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Laufberichte

Wie Gott in Frankreich

20.11.11

... und wieder zog es mich gen’ Süden

 

Nach dem römischen Pflasterspektakel im März war für den diesjährigen Herbst ein Stelldichein an der Cote d’Azur angesagt.

Nizza, Sonntag, der 20. November 2011, 7.30 Uhr am Morgen, Treffpunkt Promenade des Anglais, die Promenade der Engländer, oder schlicht „Le Prom“, wie der Einheimische sagt. Die 4. Auflage des Marathon des Alpes-Maritimes mit Start in Nizza und Ziel in Cannes geht - oder besser läuft - über die Bühne. Französische Meisterschaft inklusive.

Bunte Trikots drängeln sich in den Startblocks auf dem weltberühmten Boulevard. Die Temperatur noch angenehm frisch, die Blätter der Dattelpalmen schaukeln im Takt der Meeresbrise. Die Sonne guckt bereits hervor. Azurblau die Brandung. Imposant wie immer. Dieses Bild wird uns heute noch oft begleiten.

Pünktlich um 8 Uhr geht’s los. Der bunte Haufen setzt sich in Bewegung. Vorne weg natürlich jene dunkelhäutigen Damen und Herren, die mit Preisgeldern ihren Lebensunterhalt aufbessern. Viel los auf der Prom. Jetzt nur nicht über fremde Beine stolpern. Elftausend Starter waren es im Vorjahr, der Trend geht steil nach oben.

Der Läufertross zieht vorbei an all den mondänen Hotelbauten, allen voran der Prunkbau Negresco mit Casinobetrieb. Nach rund 5 Kilometern ziehen wir am Flughafen von Nizza vorbei, von den Passagierzahlen her kommt der Airport Nice Cote d’Azur gleich nach den beiden großen Pariser Flughäfen. Heute am Abend hebe ich hier wieder ab Richtung Autriche.

Eine breite Brücke wird überquert. Der Fluss Var mündet hier gleich hinter dem Flugfeld ins Mittelmeer. Gewaltige Schotterberge lagern an seinen Ufern. Ein kühler Windstoß nimmt von uns Besitz.

Wir erreichen Laurent-du-Var, die erste Stadt nach Nice. Links Blick aufs Meer, rechts Blick auf Hotel- und Wohnbauten. Verhaltener Jubel am Straßenrand. Wohl noch zu früh.

Das Hafenstädtchen Cagnes-sur-Mer begrüßt uns. Möven kreischen, die Zuschauer werden mehr, winken, feuern an. Allez, allez! Kilometerschild 10, 11, 12. Abgespult.

In der Ferne leuchtet schon die gigantische Wohnanlage von Villeneuve-Loubet in der Sonne. In mehreren Schleifen läuft man um dieses Juwel herum, in den Innenhof hinein und wieder raus Richtung Meer. War wohl notwendig, um die Marathondistanz unter den strengen Augen des AIMS rüberzubringen.

Der 3-Stunden-Mann macht seine Arbeit wirklich gut, funktioniert wie ein Uhrwerk, er sieht auch aus wie ein waschechter Franzose. Wer den Radfahrer im wunderbaren Trickfilm „Das große Rennen von Belleville“ kennt ... das ist er. Eine große Läuferschar will vom ihm betreut werden. Viele wollen in seinem Sog noch mit einem dicken Zweier ganz vorne einlaufen. Voilà! 

Es folgt eine lange Gerade Richtung Antibes. Das Kastell ist bereits erkennbar. Rechts von uns Bahngleise. Ein Zug braust vorbei. Da sollte jetzt meine Familie drinsitzen, Treffpunkt Cannes. Hoffentlich. Kilometer 17 und 18. Die Halbmarathonmarke wird überquert. Die Uhr zeigt 1:29. Ich bin guten Mutes.

Antibes ist erreicht. Der Yachthafen zur Linken. Geld spielt keine Rolle. Wir schrammen vorbei am Picasso Museum. Bei meinem letzten Besuch war es geschlossen. Aber heute bin leider ich verhindert. Unterhalb vom Museum gibt es einen kleinen feinen Sandstrand. Sehr empfehlenswert.

Der Asphalt ist teilweise brüchig, viele Läuferbeine drängeln in den Kurven. Gefährliche Randsteine. Attention. Und immer wieder Meerblick. Azurblau versteht sich. Was sonst. Boote am Wasser. Palmengärten. Mittelmeervegetation. Villenbezirke.

Nun geht es stetig bergauf. Die Halbinsel bei Cap d‘Antibes wird überquert. Hier verliere ich meinen Pacemaker aus dem Trickfilm …... und mache eben alleine weiter. Ganz oben der 29iger. Es geht wieder runter. Ein herrlicher Blick auf die Bucht von Golfe-Juan entschädigt für die Härte des Anstieges.

Der Kilometer 30 naht. Nur noch 12. Wasser und Cola wird gereicht. Merci. Die Temperatur beträgt gefühlte 20 Grad. Wärmer brauche ich es nicht mehr. Die Sonne hat hier noch Kraft. Wieder begleiten uns die Geleise der französischen Staatsbahnen. Winkende Menschen im Zug. Schön langsam wird es zäh. Wie immer halt. Eine Kapelle am Straßenrand päppelt uns musikalisch auf. Es geht noch. Die Namen auf den Startnummern werden gerufen. Danke, liebe Franzosen.

Bei Kilometer 37 oder 38 kündigt uns ein azurblauer Adidas-Bogen an: „Bienvenu a Cannes“. Der Zielort ist erreicht.

Jetzt noch rein ins Vergnügen, die letzten Kilometer wirklich genießen. Boulevard de la Croisette. Der rote Teppich ist schon ausgerollt. Nicht für George oder Pratt oder Angelina oder wie sie alle heißen. Die kommen nur im Mai oder Juni für ihre Trophäen. Zielleinlauf und dann nur mehr gehen. Süße Früchte der Saison zur Erfrischung. Leben wie Gott in Frankreich.  

Mit meinen 3:04 bin ich sehr zufrieden. Der Veranstalter wird obendrein mit einem neuen Streckenrekord belohnt. Unten am feinen Sandstrand Plage Mace erfrischen sich die geschundenen Körper schon mit Meerwasser. Das will ich auch. Ein paar ganz harte Eisenmänner schwimmen bereits. Es ist der 20. November. Ich liebe das Mittelmeer – und Europa. 

Resumè: Herrliche Kulisse, beste Wetterbedingungen, Toporganisation, Transport durch SNCF, Rucksack + grasgrünes Funktionsshirt, Prädikat: sehr empfehlenswert!

Mehr Fotos gibt es in dem Bericht von Bernd Neumann (d.Red.)

 

Informationen: Marathon des Alpes Maritimes Nizza-Cannes
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