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Laufberichte

Die Festung immer im Blick

15.05.11
Autor: Heike Mohr

Vom Frankfurt-Marathon 2010 hatte ich 4:23 h stehen. Wenn ich dieses Jahr in Würzburg 4:17 h schaffe, muss mein Kollege Pino aufhören zu rauchen, verkündete ich im Büro.

So ganz überzeugt war er von dem Deal zwar nicht, aber er widersprach letztlich auch nicht. Also machte ich mich mit der Mission „neue Bestzeit und rauchfreier Pino“ am Freitag mit Supporter Nr. 1, Patrick, auf nach Würzburg.

Schon am Freitag Mittag kamen wir an, checkten im Hotel ein und machten uns auf die Socken, um die Stadt zu erkunden. Bestes sommerliches Wetter bot sich uns. Würzburg ist auf jeden Fall eine Reise wert, ein wunderschönes kleines Städtchen mit unzähligen Kirchen, einer beeindruckenden Residenz, vielen sehenswerten Ecken und Plätzen und über allem thront die große Festung, die man beim Vorbeifahren auf der A 3 ja auch immer bewundern kann.

Nach einem ersten Spaziergang durch die Stadt erkundeten wir die Festung. Am Abend stieß Supporter Nr. 2, Marco, dazu. Ich fragte ihn natürlich gleich nach dem berüchtigten Bergstück rauf ins Frauenland. In manchen Internet-Foren regen sich die Läufer über diese Etappe auf, als würden wir mindestens auf den Mount Everest müssen und irgendwo oberhalb der Baumgrenze ankommen. Beruhigen konnte Marco – „Eingeborener“ aus Würzburg – mich aber nicht. Diese Bergetappe sei wirklich nicht zu unterschätzen, es gehe steil bergauf und die Etappe sei auch lang. Na klasse, ich sah meine Bestzeit schon schwinden, zumal Würzburg ja in zwei Runden gelaufen wird, wir also zweimal über den Berg müssen.

Am Samstag Morgen gingen wir meine Startunterlagen auf der Marathonmesse abholen. Die Messe hatten wir schnell abgehakt. Sie bot zwar alles, was man brauchte und was einen als Läufer interessierte – Laufkleidung, Ernährung incl. Gel, Schuhe, Kompressionssocken, Flyer für viele andere Veranstaltungen und „das beste Laufbuch wo gibt“ (das ich trotzdem nicht kaufte) – aber sie war doch sehr übersichtlich.

Danach war nochmal Sightseeing zu Fuß angesagt. Wir machten eine Führung durch die Residenz mit, besichtigten ein paar Kirchen (in denen ich mir den göttlichen Beistand für den morgigen  Lauf holte) und natürlich auch das ein oder andere Café. Am Abend endete unsere Besichtigungstour in der Tapasbar, bevor ich mich relativ früh ins Bett legte, um für Sonntag fit zu sein.

Sonntag Morgen um 6.30 Uhr saß ich am Frühstückstisch im Hotel und konnte den Köstlichkeiten auf dem Frühstücksbüfett nicht so gut widerstehen, wie ich es eigentlich geplant hatte. Statt Müsli mit Obst verschwand neben dem Vollkornbrötchen mit Rührei auch ein Buttercroissant und ein Zitronentörtchen in meinem Magen, der mir das aber nicht übel nahm.

Der Startbereich war direkt vor unserem Hotel und so reichte es, um viertel vor neun raus in die „Kälte“ zu gehen. Ich war ja dankbar, dass es nicht ganz so warm war wie in den letzten Tagen, aber ich Frostbeule fror natürlich in meiner kurzen Laufhose. Im Startbereich suchte ich die beiden Pacemaker für 4:14 h, Thomas Herpich und Willi Melcher. Mit der Gruppe wollte ich so lange laufen, wie ich mithalten konnte. Der Ballon mit der Zielzeit von Willi traf mich bei einem Windstoß am Kopf, ich trat einen Schritt zurück – und stand einem jungen Mann  hinter mir auf dem Fuß. Er beteuerte, dass nichts passiert sei. Martin hieß er, stand auf seiner Startnummer. Offensichtlich gehörte er auch zu der 4:14 h-Gruppe.

