Gestern war ein toller Tag für mich. Noch nie war ich während einer ganzen Etappe in so einer großen Gruppe unterwegs wie gestern mit den „Gastläufern“ Eberhard, Bernhard und Klaus. Wir hatten uns prächtig unterhalten und so kam ich ganz gut über die Berge.
Heute früh eine ganz eigenartige Atmosphäre. Die meisten waren aufgekratzt und besonders gut gelaunt. Noch eine Etappe, nur noch gut 60 Kilometer. Ein paar nachdenkliche Gesichter sah ich allerdings auch.
Ingo hatte sich eine neue Startordnung in drei Gruppen ausgedacht. Die etwas angeschlagenen und langsameren Läufer bekamen zusätzlich einen Vorsprung. Ich startete um 7.30 Uhr, die schnellen Läufer um 8.00 Uhr.
Die Strecke führte zunächst bergauf Richtung Feldberg bis auf 1.292 m Höhe und dann abwärts nach Fahl und Todtnau. Der Hochschwarzwald ist schon eine herrliche Landschaft. Ich hörte von allen Teilnehmern nur begeisterte Kommentare. Die Etappen gestern und heute gehörten eindeutig zu den Highlights.
Ich lief ein ganzes Stück mit Jean-Benoít Jaouen, den ich seit dem Transe Gaule 2002 kenne. Das ist das französische Gegenstück (18 Tage, 1.166 Kilometer) zum Deutschlandlauf, und Jean-Benoit ist der Organisator.
Wir liefen meist entlang der Wiese, oft auch auf Wanderwegen, überquerten das Flüsschen mehrmals und kamen immer wieder an Bauernhöfen und kleinen Ortschaften vorbei. Zell im Wiesental, Hausen und Maulburg, um nur einige zu nennen.
Bei km 46 der 5. und letzte Verpflegungsposten. Wie viele Verpflegungsposten hatte ich die letzten 17 Tage angelaufen? Wie oft hatte ich sie herbeigesehnt? Wie oft haben mich die netten, immer freundlichen und gut gelaunten Betreuer aufgemuntert? Nervosität machte sich breit, die letzten Kilometer. Brombach, dann kam Hagen und dann Lörrach. Noch gut 2 Kilometer - 2 von 1.205 – lächerlich.
Das Finish war sehr stimmungsvoll und emotional. Auf dem Marktplatz vor der HypoVereinsbank hatte sich eine große Menschenmenge versammelt. Jede Läuferin und jeder Läufer wurde namentlich begrüßt und stürmisch beklatscht.
Ich bin Finisher, ich bin unendlich glücklich und erleichtert und freue mich mit allen Anderen.
Am Abend gab es noch einen Empfang mit Siegerehrung. Jeder bekam eine Urkunde, einen Pokal und eine Uhr mit dem Deutschlandlauf-Logo. Natürlich hielt Ingo eine Rede. Ebenso die Filialleiterin der HypoVereinsbank, Frau Muser und der stellvertretende Bürgermeister, Herr Lacher.
Jetzt noch eine Nacht in der Halle, dann heißt es Abschied nehmen von den Wegbegleitern. Jeder hat neue Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen und kehrt reicher nach Hause zurück.
Ich danke den vielen Leserinnen und Lesern, die mich bei meinem Lauf durch Deutschland begleitet haben, mir geschrieben und mich aufgemuntert haben. Es hat mir viel Spaß gemacht, Euch einen kleinen Einblick in diese besondere Laufveranstaltung zu geben.
Noch einmal herzlichen Dank und keep on running.
Pos. | Nr. | Name | Zeit |
1. | 04 | Rainer Koch | 108:13:00 |
2. | 59 | René Strosny | 113:03:54 |
3. | 19 | Hans-Jürgen Schlotter | 124:15:26 |
4. | 57 | Jan Nabuurs | 130:23:08 |
5. | 18 | Werner Selch | 132:05:48 |
6. | 09 | Theo Huhnhold | 135:22:23 |
7. | 17 | Franz Häusler | 135:30:11 |
8. | 22 | Sebastian Schöberl | 138:52:25 |
9. | 02 | Günter Böhnke | 142:05:21 |
10. | 33 | Peter Bakwin | 143:49:11 |
11. | 06 | Ullrich Zach | 147:07:17 |
12. | 77 | Klaus Wanner | 148:44:31 |
13. | 49 | Jean-Benoít Jaouen | 152:28:59 |
14. | 14 | Shakal Ryan | 154:03:33 |
15. | 54 | Günter Guderley | 154:05:41 |
16. | 62 | Ubel Dijk | 155:00:41 |
17. | 03 | Ronald Nickel | 157:24:35 |
18. | 82 | Felix Kainz | 157:32:22 |
19. | 45 | Schek Kee Lo | 158:30:44 |
20. | 15 | Klaus Neumann | 159:32:10 |
21. | 13 | Karlheinz Kobus | 160:22:47 |
22. | 63 | Sylvia Rehn | 164:00:53 |
23. | 36 | Jürgen Zuth | 165:25:54 |
24. | 28 | Rainer Wachsmann | 167:58:20 |
25. | 52 | Mike Friedl | 174:06:23 |
26. | 47 | Davor Bendin | 174:27:17 |
27. | 11 | Bernd Wagner | 174:29:23 |
28. | 41 | Hans-Joachim. Meyer | 174:53:08 |
29. | 30 | Reinhardt Schulz | 175:58:44 |
30. | 07 | Uwe Schiwon | 177:40:31 |
31. | 08 | Jörg Koenig | 178:07:23 |
32. | 43 | Heike Pawzik | 179:26:57 |
33. | 48 | Heinz Jäckel | 179:33:59 |
34. | 44 | Willem Mütze | 179:33:59 |
35. | 50 | Andreas Amann | 182:32:44 |
36. | 79 | Rudolf Mahlburg | 196:25:47 |
37. | 55 | Theo Kuijpers | 197:02:18 |
Dort war im Dorint-Hotel Treffpunkt der Teilnehmer. Um 16:00 Uhr begrüßte der Veranstalter Ingo Schulze, der Bürgermeister und weitere Vertreter der Stadt die anwesenden 57 Läufer und 10 Läuferinnen.
Ingo informierte ausführlich über die organisatorischen Abläufe und stellte das Betreuer- und Helferteam vor. An die 25 Leute werden damit beschäftigt sein, täglich die Laufstrecke auszuschildern, die Teilnehmer unterwegs zu betreuen und für Unterkunft und Verpflegung zu sorgen.
Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden vorgestellt. Als weit gereister Ultra- und Etappenläufer kenne ich die meisten aus der versammelten Läuferschar aus 9 Ländern und 2 Kontinenten. Aber auch sonst gibt es keinen, der nicht irgendeinen anderen kennt. Freundige Begrüßungen und angeregte Gespräche bestimmen den Abend vor dem Start. „Wo hast Du Dich rumgetrieben?“ und „Weißt Du noch?“ sind die meistgestellten Fragen. Interessant auch die letzten Vorbereitungen der einzelnen Teilnehmer. Klaus Neumann zum Beispiel war am Samstag in Interlaken beim Jungfrau-Marathon, ich war beim IVV-Marathon in Mönchengladbach.
Übrigens, das Durchschnittsalter der männlichen Teilnehmer beträgt immerhin 47 Jahre, das der Frauen 46. Jüngster Teilnehmer ist Rainer Koch mit 25 Jahren.
Vom abschließenden Abendessen im Dorint-Hotel waren alle begeistert. Das wird wohl für die nächsten Tage das beste Essen gewesen sein.
