Der TUS Humfeld veranstaltet dieses Jahr nun schon seinen 34. Volksmarathon, aber nicht viele Läuferinnen und Läufer kennen die Traditionsveranstaltung. In der Ergebnisliste findet man meist nur Starter aus dem Umfeld von Humfeld. Ich möchte das gern ändern, indem ich heute von dieser kleinen aber sehr herzlichen Veranstaltung berichte.
Wo liegt dieses Humfeld? Ganz einfach: An der Route 66. Das ist kein Quatsch, denn die Bundesstraße 66 führt zwischen Lemgo und Barntrup direkt durch Humfeld. Noch genauer: Autobahn A2 aus Richtung Dortmund Abfahrt Ostwestfalen/Lemgo, aus Richtung Hannover Abfahrt Rinteln.
Da der Start für den Marathon erst um 12 Uhr ist, kann ich ganz gemütlich zu Hause frühstücken und mich auf die rund 100 km lange Fahrt machen. Da es von mir aus über Bundesstraßen geht, benötige ich 90 Minuten bis zur Schule von Humfeld.
Neben dem Marathon gibt es noch einen Halbmarathon sowie einen 10km Lauf und verschiedene Jugend- und Kinderläufe. Das Startgeld für den Marathon ist unterteilt in Idealistenstart für 8€ oder mit Shirt für 15€ (kein Schreibfehler). Nachmeldungen sind auch noch möglich - ohne Aufpreis.
Die Gegend, sprich das Lipperland ist mir noch gut bekannt aus meiner Zeit im Außendienst, denn ich kam in jedes Dorf, das einen Rundfunk- oder Fernsehhändler hatte. Schon damals gefiel mit die herrliche Landschaft mit den bewaldeten Kuppen.
Ich lege 15€ auf den Tisch und bekomme ein T-Shirt und die Startnummer 131. Zufall? Heute laufe ich meinen 131. Marathon.
Im Foyer der Schule sind schon einige Bekannte vom MC100 versammelt. Z. B. Schneggi, der mit Gerd und Maria, auf den Miniatur-Schulstühlen sitzenden, am Plaudern ist. Da mein Frühstück nun schon einige Zeit zurück liegt, lade ich mit Kaffee und Kuchen noch etwas nach und setze mich dazu. Keiner, der für Kuchen etwas übrig hat, kann diesem Buffet mit hausgemachten Köstlichkeiten widerstehen.
Dann treffen nach und nach die Marathonis ein. Fast könnte man sagen, es wird ein 100MC Treffen. Manche Freunde sind schon das 10. oder 15. Mal hier am Start. Dann trifft auch Heiner Schütte ein, der ganz begeistert von seinem 1. Schloss-Marienburg-Marathon erzählt. Er ist überwältigt, dass bereits beider Premiere das Teilnehmerlimit von je 200 Marathonis und „Halben“ erreicht ist. Er bekommt noch laufend Anmeldungen und muss die Läufer auf nächstes Jahr vertrösten. Wir hier am Tisch sind aber nächsten Samstag bei Heiner dabei.
Kurz vor 12 Uhr geht die Gruppe von rund 70 Marathon-Teilnehmern zum Start auf Höhe des Hauses mit der Schalke-Fahne. Um 12 Uhr Mittags gibt Axel den Startschuss und es geht los mit einer kleinen Runde durchs Dorf über die Obere und Untere Dorfstraße.
Humfeld im Tal der Bega ist ca. 550 Jahre alt. Unter der 150 Jahre alten Kirche fand man Särge aus ausgehölten Baumstämmen. Diese meist übereinandergestellten Totenbäume waren zur Zeit Karls des Großen üblich. 170 Menschen lebten hier, Ackerbau war ihr Haupterwerb. Als Leibeigene war ihnen die Kleidung vorgeschrieben. Zum Kittel aus grobem Leinen gehörte eine Hose, die nur etwas übers Knie reichte, und Bundschuhe. Ihre Haare mussten sie kurz tragen. Lange Haare war ein Privileg der Adeligen.