Der Startschuss fiel und aus den Lautsprechern ertönte „Highway to Hell“ – hoffentlich war das kein schlechtes Omen, im Hinblick auf die Bergetappe rauf ins Frauenland. Egal, den Gedanken verdrängte ich jetzt erstmal. Vorne fielen bunte Konfetti und die erste Gruppe machte sich auf den Weg. Der zweite Startblock startete kurz dahinter, wieder mit buntem Konfetti. Und dann waren wir dran. Ein letzter Blick auf meine beiden Jungs am Rand, dann ging’s los. Der Startschuss fiel, es regnete Konfetti und wir liefen los.

In meinem Bauch tanzte alles Samba vor Aufregung, die Atmosphäre beim Start war sensationell. Zuerst ging’s über die Brücke der Deutschen Einheit, dann liefen wir erstmal durch ein etwas ruhigeres Viertel. Auf einer Wendestrecke konnten wir die Läufer vor uns sehen und anfeuern. Ich freute mich auf das erste Highlight, die alte Mainbrücke. Da waren wir an den beiden Tagen vorher schon mehrfach drübergelaufen. Eine wunderschöne alte Brücke, auf der die Leute einfach mit Wein- oder Sektgläsern aus der Alten Mainmühle in der Sonne herumstehen. Kurz vor der Brücke sah ich Dietmar Mücke, den barfußlaufenden Pumuckl, mal kurz am Rand. Aber wie immer war der Mann ohne Schuhe schneller als ich mit Schuhen, er war gleich wieder aus meinem Sichtfeld verschwunden.

Und dann kam sie, die alte Mainbrücke. Patrick und Marco standen mitten auf der Brücke und riefen mir schon von weitem zu. Schön, wenn man persönlich angefeuert wird, ich freute mich wie ein Schneekönig, obwohl ich ja wusste, dass die Zwei für mich unterwegs waren. Dann ging’s ein Stück am Main entlang, immer mit Blick auf die Festung in der Sonne. Die Sambagruppen am Rand trommelten uns weiter. Bald erreichten wir km 10, und ich hatte genau eine Stunde auf der Uhr. Na, ob ich das Tempo wohl halten könnte? Noch war ich bei meiner netten Gruppe und fühlte mich gut.

Km 11, km 12, und dann ging’s zum ersten Mal bergauf, vorbei an einer stark befahrenen Straße. Die Autofahrer hupten und winkten, wir winkten zurück. Es ging weg von der Straße und wieder leicht bergab, dann kam ein kurzer steiler Stich. Kilometermäßig könnte das die Steigung ins Frauenland sein, wenn ich den Streckenplan richtig im Kopf hatte. Also tief durchatmen und hochtrappeln. Schwuppdiwupp war die Steigung vorbei und es ging ein langes Stück leicht bergab.

Wie, das sollte alles gewesen sein??? Ich fragte unseren Pacemaker Thomas, ob das jetzt schon die gefürchtete Bergetappe gewesen sein sollte. Nein, war sie nicht, die kam gleich noch. Bei seiner Beschreibung klang das dann nicht mehr ganz so dramatisch, aber wirklich beruhigt hatte mich seine Ausführung auch nicht. Und dann kam die Bergetappe. Es zog sich über knapp einen Kilometer bergauf, aber durchaus machbar. Mein Puls hielt sich erstaunlich niedrig, meine Beine meckerten auch nicht. Und ich dankte im Geiste meiner Trainerin Sandrina, dass sie mich öfter mal über Hügel und Berge scheuchte, das kam mir jetzt zugute.

„Wenn ich gehässig wäre, würde ich jetzt sagen, dass wir das erste Drittel geschafft haben“, grinste Pacemaker Thomas irgendwann frech, als wir km 14 passierten und uns immer noch bergauf kämpften. Aber so schlecht ging’s mir gar nicht, ich war durchaus in der Lage, zurück zu grinsen. Noch! Daran, dass wir folglich die gesamte Streckenlänge noch zweimal laufen müssten und außerdem nochmal den Berg hoch müssten, mochte ich noch nicht denken.

Bergab erholten wir uns dann schnell wieder. Bei km 17 kamen wir an der Residenz vorbei, und hier saßen Patrick und Marco wieder auf einer Parkbank und feuerten mich an.

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Informationen: WVV Marathon Würzburg
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