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Laufberichte

Auf Erfolgskurs

 

Viele Laufveranstaltungen müssen stagnierende oder gar sinkende Teilnehmerzahlen melden, teils sogar  traditionsreiche Läufe mit großen Namen.

„Kraichgau“  ist zwar näher an einem  Zungenbrecher als an einem großen Namen, aber die Hügellandschaft im Nordwesten Baden-Württembergs hat etwas, was nur wenige Gegenden von sich behaupten können: 2 Ultralaufveranstaltungen! Den hier zu Bericht stehenden 19. Kraichgaulauf in Sinsheim Rohrbach und die vor wenigen Wochen berichtete Night52 in Bretten. Beide haben sich sogar zu einer Cup-Wertung im Ultrabereich zusammengeschlossen, den zum dritten Mal gewerteten Cup: Kraichgau 100plus. Nach jeweils 18 Finishern in 2015+2016 gab es dieses Jahr 28 Finisher zu vermelden, die mit beiden Veranstaltungen über 100 km durch den schönen, aber hügeligen Kraichgau zurücklegten.

Michael Czink hat hier im Namen des SV Rohrbach eine Laufveranstaltung geschmiedet, die für jeden etwas Passendes anbietet. Es ist nicht selbstverständlich, dass man bei Ultraveranstaltungen diese bis zum Nachwuchs runterbricht und somit auch die Schülerklassen Ultra-Atmosphäre schnuppern lässt. Ein 1,4 km Schülerlauf, 5 und 10,6 km Walking oder Laufstrecke, Halbmarathon mit 21,4 km bilden den Einstieg. Die 33 km Strecke fühlt sich aufgrund der Höhenmeter fast wie ein Marathon an, vor der 50 km Strecke warnt der Veranstalter bereits in der Ausschreibung. Sie sei nur für sehr erfahrene Läufer/innen geeignet. So verlangen die 33 km immerhin die Bewältigung von 603 Höhenmetern, auf den 50 km erwarten uns 840 HM.

Dass Rohrbach auf dem richtigen Kurs ist, belegen diese Zahlen:  Jahr 819 Teilnehmer nach 701 im Vorjahr. Auf der Ultrastrecke 99 statt 59 Starter! Prozentual gesehen wohl einer der größten Gewinner 2017! (Schätzung des Autors)

 

 

Es ist Sonntag und gestern noch einen 10 km Wettkampf am Limit gelaufen zu sein, fürchte ich, heute bereuen zu müssen. Ich habe mich in einer kleinen Pension für die Nacht eingenistet. Die Startzeit um 8:30 in Verbindung mit „kleiner Pension“  ist mein nächstes Handicap. Vor 8 Uhr ist kein Frühstück zu bekommen und somit geht es mit zwei Eiweißriegeln im Bauch auch noch hungrig auf die Strecke. Aus Erfahrung weiß ich aber, dass die Versorgung in Rohrbach vorbildlich ist und ich nicht verhungern werde.

Der Ultramarathon startet mit den 33 km Läufern zuerst. Die Einweisung der Vielzahl von Helfern erleichtert die Parkplatzsuche.  Ein kurzer Fußmarsch führt mich zur Kreuzgrundhalle, welche heute der Dreh- und Angelpunkt der Veranstaltung ist. Auch hier viele Helfer die eine zügige Ausgabe der Startunterlagen sicherstellen. Neben Startnummer findet man bereits seinen Leihchip, falls kein eigener vorhanden ist,  ein Begleitheft zum Lauftag und ein Bändchen zur Gepäckaufbewahrung in der benachbarten Grundschule. Als Goodie gibt es noch zwei Gutscheine für eine 10minütige Druckstrahlmassage in der Thermen & Badewelt Sinsheim, welche bis Ende des Jahres eingelöst werden können. Ich komme wieder!

Die Kreuzgrundhalle ist gut beheizt, ungewöhnlich für September.  Aber die äußeren 6,5 Grad sorgen dafür,  dass sich fast alle möglichst lange drinnen aufhalten. Der Streckensprecher hat bereits euphorisch seine Job aufgenommen und ist auch über Lautsprecher in der Halle gut zu hören. Der Oberbürgermeister steht für den Startschuss bereit und während einige schon Richtung Startlinie schreiten, kommt die Mitteilung, dass der Start um 10 Minuten verschoben wird. Eine Sperrung der Autobahn sorgt für Verspätung einiger Läufer. Also schickt man uns zum Aufwärmen noch einmal in die Halle und gibt den Verspäteten die Möglichkeit, sich entspannt vozubereiten.

Um 8:40 fällt der Startschuss und wir starten in einen zunächst nebeligen und kühlen Tag.  Temperaturen mit bis zu 18 Grad sind vermeldet, dies aber erst in den Nachmittagsstunden. Das kompakte Feld von 99 Starten zieht sich durch das Wohngebiet, an dessen Ende uns die Guggenmusik Rohrbach bereits zu so früher Stunde mit fetzigen Rhythmen aus der Zivilisation verabschiedet. Auf den folgenden 49,2 km werden wir uns nahezu ausschließlich in Wald + Feld bewegen, bevor wir an gleicher Stelle wieder unseren Zieleinlauf genießen dürfen. Doch bis dahin haben wir alle ein paar Stunden Spaß und 50 km Kraichgau gebucht.  

