Grüezi gnant aus Davos
Wieder ist ein Jahr vergangen und bereits zum zweiten Mal geht es zum swissalpine nach Davos. Während ich 2007 gehörige Manschetten vor dem K78 hatte, bin ich heuer bedeutend ruhiger. Ich weiß, was auf mich zukommt, kenne wohl die Schlüsselpunkte des Rennes und bin durch die Bergläufe in Liechtenstein und Zermatt sowie durch den Fidelitas Nachtlauf über 80 Kilometer auf die Herausforderung in den Graubündener Bergen gut präpariert.
Über die Geschichte Davos und was da alles interessant ist, will ich nichts mehr schreiben. Ich empfehle halt einfach meinen Bericht von 2007.
Was kann man denn da alles unternehmen? Allerhand und für jedermann und jedefrau ist was geboten. Ich zähl mal auf: Eine Woche vorher der Alpinathlon (früher: Team-Wettbewerb), unter der Woche Jazzkonzert, Streckenbesichtigung, Besuch der Kirche in Mistail, Ausflug nach St. Moritz, Zwergen Marathon in Klosters, Medical Parc (Gesundheitsmesse), Klassikkonzert, swissalpine Power (spirituelle Impulse), Kinderlauf in Davos, Nudelparty und natürlich das Rennen für die Bergfexe.
Und da ist auch vieles möglich: Vom Klassiker K78 bis hin zum K42, C42, K31, K21, Walk und K11. Highseven nennt man das Programm und das steht für die ganze Woche. Nachdem ich noch im Urlaub bin, reise ich ein paar Tage eher an und kann so noch einiges besichtigen und mich gleichzeitig ein wenig an die Höhe anpassen.
Die Startunterlagen gibt es wie im Vorjahr im Kongresszentrum. Wer noch Zeit und Interesse hat, kann sich noch auf der Laufmesse umsehen und vielleicht das eine oder andere Schnäppchen machen. Ich bleibe beim Stand der Tour de Tirol hängen, ratsche einige Zeit mit Martin Kaindl und erfahre so nebenbei, dass er letztes Jahr beim K78 eine Zeitlang mit dem Spitzbärtigen gelaufen ist, damit meint er Michi, der heuer nicht kann. Ob ich schon gemeldet habe für die Tour, will er noch wissen. Ich glaube, ich werde wieder für m4y als laufender Reporter berichten.
Anschließend lasse ich mit die Nudeln schmecken. Die Sonne brennt jetzt am frühen Abend noch ganz schön auf meine Birne. Später verziehe ich mich in meine Unterkunft, die ich zuhinterst im Sertigtal gewählt habe. Eine schönes Hotel und Restaurant, das zudem noch ein günstiges Touristenlager im Angebot hat.
Gegen 05.45 Uhr springe ich aus dem Bett, nachdem schon jemand mit der Funzel seine Sachen hergerichtet hat. Zwei kleine Semmeln mit etwas Wurst, Käse und Marmelade, dazu Kaffee und Saft, das reicht mir als Frühstück.
Kurz vor acht Uhr versammelt sich das Laufvolk auf der Tartanbahn. Ich schummele mich noch in die Mitte des Feldes unter Aushängen einer Absperrung und stehe fast neben m4y-Autor Klaus Klein. Es ertönt die „swissalpine-Hymne“ Conquest of Paradise von Vangelis, mit dem letzten Takt vernehme ich den Startschuss und das Feld setzt sich ohne Hektik und ohne Drängeln in Bewegung. Dieser Weg wird kein leichter sein!
Beim Arabella Hotel drehen wir an einem schönen Brunnen im Park unsere Laufrichtung, es geht auf die Promenade. Diese direzione wird jetzt für rund 30 Kilometer nicht mehr geändert, immer im Landwassertal entlang. Wer meint, es geht nur bergab, den muss ich enttäuschen, es sind schon einige kernige Steigungen und auch Engstellen mit Wurzeln und Treppen eingebaut. Nur, dass es nicht langweilig wird.