Bundschuhe gibt es auch heute noch. Es sind Lederschuhe die mit langen Riemen gebunden wurden. Die Adeligen trugen damals Schnallenschuhe. Es gab schon im 2. Jh. bei den Germanen den Bundschuh. Im 16. Jh. wurde der Bundschuh das Gemeinschaftssymbol der Bauern im Vorfeld des Deutschen Bauernkrieges und in der Bauernbewegung. Heute sind die Laufschuhe meist das Gemeinschaftssymbol für Jogger, Volksläufer und Marathonis, zwar immer zu großen Volksversammlungen in Stadt oder auf dem Land, aber immer nur zu friedlichen Zwecken.
Es geht los aus dem Ort in Richtung des Ortsteiles Bega. Das Wetter ist hier normalerweise sehr mild, die Winter sind nicht eisig kalt, die Sommer nur mäßig warm. Im Jahresdurchschnitt hat es 8,6 Grad. Demnach sind die für heute vorhergesagten 6 Grad unterdurchschnittlich. Vorweggenommen: Es werden sogar nur , Null Grad, es hat viel Nebel, aber kein Niederschlag.
Die Großgemeinde Dörentrup, zu der Humfeld gehört, ist auch eine bekannte Heilgegend für Atemwegserkrankungen. In der Nähe liegen auch die Heilbäder Bad Salzuflen, Bad Pyrmont, Bad Oeynhausen und Bad Meinberg. Als Asthmatiker bin ich hier genau richtig - also tief ein- und ausatmen und die Bronchien und Lungen gut reinigen und tief durchströmen lassen.
Wir erreichen den Ortsrand von Bega und laufen in der Neubausiedlung in Richtung Wald. Hier beginnt dann auch der erste Anstieg. Bega war früher ein sogenanntes Gewanndorf mit einer Dreifelderwirtschaft. Für die Bestellung der Äcker war es wichtig, dass die Gewanne zehnfach so lang wie breit waren, um die schweren Pflüge weniger wenden zu müssen. Ab dem 19. Jahrhundert gingen viele junge Begaer als Ziegler (Arbeiter in Ziegeleien) auf Wanderschaft. In Bega gibt es noch einen der ältesten Zieglervereine (1892 gegründet).
Wir laufen oberhalb des Dorfes am Waldrand entlang und kommen dann auf einem schmalen Trail in den Wald, der uns immer aufwärts führt in Richtung Sommersell. Der Ortsname ist dem Familiennamen Sudmar entnommen und wurde deshalb auch früher Sudmars Siedlung genannt. Vor 650 Jahren wurde der Ort erstmals Sommersele genannt. Wir erreichen den Ortsrand in einer Siedlung direkt am Wald.
Hier erwarten uns zwei nette Damen mit erster Verpflegung in flüssiger und fester Form. Jetzt beginnt eine Runde von 16,5km, die wir zweimal durchlaufen müssen, um dann das Ziel über die jetzt zurückgelegte Stück abwärts zu erreichen.
Mit Dieter Trierweiler von der TG Lage komme ich ins Gespräch. Er erzählt mit vom Teutoburger Waldmarathon, wo er Mitveranstalter ist. Der waldreiche Marathon startet jedes Jahr am 2. Sonntag im Mai in Hörste, einem Stadtteil von Lage. Warum nicht im nächsten Jahr nach Lage-Hörste?
Jetzt geht es erst einmal durch den Wald aufwärts zur Siedlung Blomenstein. Kurz vor der Kuppe kommt das 5-Km-Schild. Blomenstein (der blühende Stein) ist eine keltische Kultstätte. Unheimlich gäbe es darüber zu erzählen. Wir laufen jetzt vor dem ersten Haus links ab.
Die nächsten zwei Kilometer geht es über eine Asphaltstraße abwärts an den Rand von Wendlinghausen. Auch hier streifen wir nur den Ort, in dem es ein herrliches Schloss gibt. 1539 wurden dort Hilmar von Münchhausen und Lucia von Reden vermählt. Er war der Vetter vom Lügenbaron. War der zu Gast, gab er immer seine haarstäubenden Geschichten zum Besten.
Zu einer anderen, wahren Geschichte. Wer kennt noch diesen Spruch: „An Gott kommt keiner vorbei - außer Stan Libuda“? Reinhard „Stan“ Libuda, einer größten und legendärsten Schalker Kicker, wurde in Wendlinghausen geboren.
Für uns beginnt nun ein längerer Anstieg durch Felder, vorbei am Cafe Falk, hinein in den Wald. Wo es aufwärts geht, geht es auch wieder abwärts. Und so erreichen wir über Wald-, Feld- und Wirtschaftswege Altdonop beim 10-Km-Schild. Kurz danach kommt die zweite Versorgungsstelle, ebenfalls von netten Damen betreut.
