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Laufberichte

Dreimal schön

01.07.12

Start, Runde nach Mittelberg

 

Die Startzeit, 08.30 Uhr rückt immer näher. Das Feld formiert sich im ausgeschilderten Bereich. Ach ja, das Malheur von 2010 konnte ich vermeiden, denn damals habe ich meinen Champion Chip in Imst im Auto liegengelassen. Ein lauter Schepperer aus einer Kanone. Wie der Rauch verziehen auch wir uns in Richtung Mittelberg. Durch meine Fotografiererei eiere ich wieder im hinteren Feld umher. Dann lasse ich es halt auf dem Gefälle laufen.

Aber Achtung, wer jetzt meint, auf dem negativen Profil so mir nichts, dir nichts eine Bestzeit heraus laufen zu können, der könnte früh genug eine Enttäuschung erleben. Es ist kaum möglich. Denn einige zum Teil auch längere Gegenanstiege warten und die können richtig weh tun.

Auf unserem Kurs auf der Runde nach Mittelberg müssen wir uns erst noch rund 60 Höhenmeter erarbeiten. Ein kurzer Aufschwung führt uns an die Pitze heran, die später unser Begleiter für rund 39 Kilometer sein wird. Manchmal sind wir in Reichweite des Gewässers, später tost das Wasser tief eingeschnitten unter uns.

Mittelberg auf 1736 Meter Meereshöhe stellt den Scheitelpunkt des Kurses dar. Wer die Linkskurve nicht kriegt, der kann geradeaus auf den 3162 hohen Mittagskogel weiter rennen, nein, marschieren. Denn da führt der Gletscherexpress als Standseilbahn zum Gletscherrestaurant (2840 Meter) hinauf. Gebaut wird zurzeit die Wildspitzbahn, die ab Oktober 2012 auf den Hinteren Brunnenkogel (3440 Meter) hinaufführen wird. Die Bergstation wird dann Österreichs höchstes Ausflugsziel sein. Nach weiteren fünf Minuten haben wir unseren Ausgangspunkt Mandarfen wieder erreicht.

 

Mandarfen, erste Kilometer bergab

 

Jetzt verläuft es fast nur noch hinab, bis auf die wenigen Prüfungen. Unser Blick nach Norden, jetzt haben wir noch freie Sicht, ist durch zwei Bergketten links und rechts begrenzt. Linkerhand der Kaunergrat mit dem höchsten Punkt, der Watzespitze (3592 Meter) und auf der anderen Seite der Geigenkamm, da ist die Hohe Geige mit 3393 Meter das Höchste der Gefühle. Jenseits der Berge finden wir das Kaunertal und das Ötztal, euch allen bekannt.

In Mandarfen stehen einige Begleiter und wenige Gäste an Rand der Strecke und geizen nicht mit Beifall. „Pfiat' enk“ lese ich am Ortsausgang, was nichts anderes bedeutet als „Servus“. Auch in Tieflehn, da wo ich wohne, werden wir mit Respekt beachtet und beklatscht, denn die Touristen und Einwohner wissen, was uns am Ende des Rennens erwarten wird, denn gestern wurde in Imst mit 37 Grad der bisherige Tiroler Rekord für einen Junitag gebrochen. Und in der Nacht hatte es auch hier überhaupt nicht abgekühlt.

In Plangeross (1617 Meter) wird an der Wasserstelle schon eifrig zugegriffen. Die ersten Mitstreiter schütten sich schon das Wasser über den Kopf. An der Versorgungslage wird es nichts zu maulen geben, denn in der Vergangenheit wird neben Wasser auch Iso, Bananen, Melonen, Cola und am Ende Red Bull gereicht. Und das letztere Getränk verleiht vielleicht noch Flügel, denn bei Kilometer 39 brauchst du einen Turbo für den letzten finalen Anstieg. Aber soweit sind wir jetzt noch nicht.

Immer wieder bleibe ich stehen, um interessante Aufnahmen zu sammeln: Da ein Familienwappen an einer Hauswand, dort wartet das Heu für die Einfuhr. Und an anderer Stelle will ein Mädchen abgeklatscht werden und dort blühen die Blumen direkt am Straßenrand. So schön, dass ich mir zwei Margeriten ins Haar stecke. Und dabei beobachtet mich Gerhard Wally, ein Marathonvielfraß. Ja und wie viele der schon gefressen hat, das steht mit einem Schild auf seinem Shirt. Schaut ihn einfach näher an. Aber Mädels, aufpassen, der Gerhard busselt gerne.

Einen anderen lerne ich auch mal schnell persönlich kennen. Unseren Österreich-Reporter Herbert Orlinger, heute in zivil unterwegs, sprich ohne Kamera. Ich finde es gut, dass jetzt jemand dieses Land für m4y beackern kann, denn es gibt noch einige weiße Flecken auf der Marathonlandkarte, die erkundet werden müssen.

Im Fortgang unserer Strecke folgen viele kleine Weiler wie Weißwald, Trenkwald, Neurur oder Weixmanstall. Auf der Landesstraße ist jetzt wenig Verkehr. Die Autolenker nehmen Rücksicht auf uns. Ja, und wir mussten unterschreiben, ausschließlich die rechte Straßenseite zu benutzen und ein Auge auf den fließenden Verkehr zu richten. Wer auf der falschen Seite laufen und erwischt werden sollte, hätte gar disqualifiziert werden können.

Ein Training ganz besonderer Art machen zwei bekannte Fluchtverhinderer: Robert Hermann und Christoph Hierath kommen aus meiner Heimat und üben, dass finstere Gesellen ihnen nicht auskommen. Ihr wisst, was ich meine. Immer wieder führt die Hauptstraße durch einige Tunnels. Wenige Lawinenverbauungen sind hier für die Sicherheit bei der An- und Abreise der Wintersportler errichtet worden.

 

St. Leonhard

 

Die nächsten Weiler Stillebach und Piösmes gehören schon zu St. Leonhard (1366 Meter). Das Pitztal verbreitert sich leicht, auch sind einige Bergflanken schon bebaut und besiedelt. In einem Gatter spitzt ein Esel seine Luser, als ich ihm pfeife. Doch herlocken will sich das Grautier nicht. So ein Esel!

Die Staffeln wechseln zum ersten Mal. Viel Betrieb ist nicht auszumachen. Die meisten werden wohl schon  über alle Berge sein. Ein Blick auf die Pitze beweist, dass da mehr Wasser fließt als vor zwei Jahren. Eigentlich logisch, da aufgrund der Hitze der Altschnee in den Hochlagen und vielleicht auch schon der Gletscher von der Sonne angeknabbert wurde.

Wer Kilometerschilder sucht, der muss wissen, dass die Markierung auf dem Asphalt aufgemalt ist. Da die Sonne nun schon etwas höher steht, werden die Schattenstücke weniger. Noch sind die Temperaturen mit  20 Grad einigermaßen erträglich.

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Informationen: Gletschermarathon Pitztal
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