Zum 23. Mal findet heuer der Bad Füssinger Johannesbad Thermen-Marathon statt. Der erste Wintermarathon Deutschlands zieht in diesem Jahr über 2300 Sportlerinnen und Sportler aus zehn Nationen an. Sie haben die Wahl zwischen drei Distanzen: 10 Kilometer, Halbmarathon und Marathon; außerdem stehen wieder Schülerläufe auf dem Programm. Traditionell nutzen auch viele leistungsorientierte Sportler aus Deutschland und Österreich die Veranstaltung zu einem Formtest, während eine große Gruppe von Marathonsammlern in Bad Füssing ihr „Wettkampfkonto“ aufstockt.
Das mit 26 Euro konkurrenzlos günstige Starterpaket umfasst neben dem sehr gut organisierten Lauf zweei Thermeneintritte, die All-inclusive-Pastaparty im Thermenrestaurant, ein M4Y-Jahrbuch sowie einen Fachvortrag. Diesmal berichtet der Münchner Faris Al-Sultan, der am nächsten Tag auch die 10 km laufen wird, aus seiner langjährigen Erfahrung als Top-Triathlet. Wer genügend Zeit mitbringt, sollte sich einen Kurzurlaub mit Aufenthalt in einem der Johannesbad-Hotels gönnen. Mein Tipp: immer das gute und reichhaltige Abendbuffet dazu buchen.
Bad Füssing liegt ziemlich weit im Südosten Bayerns, ist daher erste Wahl für Sportler aus Süddeutschland, Österreich und der Tschechischen Republik. Nicht ohne Grund kommt es daher auch zu einem „Familientreffen“ der „Südfraktion“ von M4Y-Reportern, darunter mein Namensvetter Andreas „Greppi“ Greppmeir. Auch der Chef Klaus Duwe ist mit Ehefrau Margot angereist. Und zwei Gewinner des Marathon-Supercups 2015 sind dabei: Roland Kraus und Frank Reichl, die Platz 1 und 3 der Cup-Liste erreichten.
Mit den Johannesbad-Thermen – benannt nach seinem Sohn, der heute den Konzern führt - legte der deutsch-rumänische Arzt Eduard Zwick in den 60er- und 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts den Grundstein zu seinem Bäder-Imperium. Auffallend das riesige Hochhaus bei den Thermen, in dem sich die medizinische Abteilung, darunter auch einige Stockwerke Orthopädie, befindet.
Am Anfang der Geschichte Bad Füssings stand ein Weiler mit sechs Bauernhöfen. Anno 1938 wurde hier im Auftrag der bayerischen Mineralölindustrie nach dem „schwarzen Gold“ gebohrt. Das fand man zwar nicht, doch schoss 56 Grad Celsius warmes Thermalwasser in einer Menge von 3.000 Litern pro Minute aus dem Boden. Das Reichsbäderkuratorium untersagte aber die Nutzung und schloss die Quelle wieder. Man wollte sich lieber auf das böhmische Bäderdreieck Karlsbad, Franzensbad und Marienbad konzentrieren.
Nach dem Krieg erinnerte sich ein Landwirt an die Quelle, die sich auf seinem Grund befand, und nutzte sie fortan für die Reinigung seiner Gerätschaften. Später ermöglichte er auch ein Badevergnügen für die ansässige Bevölkerung zum Preis von 10 Pfennig, was ihm den Spitznamen „Zehnerl-Bauer“ eintrug. Laut Inflationsrechner wären das heute unschlagbare 19 Cent.
Die amerikanischen Besatzer machten das Bad den in der Nähe untergebrachten Flüchtlingen zugänglich. Sehr schnell erkannten die Medizinoffiziere, dass das Quellwasser nicht nur zur Reinigung geeignet war, sondern auch die Gesundheit der Nutzer positiv beeinflusste. Die heilende Wirkung der Thermalquelle bestätigten später Experten der Universität München. In den 1950er Jahren wurde die Private Betreibergesellschaft Thermalbad Füssing gegründet, 1963 nach der schon vorhandenen „Therme 1“ die „Europa-Therme“ und 1964 eine dritte Quelle, das Johannesbad, erbohrt. Zu letzterem gesellte sich 1969 die schon erwähnte Klinik. Der Weiler Füssing darf seit dieser Zeit offiziell den Namenszusatz „Bad“ tragen und ist mit 2,3 Millionen Übernachtungen im Jahr ein bedeutender deutscher Kurort.
Die Bewerbe beginnen mit dem 10-km-Lauf um 9:45 Uhr vor der Therme. Da wir die weitläufige Umkleideanlage des Bades nutzen können, ersparen wir uns ein langes Frieren vor dem Start. Spannend das morgendliche Zusammentreffen von meist älteren Kurgästen und drahtigen Läufern. Eine betagte Dame berichtet per Handy und in breitem Sächsisch vom bevorstehenden sportlichen Großereignis. Eine Blaskapelle spielt im Foyer für uns auf, wo auch die Marathonmesse stattfindet und der Laufshirt-Discounter, seit neuestem M4Y-Ausrüster, ein spezielles Thermen-Marathon-Laufhemd anbietet. Nachmeldungen werden auch noch angenommen.