Der Ort gehört zur 259-Seelen-Gemeinde Blomberg, hat viele Höfe, ein ehemaliges Rittergut und e schön restaurierte Fachwerkhäuser. 1999 gewann man den Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden – Unser Dorf hat Zukunft“.
Über Wirtschaftswege laufen wir Richtung Wald. Südlich der Laufstrecke sehen wir viele „untätige“ Windräder, denn es ist fast windstill. Gleich erreichen wir die Streckenteilung Marathon/Halbmarathon. Für die Marathonis geht zwischen den Windrädern runter über Feldwege zur Route 66.
Auf der anderen Straßenseite liegt der Ort Großenmarpe, was so viel heißt wie Moor oder Sumpfwasser. An den ersten Häusern wechseln wir die Richtung und es geht über die Landwehr aufwärts, an den Windrädern entlang zum Wald. Auf halber Höhe haben wir die ersten 15km geschafft, aber noch nicht den Berg. Kurz vorm Waldrand gibt es die dritte Versorgung. Dann tauchen wir in den Wald ein. Es geht noch immer aufwärts.
Über den Königsweg erreichen wir den Waldrand, mit einem herrlichen Blick runter nach Sommersell. Für uns heißt es in einer großen Feldrunde abwärts zum Ortsrand. 20 Km sind geschafft. Gleich bei den ersten Häusern geht es wieder in den Wald und gleich sind wir an der Verpflegungsstelle, die wir schon kennen. Denn das Ende der 16,5 km langen Runde ist erreicht.
Wir verabschieden uns auf die zweite Runde mit einem „Aufwiedersehen“, denn wir kommen ja ein drittes Mal hier her. Der Nebel wird jetzt stärker und die Sonne lässt sich kaum mehr sehen. Es geht wieder an Blomenstein und Wendlinghausen vorbei. Im Wald dahinter ist das Km-Schild 25. Weiter geht’s durch Altdonop, wo wir wieder herzlich versorgt werden. „Feierabend“ sage ich zu den netten Ladies. Die verweisen aber darauf, dass nach ihren Informationen noch 3 Läufer hinter uns sind.
Zwischen den Windrädern steht das 30 Km-Schild, am Waldrand von Sommersell sind es 35 Km. Es folgt das letzte Mal der Anstieg zum Wald und an der Versorgungsstation, an der wir nun Stammgast sind, verlassen wir die große Runde in Richtung Ziel.
Auf den letzten 4,5km geht es fast nur noch abwärts. Im Wald wird es schon dunkel und man muss auf sich etwas mehr konzentrieren. Zur Dämmerung kommt noch der Nebel. Es wird früh Nacht. Trotzdem gibt es auf der Strecke keine Probleme, denn an allen Abbiegungen stehen Posten.
Kurz hinter dem Ortsende von Bega steht auf der K 73 rechten Seite das 40 Km-Schild. Hallo Leute, auf der Landstraße läuft man immer links. Bitte das Schild beim nächsten Mal auch auf die linke Straßenseite platzieren.
Im dichten Nebel und fast bei Dunkelheit erreiche ich den Ortsrand Humfeld und nach 5:09 Stunden bin ich im Ziel. Der warme Tee tut gut, denn es ist saukalt. Kurz hinterm Ziel ist Heiner gerade dabei sich zwei Bratwürste zu gönnen. Gute Idee Bratwurst zum Aufwärmen. Gegessen wird dann aber im Foyer der Schule. Hier sitzen wir dann noch ein wenig zusammen und dann kommt auch schon Axel mit unseren Urkunden, um uns zu gratulieren.
Ins Ziel kamen heute 63 Marathonis (57 Männer und 6 Frauen).
Sieger:
1. Hüttemeier, Thorsten FC St.Pauli Marathon 3:06:43
2. Fenske, Leonhard Lagenser Kampfmaschinen 3:11:36
3. Kannenberg, Lutz Haxter Lauffreunde Paderborn 3:13:19
Siegerinnen:
1. Balke, Cornelia LG Mauerweg Berlin e.V. 4:04:10
2. Werner, Margaretha TG Herford 4:11:41
3. Pfennigschmidt-Redeker, K. SV Brackwede 4:16:27