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Laufberichte

Kein Aprilscherz in der friesischen Karibik

01.04.12

Elke, die mir angetraute Gattin, liebt die Nordsee und speziell ihre Inseln. Obwohl das mit dem Wetter, auch im Sommer, immer so eine Sache ist. Gerade auf Föhr haben wir beides schon erlebt: 14 Tage Sommerurlaub mit einem (1) Strandtag, aber auch mit deren 13.

Dies schreckt uns jedoch nicht ab, diesmal im zeitigen Frühjahr erneut hier zu sein, wo die Insulaner Mut beweisen und zum ersten Mal einen Marathonlauf veranstalten. Aber die Lauftreffler des Wyker Turnerbundes können hierbei auf ihre reichhaltigen Erfahrungen aus dem Wyker Stadtlauf zurückgreifen, den wir auch schon gerne wie erfolgreich unter die Füße genommen haben und mit dessen dekorativem Finishershirt es sich zuhause prima angeben läßt.

Davon mal ganz abgesehen gilt es für mich, eine kleine Serie fortzusetzen: So hatte ich das wirkliche Vergnügen, an oder besser gesagt: in der Nordsee bisher sowohl auf Helgoland als auch auf Norderney Marathon zu laufen. Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind, ist das Hiersein für uns geradezu ein Muß. Erst auf hoher See, dann auf einer ost- und jetzt eben auf einer nordfriesischen Insel.
Föhr mit seinen gut 8.500 Einwohnern ist ohne jede Frage ein Kleinod. Von (der ehemaligen Hallig) Dagebüll aus setzen wir mit der Fähre auf die beliebte Urlaubsinsel über. W.D.R. klingt nach westdeutschem Rundfunk, also heimatlich, ist hier aber die Wyker Dampfschiffs-Reederei. Wir entern in Wyk, der einzigen Stadt der Insel, wieder Land und sind mit dem Auto ruckzuck in Midlum, einer der 11 Inselgemeinden und als Mittelpunkt des Marathons auch dessen Start und Ziel. Hier haben wir uns schon vor Monaten strategisch günstig eingemietet; der frühe Vogel fängt den Wurm.

Bis 1362 war Föhr Teil des Festlandes und gut zu Fuß zu erreichen. In der verheerenden 2. Marcellus-Sturmflut zwischen dem 15. und 17. Januar 1362 zwischen Nordfriesland und den Niederlanden wurden die nordfriesischen Uthlande zerrissen. Seinerzeit gewiss grausam, können wir mit dem Ergebnis heute sehr gut leben.

Grün wird die Insel genannt und das können wir auch unschwer erkennen. Gegen die Nordsee wird sie durch die ihr vorgelagerten Inseln Sylt im Nordwesten und Amrum im Südwesten geschützt, daher kann sich die Vegetation gut entwickeln. Die Halligen liegen südlich von ihr, etliche von ihnen sind vom Wyker Strand aus bequem zu bewundern. Irgendwann, das habe ich mir geschworen, werde ich mal ein paar Tage auf einer Hallig verbringen. Aber auf einer richtig kleinen, mit einem einzigen Bauernhof auf der Spitze, und werde den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Ob mein Jogging-Rund- oder wie auch immer -kurs dann 50, 80, oder gar sagenhafte 100 m betragen wird, muß sich dann zeigen. Ggf. gibt’s halt nur Powerchillen, aber wat mutt, dat mutt.

Die 300 Startplätze, verteilt auf Marathon und Halbmarathon, waren bereits gute drei  Monate im Voraus ausgebucht. „Deutschlands nördlichster Marathon“ findet hier statt, wie ich dem Veranstaltungsflyer entnehmen kann. Das zu lesen wird den noch weiter nördlich lebenden Flensburgern jetzt weh tun, denn deren European Minority Marathon YOU!MM fand 2008 zum letzten Mal statt und so ist dieser „Titel“ schon mal flöten und nach Föhr gegangen. Zumindest wird in alter Flensburger Tradition das Fähnchen der Minderheiten hochgehalten, denn neben rund 30 Insulanern und vielen Festlandgermanen sind Teilnehmer aus Schweden, Finnland, Polen, Belgien und den Niederlanden angereist. Ganz besonders freuen sich die Organisatoren über einige Auslands-Föhrer, die diese Gelegenheit zu einem Besuch der alten Heimat nutzen.

