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Laufberichte

Regenzeit - Bilder vom Swissalpine

 
Autor: Klaus Duwe

Fotos: Klaus und Margot Duwe

 

Gleich vorne weg: Nein, ich bin nicht gelaufen. Ich habe an der Strecke nur ein paar Bilder gemacht. Das ist oft stressiger als Laufen. Deshalb sage ich immer, ich wäre lieber AUF als AN der Strecke.

Heute ist das anders. Es regnet. Und das durchgängig. Heute bemitleide ich nicht mich, sondern die Läuferinnen und Läufer  und vor allem die vielen Helferinnen und Helfer. Mitgefühl habe ich auch mit den Veranstaltern. An Tagen wie diesen läuft wenig nach Plan. Und trotzdem muss alles klappen.

Irgendwann am frühen Abend packe ich, durchnässt und durchgefroren, mein mehr oder weniger wassergeschädigtes Equipment zusammen und verlasse das ungastliche Sportzentrum in Davos.  Habe ich mir die zwei Finger an der linken Hand beim Sturz nun gebrochen, oder nur gestaucht? Sie sind dick geschwollen, aber ich kann sie bewegen. Also gestaucht.

Zurück auf der Schatzalp. Seit einer Woche bin ich hier. Seit einer Woche regnet es. Dazwischen einmal 12 und einmal 6 Stunden Unterbrechung.  Trotzdem kann ich auf relativ flachen Trails jeden Tag mein Läufchen machen  und bei einer mehrstündigen Tour über den Strelapass  und  einigen der umliegenden Berge meine Bergtauglichkeit testen. Ich fasse Mut. Aber dieses Jahr setze ich noch aus. Das steht fest. Nicht wegen des Wetters.

Die Schatzalp ist ja so etwas wie ein Marathonhotel. Idealere Möglichkeiten sich zu akklimatisieren, zu trainieren und zu regenerieren gibt es in Davos kaum. Das Menü ist wie immer köstlich.  Einige Läufer sind auch schon da. Sie sind leicht zu erkennen an ihren Finisher-Shirts und an ihren glücklichen Gesichtern.  Laufen verbindet. Auch wer in den letzten Tagen kein Wort mit einem anderen Läufer gewechselt hat, jetzt umarmen sie sich, klopfen sich auf die Schulter, gratulieren einander.

Mir dämmert was. Aber kapieren tu ich es noch immer nicht. Es dauert noch einen Tag. Dann habe ich Antons Bilder auf dem Rechner. Er war auf dem K 42 unterwegs. Ich schaue sie mir an. Die Läuferinnen und Läufer sind klatschnass, noch bevor sie loslaufen. Sie lachen in die Kamera. Unterwegs die gleichen Bilder. Ich kann Anstrengung in den Gesichtern lesen, aber keinen Frust. Sicher, der Lauf ist auch ohne Regen eine Herausforderung.  Aber der Regen kam nicht überraschend. Er war schon da, bevor es losging. Also keine Klage.

 

Best of K42 (Anton Lautner)

 

 

Besonders genau schaue ich mir die Bilder der Läufer an, die eine rote Startnummer tragen. Das sind die K78er. Warum sind sie in Bergün nicht ausgestiegen, warum laufen sie weiter? Bis jetzt war doch alles harmlos. Jetzt kommen die Berge, die Keschhütte, der Sertigpass. Der Panoramatrail wird ein Bach sein, kein Pfad. Die Ravais-ch-Seen werden eine einzige Sumpffläche sein und der finale Aufstieg zur 2739 m hoch gelegenen Passhöhe eine Tortur. Und dann der Abstieg. Wegen des Abstiegs ins Sertigtal ist der K42 für mich der schwerste Bergmarathon in der Schweiz. Der ist schon bei schönem Wetter zum Fürchten. Heute ist er ein Knochenbrecher. Die meisten Alpines wissen das, sind Wiederholungstäter. Sie kennen die Kriterien. Gerade deshalb frage ich: Warum?

