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Laufberichte

Was soll da noch schief gehen

 

Hier standen wir also an einem sonnigen Julisonntagmorgen um 8 Uhr in Sichtweite von der Burg Normannenstein an der Startlinie. Michael Reitz, Bürgermeister vom Amt Treffurt und Organisator von dem Werratalmarathon hat noch mal alle Läufer ermahnt, an den Verpflegungsstellen genügend zu trinken, da es später etwas wärmer werden könnte. Nachdem der Termin im April verschoben werden musste, konnten sich nun 73 Starter auf die reizvolle Strecke machen. Los ging es bei noch angenehmen Temperaturen erst mal in Richtung Schnellmannhausen.

Wie wahrscheinlich die meisten anderen Teilnehmer auch war ich froh, endlich mal wieder einen Wettkampf laufen zu dürfen. Ich war am Vortag angereist und in dem neueröffneten Hotel 1601 abgestiegen. Um einen ersten Eindruck von der Strecke zu bekommen bin ich mit meinem Tretroller zum Abendessen drei Kilometer werra-aufwärts in den Teilort Falken gefahren. Der Flussradweg ist gesäumt von Kirschenbäumen, vorwiegend Sauerkirschen aber auch opulente Knorpelkirschen, die ihrem Reifegrad zufolge vermuten ließen, dass sie wohl nicht mehr abgeerntet werden. Der größte Hunger war also bereits gestillt als ich in Falken in der Brückenklause angekommen bin. Die freundlichen Betreiber erzählten, dass die Werra bis vor wenigen Jahrzehnten schiffbar war und dass die Wikinger zu ihrer Zeit ab und zu mal vorbeigeschaut haben. Von den Felsen oberhalb des Flusstals haben sie den damaligen Schiffsverkehr kontrolliert. Daher kam also der Normannenstein zu seinem Namen.

Nach einem dunklen Bier, einer Thüringer Bratwurst mit Kraut und einem von den Wirtsleuten spendierten Aroma – so heißt hier der lokale Kräuterschnaps – ging es wieder die bereits ausgeschilderte Strecke von km 39 bis 42 zurück nach Treffurt. Freundlicherweise haben die Betreiber von Hotel 1601, nachdem sie morgens für die Läufer ein vortreffliches Frühstück zubereitet haben, die Check Out Zeit verlängert, sodass sichergestellt war, dass nach dem Zieleinlauf noch kurz geduscht werden konnte.

Aber erst mal ging die Strecke durch Schnellmannhausen auf dem asphaltierten Herkulesradweg weiter in Richtung Volteroda. Bei km 9 kam der einzige ernst zu nehmende Anstieg, den ich aber als nicht besonders anstrengend empfand. Oben angelangt, ging es wieder runter nach Ifta, wo die erste Wechselstelle für die Staffelläufer war. Segment eins von vieren war also schon mal geschafft. Normalerweise sieht mein Zeitplan bei flachen Strecken vor, in jeder Stunde etwa 11km zu laufen. Trotz der Höhenmeter hatte ich dies fast erreicht. Dermaßen beflügelt machte ich mich an das zweite Segment über Creuzburg nach Buchenau. Der Vogel in meinem Kopf sang – angelehnt an einen Gassenhauer aus den Achtziger Jahren – fröhlich vor sich hin:

Creuzburger Läufer sind lang
Creuzburger Läufer sind lang
erst fang se janz langsam an
aber dann, aber dann…

Besonders die dritte Zeile sollte mir später wieder in Erinnerung kommen. Keine Ahnung, ob es nur mir so geht, aber als die lustigsten Momente bei Laufveranstaltungen betrachte ich die Momente, wenn man anderen ansieht, wie sie zu kämpfen haben und ich selbst noch genügend Reserven habe, um mich darüber zu amüsieren. Also bin ich an dem einen oder anderen Teilnehmer lächelnd vorbeigelaufen und war am Ende von Segment zwei von Platz 27 auf 21 gelaufen.

