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Laufberichte

Gesundheitsmarathon

 

Kann man denn wirklich davon ausgehen, dass ein Marathon für den menschlichen Körper gesund ist, nachdem man ständig auch von medizinischer Seite das Gegenteil zu hören oder zu lesen bekommt?

Ich meine JA, und der interessierte Leser wird meine subjektive Antwort auf diese Frage innerhalb der nachfolgenden Seiten erfahren; und nicht nur das!

Es ist nun schon das 14. Mal, dass dieser von Peter Wasser und seinem großartigen Team hervorragend organisierte Marathon stattfindet. Und ich war von Anfang an dabei, was für mich persönlich schon eine ganz besondere Bedeutung hat.

Nach Beendigung des Fidelitas-Nachtlaufs 80 km im Juni vergangenen Jahres im Ziel hatte ich ganz im Gegensatz zu früheren Jahren keine wirklichen Langstreckenläufe mehr unternommen. Den mir normalerweise auch sehr guttuenden Pfälzer Waldmarathon bei Pirmasens war ich, meine Körpersignale missachtend, zu schnell angegangen und dann nach 20 km gedemütigt auf sie hören müssend aus dem Rennen gegangen, was ansonsten absolut meiner eigenen Laufphilosophie widerspricht.

Nachdem ich im November 2015 mein 70. Lebensjahr erreicht hatte, habe ich mir vorgenommen, von jeglichem persönlichen Zielzeitvorhaben Abstand zu nehmen und mich nur noch meinem gesundheitlichen Wohlergehen während dieser Langstreckenläufe zu widmen.

Wie jeden Tag frühstücke ich nach dem Aufstehen nicht, sondern trinke nur den unverdünnten Saft einer ausgedrückten Zitrone und nehme 6 Spirulina-Tabletten ein.

Nach einer 2 ½-stündigen völlig problemlosen Autofahrt, während der ich 2 Salami-Brötchen gegessen hatte, erreiche ich 2 Stunden vor dem Start den kleinen Parkplatz vor der Startnummernausgabe. Schon beim Aussteigen treffe ich das erste bekannte Gesicht eines schnellen Läufers, das mir in Kevelaer in den zurückliegenden Jahren immer wieder begegnet war, und es entwickelt sich ad hoc ein sehr angenehmes Gespräch. Wobei er als Endfünfziger auch mittlerweile schon den Hauptsinn des Langstreckenlaufens in der Gesunderhaltung der Körpers sieht.

Viele gute Lauffreunde, Kameraden und Bekannte treffe ich dann im gut beheizten Aufenthaltszelt. Darunter in der Marathonszene so wohlbekannte Namen wie Sigrid Eichner, Klaus Neumann, HaWe, Karl-Ernst Rösner, Joe Kelbel und viele, viele andere.

Schon beim Start lächelt uns die Sonne am blaufarbenen Firmament zu, und die Temperatur bewegt sich so zwischen 5 und 8 Grad, was für den Monat Januar wettermäßig eine optimale Bedingung verheißt. Das gute Wetter ist dann wohl auch hauptverantwortlich dafür, dass dieses Jahr wesentlich mehr Zuschauer da sind, die die Athleten mit teilweise extrem enthusiastischen Ehrenbezeugungen erfreuen.

Die Strecke misst 6 km auf ausschließlich asphaltiertem Untergrund, die 7mal zuzüglich einer 195 m langen Zieleinlaufstrecke gelaufen werden müssen, um den Marathon zu vollenden.

Teilweise führt der Parcours ganz nahe an der Niederländischen Grenze vorbei. Man hat auch manchmal den Eindruck, schon im westlichen Nachbarland zu sein, denn so bilderbuchflach ist die Laufstrecke.