Ich klicke mich weiter durch die Bilder. Es ist nicht ganz so, wie ich es befürchtet hatte. Es ist schlimmer. Mir tun die Beine beim Schauen weh. Ich rutsche aus, ich stürze. Das Vorwärtskommen ist mühsamer als je zuvor. Ich bin am Fluchen. Immer wieder. Es regnet nicht zum ersten Mal beim Swissalpine. Ich habe es selber auch schon erlebt. Nur nicht durchgängig, nicht an einem Stück, nicht unaufhörlich. Nicht so, wie dieses Mal.

Auf dem Weg zur Keschhütte der Event-Fotograf. Er fotografiert die Läuferinnen und Läufer aus einem kleinen Zelt heraus. Anton knipst den „Kollegen“. Wie muss auch dieser Mann den Sport lieben und seinen Beruf, um das auf sich zu nehmen? Oben auf dem Pass wird wie immer Felix Brunner, der Chef von Alpha-Foto, selber bis zum letzten Läufer seine Arbeit tun.

Ich klicke weiter. Anton sieht nicht nur Läufer. Der sieht die Helferinnen und Helfer. Sie lächeln, nein sie strahlen. Sie sind nass wie die Alpines und sie sind gut drauf. In mundgerechten Häppchen reichen sie Riegel.  Die Geltütchen sind geöffnet, die Alpines hätten mit ihren klammen Fingern Probleme. Jedes ihrer freundlichen Worte „hört“ man aus den Bildern. Mir geht das unter die Haut. Sie machen das ehrenamtlich. Sie machen das nicht, weil es ihr Sport ist. Sie machen es, damit andere ihren Spaß haben, ihren Sport ausüben können. Und sie machen es bei jedem Wetter. Auch bei diesem. Ich spüre Respekt und Dankbarkeit.

Dazu kommt jetzt immer deutlicher noch ein anderes Gefühl. Ich kapiere langsam, dass ich etwas verpasst habe. Ja, es ist kein Glück, heute nicht 42 oder 78 km gelaufen zu sein. Es ist genauso Scheiße, wie das Wetter. Ich bin nicht Teil dieses Ereignisses, das gerade durch die widrigen  Bedingungen zu einem ganz besonderen wird.  Kraft und Wille haben triumphiert. Ich freue mich. Ich freue mich für Anton und ich beneide ihn und  die vielen Läuferinnen und Läufer, die dabei waren. Egal, ob sie ihr Ziel erreichten, oder nicht. Wir wollen es, aber wir müssen es nicht.

Ich zeige Euch hier ganz bescheiden meine Bildausbeute, die trotz bester Absicht  nicht das leisten kann, was die Bilder der aktiven M4Y- und Trailrunning.de-Reporter zum Ausdruck bringen. Und das nicht nur heute, sondern Woche für Woche. Ich danke Euch, liebe Freundinnen und Freunde.

 

Antons gesamte Bildstrecke vom K42


 
Swissalpine-Impressionen

 

 

Weitere Bilder gibt es auf

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Siegerliste

 

K 78

Männer

1  Buud, Jonas (SWE)  06:30:18  
2  Ritter, Beat (SUI)  06:38:51  
3  Berner, Mirco (GER)  06:53:39

Frauen

1  Zimmermann, Denise (SUI)  07:47:57  
2  Kahl, Claudia (GER)  08:12:50  
3  Poltéra, Ornella (SUI) 08:33:38

959 Finisher

K 42

Männer

1  Bundi, Gion-Andrea (SUI)  03:30:06  
2  Gehring, Lukas (SUI)  03:41:14  
3  Zeiler, Timo (GER)  03:47:49

Frauen

1  Burkhart, Jessica (SUI)  04:21:38  
2  Oberlin, Monika (SUI)  04:23:01  
3  Schnüriger, Samira (SUI)  04:36:09

1091 Finisher

C 42

Männer

1  Loetscher, Arno (SUI)  03:19:53  
2  Mertens, Gert (BEL)  03:21:24  
3  Stähli, Lukas (SUI)    03:25:24

Frauen

1  Girsberger, Valerie (SUI)  03:54:08  
2  Sobrino, Karen (RSA)  03:54:51  
3  Dusch, Kerstin (SUI)  03:56:52

331 Finisher +
137 "Umsteiger" vom K 78

 

Informationen: Davos X-Trails
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