Kap Arkona ist eine 45 m hohe Steilküste aus Kreidegestein im Norden der Insel Rügen, auf der Halbinsel Wittow. Zusammen mit dem Fischerdorf Vitt gehört Kap Arkona zu den beliebtesten Ausflugszielen auf Rügen. Dort ist morgen um 9:00 Uhr Start zu den 17 Tagesetappen und 1.209 Kilometer ohne Ruhetag quer durch Deutschland. Das entspricht einer durchschnittlichen Kilometerleistung von über 70 pro Tag. Die längste Etappe steht bereits am dritten Tag von Stavenhagen nach Pritzwalk über 93,4 Kilometer auf dem Programm. Die „kürzeste“ Distanz wird am 16. Tag mit 52,8 Kilometer bewältigt. Allerdings geht es da von St. Georgen auf den Feldberg.
Nach dem 58 km-Lauf morgen melde ich mich wieder aus Stralsund.
Wir hatten in Stralsund in einer Turnhalle übernachtet und fuhren um 7:15 Uhr mit Bussen nach Kap Arkona zum Start. In der Nacht sollen Gewitter gewesen sein. Ich habe fest geschlafen und davon nichts gehört. Ingo und der Bürgermeister hielten ihre Ansprachen. Das muß sein. Aber müssen sie so lang sein? Der Start verzögerte sich. Endlich, mit 20 Minuten Verspätung ging es um 9:20 Uhr los.
Herrliches Wetter, fast wolkenloser Himmel, um die 21 Grad. Etwas windig war es, aber damit muss man an der See wohl leben. Die Strecke war sehr abwechslungsreich. Äcker, Wiesen und Wälder wechselten sich ab. Meist ging es auf Nebenwegen, einige Passagen allerdings auch auf Verkehrsstraßen. Die sind dann nicht, wie man es vielleicht von einem City-Lauf her kennt, gesperrt. Da gilt dann schon die Straßenverkehrsordnung und es heißt aufpassen.
Alle 8 – 12 Kilometer war eine Verpflegungsstelle mit Cola, Tee, Wasser, Schokolade und Salzigem. Solche Abstände sind bei Etappenläufen durchaus üblich. Fast jeder hat eine Trinkflasche und seine eigenen „Geheimwaffen“ dabei, ich habe auch immer etwas Geld in der Tasche. Oft kommt man an Kiosken oder Geschäften vorbei, wo man sich zusätzlich versorgen kann.
Ich lief die ganze Zeit mit Klaus Neumann. So war es ein kurzweiliger Lauf, bei dem wir natürlich unter unseren Möglichkeiten blieben. Es gilt Kräfte sparen, einteilen, Rhythmus finden und dann durchziehen. Heute war ich 6:45 Stunden unterwegs. Rainer Koch war mit 4:21:59 der Schnellste.
In der Nähe unserer Nächtigungstätte hatte ich einen kleinen Supermarkt ausgemacht. Gleich nach dem Zieleinlauf bin ich rüber und habe einen Kaffee getrunken und ein Stückchen Kuchen gegessen. Meine Schwäche.
Morgen gibt es zwei Starts. Die „langsamere“ Gruppe startet um 6:00 Uhr, die schnelleren um 7:00 Uhr. Es geht über 85 Kilometer nach Stavenhagen.
Heute wurde in zwei Gruppen gestartet. Ich war mit 55 anderen Läuferinnen und Läufer um 6:00 Uhr dabei. Eine Stunde später starteten die Schnelleren. Irgendwie ergab es sich, dass ich mit Klaus Neumann eine Zwei-Mann-Gruppe bildete. Wieder ging es meist über ruhige Nebenstraßen. Das Land hier in Meck-Pomm ist ja ziemlich platt, trotzdem hatte die schlaue Uhr von Klaus am Abend 420 Höhenmeter ermittelt. Die meisten Anstiege merkt man halt kaum, aber sie sind da.
Klaus und ich zählten Wahlplakate. Wie viele sind der von der SPD, wie viele von der CDU? Schlimmes Ergebnis für die SPD: auf 10 Angie-Plakate kam noch nicht mal ganz eines von Gerhard. Andere Parteien kommen noch seltener vor.
Wir kamen durch Grimmen und Demmin. Mehrmals wurden wir von Leuten angesprochen und gefragt: „Gehört Ihr zu denen, die bis an die Schweizer Grenze laufen?“ Sie kriegten das mit, weil im Radio halbstündlich im Verkehrsfunk auf die Läufer hingewiesen wurde. Nach dem Motto: Gefahr durch Läufer auf der Fahrbahn.
Einer sorgt hier mächtig für Furore. Rainer Koch. Ich kenne ihn ja schon lange und weiß, was er drauf hat. Aber hier war eher der René Strosny als Isarlauf-Sieger so der gehandelte Favorit. Rainer ist mit seinen 25 Jahren ja auch noch sehr jung. An sich ist das überhaupt nicht das Alter für einen Ausdauersportler. Jedenfalls rannte er hier auch die zweite Etappe wieder in einem Tempo, das die meisten nicht für einen Marathon durchhalten würden. Nach 6:29 Stunden war er im Ziel und hat nach 2 Etappen schon fast eine Stunde Vorsprung. Er ist eine Klasse für sich. Beste Frau ist übrigens Ute Wollenberg. In der Gesamtwertung liegt sie auf Platz 15.
Klaus und ich kamen nach 9:49 Stunden ins Ziel. Die 50 km-Marke hatten wir nach 5 ½ Stunden passiert und hatten dann das Tempo bewusst reduziert. Der Lauf durch Deutschland hatte schließlich erst angefangen. Morgen werden wir das Rennen noch langsamer angehen. Die Platzierung ist uns auch nicht wichtig. Ankommen hat oberste Priorität.
Morgen steht mit 93 Kilometern die längste Etappe auf dem Programm. Ich lasse mich nachher noch massieren und versuche früh zu schlafen. Nach dem Lauf melde ich mich aus Pritzwalk.
Heute war Medientag. Schon am Start Kameras und Mikrofone. Immer die gleichen Fragen: Warum machst Du so was, wie geht es Dir, machst Du so einen Wahnsinn öferts? Die Antworten sind einfach: Es macht Spaß, mir geht’s gut, ja, ich kann davon nicht genug kriegen. Ungläubige Blicke, Kopfschütteln, schmunzeln.
Gestern Abend legte ich mich noch auf die Massagebank. Der Physiotherapeut leistete gute Arbeit. Ich fühlte mich fit für die längste Etappe des gesamten Rennens. Ohne dass wir uns verabredet hatten, stand ich auf einmal wieder neben Klaus Neumann und so liefen wir los. Ich kenne Klaus seit dem Swiss Jura Marathon (7 Tage, 350 km, 11.000 HM) vor drei Jahren. Seither trafen wir uns immer mal sporadisch bei dem einen oder anderen Marathon.
Bei einem Lauf über solche Distanzen ist es wichtig, seinen Rhythmus und sein Tempo zu finden und es dann konstant durchzuziehen. Deshalb passiert es selten, dass ich über längere Zeit mit jemanden laufe. Bei Klaus ist das anders. Wir haben den gleichen „Ultra-Schlapp-Schritt“, den wir auch heute durchzogen. Dass wir uns auch noch prächtig verstanden, machte die Sache fast perfekt.
Nicht immer waren Unterhaltungen möglich. Auf manchen Straßen war doch lebhafter Verkehr und wir mussten hintereinander laufen. Oder der Verkehrslärm war so stark, dass eine Unterhaltung zu sehr anstrengte. Dann liefen wir eben wortlos vor uns hin.
