn (aus der ganzen Schweiz) zum halben Preis ist die Verlockung klein, mit dem Auto in Luzern aufzukreuzen. Ich treffe am späteren Samstagnachmittag ein und kann ganz gemütlich in den ehrwürdigen Sälen des Hotels Schweizerhof die Unterlagen abholen, mich auf der kleinen Marathonmesse umsehen und mir einen Teller Nudeln einverleiben. Und wenn ich schon in Luzern bin und das Wetter so einladend ist, geht es nicht ohne kleinen Bummel durch die Stadt.

Dass in der Nacht auf Sonntag die Sommerzeit zu Ende geht, beschert mir eine zusätzliche erholsame Stunde in dem ruhigen, in Horw am See gelegenen Hotel und ein wenig Bedenken, ob die Umstellung auch von meinem Wecker vollzogen wird. Wenn nicht, dann bin ich zu früh wach, folglich ergibt sich da keine der Schwierigkeiten, mit denen ich immer wieder in Träumen konfrontiert werde. Alpträume, in denen ich zu spät zum Start komme, sind nicht zu erwarten, meiner Aufgabe als Zugläufer fühle ich mich gewachsen und Berichte habe ich schon mehr als einen von der Strecke gebracht.

Die angezeigte Temperatur ist am Morgen schon die erste positive Überraschung. Sie liegt um ein paar Grad höher als vorhergesagt und der Blick zum Himmel stimmt auch sonst sehr optimistisch. Bei diesen Bedingungen ist bereits der Weg zum Verkehrshaus ein Erlebnis. Ein Extraschiff nach dem anderen bringt die zahlreichen Teilnehmer von der Anlegestelle beim KKL zum meistbesuchten Museum der Schweiz. Die Morgenstimmung auf der Überfahrt fasziniert mich auch beim dritten Mal wieder. Der Strom der Sportler kommt beim Eingang zum Verkehrshaus zum Stocken, die Kapazität der Rolltreppen ist erschöpft. Der Eindruck gestern hat nicht getäuscht: der Anteil der Teilnehmer, die erst heute ihre Startunterlagen abholen ist größer als in den vergangen beiden Jahren. Hektik spüre ich aber keine, weder drinnen noch später draußen in den Startblöcken.

Es ist eine illustre Schar, welche in Luzern als Pacemaker auf der halben und der ganzen Marathonstrecke fungieren. Vom früheren Luzern-Sieger über ehemalige Spitzensportler und Politiker bis zu einem ehemaligen Mister Schweiz ist alles vertreten. Der eine verhilft zu einer ganz schnellen Zeit, der andere führt zu einer beachtlichen und erzählt seinen Schäfchen dabei im Schnitt einen Witz pro Kilometer. Vor allem aber sind alle aufgestellt, guter Laune und locker drauf. Toll, dass ich Teil der Asics-Pacemaker-Truppe sein darf, obwohl meine Füße in einem Fremdfabrikat stecken.

Im Nachbarraum machen sich die Politiker-Staffeln für ihren Einsatz bereit. Nach dem Wahlmarathon, der am vergangenen Wochenende seinen Abschluss fand, kommt heute das Kräftemessen auf sportlicher Ebene. So friedlich wie es da zu und her geht, würde ich vorschlagen, dass die eine oder andere Parlamentssession mit einem solchen verbindenden Wettstreit eröffnet wird. Ich bin überzeugt, dass die Arbeit dann zielgerichteter, sachlicher und weniger polemisch angepackt würde.

Im hintersten Startblock habe ich viel Platz um mich herum. Von Halbmarathonis werde ich gefragt, ob sie meine Zielzeit einfach halbieren könnten, was ich bejahen kann. Es ist durchaus meine Absicht, beide Runden gleich schnell zu laufen und es ist mir auch klar, dass ich mich nicht vom Gefühl leiten lassen darf, sonst werde ich die erste Runde zu schnell angehen.

Bei mir hinten ist auch Simon Federer. Er ist guter Dinge, dass er seinen eigenen Weltrekord für Läufer mit Down-Syndrom knacken kann und so wie er vor mir steht, zweifle ich keinen Moment daran, dass er es schaffen wird. Den Laufnovizen versuche ich, sanft und ohne schulmeisterlich zu wirken, zu vermitteln, dass sie sich nicht vom allgemeinen Sog mitreißen lassen, sondern sich für ihre Zielzeit an meine Pace halten sollen. Aber wie es halt so ist, sind die guten Vorsätze so schnell weg wie die Spitze und ich sehe nur noch die Absätze. Es ist auch schwierig, sich von der guten Stimmung und den antreibenden Klängen verschiedener Musikformationen aufgepeitscht schon auf den ersten beiden Kilometern nicht euphorisch auf- und davonzumachen.

Vor dem Hotel Schweizerhof sorgen die Palmen für südländisches Flair und die Zuschauer und Musiker für akustische Fiesta. Für den Marathon müssen die Luzerner einen Sonntag lang auf die Seebrücke verzichten, mindestens in Sachen Verkehr. Es macht aber nicht den Eindruck, dass sie es uns übel nehmen, wenigstens nicht die, welche dichtgedrängt die Strecke säumen, auf der einen Seite mit der weltberühmten Ansicht der Kapellbrücke und dem Wasserturm im Rücken, auf der anderen Seite dem See und dem Bergpanorama.

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Informationen: SwissCityMarathon Lucerne
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