Es ist schon imposant, welch großes Feld sich auf der Promenade bewegt. Wie bei einem Stadtmarathon. Wir haben zwar nicht den Zuschauerzuspruch wie in Berlin oder Zürich, aber die Herzlichkeit der Einheimischen und Touristen ist gigantisch. Bei einem Läufer lese ich NEVER WALK ALONE auf dem Shirt. Wie wahr.
In der Nähe des Bahnhofes geht es dann schließlich aus dem Stadtgebiet hinaus. Wir unterqueren die Bahn und „ja wen hamma denn da“, so spreche ich Olaf Schmalfuß mit Gattin an. Er jammert ein wenig: „Ich hab wie immer zu wenig trainiert!“ Dann dauert halt die Schinderei länger. Plagen kann er sich schon, er hat schließlich im letzten Jahr in Fürth einen Marathon barfüssig absolviert. Und da war auch ein Stückchen Schotterweg dabei.
An der ersten V-Stelle wird schon eifrig zugegriffen. Gerade in der Höhe ist es wichtig, viel und regelmäßig zu trinken. Man merkt kaum, dass der Körper Wasser verliert. Und wenn dann Durstgefühl aufkommt, wird es schwierig, in seinem Plan zu bleiben. Ich greife mir zwei Becher Wasser.
Der asphaltierte Untergrund endet nach etwa sieben Kilometer. Und damit es abwechslungsreich wird, geht es beim Wildboden auf einer Serpentine gleich bergauf. Die Wiesen stehen fett da und werden wohl bald gemäht. Nach einem kurzen Laufstück durch schattigen Wald überqueren wir den Sertigbach und laufen über die gesicherte Sertigstraße.
Dann taucht Kilometerschild 10 auf. Ich schaue auf die Uhr. 55 Minuten. Das scheint mir etwas zu schnell zu sein. Ja, als Plan habe ich mir wieder runde Stunden festgelegt. Drei bis Filisur und das Mittagsläuten will ich in Bergün hören. Schaun mer mal.
Dann nach einer Stunde Laufzeit kommt eine Engstelle. Vom der breiten Waldautobahn, wo immerhin zwei oder drei nebeneinander laufen können, geht es auf einen Singeltrail. An der Verengung stockt es schon ein paar Augenblicke. Wie auf der Autobahn vor einer Baustelle. Weil von hinten zu viel nachkommt, stockt es und staut es sich. Da werden die Sportler weiter hinten wohl kräftig fluchen. An einer breiteren Stelle bleibe ich für ein Foto stehen. Im Gänsemarsch kommen die Runner mehr oder minder angetapert, ein richtiger Lindwurm.
Bereits vor dem Ortseingang Spina (Kilometer 12) hören wir Kuhglockengeschepper. Einer schwenkt ein Riesengerät vor seinem Ranzen hin und her, der andere hat wohl an die 15 Glocken, alle verschieden groß, an einer Holzstange befestigt und läutet sie abwechselnd, zum Gänsehaut kreigen. Das macht Spaß. Wir verlassen den Ort. Auf der folgenden Steigung, hier wird gerade der Fahrweg repariert, steigt Staub auf, wie wenn eine Herde Büffel durch die nordamerikanische Prärie rennt.
An der folgenden V-Stelle sind besonders die Kinder eifrig dabei. Ich glaube, denen macht das noch mehr Spaß als uns. Später geht es im Bereich des Silberweges und Knappenweges steil bergab. Rund 300 Höhenmeter verlieren wir. Erste Konzentration ist schon nötig, denn immer wieder lauern Wurzeln und Steine, die den unaufmerksamen Läufer den Fuß legen. Einer muss schon Bodenkontakt gehabt haben, denn sein Trikot schaut nicht mehr blütenweiss aus, schon eher wie nach einem Baustelleneinsatz. Beim Schmelzboden (Kilometer 20, 1340 m) ist das Gröbste vorbei.