Außerdem war es heute sehr windig. Die Windrichtung änderte sich ständig. Zum Glück blieb es trocken. Der erste Teil der Strecke war landschaftlich sehr schön, besonders der Müritzsee und das Städtchen Waren hatten es mir angetan. Das Laufen fiel mir heute leichter als gestern, obwohl ich auch dort keine Probleme hatte.
An einer Verpflegungsstelle und später noch einmal auf der Strecke hatten sich wieder Reporter mit Kameras und Mikrofonen postiert. Wie ich hörte, sollen auf RBB und SAT 1 Beiträge kommen. Unterwegs wurden wir auch immer wieder von Leuten angesprochen, Autofahrer blinkten, winkten oder hupten. Sie wurden auch heute wieder über den Verkehrsfunk auf die Deutschland-Läufer hingewiesen.
11:38 Stunden waren Klaus und ich heute unterwegs. Die Pritzwalker hatten auf dem Marktplatz ein kleines Fest organisiert. Es war wirklich eine tolle Stimmung. Der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, auch noch die später eintreffenden Läuferinnen und Läufer zu begrüßen.
Für Rainer Koch, der auch die dritte Etappe in Folge überlegen gewonnen hatte, gab es einen ganz speziellen Empfang. Er wurde vom Laufclub abgeholt und ins Ziel eskortiert. Die Jungs und Mädchen waren dann ziemlich geschafft, während Rainer locker und lächelnd die Fragen der Journalisten beantwortete. Rainer ist toll in Form. Er führt in der Gesamtwertung schon mit 1:48 Stunden Vorsprung. Brandenburgs Innenminister Schönbohm, in Pritzwalk gerade auf Wahlkampftour, sprach den Deutschland-Läufern seinen Respekt aus.
Nachdem gestern bereits ein Läufer wegen Überschreitens des Zeitlimits aus dem Rennen genommen wurde, schieden heute 4 weitere Teilnehmer aus. Darunter leider auch Sigrid Eichner, die Frau mit den meisten Marathon- und Ultra-Läufen, und Ute Wollenberg, die gestern noch die Bestenliste der Damen angeführt hatte. Beide klagten über Verletzungen.
Morgen stehen 81 Kilometer auf dem Programm. Es geht nach Tangermünde, der Geburtsstadt von Organisator Ingo Schulze.
Heute war der bisher schwerste Tag, nicht nur für mich. Die Strecke verlangte auch mental einiges ab. Meist ging es recht eintönig über Felder, Wälder und Ortschaften, wie ich sie aus meiner badischen Heimat nicht kenne. Die Durchgangsstraßen sind gepflastert, Gehwege gibt es keine, und die Häuser sind recht schmucklose Zweckbauten. Menschen sah ich kaum in diesen Orten, und wenn, waren sie meist im Rentenalter.
Wieder bildete ich mit Klaus Neumann ein mittlerweile schon gewährtes Tandem. 615 Höhenmeter zeigte seine schlaue Uhr heute an. Ohne diese Information hätte ich behauptet, die Strecke sei ziemlich flach gewesen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, heute war noch mehr Polizei im Einsatz, um gefährliche Kreuzungen abzusichern. Es spricht sich rum, dass da ein paar „Verrückte“ durch Deutschland laufen. Die RBB-Reporter waren wieder auf der Strecke und um 19:30 Uhr kam ein Beitrag im Fernsehen.
Wie ich schon sagte, war es für mich heute ein schwerer Tag. Ich war müde und bin die letzten 3 Kilometer marschiert. Ich kenne das. Der Körper stellt sich nur langsam auf die Dauerbelastung ein. Noch hat er sie nicht akzeptiert und rebelliert. Das spürte heute jeder. Blutblasen und erste Anzeichen von Knochenhautentzündungen werden beklagt. Nach ungefähr 6 Tagen hat sich der Körper auf die Anstrengungen eingestellt. Wer dann noch dabei ist, hat gute Chancen, auch das Ziel zu erreichen.
Ansonsten ist es immer wieder erstaunlich, wie schnell sich die Stimmung ändert. Am Sonntag erwartungsfrohe Hochstimmung, fast Euphorie. Vier Tage später hat jeder erste Blessuren und jeder Zehnte ist nicht mehr dabei.
Wer heute Schnellster war? Rainer Koch – er läuft in einer anderen Liga. 6:37 Stunden, 48 Minuten vor dem Zweiten, René Strosny. Und das ist kein Nobody. Sein Gesamtvorsprung nach 4 Tagen beträgt schon 2:36 Stunden.
Tangermünde ist die Geburtstadt von Ingo Schulze. Es soll ein herrliches, altes Städtchen sein mit vielen Backsteinbauten und einer fast geschlossen gewaltigen Stadtmauer. Ich werde davon nichts sehen. Wir sind heute in einer sehr modernen Sporthalle untergebracht. Gerade hatte ich eine große Portion Nudel verdrückt und bald werde ich schlafen. Morgen noch einmal 85 Kilometer nach Schönebeck, dann ist 1/3 der Strecke geschafft und es kommen zwei „kürzere“ Etappen über 64 und 70 Kilometer.
Welch ein Tag heute. Es regnete vom Start weg. Als wir über die Brücke in Tangermünde liefen, ging zusätzlich ein so starker und kalter Wind, dass wir (Klaus Neumann war heute wieder ein genialer Laufpartner) gleich unserer Tempo verschärften, um diesen Streckenabschnitt schnell hinter uns zu kriegen.
Es ging wieder viel über flaches Land. Nur 195 Höhenmeter wies Klaus’ schlaue Uhr heute aus. Die kleinen Ortschaften, die an den großen Durchgangsstraßen liegen, machten einen ganz einladenden Eindruck. Anders sah es in den abseits liegenden Dörfern aus. Eine gepflasterte Straße war über 2 oder vielleicht sogar 3 Kilometer so uneben und grauenhaft zu laufen, dass nicht nur ich laut zu fluchen begann.
Wieder war viel Polizei im Einsatz, um gefährliche Kreuzungen zu sichern. Auch ein Übertragswagen des MDR war auf der Strecke.
Insgesamt lief es aber bei Klaus und mir trotz der teilweise widrigen Umstände und des Regens heute sehr gut, viel besser als gestern. Günter Guderley und Ronald Nickel waren einen großen Teil der Strecke unsere Begleiter. Es machte richtig Spaß. Nach 5 Stunden hörte der Regen auf, die Sonne kam durch und es wurde ein perfekter Tag.
Abgerundet wurde der positive Eindruck durch die tolle Unterkunft hier in Schönebeck. Wieder eine moderne Sporthalle mit einer Duschanlage, die ausgiebiges, warmes Dauerduschen ermöglichte. Als ich mir meine Füße betrachtete, war ich restlos zufrieden. Keine Blasen, keine Verletzungen, nur an meinen Waden- und Oberschenkelmuskel spürte ich die absolvierte Ultrastrecke.
Knapp 11 Stunden war ich heute unterwegs. Gewonnen hat auch diese Etappe Rainer Koch in 6:36:14 Stunden vor René Strosny und Jan Nabuurs. Das ist auch die Reihenfolge der Gesamtwertung nach dem fünften Tag. Der Vorsprung von Rainer beträgt schon über 3 1/2 Stunden.
Morgen steht eine vergleichsweise kurze Etappe an. Es geht über 64 Kilometer nach Eisleben. Darauf freue ich mich ganz besonders. Meine Andrea besucht mich zusammen mit Brigitte, der Freundin von Klaus Neumann und Gabi, der Frau von Jörg Maisenbacher, die die kleine Lisa mitbringt. In Eisleben findet andiesem Wochenende die 484. Wiese statt, das größte Volksfest in Mitteldeutschtland. Ob ich davon was mit kriege?