Meine „Föhrbereitung“ – diesen netten Ausdruck hat Marion Fladda in ihrem äußerst kurzweiligen Vorbereitungs-Blog für den heutigen Marathonlauf geprägt (sie wird in höchst respektablen 3:36 Gesamtzweite werden) – war geprägt vom Willen, wieder mal etwas flotter als um die vier Stunden unterwegs zu sein. So in Richtung 3:45 Std. soll es bei mir heute gehen. Nur war in den letzten Monaten bei der Vorbereitung eindeutig mehr guter Wille vorhanden als ernsthaftes Training durchgeführt. OK, zwei (langsame) Marathons in Leipzig und Bad Salzuflen waren schon dabei, an Flotterem aber zunächst nicht mehr als ein paar kürzere Läufe. Intervalltraining? Fehlanzeige.

Dann aber kam der hügelige Halbmarathon beim Donatuslauf von Lauffreund Dirk Pretorius, der mit knappen 1:40 überraschend positiv verlief und zehn Tage später beim Fliegerhorstlauf (10 km) in der Luftwaffenkaserne Köln/Wahn waren es nur wenig über 43 min. Nach der Laufprognose von lauftreff.de sollte das für eine Zielzeit um die 3:30 gut sein. Nana, zu sehr will ich jetzt mal nicht auf die Kacke hauen, schließlich wollen ja auch eine Menge Fotos gemacht werden und vollkommen auf den Brustwarzen will ich auch nicht ankommen. Letzteres hat sowieso immer höchste Priorität. Wir halten es also wie üblich mit dem Kaiser – schaun mer mal.

Optimal vorbereitet durch die vorabendliche Pastaparty in einem Wyker Restaurant, das auf diese Weise die Bude gerammelt voll bekam, werden pünktlich um 9 Uhr in der Inselmitte an der Midlumer Grundschule alle Läufer zunächst nach Südwesten auf die brettebene Reise geschickt.

Sehr gefreut habe ich mich, wieder die „Nr. 1 der Herzen“, Horst Preisler, zu treffen. Nach Kevelaer hatte ich schon befürchtet, seine Laufkarriere sei zu Ende, aber glücklicherweise wird er in gewohnter Manier sicher das Ziel erreichen. Bereits die Überfahrt hatte mich jeglicher Zeitambitionen beraubt, es stürmte, was das Zeug hielt. Das hielt auch gestern an, bei einem Probeläufchen hätte es mich fast fortgeweht. Heute früh ist es zwar zunächst etwas besser, aber ich halte mich zurück. Bedingungsloses Ankämpfen gegen den Wind ist auf 42 km verdammt riskant wie anstrengend und ankommen will ich auf jeden Fall, das hat oberste Priorität.

Hinter Wrixum erreichen wir über die Rundföhrstraße schon bald die ersten Ausläufer von Wyk. Nach km 3 laufen wir durch ein kleines Waldgebiet, Zeichen für das vergleichsweise milde Klima dieser Insel. Den Weg erkenne ich sofort wieder, hier führt auch die 5 km-Runde des Wyker Stadtlaufs entlang. Etwa bei km 5 kommen wir an den Strand, den wir die nächsten 10 km auf dem Weg in Richtung Norden nicht mehr aus den Augen verlieren werden. Auf meiner Uhr lese ich 26:45 min., das entspricht ziemlich genau meinen ursprünglichen Vorstellungen. Aber der zu erwartende heftige Wind?

Noch genieße ich aber erst einmal jeden der nun folgenden Meter. Weitere zarte Erinnerungen an den Wyker Stadtlauf kommen hoch, der teilweise auch hier auf der Strandpromenade verlief, die wir komplett ablaufen. Ach ja, das Meer lange im Auge, da kommt bei mir einfach Urlaubsgefühl auf! Rechterhand können wir einige Halligen bewundern, das ist ein Blick, der sich dem Westerwälder sonst nicht bietet; ich sauge alles in mir auf. Der 1953 erbaute Leuchtturm Ölhorn hat schon seit gut 30 Jahren keinen Leuchtturmwärter mehr, er wird ferngesteuert. Aus 10 Metern Höhe leuchtet er bis zu 13 Seemeilen weit. Das würde ja für einen nächtlichen Halbmarathon reichen!

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Informationen: Föhr-Marathon
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