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Laufberichte

Panoramalauf im steirischen Almenland

 

Es geht vorbei an neu ausgebauten Gehöften, gepflegten Ein- und Mehrfamilienhäusern und auch an einzelnen verfallenen Bauernhäusern. Diese stehen oft seit vielen Jahren leer, ihre Eigentümer sind verstorben und die Kinder weggezogen. Landflucht gibt es auch in dieser schönen Gegend, doch man müsste die Statistiken bemühen und analysieren, in welche Richtung  die Mobilität stärker geht.

 



Mir fallen bunte Tafeln mit überdimensionierten Störchen auf, die bei bestimmten Häusern direkt an der Straße aufgestellt sind. Auf diese Weise werden hier am Land freudige Ereignisse begrüßt und gefeiert.

Die Organisatoren haben – wie es den Anschein hat –  mehr Labestellen als sonst üblich eingerichtet. Das ist natürlich zu begrüßen, gleichzeitig aber auch verlockend stehenzubleiben und dort sogar einige Minuten im Smalltalk mit den Helfern zu verweilen. Dietmar eilt nun davon, Franz und ich lassen ihn ziehen, man soll bekanntlich Reisende nicht aufhalten.

Bei einer großen Eiche ist die nächste mobile Versorgungsstation aufgebaut. Franz hat eine neue Pulsuhr, er hat die GPS-Funktion aktiviert. Für 15 km haben wir ca. 2:10 Stunden benötigt. Der teilweise steile Anstieg auf den Gschaidsattel, wo sich bei Kilometer 17 wieder eine Labe und die erste Staffelübergabe befinden, steht noch bevor. Für die Halbdistanz müssen wir eine Zeit um oder knapp über 3 Stunden anpeilen. Nur so haben wir ein bequemes Zeitpolster für die schwierigere zweite Hälfte.

Jetzt geht es durch den Wald abwärts in Richtung Birkfeld. Ein Geländefahrzeug mit einem wie ein Forstaufsichtsorgan oder vielleicht auch ein Jäger am Volant aussehenden Mann kommt uns entgegen. Was mag sich der motorisierte Waldaufseher wohl denken, wenn er sieht, wie zwei Läufer des Sommeralm-Marathons mit gut sichtbarer Startnummer langsam dahintrotten und so auftreten, als hätten sie alle Zeit der Welt?

Endlich haben wir das Abwärtsteilstück in Richtung Birkfeld geschafft, unten nahe der Bundesstraße bei einem Volvo-Autohaus befindet sich die nächste Labe. Otto, ein Laufkollege, der in Ollersdorf selbst einen Marathon organisiert, ist für seinen Freund Kraxi tätig. Er und eine weitere Helferin servieren uns Wasser, Iso, Cola und Bananenstücke. Der Vorteil einer mobilen Labestation liegt auf der Hand: man fährt mit dem Auto voran und baut sie an einer geeigneten Stelle entlang der Laufstrecke wieder auf. Auf diese Weise lassen sich sogar zusätzliche Standorte einrichten, auch kann man auf den Bedarf rascher und effizienter reagieren.

Ich laufe nun auf der Bundesstraße ca. einen Kilometer voran, bevor es dann steil aufwärts zunächst nach Sankt Georgen geht. Franz betont, dass nun der schwierige Teil des Sommeralm-Marathons folgt. Ich lasse mich wieder zurückfallen, Franz ist der Tempomacher. Nahe der Kirche steht vor dem Eingang zu einem Gasthaus ein Mann, der uns zuruft, durchzuhalten. Er spricht die zu  erwartende Hitze an diesem Tag an und sagt, dass wir es schon schaffen werden. Keine Sekunde denke ich daran aufzugeben, denn weder Franz noch ich sind im Stress. Jeder hat genug Kraftreserven und vor allem Routine, um diesen Anstieg zu bewältigen. Ich erzähle dem Franz von meinen Erlebnissen beim Schoberstein-Marathon vor 2 Wochen, als ich wegen Zeitüberschreitung nicht mehr auf die letzte und 5. Runde durfte. Kraxi würde als Rennleiter nie so streng sein, meint Franz, auch unsere zeitliche Vorgabe von 6:30 Stunden könne um etwas überschritten werden.

