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Laufberichte

Tut gut!

14.05.11

Das bereits theoretisch erarbeitete Wissen über diese kleine Stadt auf der Landzunge zwischen Stadt- und Schlosssee kann ich mir auf dem zweiten Teil des Stadtrundgangs ansehen.

Auf der rechten Seite ist die Stiftskirche St. Peter zu sehen, deren Doppeltürme als Wahrzeichen der Stadt über ihre Dachlinie thronen. Ihre barocke Erscheinung entspricht der Vorliebe zum Zeitpunkt ihres Baus vor bald 250 Jahren, als die alte gotische Kirche vergrößert wurde. Auf der anderen Seite des Pflasters steht der hundertjährige Gut-Betha-Brunnen, errichtet zu Ehren der Waldseerin Elisabeth Achler, „die selige Gute Beth“ genannt. Das Franziskanerinnenkloster in Reute, an welchem wir später vorbeilaufen werden, wurde eigens für sie und weitere Nonnen anfangs 15. Jahrhunderts erbaut. Bald nach dem frühen Tod der Mystikerin wurde die gute Beth als Wundertäterin verehrt und zweihundert Jahre später selig gesprochen.

Ganz selig bin auch ich, dass ich bei idealem Wetter an einem neuen, interessanten Ort wieder laufen darf. Wir kurven um das Schloss Waldsee, ein ehemals stark befestigtes Wasserschloss, welchem später auch ein barockes Aussehen verpasst wurde. Was hier so idyllisch steht, war während Jahrhunderten die Machtzentrale, von welcher aus die Waldseer am Gängelband und in der Unterdrückung gehalten wurden.

Durch den Schlosspark hindurch geht es ins Wohngebiet Steinach, wo immer wieder Gruppen von Anwohnern diese Veranstaltung als Anlass zum gemütlichen Beisammensein nehmen und teils unter Zuhilfenahme von Küchengeräten den Sportlern ihre lautstarke Unterstützung kundtun.
Nach dem Wohngebiet stehen auf der rechten Seite viele Brummis bereit, beladen  mit Wohnmobilen des ortsansässigen renommierten Herstellers und wichtigen Arbeitsgebers der Region, Hymer. Ich träume davon, dass irgendwann ein solcher Truck vor meiner Haustüre hält und mir ein kleines, rollendes Daheim ausliefert, mit dem ich von Marathon zu Marathon tuckern kann…

Nach diesem Stückchen Industrie geht es hinaus ins Grüne, ein kürzerer Abschnitt ist nun auch nicht mehr asphaltiert. Nachdem schon nach einem Kilometer das erste Mal Getränke gereicht wurden, gibt es nach 4,5km schon wieder Verpflegung. Verdursten und verhungern muss niemand, die Abstände zwischen den einzelnen Labstellen sind immer etwa gleich kurz. Wenn jemand nebst Wasser, Apfelschorle und Bananen etwas anderes braucht, um über die Runden zu kommen, dann tut er gut daran, sich entsprechend zu organisieren. Ich komme so zurecht.

Auf einer schmalen, langen und ziemlich geraden Straße geht es durch den Wald des Steinacher Rieds. Das Moor mit den Torfabbaufeldern entzieht sich auch nach dem Verlassen des Waldes unseren Blicken, eine Zeile Bäume am Rand der Felder verbirgt es. Dafür kommt schon bald wieder ein Verpflegungsposten mit fröhlichen, motivierten Helfern in Sicht. Links liegt der Weiler Obermöllenbronn, einen Steinwurf voraus– für geübte Demonstranten einen halben – liegt das Ortsschild des östlichen Endes von Untermöllenbronn. Statt in die Ortschaft hineinzulaufen, biegen wir rechts ab und kommen an Pferden und neugierigen Eseln auf ihren Koppeln vorbei. Auch der Untergrund präsentiert sich vorübergehend der Szenerie noch angepasster, nämlich asphaltfrei. Wobei, dadurch dass fast die ganze Strecke asphaltiert ist, braucht es weniger Konzentration, um sturzfrei die friedliche Landschaft zu genießen.