Hier ist schon die fünfte Tankstelle, also verdursten und verhungern braucht keiner. Neben Wasser, Tee und Iso ist auch abwechselnd Bouillon, Cola, Rivella, Riegel, Bananen und Alpinbrötli zu haben. Lediglich die Vollkornriegel sind etwas schwierig zu handeln, denn die sind sprichwörtlich nur hinunterwürgend in den Magen zu bekommen.
Die nächsten Kilometer dürfen wir wieder die Blicke in der Zügenschlucht umherschweifen lassen. An einer Stelle liegt sogar noch Altschnee. Es geht mehrmals durch kurze, spärlich beleuchtete Tunnel. Ein Verkehrschild besagt, dass man nicht rasten sollte, Steinschlag. Neben uns hören wir das Wasser tosen.
Station Wiesen (Kilometer 25, 1197 m). Von einem Moderator werden wir angekündigt. Es wird wieder einmal verpflegt und dann geht es auf das Wiesner Viadukt. Letztes Jahr ist just bei meinem Überqueren eine Bahn gekommen. Ich lasse vor dem Betreten der Brücke noch ein paar Verfolger vorbei und kann so mitten auf dem Viadukt noch ein Bild schießen. Über der Landwasserschlucht steht ein Hubschrauber, eine Person sitzt an der geöffneten Tür, seine Füße baumeln über die Tiefe. Ja, da musst schon schwindelfrei sein. Oder wer sich dann übergeben muss, auch nicht schlimm, die Erdanziehung sorgt für freie Beobachtersicht. Mich spricht eine Frau an. Sie hätte im Vorfeld wegen der Überquerung Angst gehabt, aber jetzt hat sie das Läuferfeld einfach mitgerissen. Und weiter geht’s.
Unsere Strecke bleibt weiterhin abwechslungsreich. Mal schmäler, mal wieder auf breiteren Flurwegen wie im Schönboden (Kilometer 28). An einem Gatter wartet eine Frau auf einen Sportler. Zwei Pferde schauen interessiert zu. Vor dem Ortseingang Filisur kommt die Streckentrennung. Der C42-Kurs biegt rechts ab.
Am Ortseingang Filisur (1032 m) geht es steil bergab. Im Bahnhof ist gerade ein Zug eingefahren. Es könnte gar der Glacierexpress sein. Ich erkenne viele Abteile, am Ende sind einige Aussichtswagen.
Im Ortskern macht mich ein einheimischer Läufer auf eine sehr alte Fassade aufmerksam. Ich kann leider die Jahreszahl nicht entziffern. Es könnte aber 1595 sein. Ein paar Meter weiter sind dann die C31er fertig mit der Arbeit. Bei uns wird eine Zwischenzeit genommen. Es ist kurz nach 11.00 Uhr. Also bin ich genau richtig im Tempo.
Wir sind jetzt am tiefsten Punkt unseres Kurses angekommen. Ab jetzt geht es bergauf. Zunächst im Tal der Albula. Wir hören immer wieder ein Pfeifen der weit oberhalb fahrenden Rhätischen Bahn. Mittlerweile ist es sehr warm, der Schweiß fließt.
„Ein großer Morgen eint uns alle wieder,
und jeder Schritt ist ein entgegengehn.“
Ja, einmal im Jahr im Juli versammeln wir uns in der Frühe und dann bringt uns jeder Schritt dem Ziel näher. Wie wahr der Spruch über dem Gasthaus ist.
Das Flachstück endet, es geht schwer bergan. Mich spricht Daniel Steiner an. Der Schweizer ist neu im m4y-Autoren-Team. Wir vertreiben uns ein wenig die Zeit mit gemeinsamen Tipps und Ratschlägen zum Lauf und zum Bericht.
Auf der Hauptstraße nach Bergün läuft eine weibliche Gazelle vorbei, schier wie von einer Tarantel gestochen, mit einem Knopf im Ohr. „Was hörst Du denn?“ will das gehende Läuferfeld wissen. „AC/DC“, sagt sie. Geistesgegenwärtig kommt von mir: „Wahrscheinlich Highway to Hell!“ Lautes Lachen.