Typisches Frühherbstwetter war heute Morgen, leichter Nebel und recht frisch, aber man konnte schon erkennen, dass es einen herrlichen Tag geben würde. Auf der ersten Hälfte der Strecke ging es oft auf Verkehrsstraßen. Es war deshalb wieder viel Polizei unterwegs, um den Verkehrs auf die Läufer aufmerksam zu machen und Kreuzungen zu sichern. Alles klappte hervorragend.
Wie immer waren wir in zwei Gruppen gestartet. Und wie jeden Morgen überholt mich nach einiger Zeit als Erster Rainer Koch, der immer Zeit für einen Gruß und ein paar Wortwechsel hat. Nach einer ganzen Weile dann René Strosny und schließlich der Holländer Jan Nabuurs.
Zwei Dinge machten mir heute gute Laune: die Streckenlänge von „nur“ 64 Kilometer und Andrea, die mich im Ziel erwarten wird. Da konnte ich es leicht verschmerzen, dass Klaus Neumann heute nicht an meiner Seite war. Als er mal hinter den Büschen war und dann noch an einem Bahnübergang aufgehalten wurde, war ich für ihn nicht mehr einzuholen. Jeder Ultraläufer weiß, wie wichtig es ist, seinen Rhythmus und sein Tempo zu finden, um es dann durchzuziehen. Ich konnte also nicht warten oder langsamer machen, und Klaus konnte nicht überdrehen.
Riesige, fast nicht überschaubare Felder waren rechts und links der Straße und manche Passagen zogen sich elend dahin. Zu meiner Überraschung war die Strecke recht „wellig“ und an einigen Anstiegen bin ich marschiert. 625 HM kamen zusammen.
Als wir die Außenbezirke von Eisleben erreichten, wurden wir dann umgeleitet. Und Umweg heißt immer mehr Kilometer. So auch hier. 67 statt 64 Kilometer. Jetzt könnte einer sagen, 3 Kilometer machen doch bei den Entfernungen nichts aus. Ich weiß ja nicht, wie andere denken. Mir stinkt das schon. Ich habe 64 km im Kopf, weiß ziemlich genau, wie lange ich dafür unterwegs sein werde, und will nicht einen Kilometer mehr und keine 5 Minuten länger laufen. Morgen ja, heute nicht.
Aber, was ich nicht ändern kann, nehme ich dann doch hin. Die Umleitung ist wegen der „Wiese“, dem größten Volksfest in Mitteldeutschland. Es findet auch schon zum 484. Mal statt und ist so was wie das Oktoberfest.
Kurz vor dem Ziel traf ich dann Andrea. Freudige Begrüßung und erstes kurzes „wie geht es Dir“ und „schön, dass Du da bist“. Nach 8:52 Stunden war ich dann im Ziel.
Rainer Koch hatte mit 5:31 Stunden wieder die schnellste Zeit. Er wurde im Ziel vom lokalen Fernsehsender und der Presse empfangen und „ausgequetscht“. In der Gesamtwertung führt er mit 37:15 Stunden jetzt 4 ½ Stunden vor René Strosny. Dritter ist JanNabuurs. In der Damenwertung liegt Stephanie Ehret mit 60:12:53 Stunden vorne.
Heute sind noch 42 Läuferinnen und Läufer in der Wertung. Leider ist auch Thomas Wenning gestern wegen Magenproblemen ausgeschieden und Jörg Maisenbacher ist heute aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit gelaufen.
Morgen geht es 70 Kilometer nach Sömmerda. Gleich habe ich noch Termine. Erst mit dem Masseur, dann mit Andrea.
Ja, war denn heute autofreier Sonntag? Ich glaubte es fast, denn es war kaum Verkehr auf den Straßen. Die Polizei, die wieder zahlreich zu unserem Schutz im Einsatz war, hatte leichtes Spiel. Viele Ausflügler mit Rädern, Pferdewagen oder auch zu Fuß waren unterwegs.
Aber zunächst war es ganz still am Morgen. Um 6:00 Uhr ging es ja schon wieder los. Leichter Frühnebel lag über der Landschaft. Ein Blick zum wolkenlosen Himmel ließ Freude aufkommen. Ich war sicher, es würde ein herrlicher Tag werden. Dazu kam, dass der Besuch von Andrea ohnehin für gute Laune sorgte. Die konnte der Anstieg gleich zu Beginn der Strecke auch nicht trüben.
Klaus Neumann, der heute wieder über die gesamte Strecke mein Weggefährte war, und ich genossen die herrliche Landschaft durch viel Wald. Es war wirklich so: trotz der zurückliegenden Strapazen konnten wir den Tag heute richtig genießen, denn zum Glück sind wir beide bis heute ohne ernsthafte Blessuren geblieben und unser Körper hat sich offensichtlich auf die Dauerbelastung eingestellt.
Wir kamen durch etliche kleine Ortschaften, in denen wegen der Wahl relativ viel Leute unterwegs waren. Es hatte ich zwischenzeitlich herum gesprochen, dass die Deutschlandläufer unterwegs sein würden, und so hatten wir sogar einige Aufmerksamkeit. Wer es nicht mit bekommen hatte, fragte halt: „Wo lauft Ihr hin?“ „Nach Lörrach!“ „He? Lörrach?“ Wir waren schon weiter und ersparten so dem Mann die Nachhilfe in Geographie.
Mit Mike Friedel hatte ich mich heute sehr nett unterhalten. Er lebt in der Türkei. Ich hatte mich als Schalke-Fan geoutet, was mir prompt eine Einladung nach Istanbul einbrachte, falls Schalke dort einmal im Europapokal spielen sollte.
Nach knapp 9 ½ Stunden waren wir heute im Ziel. Rainer, der Teufelskerl, hatte auch diese Etappe gewonnen in 6:07 Stunden. Hoffentlich bleibt er gesund, dann ist ihm der Gesamtsieg nicht zu nehmen. Seine Gesamtzeit beträgt jetzt 43:22 Stunden, er liegt damit über 5 Stunden vor René Strosny. Dritter ist nach wie vor Jan Nabuurs. Stephanie Ehret führt bei den Damen.
Unsere Unterkunft ist heute nicht so optimal wie die vergangenen Tagen. Es geht ziemlich eng zu. Dafür war das Essen gut und reichlich. Kartoffel- und Gurkensalat mit Würstchen, Geschnetzeltes mit Reis oder Nudeln und wie immer etwas Vegetarisches.
Jetzt geh ich dann gleich noch zur Massage, und dann Gute Nacht. Morgen sind es knapp 80 Kilometer nach Illmenau.
Um 4.10 Uhr klingelte wieder dieser verdammte Wecker. Ich drehte mich um und döste noch einmal 20 Minuten. Dann aber raus, um 5.00 Uhr gab es Frühstück und eine Stunde später waren wir wieder auf der Straße.
Marcel Heinig war am Sonntag angekommen. Er läuft vier Etappen mit. Ich kenne ihn von Biel und vom anschließenden Mittelrhein-Marathon her. Ein netter Kerl aus Cottbus, schreibt auch für marathon4you. Er hat sich spontan Klaus und mir angeschlossen. Da waren wir zu Dritt.
Marcel hatte schlecht geschlafen. Laut sei es gewesen, die Burschen würden schnarchen, wie die Tiere, behauptete er. Wäre er die letzten 600 Kilometer mit gelaufen, hätte er geschlafen und das Schnarchen nicht gehört. So einfach ist das.