Wie geplant schaffen wir die Halbdistanz in knapp über 3 Stunden, die 25 km erreichen wir nach 4 Stunden. Wenn man überschlagsmäßig rechnet, ginge sich auf den verbliebenen 17 km ein Gehtempo von 10min/km aus, um innerhalb der Vorgaben ins Ziel zu kommen. Es wäre nun überheblich, nicht zu erwähnen, dass wir beide uns aufwärts abschnittsweise schon auch anstrengen müssen und nicht leichtfüßig wie geübte Bergläufer vorankommen.

Ich bin immer wieder von der Fernsicht hingerissen, Schnappschüsse in alle Richtungen sind die Folge. Franz blickt zielstrebig nach vorne, ich in alle Richtungen. Als M4Y-Reporter denkt man auch daran, all den Lesern, die diesen Beitrag überfliegen und die Fotos durchklicken, einen nachhaltigen Eindruck zu verschaffen, um möglichst viel von der wunderschönen Strecke des Sommeralm Marathons zu zeigen.

Von Koglhof geht es weiter über die Bergrally-Strecke nach Sallegg. Hier befindet sich bei Kilometer 30 die zweite Staffelübergabe. Susi, eine Freundin von Franz, die auch schon voriges Jahr als Helferin an den Labestellen im Einsatz war, reicht ihm ein Isogetränk. Für die verbliebenen 12 Kilometer verbleiben uns weniger als 2 Stunden. Franz meint, dass es knapp werden könnte.

Am Himmel über der noch weit entfernten Sommeralm sind einige Quellwolken zu erkennen. Voriges Jahr kamen wir in ein starkes Gewitter mit Blitzen, heute ist eher kein Regen zu erwarten. Wir wechseln uns als Schrittmacher ab. Franz, der aufwärts schon im letzten Jahr große Kraftreserven mobilisierte, ist aber zumeist der Tempomacher.

 


Bei einer Lichtung am Straßenrand ist wieder die Labe aufgebaut. Susi und einige andere Helfer warten auf uns. Auf der Ladefläche des Buses sind einige Sachen gelagert, die für die Preisverlosung vorgesehen sind. Darunter einige riesengroße Kipferln, von denen jedes zumindest ein Kilo wiegt. Voriges Jahr hat unsere Lauffreundin Susanne, der auf den Hunderter nur mehr 10 oder 11 Marathons fehlen, so eines gewonnen.

Fünf Kilometer sind noch zu bewältigen, eine knappe Stunde bleibt uns dafür. Wir machen uns auf den Weg, es geht an einer Vogelscheuche vorbei, mit der wir uns wechselweise fotografieren. Der Kurs führt durch den Wald, über Wiesen vorbei an einem Bauernhof. Zur Abschreckung hat jemand eine tote Krähe an einem Seil aufgehängt. Ich persönlich bin Tierfreund, Krähen sind intelligente Lebewesen. Sie stehen unter Artenschutz, derartige Methoden der Vertreibung von anderen Vögeln durch Abschreckung sind überholt.

An der Straße passieren wir einen Hasenkäfig. Ein dickes Kaninchen sitzt in einem viel zu kleinen Verschlag und wartet auf sein Schicksal. Am Land sind Nutztiere exponierter als in der Stadt. Dass Kaninchen zu bestimmten Anlässen geschlachtet werden, gehört dazu.

Auf der Bergrally-Strecke kommen uns Dutzende Motoradfahrer auf schweren Maschinen entgegen. Wir halten uns links, weichen aber vorsichtshalber auf den äußersten Fahrbahnrand aus. Besonders die Autofahrer stellen eine Gefährdung dar, sie nehmen auf uns kaum Rücksicht.

Wir kommen in die Nähe des Stoanihaus der Musik in der Naturgemeinde Gasen. Ich nehme mir vor, es demnächst einmal zu besuchen. Die Stoakogler sind einer der bekanntesten und beliebtesten Volksmusikgruppen Österreichs, die weiter über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind. Mit dem Welthit „Steiramen san very good“ haben sie sogar Arnold Schwarzenegger in sentimentale Erinnerung an seine steirische Heimat versetzt. Mit fällt im Gehen  der Stoani-Liedtext ein: „Mei Steiraland i hob di gern, an guatn Wein und Kürbiskern, i spür bei dir, was kaner schafft, mei Steiraland, du gibt’s mir Kraft.“

Das Stoanihaus ist als eine Art Museum eingerichtet, das eine permanente Ausstellung mit Schautafeln, eine Multi Media Show, Hörstationen, ein Pressearchiv, Karaoke-Studio und das Stoani Cafe beherbergt. Manchmal treten die Stoankogler dort auch selbst auf. Für die Freunde der Volksmusik ist es vom 1. Mai bis 31. Oktober in der Zeit von 10 -16 Uhr geöffnet, Montag ist Ruhetag.

