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Laufberichte

Funchal Marathon: I love running in Madeira

 

Pandemiebedingt sind mir einige Urlaubstage erhalten geblieben, sodass wir dem kalten Winter in Deutschland entfliehen können. Madeira, die „Insel des ewigen Frühlings“, steht auf dem Programm, ein schon lange auf meiner Wunschliste stehendes Ziel. Leider gibt es aktuell den Las Palmas de Gran Canaria Marathon nicht mehr. In früheren Jahren fanden beide Läufe an zwei aufeinander folgenden Wochenenden statt, waren also per „Inselhopping“ gut miteinander zu kombinieren. Nun werden wir eine Woche auf Madeira bleiben und viel von der Insel sehen.

Spannend ist schon die Anreise. Der Flughafen, benannt nach dem aus Funchal stammenden Fußballer Cristiano Ronaldo, liegt zwischen Vulkan und Meer gequetscht und ein Stück der Landebahn ruht als Brücke auf 180 Betonpfeilern. Im Anflug muss das Flugzeug eine enge Kehre vor den Klippen fliegen und dann meist bei böigen Winden aufsetzen. Bei uns klappt die Landung im ersten Versuch.

Die Stadt Funchal liegt in einem Tal in Form eines Amphitheaters an den steilen Hängen der Küste. 112.000 Einwohner leben hier. Bei einem ersten Spaziergang geht es durch die schöne Altstadt und an der Hafenpromenade entlang. Die Besiedelung der Insel durch die Portugiesen fand ab 1420 statt, bekannt war die Inselgruppe schon in klassischer Zeit, wie man Berichten von Plinius dem Älteren und Plutarch entnehmen kann. Wir entscheiden uns, noch zum Botanischen Garten zu gehen, erkennen aber schnell, dass wir 300 Höhenmeter nach oben müssen. Viele Straßen nehmen den direkten Weg, sodass man oft auf über 20 Prozent Steigung kommt. Vom Garten führt eine Seilbahn auf den nächsten Bergrücken nach Monte, wohl ein bevorzugtes Wohnviertel. Wir wollen zu Fuß hinüber und befinden uns bald 750 Meter über dem Meer. Bis hier zieht sich die Stadtbebauung. Für uns steht nun unversehens unsere erste Levada-Wanderung an. Levadas nennt man die Bewässerungskanäle, welche sich an den Berghängen entlangziehen. Die sie begleitende Wege werden gerne für Wanderungen genutzt. Viele Touristen kommen allein deshalb auf die Insel.

 

 

Nach Monte führt vom Hafen aus eine Seilbahn. Hier gibt es auch das nächste Highlight der Insel zu bewundern. Mit Korbschlitten kann man sich zügig Richtung Hafen hinunterfahren lassen. Besonders die Kreuzfahrer bescheren den Korblenkern heute ein gutes Geschäft. Die Fahrtstrecke ist überschaubar und Judith und ich machen uns dann weiter auf den Weg zu Fuß zurück zum Hotel. Sehr steil geradeaus bergab. Unser erster ungeplanter Wandertag ist vorbei und wir hoffen, dass uns eine ähnlich steile Strecke beim Marathon erspart bleibt.

Die Ersteigung der höchsten Gipfel an einem der nächsten Tage müssen wir uns leider schenken, da es auf Madeira auch oft regnet und stürmt. Unsere Tour mit dem Leihwagen endet irgendwo in einer ziemlich kalten Wolke. Dafür nutzen wir den Tag für eine Inselumrundung und erfahren eine weitere Besonderheit: Es gibt über 140 Tunnels, welche die kurvigen Straßen durch die zerklüfteten Täler abschneiden. Von den ca. 160 Kilometern Inselumrundungsstraße liegen gefühlt die Hälfte im Tunnel. Dadurch werden kleine Weiler mit wenigen hundert Einwohnern bequem an die Hauptstadt angebunden. Und aufgrund des geringen Verkehrs darf in vielen Tunneln auch überholt werden.

 

Zwei Marathons auf einen Streich

 

Die Startunterlagen für die Laufwettbewerbe gibt es schon ab Donnerstag im Innenhof des Rathauses. Wir stehen zuerst am falschen Tisch an. Am Sonntag wird nämlich auch die Masters-Europameisterschaft  ausgetragen. Die Anmeldung dazu hätte zehn Euro mehr gekostet. Die Marathonis bekommen einen blauen Turnbeutel eines lokalen Sponsors, gefüllt mit einem Kugelschreiber und einer kleinen Flaschen Madeira-Wein. Dazu gibt es ein Laufshirt in Blau mit der Aufschrift „I love running in Madeira“. Die Hemden der kurzen Distanzen mit einem Foto von Madeira auf der Vorderseite gefallen mir eigentlich besser. Auf der Startnummer stehen der vollständige Name und die Flagge der jeweiligen Nation.

Der Start des „normalen“ Marathons ist auf acht Uhr festgelegt. Er liegt in der Hotelzone von Funchal, zu Fuß von unserem Hotel einen Kilometer entfernt. Um den Regularien für die Championship zu genügen, steht der Startbogen in einer Seitenstraße, einige Höhenmeter tiefer und Regelkonform zum Ziel am Meer.