Es geht über geteerte Wirtschaftswege bergan und wir erreichen bereits am Waldrand den ersten Verpflegungspunkt. Wasser, Cola, Zitronentee, später auch Bier, Müsliriegel, Obst, Kekse und Schokolade - alles da! Diesen Posten werden wir noch zwei weitere Male ansteuern. Ein ausgeklügelter Streckenverlauf sorgt dafür ,dass wir an 8 VPs sage und schreibe 14 mal versorgt werden. Über angenehm zu laufende Waldwege  geht es aufwärts, raus in Felder bis zum VP 2, welcher uns bei km 7 schon 160m über den Start gebracht hat. Ab hier geht es fast 4 km bergab, mal sanft, mal etwas steiler. Insgesamt ein Abschnitt, der dazu verführt, viel zu schnell zu laufen.

 

 

Jeder Strecke hat ihre Farbe, die man auf der Startnummer und auf den Hinweisschildern wiederfindet. Dies macht die Sache sehr übersichtlich, denn auf den folgenden Abschnitten laufen Ultras und 33km Läufer in die eine, 10 und 21,4 km Läufer in die andere Richtung. Orientierungsprobleme gibt es keine.

Wir laufen in mehreren Schleifen durch Wälder, über Felder, mal hinunter, dann wieder hinauf. Die Ultramarathonstrecke ist bis km 30 identisch mit der 33 km Strecke. Zusätzlich belebt wird die Strecke durch diverse Begegnungspassagen.  Zwischenzeitlich scheint die angekündigte Sonnenstunde angebrochen zu sein. Auf den Feldern und Wiesen ist es warm, im Wald angenehm frisch. Die erste Versorgungsstation von km 2 erreichen wir bei  km 30 erneut, hier geht es für die Starter der 33 km Strecke auf direktem Wege Richtung Ziel. Leidensgenossenschaftliche Verbändelungen zwischen 33ern und 50ern  werden getrennt. Für die Ultras geht es auf eine rund 12 km lange Runde, welche sich zum Teil wieder auf dem schon gelaufenen Pfad befindet, mit kräftigem Auf und Ab.  Mit 30 km in den Knochen fühlt sich das deutliche schlimmer an, als in der ersten Runde.

Mit dem dritten Erreichen besagter Verpflegungsstation haben wir die Marathondistanz hinter uns, und sind nur noch 3 km vom Ziel entfernt.  Aber Moment…  da fehlen noch ein paar Kilometer! Freundlich zeigt man uns den weiteren Weg, der uns erst einmal weiter bergauf führt. Raus aus dem Wald geht es über einen Singletrail auf einen Hügel, von dem aus man eine wunderbare Aussicht über Rohrbach und die Burg Steinsberg hat. Leider ist es immer noch sehr diesig.

Ab hier rollt es angenehm ins Tal und wir erreichen unseren Parkplatz am Ortsrand von Rohbach. Den Weg kenne ich, es ist nur noch 1 Kilometer bis ins Ziel. Aber dann sind es insgesamt ja erst 45 Kilometer. Eine Prüfung für die Psyche, denn statt rechts ab zum Ziel zu laufen, haben wir die Ehre und Freude, einmal ums „Dilsbergel“ laufen zu dürfen. Das ist dann die letzte Runde mit den letzten Kilometern. Klaus und Klaus vom 100 MC kommen uns entgegen und ermutigen mit dem Hinweis, dass das Schlimmste jetzt erst kommt. Ich kenne die Strecke aus der Hitzeschlacht des letzen Jahres und weiß was sie meinen. Schatten ist eine Seltenheit.  Das ist heute aber nicht das Problem. Zu schaffen machen die 70 HM ums „Bergel“ und die sich brutal in die Länge ziehenden restlichen Kilometer.

 

 

Dann  lassen wir es sanft ins Tal rollen,  die gute Stimmung der Streckenposten nehmen wir mit ins Ziel.  Dort ist es bereits ruhiger geworden, die meisten Finisher der kürzeren Distanzen sind schon heim. Trotzdem wird jeder Läufer gefeiert wie ein Sieger und alle bekommen die wohlverdiente Medaille.  Die Zielverpflegung ist reichhaltig, das Finisher Bier wird gekühlt serviert. Wunderbar! Genauso kalt sind die Duschen. Das ist weniger schön.

 

 

Trotzdem: Der Kraichgaulauf ist eine tolle Veranstaltung mit toller Stimmung und toller Orga! Was spricht dagegen, dass demnächst die Schallmauer von 1000 Teilnehmer geknackt wird? Ich kann nichts finden.

 

Die Sieger:


Männer:
1.    Jens Santruschek – Bretten:            3:18:37
2.    Henning Wolters – Braunschweig: 3:37:59
3.    Felix Tutsch – Ettlingen:                   3:40:05

Frauen:
1.    Bettina Eyhorn – Schopfheim:        4:11:11
1.    Natascha Bischoff – Karlsruhe:       4:11:11
2.    Silke Schütt – Speyer:                       4:30:27    

 

Informationen: Kraichgau-Lauf
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