Bis zum Ziel, das diesmal nicht beim Windrad ist, sondern beim Holdahaus, der Stoakoglerhüttn, liegt, verbleiben uns Marschierern noch ca. 3 km. Wegen einer anderen Veranstaltung hat Kraxi eine Schleife nach ca. 41 km eingebaut, die zuerst weiter in Richtung Windrad bergauf, dann aber entlang des Almbodens bergab ins Ziel führt.

Franz hat mich ermutigt, auf den letzten Kilometer mein eigenes Tempo zu gehen. Ich bleibe bei der letzten Labe direkt unter dem Holdahaus nicht mehr stehen, sondern beschleunige mein Gehtempo. Eine Minute vor Franz, dem designierten Schlussläufer, beende ich den vierten Sommeralm-Marathon mit 6:29:31. Franz hat wie immer als Pacemaker exakt die vorgegebene Zeit eingehalten.

Mit einem Shuttlebus erfolgt zunächst der Rücktransport nach Heilbrunn, wo in einer Schule Duschen für die Läufer bereitstehen. Anschließend geht es mit dem gleichen Bus auf die Brandlucken, wo im Gasthof Bauernhofer ein im Startgeld inkludiertes Mittagsmenü serviert wird. Um ca. 15 Uhr 30 erfolgen die Siegerehrung und anschließend eine Warenpreisverlosung. Wie letztes Jahr habe ich kein Glück, ich bin leider nicht unter den Gewinnern. Auf eines der Riesenkipferln hätte ich gespitzt und hätte ich z.B. einen Startplatz für den Zürich-Marathon gewonnen, diesen sogar im Austausch für so ein Kipferl angeboten. Den Kraxi werde ich noch anschreiben und fragen, welcher regionale Bäcker solche tollen Erzeugnisse anbietet.

Der vierte Sommeralm-Marathon ist nach meiner Einschätzung für alle Beteiligten zur vollsten Zufriedenheit verlaufen. Es gibt einen neuen Streckenrekord durch Klaus Peindl, der auch voriges Jahr gewann. Das Wetter hat sich von seiner besten Seite gezeigt, selbst wenn es bei der Preisverleihung leicht zu tropfen anfängt und Kraxi das Podium in Richtung Tribüne verschieben lässt.

Der anschließende Rücktransport nach Winzendorf verläuft reibungslos. Gegen 18 Uhr bin ich wieder am Parkplatz in Winzendorf. Werne Kroer ist auch da, er überlegt sich, am nächsten Tag vielleicht in Keszthely am Balaton anzutreten, wo ich letztes Jahr auch gelaufen bin und einen von sieben Doppelpacks absolviert habe.

Mein Fazit zum Sommeralm-Marathon: Herausforderung für ambitionierte Marathonläufer auf einer wirklich schönen, vielfach naturbelassenen Strecke, die abschnittsweise durch das steirische Almenland führt. Auch weniger Geübte sollten im Stande sein, innerhalb der zeitlichen Vorgaben von 6:30 Stunden den Marathon zu finishen. Nicht nur Kollegen aus dem Flachland sind herzlich eingeladen, sich im nächsten Jahr zu registrieren.

Sieger bei den Herren:
1. Klaus Peindl (MSC Rogner Bad Blumau): 3:37:28
2. Andreas Ropin (LCA-Hochschwab): 4:04:22
3. Anton Winkler (Bike n fun Wenigzell): 4:19:02

Damenwertung:
1. Karin Augustin (MSC Rogner Bad Blumau): 4:10:13
2. Sybille Mai (TG Viktoria Augsburg): 4:51:14
3. Eva Schweie (Lohmar Rot-Weiß-Rot): 4:52:30

 

 

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Informationen: Sommeralm Marathon
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