 

 

Sonnenaufgang ist erst um 8.09 Uhr, also ist es noch recht düster, aber schon recht mild. Wer heute in langer Hose startet, ist wohl erst gestern auf die Insel gekommen. Kurz nach 8 starten wir „Normalos“ und zockeln den Berg hinauf. Kurze Zeit später überholen uns schon die „Masters“, die fünf Minuten später gestartet sind. Interessant, wie laut sich die Schritte der wirklich schnellen Laufenden anhören. Platz für alle ist vorhanden, da nur 486 Marathonis auf die Strecke gehen und hier die Gegenrichtung auch noch frei ist. „Nur“ bedeutet einen neuen Rekord der Teilnehmerzahlen.

Die Streckenführung ist einfach beschrieben: Wir laufen vier Runden zu je 7,5 km im Hotelviertel. Dann folgt ein Verbindungsstück nach unten. Und am Hafen folgen noch einmal drei flache Runden.

Also zunächst mal auf die obere Runde: Die ersten Zuschauer vor den Hotels feuern uns an. Westlicher Wendepunkt ist an einem Kreisverkehr, Es gibt dort auch schöne Ausblicke nach Westen. Vor dem Beginn der senkrechten Wand liegt das pittoreske Städtchen Câmara de Lobos, wo einst Winston Churchill beim Fischereihafen seinem Hobby, der Malerei, nachging.

Dorthin führt am Meer eine schöne Promenade, teilweise auch aufgeständert und gut geeignet für einen Trainingslauf oder Spaziergang. Vor Sonnenaufgang ist man hier oben aber besser aufgehoben. Der breite Fußweg ist sehr gut beleuchtet und wird daher gerne von Sporttreibenden benutzt.

 

 

Die erste Runde ist schnell vorbei und inzwischen ist es auch sehr hell. Die deutschen „Masters“ kann man gut an ihren „Germany“-Trikots erkennen. Wobei die britischen und portugiesischen Läuferinnen und Läufer weit vorne dabei sind.

Die Hotels an der Strecke sind alle recht schön herausgeputzt und decken das Vier- und Fünf-Sterne-Segment ab. Wobei der Preis für „unser“ Hotel recht günstig war,  liegt es doch am stark befahrenen Kreisverkehr, wo inzwischen der 8-Kilometer-Lauf gestartet wurde. Wir rollen das Feld von hinten auf und kommen an einigen Marschierenden gut vorbei. Zwei Runden weiter werden die Halbmarathonis auf die Strecke geschickt, am ersten Anstieg ein farbenfroher, massiver Pulk, aber man kommt zurecht. Letztendlich entscheidet die Laufgeschwindigkeit darüber, wer wen überholt, nicht die Streckenlänge. Eine wunderschöne Palmenallee führt hinunter zum westlichen Wendepunkt, dem Kreisverkehr mit der riesigen Skulptur eines in den Seilen hängenden „gefallenen Engels“. Das 2004 eingeweihte Monument hat die Vereinigung AssICom all jenen gewidmet, die im örtlichen Bausektor tätig sind oder waren.

 

 

Hier gibt es auch große Wohnanlagen, zum Teil noch im Entstehen. Eine Appartementanlage bezieht sich im Namen auf Dubai, wird aber nur wenige Stockwerke besitzen, anders als das nagelneue Savoy-Hotel an der Avenida do Infante, im Hang gelegen und von der Meeresseite noch imposanter anzusehen. Dort wurden auch kleine alte Häuser integriert, in denen sich jetzt Restaurants und Bars befinden.

Gegenüber liegen noch einige schöne Gründerzeitvillen, die heute oft im Firmeneigentum sind. Hier gibt es auch ein Bürgerzentrum, aus dem an den letzten Abenden immer Trommelrhythmen zu hören waren. Meine Vermutung, dass die Gruppe heute auch an der Strecke steht, hat sich leider nicht bewahrheitet.

Runde vier wird dann schon recht einsam. Obwohl das Zeitlimit des Marathons mit 6:30 Stunden  recht großzügig bemessen ist, war mit dem 4:30-Stunden-Pacer das Gros der Läufer „durch“. Noch halten wir gut mit. Bemerkenswert ist immer noch der Zuspruch an der Strecke, und zwei Musiktruppen sind unentwegt dabei, uns und viele Spaziergänger zu unterhalten.

Ausreichend Verpflegungspunkte sind vorhanden. Es gibt Wasser und ein recht dünnes Iso-Getränk in Bechern, Bananen- und Orangenstückchen und auch Riegel. Deren Genuss wollte ich mir für später aufheben und musste leider feststellen, dass alles schon weg war, als ich zugreifen wollte. An den VP befinden sich auch immer zwei Toilettenhäuschen.