„Gegenwind formt den Charakter“ steht auf einem der regelmäßig auftauchenden Schilder am Wegrand. Mit dem leichten Lüftchen, welches uns umweht, haben wir ein leichtes Spiel, denn im Zusammenspiel mit der zunehmenden Bewölkung  verhilft es zu perfekten äußeren Bedingungen. Das leicht wogende, satte Grün des Getreidefeldes neben der Straße strahlt eine tiefe Ruhe aus.  Recht ruhig ist es auch im Marathonfeld. Es hat sich zwar auseinandergezogen, es sind aber genügend Läufer in der Nähe um mitzubekommen, dass in der nächsten Ortschaft Tannweiler diese Ruhe auf angenehme Art unterbrochen wird. Besonders bei der Kapelle an der Hauptkreuzung werden sie lautstark angefeuert. (Dass ich mit der Kamera die Aufmerksamkeit auf mich ziehe, bin ich gewohnt…)

Kurz darauf sind wir am westlichen Ende des langgezogenen Ortes  Untermöllenbronn, wo wir schon wieder verpflegt und dann auf der kleinen Verbindungsstraße nach Reute entlassen werden.  Auf dieser schließe ich zu dem Duo mit den Startnummern 4049 und 4050 auf. Die nachfolgende Zahl hat die Führung inne, sie gehört Günther und er ist der Guide von Anton, einem blinden Marathonsammler. Ich fotografiere, lasse sie weiterziehen und stelle mir vor, wie ich einem Sehbehinderten erklären würde, wie sich mir Reute von Weitem präsentiert. Die Bauten des Klosters dominieren das Dorf und unterstreichen seine Bedeutung für die Wallfahrer.

Im Dorf gibt es eine Wendeschleife über den Dorfplatz. Dass die Läufer angefeuert werden, dafür sorgen Cheergirls, ein Radiokommentator und ein musikalisches Rahmenprogramm. Mit dem eben live gespielten Song  „Hit he Road Jack“ auf den Lippen tue ich  - wie  es Jack geheißen wurde - und ziehe wieder nordwärts. Dabei  sehe ich Peter und Paul aus der Nähe, die Pfarr- und Wallfahrtskirche, welche das Grab der Seligen Elisabeth von Reute beherbergt.

Am ausgedehnten Kräutergarten des Klosters vorbei geht es auf die nächste Verpflegungsstelle zu. Bestens versorgt kann ich die nächsten zwei Kilometer durch die friedliche Landschaft angehen. Ein paar Regentropfen erinnern mich daran, dass die Meteorologen mit ihren Vorhersagen manchmal auch richtig liegen.

Die Straße durch Obermöllenbronn beschreibt ein S und mündet im rechten Winkel auf die Straße ein, auf welcher wir von Osten her gekommen sind. So, wie wir in der Gegenrichtung erfrischt und gestärkt wurden, so wird es uns auch in dieser Richtung angeboten. Auch für weitere Abwechslung ist gesorgt. Ich bekomme nämlich gerade die Spitze des Halbmarathons zu sehen. Damit ist auch auf den kommenden Kilometern zurück nach Bad Waldsee für Kurzweile gesorgt, bis ich den Schluss des Feldes gekreuzt habe, was doch ein Weilchen dauert. Das Feld ist eindeutig imposanter als die kleine Marathonequipe, zudem macht es den Anschein, dass der Frauenanteil bei „den Halben“ einiges höher ist. Gut, bei der Quote im Marathon ist das noch schnell erreicht…

Kurz vor dem Kilometerschild 19 kommt mir Steffen Wittmann auf dem Weg zu seinem Marathonsieg entgegen. Da läuft was!

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