Draußen bringen sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt die Böllerschützen in Position. Vor uns liegen zwei Runden in der flachen Pockinger Heide, die sich aus zwei ineinander verschlungenen Ringen à 11,1 und 10 km zusammensetzen. Klingt vielleicht kompliziert, bereitet in der Praxis aber keine Probleme.
Kurze Zeit später, um 10 Uhr, geht es für die Marathonis und Halbmarathonis los. Vor uns der Kurpark, bei dem wir uns nach rechts an einer Handvoll Hochhäusern vorbei Richtung Würding wenden. Von den oberen Stockwerken der Häuser hat man sicher einen schönen Blick über die Ebene, den Inn und die Alpen. Zweimal werden wir nun die Ortsumgehungsstraße überqueren. Eins sei schon verraten: Wir werden viele Dörfer der Gemeinde Bad Füssing nur tangieren. So bleibt uns auch in Würding der Dorfkern verborgen. Am Schusterpoint die ersten Feuerwehrler, die unseren Laufweg sichern. Die sind indirekt auch „schuld“ daran, dass alle acht Jahre der Marathon erst am zweiten Februarwochenende stattfindet. Dann ist nämlich am ersten Wochenende Fasching und die Männer der Feuerwehr werden auf den entsprechenden Veranstaltungen dringender gebraucht.
Weiter auf den Tränkeweg, der sich zu einer schnellen Landstraße mit breitem Rad- und Fußweg gemausert hat. Schöne Ausblicke ergeben sich auf die lange Reihe der Läuferinnen und Läufer vor und hinter uns. In dieser Ecke befinden sich auch eine große Tennisanlage und ein Freibad. Schon ist es an der Zeit, die Handschuhe auszuziehen, die sich bis ins Ziel so weit im rückwärtigen Teil meiner Laufhose hinunter arbeiten, dass ich mir wie ein Bunny vorkomme. Dafür gestaltet sich die Bedienung des Fotoapparats einfacher.
Wem es nun etwa zu warm wird, dem kann ich von einer Kältekammer im Orthopädiezentrum berichten. Die Teilnehmer des 2. Bad Füssinger Sportkongresses hatten Gelegenheit, am eigenen Leib die Wirkung von Minus 110 Grad Celsius auszuprobieren. Auf dem Kongress am Samstag ging es um den „Brennpunkt Knie“. Dafür erhalten Mediziner und Therapeuten Weiterbildungspunkte und zusätzlich einen Freistart beim Marathon. Kein Wunder also, dass ich auch einen meiner Ärzte auf der Laufstrecke sehe.
Kalt kann es in Bad Füssing schon werden. M4Y-Kollege Herbert Orlinger berichtete von einem Marathon, bei dem der Inhalt seiner Getränkeflasche gefror. Aber geregnet hat es noch nie, wie mir OK-Chef Thomas Richter erzählt. Heute gibt es zur Abwechslung mal einen ordentlichen Föhn, den man besonders auf der zweiten Runde bei den Passagen Richtung Alpen spürt.
Judith hat sich an Anton Lautner gehängt und ist schon mal weg. Ich versuche mich langsam an Bernie Manhard und seinen Spezl heranzuarbeiten und kann sie am ersten Verpflegungspunkt einholen.
Eine 150 Meter lange Begegungsstrecke gibt die Möglichkeit, das Feld in Augenschein zu nehmen. Dann eine schnuckelige Straßenunterführung. Ob sich große Läufer da den Kopf stoßen? Und nach 6 Kilometern geht es durch Safferstetten, vorbei an der Pfarrkirche St. Andreas aus dem Jahr 1639. Hier gibt es viel zu sehen und vor den Beherbergungsbetrieben stehen auch viele Zuschauer. Den schön gestalteten Dorfplatz werden wir öfter zu Gesicht bekommen. Beide Streckenschleifen überqueren ihn. Vertun kann man sich nicht, alles ist super gesichert und ausgeschildert. Der Bachweg trägt seinen Namen nicht zu Unrecht: Am Kößlarner Bach entlang kommen wir an einer Mühle vorbei. Dann die Garage der Freiwilligen Feuerwehr, die sicher das Interesse ihres „Kollegen“, M4Y-Reporter Anton, finden wird. Der ist heute mit Henriette aus seinem Sportverein hier, die den Halbmarathon läuft. Das Bächlein leitet uns in südlicher Richtung. In der Ferne ein Hügelzug mit einem Kirchturm. Dort befindet sich schon das österreichische Obernberg.
Linkskurve, km 9, an der nächsten Kreuzung vermisse ich das rote Feuerwehrauto, das in den Berichten der letzten Jahre öfter auftauchte. Ein Floriansjünger erklärt auf meine Anfrage, dass das Gefährt nun zu alt sei und die Fahrt nicht mehr geschafft habe. Am Rennstadtweg geht es durch einen Bauernhof hindurch. Wenigstens auf mich als Städter wirkt das so. Wir tangieren Riedenburg und können schon das Hochhaus an der Johannestherme erblicken.