Das war ein hartes Stück Arbeit. Mit der 7. Etappe von Prad am Stilfserjoch nach Sulden am Ortler über 31 Kilometer und 2.600 HM endete am Samstag der 13. Transalpine-Run. 584 Athleten waren am Sonntag vor einer Woche in Fischen im Allgäu gestartet. 454 finishten die letzte Etappe in dem 1847 m hoch gelegenen Wintersportort Sulden in Italien. Dazwischen lagen knapp 270 Kilometer, 15.500 HM, Dauerregen, Nebel und Schneefall. Aber auch Sonne und Temperaturen in einer Bandbreite von 0 bis 25 Grad.
Am Ende dieses härtesten und emotionalsten Etappenlaufs für Zweierteams über die Alpen siegten die Vorjahres-Vierten Benjamin Bublak/Christoph Lauterbach (GER/GER) in 29:44.03,2 Stunden. Mit einem Rückstand von 1:14.52 Stunden erreichten die als Favoriten gehandelten Stephan Hugenschmidt/Matthias Dippacher (GER/GER) das Ziel als Zweite, Rang drei ging an die Schweizer Adrian Zurbrügg/Jonathan Schmid (1:23.40 Stunden zurück). Die im Laufe der Woche immer stärker werdenden Eidgenossen sicherten sich in eindrucksvoller Manier die anspruchsvolle Schlussetappe mit der Überquerung der 2.886 m hohen Tabarettascharte.
Das Finale hatte es nach einer extrem anspruchsvollen Woche noch einmal in sich. Und damit war nicht nur der emotionale Empfang in der Tennishalle von Sulden gemeint. „Allein für diese Gänsehautstimmung lohnen sich die Anstrengungen“, sagte Matthias Dippacher, der eigentlich einen Sonderpreis für die kämpferischste Leistung verdient gehabt hätte. Denn Dippacher („ich hatte gar kein Körpergefühl“) zeigte sich nicht in seiner besten Verfassung, quälte sich aber von Etappe zu Etappe. „Jetzt bin ich froh, endlich im Ziel zu sein. Ich bedanke mich bei Stephan, dass er mich so unterstützt hat, er war der geilste Partner, den ich mir wünsche konnte. Ich bin jetzt wirklich ganz, ganz müde“.
Verständlich. Denn der Weg nach Sulden führte nach längerer Pause wieder über die legendäre, fast 3000 m hohe Tabarettascharte. Gelaufen wurde die sogenannte Originalroute, die zusätzlich noch durch Nebel und Dauerregen erschwert wurde. „Das war für mich die schönste Etappe des gesamten Transalpine-Run, so könnte es immer sein“, kommentierte Benjamin Bublak das extreme Finale. Für Bublak und Lauterbach ging mit dem Gesamtsieg ein Traum in Erfüllung. „Nach der vierten Etappe habe ich gespürt, dass es mit dem Sieg klappen kann“, erklärte der 26-jährige Thurnauer. Sein drei Jahre älterer Teamkollege Bublak, der für seine Leidenschaft Trailrunning seinen Wohnort von Berlin nach Kufstein verlegt hat, hatte schon auf der zweiten Etappe „eine gewisse Hoffnung, dass es klappen könnte“. In einem Punkt waren sich die beiden Sieger allerdings komplett einig: „Als wir uns am zweiten Tag das Leadertrikot übergestreift haben, war das für uns beide der emotionale Höhepunkt.“
Bublak und Lauterbach waren die verdienten Sieger der 13. Auflage des Transalpine-Run. „Wir standen jeden Tag auf dem Podest und haben uns keine oder nur wenige Schwächen erlaubt“, erklärte Christoph Lauterbach in seiner zurückhaltenden Art. Ein Erfolgsrezept, was nicht auf alle zutraf. „Wir haben unseren zweiten Platz ins Ziel gerettet. Da war eine harte Aufgabe und mehr war auch nicht drin. Aber Matthias hat wirklich toll gekämpft“, sagte Stephan Hugenschmidt, der Sieger von 2014: „Aber der Weg über die Tabarettascharte hat mich für alles entschädigt. Das war eindrucksvoll.“
Ziemliches Pech hatten indes die jungen Deutschen Matthias Baur/Lukas Sörgel auf der Schlussetappe. Baur wurde bereits nach einem Kilometer von einer Wespe am Auge gestochen, sah kaum noch etwas und verlief sich, was sein Partner aber nicht sah. Erst 500 HM später bemerkte Baur seinen Fehler und kehrte um. Es reichte dennoch zu Platz 7 in Sulden und Rang 5 in der Gesamtwertung in 32:40.25,2 Stunden.
Der 13. Transalpine-Run präsentierte sich als das, was ihn auszeichnet: anspruchsvoll, lang, mit wunderschönen Landschaften und als Herausforderung im zwischenmenschlichen Bereich. „Das Geheimnis des Erfolges liegt wohl darin, wie man am besten den Teamgedanken umsetzt. Also die Schwächen des Partners akzeptiert“, zeigte sich Annette Hanssum, Marketing & PR GORE-TEX® products, von der 13. Auflage des Transalpine-Run angetan: „Sieben Tage sind lang, das schweißt zusammen und macht auch den Charakter des TAR als Teamwettbewerb aus. Beeindruckend ist für mich immer wieder, wie emotional die Athleten im Ziel reagieren, wenn sie die letzten Meter geschafft haben.“
Bereits morgens präsentierte sich der Wintersportort Sulden im Nebel und Dauerregen. Auf der fast 3000 m hohen Tabarettascharte waren die Temperaturen empfindlich niedrig gepaart mit heftigem Wind und schwierigen Trails. Die harten Witterungsbedingungen waren nicht nur eine Belastungsprobe für die Sportler, auch fürs Material. „Es hat sich gezeigt, wie enorm wichtig die richtige Bekleidung ist“, so Annette Hanssum.