Die Strecke heute war etwas für Genießer. Landschaftlich überaus reizvoll, abwechslungsreich, aber schwer. 1.100 HM zeigte Klaus’ schlaue Uhr an. Es ging über wenig befahrene Nebenstraßen überwiegend durch Wälder, auch mal Felder und kleine Ortschaften. Immer wieder boten sich uns herrliche Ausblicke. Das Wetter war für diese Landschaft genial. Strahlender Sonnenschein, aber kühl. In der Nacht soll sogar Frost gewesen sein.
Wer noch einigermaßen heile Füße hatte (wie zum Glück Klaus und ich), konnte heute seiner Seele Gutes tun. Für die etwas angeschlagenen Läufer war es eine Strapaze und etliche mussten aus der Wertung genommen werden.
10:45 Stunden war ich heute unterwegs. Die Strecke war durch Umleitungen wieder etwas länger als geplant. Dumm gelaufen. Ich spürte deutlich meine Beine, hatte aber auch heute wieder keinerlei Probleme.
Rainer setzte auch heute seinen Siegeszug fort. 7:11 Stunden war seine Zeit, René wurde wieder Zweiter. In der Gesamtwertung führt Rainer jetzt (50:34 Stunden) mit fast 6 Stunden Vorsprung. Ich muss es einfach einmal sagen. Auch wenn hier die Ranglisten und Zeiten geführt werden, es gibt keinerlei Rivalität. Die Kameradschaft ist über alle Leistungsklassen hinweg hervorragend.
Schnitzel mit Kartoffeln und Erbsen standen heute auf dem Speiseplan. Hat super geschmeckt, und gut satt geworden bin ich auch. Gleich gehe ich noch zur allabendlichen Massage und dann verkrieche ich mich in meinen Schlafsack. Magnesium und meine Arnika-Kügelchen darf ich nicht vergessen. Morgen sind es 61,80 Km nach Trappstadt, wenn nicht wieder wo eine Umleitung ist.
Sind wir noch Thüringen oder schon in Sibirien? Saukalt war es heute Morgen, nur knapp über Null Grad. Aber es war schon zu erkennen, dass es wieder einen herrlichen Tag geben würde. Dafür sprach auch die „Kurzetappe“ von 60 km, die dann sogar noch um 3 Kilometer kürzer ausfiel. Allerdings waren summierten sich die Anstiege auf 820 HM.
Wir waren heute wieder am Rennsteig unterwegs, Stützerbach, Rauenwald und Hildburghausen hießen die Stationen. „Gastläufer“ Marcel Heinig und Ubel Dijk schlossen sich Klaus und mir zu einem gemütlichen Lauf durch den herrlichen Thüringer Wald an. An jeder Verpflegungsstelle machten wir ausgiebig Pause, aßen und tranken und trabten anschließend weiter. Richtig „heiß“ wie jeden Tag war ich auf die Suppe, die es auch heute bei Thomas Dornburg gab. Manchmal hatte er auch noch einen Pudding, aber das war dann nicht so meins.
Marcel erzählte uns von seinen weiteren Plänen und wir stellten fest, dass sich unsere Wege des Öfteren kreuzen werden. Ich freue mich darauf, denn er ist ein wirklich netter Kerl und guter Läufer. Aber für heute reichte es ihm. Er machte die Phase durch, die ich zu Beginn des Rennens geschildert hatte – die Anpassungsprobleme des Körpers an die hohe und dauernde Belastung. Als Außenstehender könnte man denken, dass er als „Frischer“ eher Vorteile hat. Das stimmt nicht, vorausgesetzt, man ist gesund. Und Klaus und mir geht es gut. Ich sage mal, es machte uns auch heute ausgesprochen Spaß.
Trappstadt liegt mit seinen gut 1.000 Einwohnern im Rhön-Grabfeld-Kreis, also in Bayern. Oder, wie die Leute das hier lieber hören, in Unterfranken. In so kleinen Orten ist man als Etappenläufer immer gut aufgehoben. Die Betreuung und der Empfang waren besonders herzlich. Bürgermeister Kurt Mauer sprach liebe Worte, der Musikverein spielte und eine Trachtengruppe trat auf. Weil wir heute früher am Zielort eintrafen, gab es am Nachmittag Kaffee und Kuchen. Dafür bin ich ja immer zu haben.
Heute Abend gab es dann noch Sauerbraten mit Knödel und Salat. Ich musste aufpassen, dass sich daraus nicht eine positive Kalorienbilanz ergab.
Nach meinen Schuhen wurde ich oft gefragt. Welche trägst Du, wie viele hast Du dabei, wie oft wechselst Du?
Die Hersteller werden sich die Haare raufen. Ich laufe seit Beginn an mit einem und demselben Paar (Brooks Dyad), nach dem Motto „never chance a winning team“. Klar, habe ich ein weiteres Paar dabei, aber es könnte durchaus sein, dass ich mit dem einen bis nach Lörrach komme.
Rainer hat wieder die beste Zeit gelaufen (4:45 Stunden) und René wurde wieder Zweiter. So sieht auch die Gesamtwerung aus. Ich war heute 7:33 Stunden unterwegs.
Dafür, dass die Etappe heute so kurz war, ist mein Bericht aber lang. Morgen sind es über 80 Kilometer nach Prosselsheim. Die gesparten Kilometer von heute gibt es oben drauf. „Weil eine Fahre ausfällt“, hat uns Ingo informiert.
Also, bis dahin. Gute Nacht.
Ab 4:00 Uhr klingelten die verschiedenen Wecker. Wieder war die Nacht viel zu schnell vorbei. Niemals werde ich ein Frühaufsteher. Aber eine halbe Stunde später musste ich mich doch aus dem Schlafsack schälen. Erste vorsichtige Schritte bis zur Toilette, zum Waschraum, es geht, ich bin fit.
Offizielle Streckenlänge heute laut Ingo: 81,5 Kilometer. Um 6:00 Uhr ging’s wieder los. Kalt, aber ansonsten beste Wetteraussichten. Welliger Kurs, 935 HM nach Klaus seiner schlauen Uhr. Es lief ganz gut bei mir, obwohl mir die Strecke zeitweise ziemlich auf den Geist ging. Klaus war hinter mir, ich lief meist alleine. Ob’s daran lag? „Gastläufer“ Marcel hatte heute auch ein anderes Tempo. Er äußerte sich ganz begeistert von der Atmosphäre, der Kameradschaft und natürlich vom Abenteuer Deutschlandlauf. Es war ja seine Absicht, mal zu testen, wie es so ist unter den „Extremen“. Ich denke, irgendwann erscheint er auf der Teilnehmerliste. Und dann hat er auch gute Finisher-Chancen.
Unterwegs traf ich Hubert Karl. Er ist der Chef vom Zeiler Waldmarathon und lief heute mit. 1994 lernte ich ihn beim Spartathlon kennen.
Wir kamen nach Volkach, liefen durch die Weinberge, über den Main und 7 Kilometer vor dem Ziel dann kräftig den Berg hoch, vorbei am Vogelsberg, und dann gegen die schon tief stehende Sonne ins Ziel.
Der Kurs war nicht ohne und hat seine „Opfer“ gefordert. Am Ende dieser Etappe sind von 67 Gestarteten noch 36 Männer und 2 Frauen im Rennen. Nach meinen 10:50 Stunden heute liege ich auf dem 17. Platz der Gesamtwertung. Mir ist das nicht so wichtig. Mein Ziel war und ist: in Lörrach heil ankommen und im Rahmen der Möglichkeiten Spaß haben. Das geht nicht immer. Heute im Ziel, als ich die Halle sah, ist mir zum Beispiel der Spaß vergangen. Ziemlich eng geht es zu, einige müssen in einer Scheune übernachten. Glück für mich, dass ich nicht dazu gehöre.
