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Laufberichte

Rekord zur Premiere

07.04.07
Autor: Klaus Duwe

6 Stunden im Kreis, und das in der Kaserne – Wie's war? Super!!

 

Kennst du das, du machst jahrelang um eine bestimmte Sache einen großen Bogen. „Will ich nicht“ ist dein Killer-Argument gegen alle Versuche, dich umzustimmen. Damit Ruhe ist und damit du allen beweisen kannst, dass es wirklich für dich nicht taugt, gibst du nach und machst mit.

 

Als du feststellst, dass es dich nicht umbringt, dass es dich nicht ärmer macht, dass es dir gefällt, dass es dich reicher macht, dass deine Vorurteile gegenüber Neuem und dein Festhalten an Gewohnheiten dich am Vorwärtskommen hindern, kommt dir auf die Frage: „Na, wie war’s?“ ein verlegenes „Ganz gut“ über die Lippen. Zu einem größeren Zugeständnis bist du nach außen im ersten Moment nicht bereit. Zu dir selbst hast du längst gesagt: „Ich bin ein Arsch.“

 

So ging es mir zuletzt mit den Runden- oder Stundenläufen. Zwischenzeitlich sind meine Vorbehalte einer wachsenden Begeisterung gewichen. Als ich an Ostern die Wahl zwischen dem Marathon in Utrecht und dem 6Stundenlauf  in Wals bei Salzburg habe, steht für mich die Entscheidung ganz schnell fest.

 

Der Anblick der Münchener Allianz-Arena, die sich innerhalb kurzer Zeit zu einer Art Wallfahrtsort entwickelt haben muss, denn auch heute am Karfreitag tummeln sich wohl Tausende auf dem Gelände, und später der Blick auf die Schnee bedeckten Berge vor dem wolkenlosen, blauen Himmel, bestätigen mich in meiner Entscheidung schon bei der Anreise, lange bevor ich die Laufschuhe schnüre.

 

Um mir das Pickerl zu sparen, verlasse ich die Autobahn vor Salzburg, fahre ein kurzes Stück auf der B 20 Richtung Bad Reichenhall und dann zurück Richtung Salzburg nach Wals-Siezenheim, wie das mit 11.000 Einwohner größte Dorf Österreichs seit dem Zusammenschluss der beiden Gemeinden 1948 heißt.

 

Im nächsten Jahr kommt Wals-Siezenheim ganz groß raus. Hier ist nämlich das gleichnamige, 18.200 Zuschauer fassende EM-Stadion, Heimat von Red Bull Salzburg, das zurzeit von Giovanni Trapattoni und Lothar Matthäus trainiert wird und mit 14 Punkten Vorsprung auf Meisterkurs ist.

 

Mit dem Bus ist man von hier in ungefähr 15 bis 20 Minuten in Salzburg. Da braucht man für die Parkplatzsuche in der Festspielstadt manchmal länger. Im Hotel „Kamml“ ist man als Läufer gut aufgehoben. Zum Abendessen geht man in das große Nichtraucherrestaurant und am nächsten Morgen findet man am reichhaltigen Frühstücksbuffet auch ein gut sortiertes Müsliangebot.

 

Zum Start in der Schwarzenbergkaserne ist es ein Katzensprung, nimmt man die nahe gelegene Autobahn (Salzburg-Flughafen). Ich riskiere das ohne Pickerl nicht und mache deshalb einen kleinen Umweg. Auch so bin ich in ein paar Minuten dort.

 

Das Wetter ist an diesem Ostersamstag herrlich, keine Wolke ist zu sehen, aber es ist kalt, mehr als 5 Grad hat es in der Frühe nicht. Der Wachmann am Kasernentor kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er mir den Weg zum Startplatz erklärt. Wetten, er ist heute mit seinem verhassten Wachdienst hoch zufrieden und will mit keinem tauschen, der in seiner Kaserne heute 6 Stunden im Kreis läuft?

 

Was bei uns in Deutschland der Grundwehrdienst ist, ist in Österreich der Präsenzdienst, zu dem der Präsenzdiener für die Dauer von 6 Monaten herangezogen werden kann. Die Schwarzenbergkaserne ist flächenmäßig die größte Kaserne des österreichischen Bundesheers. Zu Zeiten der Besatzung war sie eine der größten in ganz Europa. Ihren Namen hat die Kaserne von Feldmarschall Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg, der die Hauptarmee in der Völkerschlacht zu Leipzig 1813 zum Sieg gegen Napoleon führte.

