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Laufberichte

55 mal 767 m = Indoor Marathon

09.11.08

Mit 767 m pro Runde muss man 55 Runden laufen, um auf die Marathondistanz zu kommen und das alles in einem Gebäude!

Die meisten Leute schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie das hören. Sie haben sofort alle möglichen Assoziationen wie Langeweile, Hamsterrad, schlechte Luft, Platzangst und dergleichen. Ich laufe im Jahr meist um die 30 Marathons und Ultras, in Städten, aber auch in schönsten Landschaften, mal in der Masse, mal ganz alleine. Klar, jeder dieser Läufe ist anders, aber doch ähneln sie sich auch und so suche ich nach Abwechslung, nach dem Besonderen.

In Nürnberg beim Indoormarathon im Gebäude der Landesgewerbeanstalt (LGA) gibt es so einen besonderen Marathon. Zum vierten Mal fand er dieses Jahr statt und die letzten drei Mal war ich dabei – entweder muss ich also verrückt, oder der Lauf tatsächlich etwas Besonderes sein. Selbstverständlich trifft zweites zu!

Langweilig ist der Lauf auf keinen Fall, auch die Luft ist gut. Die Flure, durch die man läuft, sind breit genug, dass drei nebeneinander laufen können und Langeweile kommt bei dieser kurzweiligen Runde überhaupt nicht auf. Dazu kommt, dass man wetterunabhängig ist. Ob es draußen stürmt und schneit, im Gebäude der LGA herrscht nahezu ideales Läuferklima. Nur anmelden sollte man sich rechtzeitig, denn mehr als 120 Einzelläufer werden nicht zugelassen, da die Behinderungen sonst zu störend wären.

Die Anreise von Stuttgart am Sonntagmorgen verlief problemlos und auch mein Auto konnte ich direkt auf dem Parkplatz neben dem Gebäude abstellen. Etwas mehr als eine Stunde vor Beginn war noch nicht allzu viel los, die Zeiterfassung wurde noch aufgebaut und meine Startunterlagen bekam ich problemlos. Für uns Läufer gab es in einem abgetrennten Flur Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen, und überhaupt ist die ganze Infrastruktur auf engstem Raum erreichbar.

Beim Lauf sollte man ein paar Regeln einhalten, um dem Umfeld gerecht zu werden: rechts laufen, links überholen und im Treppenhaus nicht überholen. Nach der Einweisung stellten wir uns in einem Flur auf und pünktlich um 11 Uhr war Start. Wenige Meter nur ging es geradeaus, dann nach links weg, durch die „Ohren“ der Zeiterfassung. Wir liefen im Foyer des Gebäudes, weiter bis ans andere Ende, dort umrundeten wir in großem Bogen eine Glasvitrine und schon ging es wieder zurück im Foyer. Mit Flatterbändern war alles bestens markiert, so dass man sich nicht ins Gehege kam.

Das Foyer lag jetzt hinter uns und es ging einen langen Flur entlang, vielleicht 180m, bis es links weg ins Treppenhaus ging, ein Stockwerk tiefer und dort wieder den Flur zurück. Am Ende eine 90 Grad Biegung nach links, die Verpflegungsstelle hier ignorieren, nochmals vielleicht 100 Meter geradeaus, dann nach rechts in ein anderes Treppenhaus und wieder ein Stockwerk hoch. Jetzt war man in dem Flur, in dem gestartet wurde, lief die 100 m bis zur Biegung nach links, kam unmittelbar danach wieder durch die „Zeitohren“ und die erste der 55 Runden war geschafft.

Bereits jetzt war ich ganz am Ende des Feldes und doch mittendrin, denn neben uns Marathonis gab es Halbmarathonis und auch Marathonstaffeln, bei denen sich mehrere Läuferinnen und Läufer den Marathon teilten. Also waren da richtig schnelle Leute unterwegs, so dass ich am Ende meiner ersten Runde bereits von einigen Staffelläufern und Halbmarathonis überholt wurde. Niemanden fiel also auf, dass ich Letzter war. Sorgen machte ich mir jedoch nicht, ich war mir sicher, dass ich noch einige ein- und überholen würde, die sich vom Anfangstempo mitreißen ließen.