Das Essen war dann wieder super: Spaghettis mit einer leckeren Soße und Salat. Dazu gab’s Kuchen von der Familie Koch. Andrea, Rainers Schwester hatte ihn gebacken und war mit dem Vater angereist. Weit hatten sie es nicht, sie wohnen gerade 10 Kilometer um die Ecke. Mit 6:41 Stunden war Rainer wieder der Schnellste. René tat sich heute schwer, wurde trotzdem Zweiter. Rainers Vorsprung in der Gesamtwertung beträgt jetzt schon sagenhafte 7 Stunden und 40 Minuten. Er ist eine Klasse für sich.
Bis morgen in Assamstadt – 83 Kilometer von hier.
Zunächst möchte ich mich ganz herzlich für die vielen Emails bedanken, ich mich erreichen. Ich bin erstaunt und es freut mich riesig, dass auch viele Lauffreundinnen und Lauffreunde, die ich gar nicht kenne, Anteil nehmen und mir Glück wünschen. Allen, Freunden, Bekannten und den vielen Unbekannten noch einmal herzlichen Dank.
Waren das heute wirklich 84 Kilometer? 11:44 Stunden war ich unterwegs, fast eine Stunde länger, als bei vergleichbar langen Etappen. Allerdings berichtete mir Klaus, dass seine Uhr 1.180 HM anzeigte. Die Strecke war also nicht einfach, aber sehr schön. Es ging durch Weinberge, dem Main und später der B 19 entlang und durch das sehr schöne Taubertal. Dort kannte ich viele der herrlichen Orte von IVV-Marathons her, die ich gerne als Trainingseinheiten am Wochenende absolviere.
Es ging also ganz ordentlich immer rauf und runter. Das Rennen ist noch lange, deshalb nahm ich die Anstiege immer im flotten Marschtempo. An den Verkehrsstraßen machte ich dann „Fahrtenspiele“, 2 Pfosten laufen, 1 Pfosten marschieren, 2 Pfosten ……. Das sparte nicht nur Kräfte, sondern war auch ganz kurzweilig.
Mit dem Wetter hatten wir auch heue Glück. Herrlicher Sonnenschein bei idealen Lauftemperaturen. Nicht auszudenken, wenn wir gerade auf den zurückliegenden langen Etappen tagelangen Regen gehabt hätten.
Martina Hausmann, die bekannte Ultraläuferin aus Würzburg, war heute auf Strecke. Ihre Aufmunterungen wurden dankbar entgegen genommen.
Kaum waren in Baden-Württemberg, war auch der SWR zur Stelle. Einen Sendetermin konnte mir aber bisher niemand sagen. Wenn ich was erfahren, schreibe ich es Euch.
Mit meinem bisherigen Rennen bin ich sehr zufrieden. Bei ersten zwei Etappen hatte ich einen Kilometerschnitt von knapp 7 Minuten, ab dem dritten Tag immer so zwischen 7,5 und 8 Minuten. Klar, spüre ich die inzwischen gelaufenen 846 Kilometer. Aber ich bin gesund, meine Füße sind heil und vor Morgen ist mir nicht bang.
Unsere Unterkunft hier in Assamstadt ist ganz in Ordnung, die Sporthalle ist groß und diesmal gehen alle rein. Trotzdem war alles etwas chaotisch heute Abend. Die Läufer kamen viel später an. Rainer kam mit René und Hans-Jürgen Schlotter nach 9:33 Stunden, und gegen 21.00 Uhr kamen dann die Letzten ins Ziel.
Morgen geht es nach Heilbronn-Biberach, knapp 70 Kilometer, wenn sich nichts mehr ändert. Das ist nicht weit von meinem Wohnort Sinsheim weg. Deshalb besucht mich Andrea und dann sind noch Überraschungen angekündigt. Ich freue mich auf morgen.
Gestern wurde es ziemlich spät. Die Letzten kamen gegen 21.00 Uhr ins Ziel und waren entsprechend kaputt. Duschen, Essen, Schlafen und um 4.00 Uhr klingeln dann wieder die Wecker. Wo bleibt da die Regeneration? René, er ist ja Zweiter in der Gesamtwertung, meinte heute, er würde diese Lauffreunde bewundern. Er ist halt ein echter Sportsmann.
Die Laufstrecke bot heute über weite Teile viel für's Auge, war aber auch wieder nicht einfach. Zu den 69,6 Kilometern addierten sich 745 HM. Schloß Schöntal wurde passiert und durch’s schöne Jagsttal gelaufen. In Sindringen, wo früher der EBM-Marathon gestartet wurde, kamen wir auch vorbei.
Meist ging es auf Nebenstraßen, aber es waren lange Passagen auf ziemlich stark befahrenen Verkehrsstraßen (besonders zwischen km 46 und 52) dabei. Die Polizei wollte sogar einige Läufer von der Strecke holen, obwohl Ingo Schulze natürlich für den gesamten Streckenverlauf eine Genehmigung hat. Heike Pawzik, eine der zwei Damen, die noch in der Wertung sind, ließ sich nicht einschüchtern, stellte sich gleich als (ranghöhere) Kollegin und lief weiter. Und alle anderen auch.
Das Wetter war auch wieder klasse, allerdings wurde es im Tagesverlauf zu warm. 23 Grad war auf einem Temperaturmesser abzulesen. Mit hat die Sonne in den letzten Tagen ganz ordentlich das Gesicht verbrannt, Klaus die Unterlippe.
Trotzdem war ich heute gut drauf. Es war die Vorfreude. Meine Mutter, meine Schwester und Andrea würden kommen. Nach 9:19 Stunden war ich im Ziel und schloss sie in meine Arme. Die Famile spendierte den Läuferinnen und Läufern und der gesamten Mannschaft leckeren Kuchen. Komisch, Kuchen mögen sie alle hier. Normalerweise hätte ich heute zu Hause schlafen können, ich wohne nur 25 Kilometer von hier. Aus Disziplingründen verkniff ich mir das.
Klaus Neumann hatte Probleme mit der rechten Ferse und lief mit zweierlei Schuhen. Marcel Heinig war heute ziemlich geschafft, hat sein "Gastläufer" -Abo aber noch einmal verlängert und läuft vielleicht bis Lörrach.
Schon gestern hatte es Rainer erwischt. Er war auf einer Verkehrsstraße links auf den Graskante ausgewichen, war umgeknickt und hatte sofort Schmerzen. Gleichzeitig schwoll der Knöchel an. Heute hatte er sich zurückgehalten, holte aber noch den zweiten Platz hinter René, der 48 Minuten in der Gesamtwertung gut machte. Dritter wurde Hans-Jürgen Schlotter, der diesen Platz unangefochten auch in der Gesamtwertung belegt.
Jetzt sind die ganz langen Etappen vorbei. Das ist gut, denn auch ich habe mein erstes Wehwehchen. Am linken Oberschenkel muss mich nachher die Masseurin besonders intensiv bearbeiten. Ich nehme mir für morgen einen etwas langsameren Lauf vor.
Es waren „nur“ 64 Kilometer, aber die hatten es wieder in sich. 1025 HM kamen zusammen. Wer schon mal beim Trollinger Marathon in Heilbronn mit gemacht hat, weiß Bescheid. Das Wetter war wieder herrlich, allerdings um die Mittagszeit zu warm, was besonders bei den vielen, langen Passagen durch freies Gelände nicht angenehm war. 34 Kilometer lief ich ganz alleine, dann holte mich Klaus ein und wir liefen zusammen.
