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Laufberichte

Von Weißenstadt nach Wunsiedel

 

Auf dem Schneeberg

 

„100 Meter – Endspurt“ ist auf einem weiteren Schild zu lesen. Einem Radfahrer mit riesig breiten Schlappen auf seinem Drahtesel haut es den Schweiß raus, der tropft richtig. Ich kann ihn auf den letzten Metern abhängen. „Super“ höre ich von hinten und „bin gleich wieder da!“ Und dann nimmt die Steigung ab und wir sehen den ehemaligen Fernmeldeturm der Bundeswehr. Jetzatla sind wir am höögschtn Punkt des Fichtelgebirges mit 1051 Meter, dem Schneeberg

In früherer Zeit nannte man dieses Mittelgebirge den „Nabel Deutschlands“ oder den „Herzbrunnen Europas“. Hier entspringen vier Flüsse, die in vier Himmelsrichtungen fließen. Die Sächsische Saale (nach Norden), Eger (Osten), Naab (Süden) und Main (Westen). Der Tourismus stellt heute für viele Orte die Haupteinnahmequelle dar. Bereits der Herr Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe bereiste diese Gegend.

Wer genug Kleingeld übrig hat, kann das Bundeswehrgelände mit Turm kaufen. Wie es kostet, ist mir nicht bekannt. Das Holzgestell, das vom Wegweiser zum Gipfel hin zu sehen ist, nennt sich Backöfele. Bereits im 15. Jahrhundert wurde diese Stelle strategisch als Beobachtungsposten bei Fehden und in Kriegszeiten genutzt. Der Name Backöfele geht vermutlich in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurück, in der die Bewohner hier her flüchteten und Brot backen mussten, um zu überleben. Strategisch günstig hat man auch die V-Stelle platziert, gleich nach dem Ende der Steigung. Ein Musikant mit einem Hirthorn bläst uns den Marsch und gibt uns Schwung für den langen Weg ins Tal.

Kurz hinter Kilometer 11 sehe ich gerade noch im Augenwinkel den Schneebergbrunnen. Der Kurs dreht später in Richtung Süden und wir reißen beim Tausendmeterstein die genannte Höhe. Zu sehen ist kurz danach der Christusfelsen am Weg.  Nur kurzzeitig rennen wir in Richtung Haberstein, dann dreht der Kurs nach Südosten zur Buchenallee. Immer schön gefällig und gut zu laufen.

Nach dem 15. Kilometer sehe ich einen dieser gewaltigen Harvester, die den Holzeinschlag der Forstwirtschaft deutlich erleichtern. Die Abstände der Tankstellen werden nun kürzer, so alle drei bis vier Kilometer können wir uns verpflegen. Der Helfer an der Schmierofenhütte muss lachen, als ich sein Wasserangebot mit einem Spruch unserer Vorfahren ausschlage:

„Wasser gibt dem Ochsen Kraft,
beim Menschen ist's der Gerstensaft!“

Kurz nach Kilometer 21 gelangen wir an den Waldrand und sehen unten in der Senke Leupoldsdorf. Hier oben, wo vor rund 1,5 Stunden der Start zum Halbmarathon stattfand, ist längst alles aufgeräumt und fortgeschafft. Lediglich zwei übriggebliebene Dixies passen nicht so recht ins Landschaftsbild.

 

Leupoldsdorf – Tröstau

 

Immer noch leicht gefällig laufen wir zur Ortsmitte. Viele Zuschauer braucht ihr nicht erwarten, doch die beiden, die mit Kochlöffel und Blechschüssel Krach machen, sind richtige treue Fans. Ein jeder passierender Sportler wird angesprochen. Leupoldsdorf gehört heute als Ortsteil zu Tröstau, der unterhalb der Platte (so der Bergname) liegt. Die Röslau fließt durch den Ort, sie wird gut 30 Kilometer später bei Schirnding in die Eger münden.

Auf der früheren Bahntrasse nach Wunsiedel, jetzt ein Radweg ins tschechische Aš führend, laufen wir teilweise in einer Allee in Richtung Tröstau. Die Bundesstraße 303, die schnelle Verbindung von der Autobahn 9 nach Schirnding und weiter nach Eger/Prag, passieren wir bei einer Fußgängerunterführung.