Zwei Veranstalterbusse kommen entgegen. Im letzten Moment erkenne ich im Bus Margot Duwe beim Winken. Ich hebe die Hand.
Dann taucht Bergün auf (Kilometer 39, 1365 m). Hier kann Wechselbekleidung aufgenommen werden. Ich habe mich schon vorher entschlossen, auch in Anbetracht der Umstände am Zugspitzlauf, ein dickes Oberteil mitzuführen. Was sagt das Zeiteisen? Noch nicht ganz Mittag. Recht so. Im Ortskern wird wieder eine Zwischenzeit genommen. Eine schöne Stimmung kann ich feststellen.
Nach einer kurzen Runde biegen wir links in das Val Tours ab. Die Steigung lässt wieder nach. Es kann wieder gelaufen werden. Mittlerweile komme ich mit der Strecke gut zurecht und kann immer wieder Läufer einsammeln. Ja, es macht Spaß.
Mittlerweile sind wir in das Ende des K42-Feldes hineingelaufen. Mir fällt ein Läufer mit moderner Laufhose auf, der hat eine Lederbüx an. Es ist Pius App. Auch 2007 hatte er eine schnelle Lederhose an. Er gehört schon zum swissalpine-Inventar, denn er hat bei jeder Auflage teilgenommen.
Vor mir ein betagter Herr. Ich spreche ihn an und lobe seinen gleichmäßigen Wanderschritt. Ja, nächstes Jahr wird Rudolf Schwager aus Thun 75 Jahre. „Komme gut und gesund ins Ziel“, so verabschiede ich mich. Er lächelt und hebt die Hand zum Gruß.
Chants (Kilometer 47, 1825 m). Am Berghaus Piz Kesch wird Kuchen und Kaffee vertilgt. Andere machen es sich mit Weingenuss gemütlich. „Da kann man’s aushalten“, rufe ich entgegen. Das nächste Mal werde ich einen Schluck erbetteln. Ein Wanderwegweiser zeigt mir zwei Stunden zur Keschhütte an.
Dann kommt die finale Steigung zur Keschhütte. Zunächst geht es in Serpentinen schattig nuff, dann wird der Weg schmäler. Ein nettes Pärchen zieht sich gegenseitig hinauf. Dann sehe ich einen Marschierer. Ja, was hat der denn Grünes auf dem Kopf. In Ermangelung einer geeigneten Kopfbedeckung hat sich Christoph ein großes Blatt eines Krautgewächses auf den Kopf getan. Nicht dass das Gehirn durchgebruzzelt wird.
Nach wenigen Minuten sehe ich Romeo, seines Zeichens Botschafter des Zermatt Marathons. Oh, er schaut schwer mitgenommen aus. Ich spreche ihn an. „Höre in Dich hinein und mach langsam. Damit Du gesund ins Ziel kommst.“ Er nickt.
Dann wieder ein lustiger Spruch auf einem Shirt. „WHOSE FUCKING IDEA WAS THIS?” Wahrscheinlich ein Engländer. Ich muss schmunzeln. Dann: „Servus Bernd Seitz aus Regensburg.“ „Was Du alles weißt“. Ja als Reporter kommt man herum und lernt auch Leute kennen, obwohl ich kein gutes Namensgedächtnis habe.
Kilometer 50, V-Stelle Tschüvel (2290 m). Noch gute 300 Höhenmeter. Es wird steiniger und karger. Alle gehen. Rechts wird die Sicht auf den angezuckerten Piz Kesch (3417 m) frei. Daneben ist der Porchabellagletscher und der neu entstandene Piz Alpin zu sehen.
Ich erkenne bereits die Keschhütte (Kilometer 53, 2632 m) in der Ferne, die ich nach gut sechs Stunden Laufzeit erreiche. High on Emotion. Man kann fast verrückt werden. Klaus ist fleißig am Fotografieren und fragt mich mindestens drei Mal, wie mir’s geht. Ja, SAUWOHL.