Ich machte langsam, weil der linke Oberschenkel etwas schmerzte. Ich will damit einfach verhindern, dass es schlimmer wird. Klaus fiel es heute auch schwer, ihn plagte immer noch die Ferse. Deshalb hatte er auch wieder zweierlei Schuhe an. Beide waren wir zusätzlich sehr, sehr müde und deshalb froh, dass die ganz langen Etappen hinter uns liegen und wir nicht mehr 11 und mehr Stunden am Tag unterwegs sein müssen.
Wir kamen durchs Zabergäu und Strohgäu nach Rutesheim, wo uns tatsächlich Anwohner Getränke anboten. Auch angesprochen wurden öfters. Spricht sich unser Lauf durch Deutschland rum? Im SWR soll auch ein Beitrag gekommen sein. In Renningen, unserem heutigen Etappenziel, war die Bevölkerung jedenfalls via Amtsblatt informiert. Der Lauftreff Renningen hatte im Ziel eine Kaffee- und Kuchen-Party organisiert und ein sehr gutes Nachtessen zubereitet. Maultschen gab’s, Carbo-Loading auf schwäbisch. Und zum Nachtisch nochmals Kuchen.
Der Zieleinlauf war heute René Strosny (5:56:50), Rainer Koch (6:12:23) und Hans Jürgen Schlotter (6:46:03). Die drei führen auch die Gesamtwertung an, allerdings ist dort Rainer mit über 6 ½ Stunden Vorsprung noch immer Erster.
Zwei Läufern ging es heute sehr schlecht. Ob sie morgen an den Start gehen? Es geht nach Horb, da wohnt Ingo. Im Gewerbegebiet ist „Tag der offenen Tür“ und die Zielankunft der Deutschlandläufer soll in die Veranstaltung eingebunden werden.
Heute Nacht ging es mir überhaupt nicht gut. Ich musste raus und mich übergeben. Keine Ahnung, was da los war. Am Morgen kroch ich kaum erholt aus dem Schlafsack. 54 Kilometer sollte ich laufen? Wie sollte das denn gehen? Zu allem Übel schmerzte mir nach wie vor der linke Oberschenkel. Es ist nicht schlimmer geworden. Aber auch nicht besser.
Um 6:00 Uhr war ich also wieder auf der Straße in Richtung Horb, wo Ingo wohnt. Zunächst ging es meist über Wirtschaftswege, Radwege und Nebenstraßen, später waren auch immer häufiger Verkehrsstraßen dabei. Die meisten Autofahrer waren sehr rücksichtsvoll, ein paar der anderen Sorte waren aber auch wieder dabei. Aber für die sind ja wir die Deppen.
In Herrenberg hatte sich eine Fangruppe postiert. Wir wurden mit viel Applaus empfangen. Dass Schwaben geizig sind, ist ja nur ein Gerücht. Jedenfalls gab es für jeden zu Trinken und eine Brezel.
Nachdem gestern die Obrigkeit schon einmal die Muskeln spielen ließ, wollten heute Polizeibeamte unseren Werner Selch von der Strecke holen. Er war bei ROT über die Ampel gegangen. Ein Telefonat mit Ingo, der die Personalien bestätigte, und Werner konnte seinen Lauf fortsetzen. Er kam dann als 10. ins Ziel, muss allerdings mit einer Anzeige rechnen. Spielverderber.
Dann gab es aber doch noch etwas zu feiern: der 1.000 Kilometer. Deutlich war die Stelle markiert und jeder hatte dazu so seine Bemerkung oder sein Ritual. Bei der Verpflegungsstelle gab es sogar Sekt. An mir ging das ziemlich emotionslos vorbei. Ich war heute einfach nicht gut drauf, müde und schlapp. Morgen könnte von mir aus Feierabend sein. Mir ging’s schlecht, und da ist jeder Tag zu viel. Die letzten 20 Kilometer bin ich mit Davor fast nur noch marschiert und kam nach 8:27 Stunden ins Ziel. Klaus Neumann war da schon frisch geduscht, er war heute über eine Stunde schneller.
Rainer hatte heute auch Riesenprobleme (Kreislauf oder so) und wollte gar nicht erst auf die Strecke. Da half nur gutes Zureden. Schließlich machte er sich doch um 7:00 Uhr auf den Weg, erholte sich auch etwas und kam mit Shakal Ryan nach 6:36 ins Ziel. René gewann die Etappe in 4:51 Stunden und liegt in der Gesamtwertung weiterhin auf Platz 2, Dritter ist Hans-Jürgen Schlotter.
Hans-Jürgen kommt wie Ingo aus Horb. Das Ziel wurde ins Gewerbegebiet verlegt und dort in den „Tag der offenen Tür“ eingebunden. Es waren sehr viele Leute gekommen, die dann auch uns Deutschlandläufer stürmisch begrüßten. Ganz besonders natürlich ihren Helden Hans-Jürgen.
Morgen geht es 60 Kilometer nach St. Georgen. Ich leg mich jetzt hin, hoffentlich träum ich von etwas Anderem.
Gestern verkroch ich mich gleich nach meinem Bericht im Schlafsack. Ich schlief gut und fest. Als ich heute morgen aufwachte, war ich klatschnass geschwitzt. Aber es ging mir besser. Als ob ich „etwas“ rausgeschwitzt hätte. Auch die Schmerzen in meinem linken Oberschenkel nahm ich nicht mehr so wahr.
Draußen war es kalt und bedeckt. Nach den vielen Tagen in der prallen Sonne war darüber niemand böse. Um 6.00 Uhr waren wir wieder unterwegs. Obwohl es mir, wie gesagt, besser ging, hielt ich mich tempomäßig zurück. Der erste Streckenabschnitt verlief auf dem Neckartal-Radweg. Bernd Wagner lief zu mir auf und wir liefen und marschierten abwechselnd bis km 40 zusammen. Es waren wieder etliche Steigungen drin, die sich zu insgesamt 785 HM addierten.
Die letzten 20 Kilometer machte ich zusammen mit unserem „Gastläufer“ Marcel, der seinen geplanten Aufenthalt beim Deutschlandlauf wegen „wachsender Begeisterung“ verlängerte und nun bis Lörrach dabei bleiben will. Er will im nächsten Jahr die „fehlenden“ ersten Etappen nachholen.
Nach knapp neuen Stunden kam ich heute ins Ziel. Rainer hat sich, soweit ich das mitgekriegt habe, wieder berappelt. Jedenfalls lief er heute zusammen mit René als Erster nach 5:44 Stunden ins Ziel auf dem Marktplatz in St. Georgen.
Zum Essen gehen wir heute zum Chinesen. Eine willkommene Abwechselung. Allerdings konnten es viele nicht abwarten und holten sich schon mal eine Pizza. Klar, dass ich als Pizza-Fan da ganz vorne mit dabei war.
Ich fasse mich heute etwas kurz. Morgen wird Klaus Duwe kommen, die Etappe mit laufen und dann ausführlicher berichten.
Heute schreibe ich den Bericht vom Deutschlandlauf. Ich habe mir mit meiner Teilnahme an der 16. Etappe die Legitimation dazu erworben.
In aller Frühe bin ich in der Robert-Gerwig-Schule in St. Georgen aufgekreuzt. Bernhard und Eberhard sind schon gestern angereist und haben mit vielen Bekannten Wiedersehen gefeiert. Ich hole das jetzt beim Frühstück nach. Karlheinz freut sich natürlich am meisten. Wir wollen diese Etappe zusammen laufen.
Ingo Schulze, Organisator des „härtesten Laufes“ Europas verliest die Namen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 16. Etappe, dann geht es auf den Schulhof zum Countdown und Start der ersten Gruppe pünktlich um 6.00 Uhr. Um 7.00 Uhr startet dann die Gruppe der schnelleren Läufer.