Nach zwei Stunden hatte ich bereits bei 22,5km hinter mir. Noch waren die Temperaturen erträglich und der Streckenverlauf sollte nun wieder bis Treffurt an der Werra entlangführen. Was sollte da also noch schief gehen! Wer schon einmal Marathon gelaufen ist, dem ist vielleicht klar, dass natürlich vieles schief gehen kann und man ahnt vielleicht schon, was danach kam. Einer der größten Fehler ist es, zu schnell anzulaufen und sich mit zu wenig Flüssigkeit zu versorgen. Im dritten Segment von Buchenau nach Frankenroda bin ich also, bedingt durch einen Besuch von dem Mann mit dem Hammer zwischenzeitlich auf Platz 47 zurückgefallen. Bei der 33km Marke hatte ich bereits, wenn man so will, sechseinhalb Minuten Verspätung.

Heute war ich also zur Abwechslung mal der, über den sich andere amüsieren konnten. Netterweise haben diejenigen, die ich in Segment zwei passiert habe, auf Kommentare ihrerseits verzichtet als sie an mir vorbeigelaufen sind. Den Anblick der Felsformationen bei Probsteizella, meiner Ansicht nach der schönste Abschnitt der Strecke, konnte ich umso mehr genießen, da ich immer noch ab und zu gezwungen war, Gehpausen einzulegen. Ich lieferte mir auf dem letzten Segment eine Art Privatrennen mit einer Staffelläuferin, die von ihrem Mann auf dem Fahrrad begleitet wurde. Immer wieder konnte ich sie überholen und einige Meter an Abstand heraus laufen, um die beiden dann bei den Gehpausen wieder an mir vorbeiziehen zu lassen.

So ging das bis nach Falken hinein, wo ich mich bei der letzten Trinkpause bei km 39 noch einmal sammeln konnte.

Auf den von dem Streckenposten angebotenen Aroma und auf weitere Kirschenpflückstopps verzichtend bin ich dann die nun schon bekannten letzten drei Kilometer ohne weitere Zwangspausen nach Treffurt ins Ziel gelaufen. Inzwischen war es schon etwas wärmer und ich vermute mal, dass ich nicht der einzige war, dem die Temperaturen zu schaffen machten. Von Vorteil war natürlich, dass ich vom Vortag die letzten drei Kilometer kannte und so konnte ich noch ein paar Plätze gut machen. Am Ende kam ich deutlich über der anvisierten Vier-Stundenmarke wieder nach Treffurt zurück.

Bei dem Zieleinlauf habe ich festgestellt, dass meine Startnummer sich bei einer der Trinkpausen aufgelöst haben musste. Aber ich hatte ja noch den Transponder an dem Handgelenk, der mir nach passieren der Ziellinie abgenommen wurde. Kurz darauf bekam man einen Ausdruck, mit Gesamtzeit, den einzelnen Segmentzeiten, Gesamt- und Altersklassenplatzierung überreicht. Ein Klasse-Service, den ich in meiner zwanzigjähren Marathonerfahrung bisher noch nicht erlebt habe! Dummerweise habe ich den Ausdruck erst mal in meine völlig durchnässte Hüfttasche gesteckt, umeinige Zeit später festzustellen, dass er nicht mehr lesbar war. Na ja, dies war ja nicht die einzige Torheit, die ich an dem Tag begangen habe.

Am Ende konnte ich also noch ein paar Plätze gut machen. Platz 30 von 71 Läufern im Ziel ist nicht wirklich schlecht. Darüber hinaus wird die landschaftlich reizvolle Strecke in positiver Erinnerung bleiben. Aber hinterher musste ich mich dann doch fragen, was möglich gewesen wäre, wenn ich die ersten zwei Stunden mit etwas weniger Herz und dafür mit mehr Verstand gelaufen wäre. Andererseits besteht für mich der Reiz von einem Marathon auch darin, dass man mal daneben liegen kann. Vielleicht kann ich es bei der dritten Auflage noch einmal versuchen.

Insgesamt muss man sich bei den Veranstaltern für die vorzügliche Organisation bedanken. Faszinierend zu sehen, wie mit vergleichsweise wenigen Mitteln ein dermaßen herausragender Service auf die Beine gestellt werden konnte.

 

 

Informationen: Werratal Marathon
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