Hier im Foyer war richtig große Stimmung. Neben vielen Angehörigen der Läufer standen in der Wechselzone jede Menge Staffelläufer, die auf ihre Einwechslung warteten und lautstark ihren Läufer anfeuerten. Musik beflügelte uns bei unserem Weg durch das Foyer, mal Musikkonserve, mal die der aus den Vorjahren bekannten Trommlergruppe, die uns mit ihren Rhythmen Beine machten. Dazu kam die Moderation von Markus Othmer, der wie immer sachkundig und launig das Geschehen kommentierte und auch den einen oder die andere Läuferin vorstellte und für Beifall sorgte. Wer also bei einem Lauf Zuschauer und Remmidemmi braucht, kam auf dieser 100 m Runde durch das Foyer voll auf seine Kosten. Tauchte man dann anschließend wieder in den Flur ein, war nach wenigen Metern vom ganzen Trubel nichts mehr zu hören, lediglich unten bei der Verpflegungsstelle übertrug ein Lautsprecher das Geschehen von oben.

Mit Flatterbändern war im gesamten Foyer die Strecke gegen die Zuschauer abgesperrt und tatsächlich kam man sich überhaupt nicht ins Gehege. Die Flure und Treppenhäuser waren für Zuschauer sowieso tabu, so dass man überall störungsfrei laufen konnte. Lediglich die Kameraleute des Fernsehens waren an allen möglichen und unmöglichen Stellen auf der Strecke und filmten das Geschehen aus allen denkbaren Perspektiven. Sicher wird daraus wieder eine DVD, wie vergangenes Jahr auch.

Die krumme Rundenlänge von etwa 767m bewirkte, dass ich keine Ahnung von meiner Geschwindigkeit hatte, konnte man sich doch nach keiner vernünftigen Kilometerangabe richten. Immer wieder nahm ich mir vor, zu stoppen, wie lang ich für eine Runde benötigte um dann irgendwie hochzurechnen. Bis ich aber die Runde fertig hatte, vergaß ich regelmäßig, auf die Uhr zu schauen, zu viel lenkte mich unterwegs ab: Das Treppenhaus hinunter musste ich jedes Mal entscheiden, ob ich zwei Stufen auf einmal, oder doch lieber Stufe für Stufe nehmen wollte. Mal machte ich es so, Mal anders, dann wieder trippelte ich ein paar Stufen, um die letzten im zwei-Sprung-Verfahren zu nehmen – kurz, es war jedes Mal eine Herausforderung, die Stufen abwärts zu meistern und meist hatte ich hier bereits meinen Vorsatz vergessen.

Dann kam ja die lange Gerade, an deren Ende die Verpflegungsstelle war. Bis ich dort war, musste ich entscheiden, ob und was ich an der Verpflegungsstelle trinken wollte. Jede zweite Runde nahm ich einen Becher, meist Wasser, selten Iso und nie Cola – das wollte ich mir für die letzten 10 Runden aufheben.

Am Ende des nächsten Flures ging es wieder hoch ins Geschoss drüber. Natürlich immer zwei Stufen auf einmal, denn hier konnte man sich am Geländer hochziehen. Wenn ich dann oben in die letzte Gerade einbog, musste ich meinen Puls kontrollieren, der jedes Mal etwa zehn Schläge höher war als unten und als ich dann durch die „Zeitohren“ lief, von jubelnden Zuschauern empfangen, vergaß ich regelmäßig, auf die Uhr zu schauen. Erst dreißig Meter später, als ich an der Leinwand vorbei kam, auf der die letzten zehn Läuferinnen und Läufer mit Gesamtzeit und Rundenzahl angezeigt wurden, kam mir wieder meine Rundenzeit in den Sinn.