Es ist noch dunkel. Polizei sperrt die ersten Kreuzungen ab und weist uns den Weg nach Brigach. Wir laufen auf einer jetzt noch wenig befahrenen Verkehrsstraße. Nach kurzem Einlaufen geht es bergauf und die geplagten Deutschlandläufer schalten vom Laufen auf Gehen um. Jede Läuferin, jeder Läufer, hat einen Gruß und ein freundliches Wort parat. Mit etlichen komme ich ins Gespräch. Eines ist am zweitletzten Tag dieser Strapaze klar: es geht nur noch ums Ankommen. Die Treppchenplätze sind vergeben, und dahinter sind die Platzierungen und Zeiten zweitrangig.
Ich bin überrascht, dass die meisten „Aussteiger“ nach einigen Tagen der Erholung und Genesung das Rennen außerhalb der Wertung fortsetzen. Spontan denke ich mir, dass ich mir das nicht antun würde.
Das sieht Simone anders. Sie ist mit Ihrem Mann im Wohnmobil unterwegs. Er fährt die Strecke mit dem Rad, sie läuft. Nach dem 5. Tag und über 400 Kilometern muss sie passen. Sie schont sich 8 Tage und macht sich in der Organisation und als Helferin nützlich, hält so Kontakt zu den Läuferinnen und Läufern und steigt am 13. Tag wieder in das Rennen ein, beklatscht und begrüßt von allen anderen.
Das gleiche erzählt mir Jörg Maisenbacher, der ebenfalls nach dem 5. Tag einige „Ruhetage“ einlegte und am 12. das Rennen wieder aufnahm.
Auch Ruth erzählt mir ihre Gründe, am 7. Tag nach 540 Kilometern auszusteigen. Die ganz langen Etappen mit dreimal über 80 und einmal über 90 Kilometern hatte sie gemeistert. Dann streikte ihr Körper. Sie zögerte lange und kämpfte hart mit sich. Dann traf sie die Entscheidung, stieg aus, und war erleichtert. Auch sie bleibt bei der Truppe, hilft und muntert die anderen auf. Heute ist sie wieder auf der Strecke und ich erlebe, wie sich alle mit ihr freuen.
Nach 682 Kilometern hat Hartmut nach dem 9. Tag das Handtuch geworfen. Nach der bis dahin kürzesten Etappe ging nichts mehr. Sechs Tage brauchte sein Körper, um sich einigermaßen zu erholen. Heute ist er wieder gut gelaunt ins Rennen gegangen. Er hat nie einen Gedanken daran verschwendet, abzureisen. Die gemeinsam durchlebten Strapazen haben die Gruppe der Läuferinnen und Läufer zu einem verschworenen Haufen zusammen geschweißt.
Mir fehlt diese Erfahrung, daher mein abwegiger Gedanke. Die Zeit vergeht im Flug. Längst sind wir an Rohrbach, Schönenbach und Furtwangen vorbei. Bei km 27 erreichen wir den Gasthof „Kalte Herberge“ am Westweg Pforzheim – Basel.
Karlheinz ist mal vor, mal hinter mir. Wir kennen uns schon an die zwanzig Jahre. Noch nie sind wir eine Strecke komplett zusammen gelaufen. Zu groß ist der Leistungsunterschied. Heute könnte es aber klappen. Leider, muss ich dazu sagen. Denn Karlheinz ist angeschlagen. Seine Schritte sind schwer. Als wir die Straßenseite wechseln und er vom Bordstein steigt, sehe ich förmlich seine Schmerzen. Auf der anderen Straßenseite bleibt er auf der Fahrbahn und erspart sich den Schritt auf den Fußgängerweg, bis wir rechts abbiegen. Aber er ist sehr gut gelaunt, lacht und erzählt uns von seinem Schalke 04.
Andreas Amann aus Ettenheim läuft schon die ganze Zeit in unserer Gruppe. Er hat an etlichen Marathons, Ultras und auch am Bieler 100er erfolgreich teilgenommen. Dies hier ist sein erster Etappenlauf. Ich kann es nicht glauben: erster Etappenlauf, und gleich so ein Kracher? Er läuft ganz locker, nicht schnell, hin und wieder macht er (und wir auch) eine Gehpause. Er ist bisher ohne Verletzung geblieben, nur eine kleine Blase musste er mal aufstechen. Seine Vorbereitung auf den Deutschlandlauf dauerte ein komplettes Jahr. Dabei hat er ein wöchentliches Pensum von 100 – 180 abgespult. Mit 64 Kilo Körpergewicht ging er ins Rennen. Jetzt sind es noch 59. „Mein Körperfettanteil muss unter 1 % liegen“, meint er scherzhaft.
Dann ist da noch Willem Mütze aus Heerlen (NL). Er ist mir letztes Jahr beim Röntgenlauf schon aufgefallen. Nach 10 Kilometer überholte ich damals einen Marschierer, eben diesen Willem. Wo kommt denn der jetzt her? Geht das mit rechten Dingen zu? Nach einer halben Stunde, an der nächsten Steigung, hat er mich dann überholt. Danach hatte ich ihn nicht mehr gesehen. So ein Tempo legt der vor. Auch hier marschiert er alles, hält sich aber etwas zurück, weil er einen Freund mitzieht. „Gehen ist für mich Erholung“, sagt er mir. „Ich könnte auch laufen. Aber das strengt mich zu sehr an. Ich habe Urlaub“.
Die Ersten der um 7.00 Uhr gestarteten haben uns längst überholt, darunter Schek Kee Lo und Hans-Jügen Schlotter. Rainer Koch und René Strosny, die Erstplatzierten holen uns am „Wiedewanderhof“ bei knapp 29 Kilometer ein. René hat heute eine Krise, es geht ihm nicht gut. Er sieht müde und abgekämpft aus. Rainer führt in der Gesamtwertung nach wie vor unangefochten. Seine Knöchelverletzung und seine Krise hat er zwar hinter sich, will aber nichts riskieren und gibt René moralische Unterstützung. Das ist gelebte Kameradschaft.
Wir sind in Titisee (km 44), laufen über die belebte Seepromenade und bekommen auch hin und wieder Beifall. Wir drei (Bernhard, Eberhard und ich) erröten und lassen Karlheinz jetzt vorne laufen.
Bei km 48 kommt die 5. Verpflegungsstelle. Wie immer werden wir mit Applaus begrüßt. Das Angebot ist nicht zu überbieten. Wurst- und Käseschnittchen, Nüsse und Salzgebäck, Riegel, Wasser, Orangensaft, Cola……
Jetzt geht es auf der Verkehrsstraße bergauf Richtung Feldberg. Wir marschieren, bis wir zur Passhöhe kommen. Von dort sind es noch flache 2 Kilometer bis zum Etappenziel Altglashütten.
Nicht viel später kommt Marcel ins Ziel. Er ist am 8. Tag in das Rennen eingestiegen und wollte „nur“ 4 Etappen mit laufen. Er ist noch immer dabei und läuft auch morgen die letzte Etappe. Und im nächsten Jahr holt er die Etappen 1 – 7 nach. „Mehr ist für mich nicht drin“, so seine Erkenntnis.
Wir haben einen herrlichen Tag im Kreise der Deutschland-Läuferinnen und -Läufer erlebt.
Ich habe den größten Respekt vor der Leistung jedes Einzelnen. Morgen werde ich in Gedanken bei ihnen sein und mich mit ihnen über ihren Triumph freuen, wenn sie in Lörrach das Ziel erreichen – ob als Finisher oder mit einem Teilerfolg.
„Ich beneide Euch um den Tag morgen“, sage ich zum Abschied und füge hinzu: „Um die anderen 16 nicht so sehr.“
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