 

 

Bei Kilometer 31 dann keine Kehre mehr, sondern schnurgerade den Berg hinunter. Das macht richtig Spaß, Unten erwartet uns hinter dem Brunnen bei der Rotunda do Infante die Altstadt. Rechts die Burg, die Staatsbank, die Kathedrale aus dem frühen 16. Jahrhundert, einst Sitz des Erzbistums.  Dann die Einkaufsstraße, wobei auch in Madeira die Shoppingcenter Einzug gehalten haben. Überall stehen Helferinnen und Helfer und weisen uns ein. Rechts Richtung Meer, das nächste Kilometerschild zeigt 36, aber so weit sind wir leider noch nicht. Drei Runden warten auf uns und es wird wieder viel voller. Das macht Spaß, zumal Judith und ich noch einige Mitstreiter einsammeln können.

Der Hafen von Funchal ist ein beliebtes Ziel für Kreuzfahrtschiffe. Jeden Tag kommen zwei oder drei Ozeanriesen an. Und wer das per Schiffstracker verfolgt, erkennt schnell, dass es hier wöchentlich wiederkehrende Routen gibt, die vor allem Madeira und die Kanarischen Inseln ansteuern. Vor zwei Tagen hatten wir einmal 10.000 meist deutsche Kreuzfahrer im Zentrum erlebt. Da ist was los. Und abends wird es wieder ruhiger, da die Schiffe oft nur tagsüber da sind.

 

 

Wir laufen auf der breiten Promenade an vielen Urlaubern vorbei, die in den Lokalen und Cafés den schönen Tag genießen. Es ist sehr heiß geworden, die Sonne brennt herab. Wende beim Hotel „Pestana CR7“ mit dem Cristiano-Ronaldo-Museum samt überlebensgroßer Skulptur, neben der sich Fußballfans gern fotografieren lassen. Aufgepasst: Die Wende für die Halbmarathonis liegt etwas weiter vorne. Auf dem Rückweg dann der Abzweig ins Ziel, wir halten uns geradeaus. Ein kurzes Stück übles, holpriges Steinpflaster wartet auf uns. Die Seilbahn fährt heute anscheinend nicht, vielleicht ist es oben am Berg zu windig. Im Kneipenviertel drehen wir um und erreichen bei der Markthalle wieder den Beginn der Schleife. Das Ganze also noch zweimal. Ich bin recht froh, als wir beim letzten VP den Kilometer 40 erreichen und dann bald auf den kurzen Zieleinlauf einbiegen können.

Es gibt eine nette Medaille. Ich frage nach Judiths AK-Platzierung, werde aber von einem Zeitnehmer namens Giuseppe recht unhöflich abgewiesen. Er sei nur für die Masters Championship verantwortlich, man möge halt im Internet nachsehen. Na gut, dann erst mal zur Zielverpflegung. Es gibt Wasser, Iso, Bananen, Orangen und Erdnüsse. Bier kann man nebenan kaufen. Eine schöne Stimmung erwartet uns im Nachzielbereich. Anscheinend hat es niemand eilig, zurück ins Hotel zu kommen, und so genießt man den Sonnenschein. Die AK-Prämierung startet und wir sind überrascht, dass nur eine Teilnehmerin in Judiths Altersklasse genannt wird. Wie sich herausstellt, gibt es wohl ein Computerproblem und dann eben keinen Pokal.

Im Hotel sehen wir auch den britischen Teilnehmer Jack Nixon wieder, dem Judith gestern ein paar Sicherheitsnadeln geschenkt hat. Die haben seine Startnummer wohl so bombensicher fixiert, dass er in 2:27 am schnellsten unterwegs war. Als Teilnehmer der Masters Championships erhielt er einen großen Pokal und eine Kiste Madeira-Bananen. Wäre er beim „normalen“ Marathon gestartet, hätte er eine Prämie von 500 € eingestrichen. Trotz seiner Freude über den Sieg wurmt ihn das sehr.

 


Fazit

Der Funchal Marathon hat sich in seiner siebten Auflage als internationaler Marathon etabliert. Die Strecke ist aufgrund der Topographie in vier Runden à 7,5 km, eine ca. drei Kilometer lange Verbindung und drei Runden von je etwa 3 km aufgeteilt. Die obere Runde ist recht wellig, aber gut laufbar. Insgesamt kommen um die 300 Höhenmeter zusammen.

Leider wird auf der Veranstalterseite nicht wirklich gut erklärt, wie viele Runden wo zu laufen sind. Wer unvorbereitet antritt, kann sich da Probleme einhandeln. Hier fehlen an den Trenn- bzw. Wendestellen Infotafeln. Die Helfer rufen einem auf Anfrage zu, bei welchem km man wohin laufen muss. Zeitnahme gab es sehr oft, ein unabsichtliches Abkürzen führt zur Disqualifikation.

Das Wetter in Funchal ist sehr unberechenbar, der Wetterbericht hatte immer wieder falsche Vorhersagen gemacht und noch am Vorabend Dauerregen prognostiziert. Generell ist es aber viel wärmer als in Deutschland. Das Meer hat 20 Grad. Die meisten Hotels verfügen auch über gut geheizte Hallenbäder. Also ein schönes Ziel für einen Urlaub.

 

 

Informationen: Maratona do Funchal (Madeira)
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