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Laufberichte

Lauf der Heroen

16.06.12
Autor: Joe Kelbel

Zwischen den 1000 Meter hohen Gletschern der Eiszeiten gab es einen eislosen Streifen, auf denen die  Menschen zusammengedrängt wurden. 370.000 Jahre alt ist die weltweit erste Zeichnung  eines Menschen, hier  im Saale Unstrut Gebiet  gefunden, eingeritzt in den Knochen eines Waldelefanten.

Mit den Gletschern verschwanden die meistens Großtiere. Aber diese fruchtbare Region  besitzt einen unglaublichen Schatz: Salz, welches es den Menschen ermöglichte, Jagdbeute haltbar zu machen. Nun hatte man Zeit, sich um Himmel, Erde und Ackerbau zu kümmern.

Der 120 km lange HimmelswegeLauf, genannt „Lauf der Heroen“,  führt durch das Saale Unstrut Gebiet, vorbei an steinzeitlichen Kalendern, Gräbern und Rätseln. Eines der größten Rätsel der Menschheit ist die Himmelscheibe von Nebra. Etwa 1600 v. Chr. wurde diese pizzagroße Scheibe in der Erde versteckt.

19 Ultraläufer wollen sich eine Nachbildung dieser Himmelscheibe als Auszeichnung für den 120 km-Ultralauf um den Hals hängen. Mit dem Start des Laufes der Heroen um 6 Uhr früh beginnt ein neues, ein  sagenhaftes Marathon-Ereignis der Zukunft, das einmalig in der Welt ist: Der Himmelswegelauf - zurück in die Vergangenheit und hin zu den Sternen.

Die Himmelsscheibe als Medaille gibt es auch schon für den Marathon, den Halb- und den Viertelmarathon. Radfahrer, Walker oder nur ärchäologisch Interessierte erwartet ein ereignisreiches Wochenende mit Busrundfahrten, ermäßigte Eintrittspreise und vielleicht die Antwort darauf, wer wir sind.

Treffpunkt der Ultraläufer ist Freitag 17 Uhr vor der Arche Nebra in Wangen. Es ist das Besucherzentrum in der Nähe des Fundortes der Scheibe. Einweisung durch den zweifachen Marathon-Olympiasieger Waldemar Cierpinski. Die Cut-Off-Zeiten machen mir Bauchschmerzen, ich muss schneller sein, als letzte Woche in Biel.

Vor der Jugendherberge die Fotos der steinernden Frauenfiguren, die man hier beim Bau gefunden hatte. Viel besser als die fette Venus, die 4000 Jahre zuvor Sexsymbol war. Ich sag’s  ja, wir machen Fortschritte!

1999 fanden Raubgräber die 2,3 Kilogramm schwere Himmelscheibe aus Bronze und Gold, zwei Bronzeschwerter, Beile, Meißel und Armreife. Einen Tag später ging der Fund für 31.000 Mark nach Köln, dann für eine Mio. nach Berlin und München.  Die  Schweizer Polizei stellte 2002 in Basel die Hehler und sicherte die Scheibe samt Beifunde.  Versicherungswert der Himmelsscheibe über 100 Mio Euro.

Die Echtheit der Scheibe wurde durch Radiokohlenstoffdatierung der Beifunde bestätigt. Im Teilchenbeschleuniger wurden die Metalle der Scheibe analysiert und mit 50.000 Proben aus vorgeschichtlichen Erzminen verglichen. Das Kupfer stammt  aus Mittelberg bei Salzburg, das Gold aus Cornwall.

In Wangen gibt es das Schloßhotel Himmelsscheibe. Ich könnte über den Namen  lachen. Aber 120 km laufen, mit Eigenverpflegung, eine Woche nach dem 100er in Biel, das ist  voll bekloppt. Habe auch keinen Haferschleim vorgekocht wie die Ossis, sondern nur  Kamilletropfen dabei. Ab km 55 bekomme ich dann  immerhin meine eigene Fahrradbetreuung.

Einige übernachten im Zelt auf dem Sportplatz, ich in der Jugendherberge, wo ich vom Rasenlabyrinth in Steigra träume. Erich von Däneken sieht darin einen Landeplatz für Ausserirdische, für mich ist es Symbol für Bier, in Wirklichkeit ein Ort der Fruchtbarkeit. Kommt man zur Sonnenwende hierher und beobachtet die Jugend, wie sie hier seit Tausenden von Jahren (sogar während der DDR Zeit) ein Katz- und Mausspielchen im Labyrinth veranstaltet, so ne Art Flaschendrehen, dann versteht man den wissenschaftlichen Ausdruck “Fruchtbarkeitsritus“.

Waldemar Cierpinski kümmert sich selbst um unseren  Shuttleservice. Sein Sohn André lässt keinen Ultraläufer unbeaufsichtigt, hat längere Haare als ich, sieht aber glücklicherweise nicht aus wie Atze Schröder. Ich glaube, ich muss zum Friseur. Martin Cierpinski kümmert sich um die Versorgung und Falk um den Marathonwettbewerb, den er nebenbei auch noch gewinnen wird.  

Start früh morgens vor der Arche Nebra. Später wird hier das Ziel der Halb-und Marathonläufer und eine ausgewachsene Partyzone sein. Oh, wäre ich doch schneller gewesen!

Ein Radfahrer betreut zunächst 2 bis 3 Läufer. Wir sind 18, ein Läufer hat gekniffen. Mein Rucksack wiegt etwa 5 kg. Alles Sachen, die ich nicht mag. Zu schwer für die frühe Morgenstunde, irgendein Radfahrer soll ihn mir nach km 10 bringen. Wir laufen entgegen der Marathon- und Halbmarathonstrecke. Andreas setzt sich sogleich von unserer Laufgruppe ab, wird heute Abend der Gewinner sein. Er ist Archäologe und hätte mir heute viel erzählen können.

Die ewiglange Brücke der  ICE-Strecke Erfurt-Halle. 55.000 Teile aus der Bronzezeit und  250 Gräber fand man hier auf einer Länge von 22 Kilometern. Ein Steinzeitgrab mit drei jungen Frauen, zwei Männern und acht Kindern, in inniger Umarmung, getötet mit Pfeilen und gezielten Schlägen. Was war damals geschehen?

Gräberfelder von Männern, die von der iberischen Halbinsel stammen, Kupferdolche, die neu waren in dieser Gegend. Wieso wanderte man von Spanien nach hier aus? Eurokrise? Wir laufen durch ein Gebiet mit Fundstücke von vor über 300.000 Jahren. Was ist da die Eurokrise ?

Km 10. Mein Rucksack ist  nicht da, Ultraläufer brauchen Nerven. Es gibt für uns zunächst alle 10 km eine Wasserstelle, später nach 30 Kilometern.

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Informationen: HimmelswegeLauf
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