Die 2500-Seelen-Gemeinde wurde bereits 1314  urkundlich genannt. Das Ortsbild prägt der Doppelgipfel der Kösseine. Und da hinauf warten wieder einige Höhenmeter. Zuvor können wir nochmals unseren Durst an einer Wirtschaft löschen. Die vier gestandenen Mannsbilder betrachten die Szenerie. Mit einem Frühschoppen ist es bei denen nicht weit her. Nur einer hat noch „a Noagerl“ in seinem Weizenglas. Fast nur Kinder betreiben hier die V-Stelle, da wird es mir um unseren Nachwuchs nicht bange.

 

Rund um die Kösseine

 

Wir verlassen Tröstau und sehen den Golfplatz und Schloss Fahrenbach bereits weit oben. 200 Höhenmeter müssen hier bezwungen werden, bis man unterhalb der Kösseine angelangt ist. Einzelne Golfer spazieren herum, schieben ihr Golfwägelchen und beschäftigen sich mit kleinen, weißen Bällen, um sie irgendwann in irgendwelche Löcher zu bugsieren.

Ich kann auf einen Marathoni aufschließen, komme kurz ins Reden und erfahre, dass er heute seine Premiere auf der Marathondistanz feiert. Ja, das ist fast unglaublich, denn meist läuft ein Ersttäter in der Stadt und auf flachem Terrain. Aber der ist aus der Gegend und die Buckel können ihn nicht erschrecken. Leider habe ich vergessen, nach dem Namen zu fragen. Aber ich bin sicher, dass er sich hier erkennt, er hat nämlich die Nummer 103.

Aber nach Fahrenbach habe ich es vergessen oder total ausgeblendet, denn im Wald wird es kurzzeitig richtig steil mit rund 10 Prozent auf 1000 Meter. Wer nicht rechnen will, da warten 100 Höhenmeter bis zur der Stelle, wo der Laufkurs nach rechts dreht. Idealerweise hat man dort eine Tankstelle (Kilometer 27) postiert.

Ich verweile nur kurz und trabe wieder an. Seit Leupoldsdorf, da war Hälfte und ich rund zwei Stunden unterwegs, kam keiner mehr von hinten. Ich hege den Plan, mit der Gesamtzeit unter vier Stunden zu bleiben. So kann ich immer wieder auf von mir Platzierte aufzulaufen. Die schnellen Frauen vom Lauffeuer Chiemgau lachen in die Kamera, als sich der Fotograf umdreht. Später winkt die Ingolstädterin Iris Bischoff mir nach, als ich vorbeigehe.

Im 13. Jahrhundert wurde die Kösseine erstmals genannt, als dieses Gebiet an Ludwig den Strengen überging. Der frühere Name Choezsin oder Chozin (slawisch) heißt Ziegenberg und deutet auf eine damalige Ziegen- und Viehwirtschaft hin. Wer bei klarer Sicht da hinauf wandert, auf den wartet nicht nur im Kösseinehaus Bier, Brotzeit und Bett, sondern auch eine Aussicht in Rhön, Erzgebirge, Thüringer und Bayerischer Wald.

Über viele Kilometer laufen wir auf dem Radweg „Rund um die Kösseine“, der uns zum Spitzbrunnen bis zum Dorf Kössein bringt. Zur Kösseine gehören Großer und Kleiner Haberstein, Burgsteinfelsen, Mühlstein, Püttners- und Jakobifels. Und an dessen Nordseite befindet sich das Felsenlabyrinth.

Zwar sind die Temperaturen etwas gestiegen, aber hier im Wald im Schatten lassen sich die Kilometer gut einsammeln. Ich schätze den Waldanteil auf rund 75 Prozent. Gerade bei Hitze und hohem Sonnenstand kann der Kurs gut belaufen werden. Den Asphaltanteil taxiere ich ebenfalls auf nicht mehr als 25 Prozent.

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Informationen: Fichtelgebirgsmarathon
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