Als der letzte Meter gelaufen war, entlud sich die Anspannung in Sulden. Die Tennishalle war gefüllt mit Fans, Touristen und Familienangehörigen, die für einen lautstarken Empfang sorgten. Es war die Zeit für große Emotionen und Freudentränen. Die Athleten saßen zusammen, genossen den Augenblick oder pflegten ihre Verletzungen und Blessuren, nachdem sie sich sieben Tage lang auf sportlich höchstem Niveau auseinandergesetzt, bis zur Erschöpfung und darüber hinaus gekämpft hatten.
Als harte Probe erwies sich das Finale auch für die beiden Schwedinnen Lina und Sanna El Kott Helander, die alle sieben Etappen dominierten und mit großem Vorsprung die Kategorie Women gewannen. Immer sah man die beiden 23-Jährigen aus Östersund lachen, nur am letzten Tag nicht mehr. Die eineiigen Zwillinge litten unter schmerzhaften Knöchelentzündungen, erstaunlicher Weise an denselben Stellen. Aber sie bissen auf die Zähne und ließen sich in Sulden von ihren Fans feiern. „Großartig, wir haben es geschafft“, jubelten die Skandinavierinnen.
Großer Kampf war auch in den anderen Klassen angesagt. Es blieb aber bei den bestehenden Kräfteverhältnissen. Den Sieg in der Klasse Master Men holten sich wie im Vorjahr die Deutschen Florian Holzinger und Stefan Holzner mit sieben Etappenerfolgen. Interessant ihre Gesamtzeit. Mit 30:16.11,9 Stunden lagen sie noch vor Hugenschmidt/Dippacher, den Zweiten in der Kategorie Men.
Angesichts der Dominanz von Holzinger/Holzner war Platz 2 für die starken Anton Philipp/Seppi Neuhauser (GER/GER) ein starkes Resultat. „Der Seppi hat mich durchgezogen“, bedankte sich Anton Philipp bei seinem Teamkameraden Neuhauser. Der nach seiner elften Teilnahme auf ein positive Bilanz zurückblicken kann: „Ich bin jetzt elfmal gestartet, fünfmal ist mein Partner ausgeschieden, sechsmal bin ich durchgekommen, davon jetzt zweimal mit Dodo.“ Jetzt darf man auf das kommende Jahr gespannt sein. Denn dann starten Philipp/Neuhauser in der Kategorie Senior Master Men.
Die Kategorie, die in diesem Jahr extrem spannend verlief, auch wenn Dr. Thomas Miksch seinen achten und Partner Jörg Schreiber seinen vierten Sieg in der Zeit von 34:08.10,7 Stunden feierte. „Bis auf den ersten Tag lief es gut, wir haben die Zähne aufeinander gebissen“, sagte Miksch, der von Beginn an unter einer Wadenverletzung litt. Jörg Schreiber: „Unsere Erfahrung hat uns geholfen, wir sind schlau gelaufen.“
Ein Spaziergang war die Angelegenheit aber bestimmt nicht. Besonders das Duo Wolfgang Freimoser/Holger Schulze (GER/GER) erwies sich als würdiger Gegner. „Aber jetzt ist der Akku komplett leer“, gestand Schulze, der mit 101 Etappenstarts absoluter Rekordhalter beim Transalpine-Run ist.
Ebenso spannend verlief das Rennen in der Kategorie Master Mixed, wo es zwischen Kim Mulder/Willem Van't Veer (NL/NL) und Eva Färberböck/Mathis Bode (GER/GER) hin und her ging. Beide Teams gewannen je drei Etappen, Färberböck/Bode sogar die prestigeträchtige Finaletappe. Doch das bessere Ende hatten die Niederländer mit einer Gesamtzeit von 36:23.10,5 Stunden. Färberböck/Bode wiesen einen Rückstand von 29.13 Minuten auf.
Eindeutiger ging es dagegen in der Kategorie Mixed zu. Die beiden Kanadier Marianne Hogan/Mathieu Blanchard gewannen alle sieben Etappen und in 32:46.24,0 Stunden auch die Wertung dieser Kategorie. Bis zum letzten Tag leistete allerdings die schottische Vertretung Helen Bonsor/Andrew Fallas auf Rang 2 in 34:01.40,6 Stunden Gegenwehr. „Sie waren einfach zu stark“, erkannte Helen Bonsor, die Siegerin in der Women Kategorie von 2015, die Dominanz der Nord-Amerikaner neidlos an.
Nicht nur sportlich stimmte es bei der 13. Austragung des Transalpine-Run. Die Westroute von Fischen im Allgäu nach Sulden am Ortler kam bei den fast 600 Sportlern aus 30 Nationen bestens an. Grandiose Landschaften, beste Trails und spektakuläre Downhills sorgten trotz großer Anstrengungen für beste Stimmung und Motivation im Feld. Die Etappenorte Fischen im Allgäu, Lech am Arlberg, St. Anton am Arlberg, Landeck, Samnaun, Scuol, Prad am Stilfserjoch und Sulden am Ortler präsentierten sich als starke Gastgeber.
Alle Ergebnisse des Transalpine-Run 2017 gibt es hier