Nach ca. 1 km komme ich an einem Großagrarbetrieb vorbei und meine Nase nimmt äußerst unangenehme Gerüche wahr. Sie gehen durchs Hirn, Mark und Bein und stammen wohl vom Schwein…
Das sind die Momente, in denen ich mir wünsche,  Vegetarier zu sein…

Nach 3 km kommt schon eine Verpflegungsstelle, an der ein mir wohlbekanntes Vereinsmitglied vom Kevelaer Lauftreff (ebenfalls Ultraläufer), wie auch in den Jahren zuvor Dienst tut. Sogleich kommt wieder ein angenehmes Gespräch mit diesem sympathischen Kameraden, der den Namen eines Großkapitalisten trägt, zustande.

Sein Familienname lautet nämlich Billionär und ich erinnere mich gerade an meine Kindheit zurück, als ich als Schubladenforscher Geldscheine aus den Jugendjahren meiner Großeltern entdeckte, die teilweise sogar 100 Billionen Mark wert waren und im Jahre 1923 gedruckt wurden. 

Mit Freude bemerke ich, dass auch kaltes Wasser und kalte Coca-Cola in Plastikbechern  bereitgestellt ist. In früheren Jahren gab es nur gewärmte Getränke, und ich ließ mir stets eine Extrawurst in Form von Kaltgetränken braten.

Auf der Strecke, wo der Wald die böige kalte Luft bremst, entwickelt die Sonne sogar schon Wärmegefühle. Die ersten 3 Runden genieße ich freudvoll und medidativ, was mich nicht verwundert, denn schon von der Natur her ist die Spezies homo sapiens zum ausdauernden Laufen bestimmt. In der Frühzeit der Menschheitsgeschichte, und das ist die längste Epoche in der Entwicklung zum modernen Menschen, war es unseren Vorfahren verordnet, ihre Nahrung als Jäger und Sammler zu besorgen – anders als heute, wo wir die Beute den Kühlregalen der Supermärkte entnehmen. Sie mussten zumindest vor der Erfindung von Pfeil und Bogen dem Wild hinterherrennen, um es dann letztendlich mit Steinen oder Knüppeln zu erlegen.

Und diese Gene, die sich im Laufe der jahrhunderttausendalten Menschheitsgeschichte verfestigten, sind noch immer in uns. Klar doch, Rolltreppen, Lifte und Kraftfahrzeuge veränderten erst seit wenigen Generationen das Leben des modernen Menschen.  Bürotätigkeiten am Schreibtisch, Fließbandarbeiten im Stehen oder das Sitzen des Bauern auf dem Mähdrescher sind Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Und diese Entwicklung hat ein Ausmaß angenommen, wovon unsere Vorfahren in der vorindustriellen Zeit vor über 200 Jahren nie geträumt hatten.

Das Märchen vom Schlaraffenland mit den Bildern von sehr wohlbeleibten Männlein und Weiblein, denen in genussvoll ruhender Weise gebratene Tauben in den Mund fliegen, wäre für sie zumindest in den Industriestaaten der 1. Welt kein Märchen mehr, sondern Wirklichkeit.

Aber…wie wir alle wissen, ist nichts schwerer zu ertragen als eine ganze Reihe von guten Tagen. Es scheint eine Gesetzmäßigkeit der Natur zu sein, die besagt, dass alles, was mit zu…beginnt, sich ins Negative verkehrt. – zu viel, zu lang, zu kurz etc..

Die moderne Medizin und Pharmazie hat in wenigen Jahrzehnten einen Leistungsstandard erreicht, der unseren Artgenossen im Mittelalter, die zum großen Teil von Seuchen und Lappalien dahingerafft wurden, geradezu himmlisch erscheinen würde. Noch vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert wurde ein wohlbeleibter im Grunde adipöser Mann von der Mehrzahl der damaligen hageren Zeitgenossen als „gutaussehend“ bezeichnet, was übrigens in der 3. Welt noch immer seine Gültigkeit hat.

Die Kehrseite der Medaille ist leider, dass diese vordergründig positive Entwicklung – Hungersnöte sind aus dem Bewusstsein des Bürgers der Westlichen Welt verschwunden – viele für unsere körperliche und seelische Gesundheit sehr nachteilige Nebenwirkungen gebracht hat. So viel „good time“ hat die Natur anscheinend nicht vorgesehen!

