Am 04.10. geht es in Urlaub und ich wollte unbedingt das Wochenende davor noch einen Marathon laufen. Die Auswahl war ja groß, aber alles weiter entfernt. Heiner hatte vor, in Mühlhausen die 51 km zu laufen. Ich hatte ja nun 6 Marathonläufe in den letzten 5 Wochen absolviert. Soll ich wirklich mitfahren? Als krönender Abschluss dieser Serie?
Nach dem ich auf der Internetseite das Streckenprofil gesehen hatte, war der erste Gedanke: bleib zu Hause. Aber beim Zeitlimit von 7 Stunden kam schon der zweite Gedanke: Du kannst es ja mal versuchen.
So fuhren wir beide am Sonntagmorgen um 7:30 Uhr Richtung Thüringen. Der Lauf der Deutschen Einheit am Vortag! Durch die schöne Gegend des Eichsfeld waren wir in 2 Std. in Mühlhausen am Stadion, dort ist ja Start und Ziel. In einem Festzelt nebenan bekommen wir unsere Startnummer und einen Transponder für das Handgelenk zur Zeitmessung.
11:00 Uhr der Start für uns 51 km-Läufer zusammen mit den 12 km-Läufern. Nach einer halben Runde verließen wir das Stadion, kamen durch einen Park mit schönen Teichen und dann in den Ort, der nach 2 km Richtung Hainich, dem Höhenzug bei Mühlhausen, verlassen wurde. Langsam und stetig ging es bergauf. Dichter Wald und weite Sicht über die Landschaft wechselten in unregelmäßigen Abständen.
Nach 6 km mußte die 12 km-Läufer nach rechts zurück zum Ziel abbiegen. Die ca.75 Läufer des langen Kanten liefen nach links und weiter bergauf. Im Wald waren immer mal matschige Stücke durch den Dauerregen gestern.
Bei km 9,7 die erste Zwischenzeitnahme. Zwei Betreuer standen hier und wir mussten den Transponder in eine Öffnung der Zeitmessung stecken.1:05:53 Std. Heiner hatte ich immer noch ca. 100 Meter vor mir in Sichtweite.
Wir streifen das Dörfchen Diedorf, von Häusern aus der DDR-Zeit war nichts mehr zu sehen. Alles war inzwischen super hergerichtet. Nach kurzem Gefälle ging es wieder leicht bergauf auf teilweise crossigen Wegen. Immer wieder wechselte die Landschaft, es war einmalig schön, aber schwer.
Km 20,7 - die zweite Zeitnahme. 2:17:29 Std. Nur noch 30 km. Nun lief ich mit Heiner eine Weile zusammen. Nach einem kurzen Stück bergab ging es wieder steil nach oben. Da hatte ich Heiner dann hinter mir gelassen. Irgendwann würde er mich wohl wieder einholen. Wir hatten eine ganz ordentliche Höhe erreicht, rechts war der Wald und links unten sahen wir Treffurt im Werratal. Eine grandiose Aussicht. Aber ich war ja zum Laufen hier.
Rechts ging es in den Wald, ein sehr schmaler matschiger und rutschiger Pfad führte steil bergab. Plötzlich wechselte der Untergrund, auf Steinplatten ging es weiter steil bergab. Wer hier runter lief, musste aufpassen, dass ihn nicht seine Beine überholten. Ich hatte es geschafft und ohne Sturz überstanden.
Km 27,5 - wer hier nach 3,5 Std. ankam, wurde aus dem Rennen genommen. Die Beine wurden langsam schwerer, aber ich war guter Dinge. Was war das, im Streckenprofil war zwischen km 28 und 30,5 ein fast senkrechter Strich. Dieser Abschnitt erinnerte doch stark an den Jungfraumarathon mit seinen 20% Steigungen.
Ich versuchte zügig hoch zu gehen. Auch Teilnehmer in Sichtweite hinten und vorn kamen hier nicht anders hoch. Endlich War ich oben. Kurzer Talk mit dem Roten Kreuz, und weiter.
Km 31,9 - die dritte Zwischenzeitnahme kommt in Sicht. 3:42:41 Std. Ein Arzt erkundigt sich bei jedem Teilnehmer nach seinem Befinden. Alles klar, sagte ich ihm voller Optimismus.
Man wundert sich ja oft über sich selbst. So war es heute. Diese herrliche Landschaft um mich herum und dann das Wetter - gegenüber gestern hervorragend. Der Weg ist das Ziel, und ich war gut in der Zeit.
Auf einer Kilometer langen, welligen Landstrasse konnte ich vor mir einige Läufer sehen und merkte, ich kam näher. Sie wurden vom nächsten Dorf verschluckt. Ein Blick zurück. In der Ferne sah ich Teile der bereits gelaufenen Strecke. Die Zeit verging. Inzwischen hatte sich mal wieder ein Stein in meinen Schuh verirrt. Ein Streckenposten war mir bei der Entfernung sehr hilfreich.
„Nur noch 2 Steigungen“, sagte er zu mir, „alles hat mal ein Ende“. Die kamen dann auch mit voller Wucht. Oben angekommen, dann die vierte Zeitnahme. Km 42,195 - die Marathondistanz war erreicht. 4:53:31 Std. Heiner hatte mich immer noch nicht eingeholt.
Wir waren jetzt auf dem ersten Teil der Strecke. Was vorhin bergauf war, ging jetzt natürlich bergab. Ich war dann auch auf diesem Teil 10 Minuten schneller als am Anfang. Nebenbei überholte ich zwei weitere Läufer.
Die letzte Verpflegungsstelle 3 km vor dem Ziel war wie alle vorherigen mit Iso, Wasser, Cola, Obst und Riegeln bestens bestückt. Noch ein Schwätzchen mit der älteren Dame am Verpflegungstand und weiter. Mühlhausen kam in Sicht, wieder an den Teichen vorbei und ab ins Stadion. 5:48:47 Std.
Mehrere junge Damen standen im Ziel mit den Medaillen. Das erste Mal erlebte ich erst eine Gratulation per Handschlag und dann die Medaille. Im Zelt konnte sich jeder noch ein Glas Marmelade aus der Region abholen.
Die heißen Duschen im neuen Sportzentrum rundeten alles perfekt ab. Wer mal mehr als einen Marathon laufen möchte, dem kann ich den Einheitslauf nur empfehlen. Ein Ultralauf für die Seele. Heiner kam nach 6:12 Std. ins Ziel und war ebenfalls begeistert von Strecke und von der Organisation.
So fuhren wir, jeder mit einem Ultra und mit besten Eindrücken vom Lauf der Deutschen Einheit im Gepäck, zurück in die Heimat.