Um die Ecke höre ich bereits die Keschbuäba Dixieland spielen. „Ja, himmi, de müsst da Hubschrauber-Koordinator seng. De ham Saharaklepperl an, richtige Jesuslatschen.“ Ich verweile kurz, greife am Getränkestand zwei Mal zu und dann treibt’s mich weiter.
Nach etwa zwei Kilometer und 200 Höhenmeter tiefer ist die Streckentrennung. Helfer weisen den Weg. „Kämpfer bleiben oben“, sage ich. Der Helfer sagt, „Hä, Kinder oben?“ Ja, wird ma denn in der Höhe schon torerd (bayrisch für schwerhörig). Die meisten im Feld gehören jetzt der K42-Fraktion an.
Entsprechend langgezogen hat sich unser Feld. Das ist gut, da der nur 30 bis 40 Zentimeter breite Trail Konzentration erfordert. Der Weg ist trocken, nur wenig Wasserläufe queren. Immer wieder kann ich laufen, dann bei Stufen und unebenen Stellen wird gegangen. Ein Weg zweigt ab ins Sertigtal. Da sind wohl an die 20 Zuschauer heraufgekommen.
Tagliöl (Kilometer 57, 2500 m). Wieder eine V-Stelle, auch Massage wird angeboten. Mir fallen zwei Läuferinnen auf. Gleich gekleidet, gleich groß, gleiche Ohrringe. Vielleicht Zwillinge? Simone Ernst und Denise Morf aus Zürich. Die schauen nicht nur gut aus, sondern laufen absolut gleichmäßig und das bis zum Ziel. Ich hänge mich an beide dran auf dem weiteren Weg.
Später sehen wir dann die K42er sich von der Alp Funtauna heraufkämpfen. Wir haben es ein wenig einfacher, denn ab der Streckenvereinigung sind es nur mehr 100 Höhenmeter zum Scalettapass (Kilometer 60, 2606 m). Mit Theo Huhnholt vom LC Bayern mache ich Witze über die Graubündner, die ja so steinreich sind. Ja und er hat am Tag nach dem Rennen Geburtstag, einen „Runden“ als Angehöriger des Jahrgangs 1958. „Lass Dich verwöhnen!“
Am Pass zieht es fast wie Hechtsuppe. Ich muss wieder einmal bei meiner Kamera die Batterien wechseln. Gut, dass das Ding funktioniert. Nach dem Zugspitzlauf war wohl Feuchtigkeit eingedrungen. Mal ist sie gegangen, mal nicht, dann waren wieder die frisch geladenen Batterien schnell leer. Es geht jetzt bergab.
Ich muss langsam machen und bin da auch nicht alleine, obwohl manche hinunterstürzen wie Wahnsinnige. Wer sicher ist, kann das ja so machen. Später fällt mit eine Frau auf, die sich die Nase aufgeschrammt hat. Ja, des geht noch.
Dürrboden (Kilometer 64,4, 2007 m), der schwierigste Teil ist geschafft. Wir sind wieder in der Zivilisation. Take Me Home, Country Roads. Nur mehr 14 Kilometer. Ich bin mir fast sicher, ich kann es schaffen. Aber es ist weiterhin Konzentration notwendig. Ich sehe später den Theo bei einer Läuferin, die es aufs Knie gehaut hat. Da scheint eine kleine Ader beschädigt zu sein. Mir tut die Läuferin leid. Da ist wohl das Rennen zu Ende. Ich laufe weiter, da schon einige Läufer und Touristen helfen.
Bei Ain (Kilometer 67, 1846 m), Teufi (Kilometer 71, 1704 m) und Duchlisage (Kilometer 75, 1565 m) sind noch Getränkestellen eingerichtet, jetzt gibt es Cola. Viele Läufer sind schon müde geworden, andere können hier noch aufdrehen. Da ich noch Kraft habe, versuche ich das Tempo auf den ebenen Stücken hoch zu halten.