Zum Ärgern über meine Vergesslichkeit aber hatte ich keine Zeit, denn unmittelbar nach der Leinwand kam die Vitrine, die es zu umrunden galt. Da musste ich aufpassen, dass ich den Schnellen nicht im Weg war, die ständig an mir vorbeizischten und mich mal innen, mal außen überholten.

Tatsächlich aber gelang es mir, bei Halbzeit daran zu denken, meine Zeit abzulesen: 4:21 h – wenn ich nicht langsamer würde, könnte ich 4:42 erreichen – wenn! Mein Ehrgeiz war geweckt und ich versuchte, mein Tempo zu halten. Weitere Motivation gab mir, dass ich auf der zweiten Hälfte immer wieder überholen konnte. Wie ich am Anfang schon vermutet hatte, mussten jetzt manche ihrem zu hohen Anfangstempo Tribut zollen, denn manchen sah ich viele Runden gehen. Die Auswertung der Daten meiner Pulsuhr zeigte später, dass ich ganz gleichmäßig gelaufen bin, immer so um die 5 Minuten pro Runde.

Und dann war es endlich soweit – nur noch zehn Runden. Wie geplant trank ich in dieser Runde einen Becher Cola und konzentrierte mich, nicht zu vergessen, die Rundenzeit zu stoppen. Tatsächlich, es gelang, genau 5 Minuten hatte ich gebraucht. Damit hatte eine Vorgabe, die es jetzt weitere neun Runden lang einzuhalten galt. Leider aber war das Cola aus, als ich nach weiteren drei Runden an der Verpflegungsstelle danach fragte. Tja, da musste ich eben mit Wasser vorlieb nehmen und in der Tat, auch Wasser genügte. Jede der restlichen Runden lief ich in genau fünf Minuten und auch die Gesamtzeit mit 4:43:33 zeigte eine identische zweite Hälfte.

Mein Fazit ist dasselbe wie vor zwei Jahren: Ein ganz toller Lauf, mal was ganz anderes. Hier zu laufen habe ich nicht eine Sekunde bereut. Es war sehr kurzweilig und die Zeit verging, ohne dass es irgendwelche Längen gegeben hätte. Nimmt man dann noch die perfekte und trotzdem liebevolle Organisation, die Stimmung im Foyer, den konkurrenzlosen Preis, dann muss ich zusehen, dass ich mich rechtzeitig für kommendes Jahr wieder anmelde. Allen Bedenkenträgern aber wünsche ich, dass sie ihre Vorbehalte gegen einen solch ungewöhnlichen Lauf beibehalten und mir meinen Startplatz nicht streitig machen. Auch hoffe und wünsche ich, dass die vielen Helfer, die so einen Lauf erst möglich machen, dabei bleiben!

Marathonsieger

Männer

1. Kilian, Manfred  3:07:29,9
2. Van Gemmeren, Hans-Jürgen 3:11:40,4
3. Mücke, Dietmar laufmalwieder.de 3:12:36,5 

Frauen

1. Bruder, Birgit TV-Lemberg 3:50:47,6
2. Schwalbe, Dörte ESV Lok Zwickau 4:47:27,4
3. Rudeloff, Helga Helgas Lauffreunde 5:15:24,7

Kosten Marathon

15 Euro.

Zeitnahme

Bibchip, in die Startnummer integrierter Chip, bei dem man durch eine Art Schranke laufen muss zum Zählen.

Weitere Veranstaltungen

Halbmarathon, Staffellauf

Auszeichnung

Goldmedaille, Funktionsshirt, Urkunde.

Verpflegung

Verpflegungsstation mit Wasser, Iso, Cola, Bananen, Riegel, Salzkeksen.

Zuschauer

Im Foyer jede Menge und auch eine phantastische Trommlergruppe.

 

Informationen: Indoor Marathon
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