Unsere auf Bewegung ausgerichteten Jäger- und Sammlergene melden sich. Für jeden auf unterschiedliche Weise, aber sie machen generell auf sich aufmerksam. Es liegt an uns, auf sie zu hören… Tun wir es, stellen wir schnell fest, dass wir reich belohnt werden, erfahren wir doch am eigenen Körper nach einer nur relativ kurzen Zeit des Lauftrainings ein deja-vue von Glückgefühlen wie in unserer Kindheit.

Mittlerweile werde ich immer wieder von schnellen Läufern überrundet, viele Bekannte unter ihnen grüßen mich freundlich oder klopfen mir anerkennend auf die Schulter.

Trotz sehr mäßiger Geschwindigkeit beißt mir so bei km 26 der „Innere Sauhund“ kräftig in den Hintern, was eigentlich nicht verwundert, da mein Training des letzten halben Jahres für die Marathondistanz absolut incompatible war. Es waren in der Regel nur Läufe bis zur 10 km-Distanz und 2mal waren es etwas mehr als 20 km…

Durch meine exzellente Langlauferfahrung, weiß ich allerdings, dass diese Pein nur temporär Bestand hat. In der Tat, nach relativ kurzer Zeit lässt der Schweinehund wieder von mir ab. Der Verzehr von Powergels hat wohl auch mit dazu beigetragen, ebenso wie mein Laufen ohne Uhr und ohne persönliche Zielzeitvorgabe.

Jetzt laufe ich frohgemut, habe keine Schmerzen nirgendwo und trage als Unterhemd das hochwertige Baumwoll-Shirt meines SH-Supertrail (www.sh-supertrail.de), das der Haut gut tut und kein Salben der Achseln und Brustwarzen oder gar Abpflastern notwendig macht.

Jetzt, in der 5. Runde, kommt eine regelrechte kindliche Freude auf, denn im 70-jährigen Körper läuft der Motor absolut rund und sowohl positive, als auch kreative Gedanken bestimmen den Moment.

Lauffreund HaWe (M 65) überholt mich gerade, mir freudestrahlend auf die Schulter klopfend. Wie immer in black and white Kniestrümpfen verkündet er mir, dass er 4.20 als Zielzeit angepeilt hat…und er hat sein Vorhaben auch erfüllt, wie er mir später verkünden wird.

In einer Länge von 1 km vor und nach dem Ziel sieht man immer wieder die entgegenkommenden Teilnehmer. Viele laufen in Gruppen und etliche haben sich ab der 6. Runde in Marschierer verwandelt. Viele sehr nette Unterhaltungen mit jüngeren Teilnehmern kommen zustande, wie z.B. mit Sabine Schneider, wie ich Mitglied vom 100 Marathon Club, eine sehr attraktive Frau, die meine Tochter sein könnte.

Wieder einmal wird mir bewusst, wie großartig nicht nur der Körper, sondern auch die Seele von diesen Marathonläufen profitiert. Und überhaupt: Marathonlaufen im eigenen individuellen Wohlfühltempo ist wohl die beste Antiaging-Aktivität, die es zurzeit gibt.

Und vor allen Dingen sollten sich besonders Läufer vor so unsagbar blöden Sprüchen von so manchen mir bekannten Lauftreffchefs distanzieren, die abwertend lauten, dass ein Marathon, gelaufen über 4 Stunden, KEIN Marathon sei! Ganz im Gegenteil ist meiner Meinung nach anzuraten, bei steigendem Lebensalter primär auf seine Körpersignale zu achten, die Zeitziele dem anzupassen und sich weiter am Langstreckenlaufen erfreuen.

Nach über 6 h laufe ich dann mit der wirklichen Leichtigkeit des Seins durch’s Ziel. Ein gutes Bier lasse ich mir bei schöner Unterhaltung im Kreis von Kameraden schmecken und begebe mich dann hellwach und ungeduscht (= der Schweiß eines Marathonläufers ist rein!) auf die genau 310 km lange Heimreise.

Es war mal wieder ein schöner, ein sehr schöner Tag!

 

Informationen: Kevelaer-Marathon
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