Dann rund vier Kilometer vor dem Finish, als ich eine Frau überhole, spricht mich diese an. Eine wohl Bekannte aus dem letzten Jahr. Monika Heinzer vom Vierwaldstätter See. Wir vertreiben uns die fehlenden Kilometer mit Unterhaltung. Eigentlich hätten wir uns beim LGT sehen müssen, da war die Monika auch.
Unser Weg geht nach Davos hinein, doch dann kommt eine Sadistenschleife, wo noch zwei Steigungen warten. Besonders die zweite hatte ich nicht mehr im Gedächtnis, aber die überwinden wir auch noch. Konzentration ist nochmals erforderlich wegen der Walker, die zwar größtenteils auf Zuruf den Weg freimachen, aber es gibt auch einige wenige, die stur nebeneinander laufen und für die Läufer kaum was frei lassen.
Was ist denn die liebste Strecke der Walker? Eine mehrspurige Autobahn, wo alle nebeneinander gehen können. Nix für ungut, Spässle gmacht.
Es geht auf die Talstraße und dann biegen wir links ins Stadion ein. Hand in Hand laufen wir auf der Tartanbahn ins Ziel ein. Geschafft. Ich habe, genauso wie die Monika, ein wenig länger gebraucht als 2007, dafür hat es gut 10 Minuten länger Spaß gemacht.
Was braucht es für ein erfolgreiches Finish?
Geduld:
Auf dem ersten Teil von Davos bis Filisur - langsam beginnen, auch von einem Stau nicht nervös machen lassen.
Kraft:
Notwendig auf dem Anstieg zur Keschhütte. Gleichmäßig steigen.
Konzentration:
Auf dem Panoramatrail und besonders auf dem Rückweg durchs Dischmatal.
Gesundheit:
Keine Krankheit oder keinen Infekt im Vorfeld des Rennens.
Gute Vorbereitung:
Optimal ein, zwei Bergläufe zuvor, vielleicht einer als Bergmarathon. Alpine Erfahrung unterstützt.
Trittsicherheit:
Auf dem Panoramatrail unabdingbar.
Gut verpflegen:
Jede Trinkstelle aufsuchen. Lieber saufen wie ein Kamel und evtl. mal ins Gebüsch.
Richtige Kleidung und Ausrüstung:
Bei unsicherer Witterung lieber Wärmekleidung mitnehmen, ggf. im Laufrucksack oder zureichen lassen oder nach Bergün transportieren lassen.
Wer dieses beherzigt, der kann beim swissalpine erfolgreich bestehen. In Davos würde ich mich normalerweise erst langsam zum K78 „hochdienen“.
Siegerlisten
K 78 Männer
1. Buud Jonas SWE Schweden 6:00:26
2. Von Allmen Konrad Olten 6:16:43
3. Fuchser René Dübendorf 6:19:11
K 78 Frauen
1. Nunige Jasmin Davos Platz 77:00:36
2. Hawker Elizabeth GBR 7:11:05
3. Balz Deborah Grub SG 7:31:25
K 42 Männer
1. Frei Max GER Freiburg 3:22:10
2. Van Rie Koen BEL Belgien 3:30:30
3. Strothmann Dirk GER Borgholzhausen 3:30:32
K 42 Frauen
1. Lehmann Diana GER Potsdam 4:04:34
2. Reiber Carolina Zürich 4:07:52
3. Meier Regula Chur 4:14:25
C 42 Männer
1. Ricklin Peter St. Gallen 2:57:57
2. Gschwend Peter Kloten 3:06:18
3. Jobin Michel Birmenstorf 3:07:02
C 42 Frauen
1. Hebding Marion GER Mannheim 3:24:33
2. Zwahlen Edith Hünenberg 3:36:56
3. Küng Helena Glarus 3:39:31
Insgesamt gingen beim 23. Swiss Alpine Marathon 4.591 Teilnehmer aus 49 Nationen an den Start .