 

Geparkt werden kann ganz in der Nähe des Startplatzes. Dort sind bereits Getränke, Riegel und Obst für ein zweites Frühstück gerichtet. Nach der Landung der Fallschirmspringer gibt es vom Sektionsleiter des Heeressportvereins (HSV), Klaus Spielbüchler, letzte Hinweise, dann geht es um 10.00 Uhr auf den 1,481 Kilometer langen Rundkurs. 67 Läuferinnen und Läufer und 10 4er Staffeln sind bei der Ultralauf-Premiere im Salzburgischen am Start. Mit einer so großen Resonanz hat man nicht gerechnet.

 

Die Laufstrecke trägt deutlich die Handschrift eines erfahrenen Läufers, der Klaus Spielbüchler zweifellos ist. Den Marathon ist er schon unter 3 Stunden gelaufen, und beim 6Stundenlauf kürzlich in Ottobrunn hat er an der 70 km-Marke gekratzt. Die relativ kleinen Unterkünfte sind weit zurück gesetzt, davor gibt es Grünflächen mit altem Baumbestand. Sogar eine kurze Begegnungsstrecke ist eingebaut, was die Sache zusätzlich spannend macht. Dazu hat man einen herrlichen Blick auf den Untersberg, dessen bis zu 1973 Meter hohes Massiv (Hochthron) zu 2/3 in Deutschland liegt. Vom tristen Kasernenambiente, wie ich es aus meiner Wehrdienstzeit her kenne, keine Spur.

 

Die Strecke ist durchgängig mit Bändern und Absperrungen markiert, an den „kritischen“ Punkten sind Streckenposten, um niemanden in Versuchung zu führen. Die Runden werden per Championchip erfasst. In dem Gebäude gleich gegenüber der Verpflegungs- und Zeitnahmestelle stehen Toiletten zur Verfügung – eine perfekte Infrastruktur und Organisation also. Weil auch die äußeren Bedingungen geradezu ideal sind, hält Gerhard Weissengruber nicht mit seiner Absicht hinter dem Berg, über 81 Kilometer laufen und damit den österreichischen Rekord im 6Stundenlauf brechen zu wollen.

 

Am Start sind auch Regina Strasser, die schon über 70 km bei 6Stundenläufen erreicht hat und Anni Frotschnig, die in den letzten Jahren mehrfach knapp die 70 km-Marke verpasst hat. Also nicht nur ein großes Läuferfeld, sondern auch viel Klasse zur Premiere.

 

Auf hohem Niveau verrichtet auch Franz Sperrer, selbst ein „Laufverrückter“ und darüber hinaus Chef vom Dienst der LAUFSPORT, Österreichs größtem Laufmagazin, seinen Sprecher-Job und schildert den Zuschauern und Teilnehmern den Rennverlauf, stellt die Akteure vor und gibt zudem viele Informationen zur österreichischen und internationalen Lauf- und Ultraszene.

 

Kaum beginne ich meine dritte Runde, setzt das Führungstrio Ewald Weißengruber, Georg Lindner und Gerhard Eggenreich zur ersten Überrundung an. 6:30 Minuten ist ihr Rundenschnitt, was einem Kilometerschnitt von 4:20 Minuten entspricht.

 

Genau eine Minute pro Runde „langsamer“ ist Regina Strasser, die in selten gesehener Harmonie fast im Gleichschritt neben ihrem Mann Reinhold läuft – und das sechs Stunden lang, ich nehme es vorweg. Schneller ist nur Anni Frotschnig, die es in einem 24Stundenrennen schon mal auf fast 200 Kilometer gebracht hat.  Eva Jaksch vom veranstaltenden HSV-Trendsport Wals liegt an dritter Stelle mit Rundenzeiten um die 7:45 Minuten (= 5:10 für den Kilometer).

 

Angesichts dieser Zahlen hören sich meine Rundenzeiten (zwischen  8:47 und 9:34 Minuten) äußerst bescheiden an, von gravierenden Ausrutschern wegen mehr oder weniger ausführlicher Fotopausen gar nicht zu reden. Dass ich in diesem Bereich aber bis zum Schluss laufen kann, macht mich dennoch sehr zufrieden.

 

Obwohl die Verpflegungsstelle vielseitig und reichhaltig bestückt ist (Wasser, Iso, Cola, Suppe, Riegel, Obst, Gebäck usw.) haben viele Teilnehmer Eigenverpflegung am Streckenrand deponiert, oder bekommen sie vom mit gebrachten  Supporter oder Fanclub serviert. Da sind eingespielte Teams am Werk, das konnte ich deutlich beobachten.

 

Den reibungslosen Ablauf nutzt Sektionsleiter Klaus Spielbüchler (im Hauptberuf Unteroffizier) zu ein paar Jogging-Runden. Stolz erzählt er, dass seine Lebensgefährtin Anita Hartner, als Ideengeberin natürlich ebenfalls in die Organisation eingebunden, vor zwei Wochen in Ottobrunn beim 6Stundenrennen erstmals die Marathondistanz gelaufen ist und mit 44,702 km sogar deutlich übertroffen hat. Ich hatte es schon in meinem Bericht vom Waldhessenlauf erwähnt, ein 6Stundenlauf ist ideal für Einsteiger. Hier in Salzburg erlebe ich es wieder ganz deutlich.

 

Derweil kündigt Franz Sperrer an, dass Ewald Weißengruber voll im Plan liegt und, wenn er das Tempo durchhält, den angekündigten Rekordlauf erfolgreich abschließen kann. Er hat sich von seinen „Begleitern“ etwas absetzen können und zieht nun in einer sagenhaften Gleichmäßigkeit seine Bahnen. Ob ihn der Wind etwas stört? Manchmal bläst er ziemlich heftig von der Seite. Dafür sind die Temperaturen ideal, 18 Grad mögen es sein.

 

Für Anni Frotschnig läuft es nicht so gut. Sie kriegt nach 25 Runden Probleme, muss langsamer machen und nach der 31. Runde gibt sie praktisch auf. 30 Minuten später geht sie zwar erneut ins Rennen, aber nur noch, um am Ende „eine 50 km-Trainingseinheit“ erfolgreich absolviert zu haben. Regina Strasser übernimmt die Spitze vor Eva Jaksch. Jutta Groißhammer wird am Ende Dritte.

 

Ewald Weißengrubers Rekordlauf bleibt bis zum Schluss dramatisch. Am Ende meiner letzten Runde kommt er mir auf der Begegnungsstrecke entgegen. Vor ihm läuft der Zweitplatzierte Georg Lindner. Dem geht es nicht darum, noch ein paar Meter gut zumachen, er macht den Hasen und feuert den Ewald an: „Laß nicht abreißen, bleib dran.“ Der winkt siegessicher in die Kamera, zieht auch die letzten 3 Minuten durch und stellt mit 81,230 Kilometern einen neuen österreichischen Rekord im 6Stundenlauf auf.

Die schnellste 4er Staffel hat übrigens 92,105 km erreicht. Vier Nordic-Walker sind gestartet. Der Schnellste, Matthias  Greinz-Einberger, übertrifft dabei sogar die 42-km-Marke und erreichte 42,401 km. Seine Frau Andrea schafft 39,437 km.

 

Bei Eintopf und Gulaschsuppe, Kaffee und Kuchen kommt man schnell wieder zu Kräften. Bis zur Siegerehrung dauert es etwas, aber es lohnt sich zu warten. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekommen eine Urkunde und einen schönen Erinnerungspreis überreicht, dazu ein Sackerl mit Handtuch und anderen Sponsorengeschenken.

 

Am Schluss wird dann noch ein dicker Spendenscheck über 4.872 Euro überreicht, denn die ganze Veranstaltung läuft unter dem Motto „6 Stunden für ein Kinderlachen“ zu Gunsten der ClownDoctors Salzburg.

 

Die ClownDoctors sind keine Ärzte und sie heilen auch keine Krankheiten. Sie können aber die Heilung der kleinen Patienten beschleunigen, weil sie einen positiven Einfluss auf deren Psyche haben. Seit 12 Jahren arbeiten die “ClownDoctors Salzburg” in den Kinderabteilungen der Krankenhäuser des Bundeslandes Salzburg.

 

Laufstrecke:

1,481 km, völlig flach und asphaltiert. Herrlicher Blick auf die umliegenden Berge.

 

Start:

Schwarzenbergkaserne Wals-Siezenheim

 

Anfahrt:

Auch ohne Pickerl mit nur kleinem Umweg möglich

 

Verpflegung:

Erstklassig: Wasser, Iso, Cola, Suppe, Riegel, Obst, Gebäck usw.. Eintopf und Gulaschsuppe nach dem Lauf

 

Logistik:

Parkplatz in unmittelbarer Nähe, Dusche und Toiletten im Gebäude neben der Verpflegungs- und Zeitmeßstation

 

Auszeichnung:

Urkunde, Erinnerungsgeschenk und Finishersackerl

 

Informationen: Salzburger 6-Stunden-Lauf
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