Mitte November, die Laufsaison ist so gut wie vorbei, alles wartet auf die Adventszeit, Weihnachten und die Silvesterläufe. Dennoch vielleicht die beste Zeit, einen Ultratraillauf mit ganz besonderer Note zu veranstalten. Bei diesem Lauf im Naturpark Hochsauer waren am 18. November 50,160 km mit Start und Ziel in Heiderscheid zu bewältigen.
Heiderscheid? Wo liegt denn das? Klingt irgendwie deutsch, ist aber ein 500 Seelen Ort in den Luxemburger Ardennen zwischen Belgien und Deutschland mit sauerland-ähnlichen Landschaftszügen. 196 Teilnehmer gingen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sowie Windstille um 9 Uhr auf die Rundstrecke, die 1.826 Meter bergab und auch die gleiche Anzahl Höhenmeter wieder hinauf führt. Trailrunning – wieder so ein englisches Wort, das sich als eine Folge der Joggingwelle beginnend in den 1970er Jahren in den Büchern der Laufwelt etabliert hat.
Man könnte auch sagen Querfeldeinlauf: schmale Pfade voll mit undurchsichtigen Blättern, Bergauf-Passagen mit glitschigen Steinen, noch mehr schmale Pfade (zwei Fuß breit), steil bergab (was zur Folge hatte, dass man bergab langsamer war als bergauf), teilweise Wurzeln, Split und Schotter, Gras – alles, was man so begehrt. War im Vorjahr der Lauf durch Dauerregen zu einer wahren Schlammschlacht geworden, so blieb uns dies heute bei teils sonnigem Wetter erspart. Der Anteil der „Autobahnen“, also feste und asphaltierte Wege, dürfte bei 15-20 % gelegen haben. Dazu das eine oder andere steile Stück, wo gerade zum Ziel hin manche nicht mehr laufend hoch kamen, auch ich nicht.
Um dem ganzen die persönliche Note nicht vorzuenthalten: den Anfang, der bis Kilometer 5 dem Monschau Marathon sehr ähnelt (zum Teil steil bergab) sollte jeder defensiv zum Einrollen nutzen, um dann bei der Verpflegung in der Nähe von mehreren Windrädern so richtig Fahrt aufzunehmen. Alternative, regenerative Energien – ein Thema der Zukunft, auch wenn der Benzinpreis hier in Luxemburg ca. 0,25 Euro niedriger ist als in Deutschland. Pro Liter!
Was besonders auffällt, sind die überaus freundlichen Menschen an den Verpflegungspunkten, die dick eingepackt Wasser, warmen Tee, Bouillon und später Cola im Zusammenspiel mit Keksen, Riegeln und Bananen offerieren. Bei dem kräftezehrenden ständigen Auf und Ab mit immer wechselndem Untergrund ist Essen und Trinken heute ganz wichtig.
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Zwischendurch natürlich wenig Zuschauer, meditatives Laufen mit immer wieder fantastischen Ausblicken ins Tal der Sauer, die an mehreren Stellen als Talsperre die Landschaft verzaubert. Als kurz vor KM 30 eine solche Talsperre bei Lultzhausen überquert wird, muss ich an Simon & Garfunkel denken. Gerade noch im Sound of Silence durch einsame Seitentäler, über Brücken mit reißendem Wasser , Bridge over troubled water , jetzt also vorbei an der Jugendherberge, wo am Vorabend die Pasta Party stattfand. Auch heute wieder Kalorien auffüllen, denn auf den nächsten 10 Kilometern wird jeder Läufer sofort wieder Teil des Naturparks.
Keine Menschenseele weit und breit, weder Vordermann noch Hintermann sind sichtbar. Wäre jetzt die Strecke nicht sehr gut gekennzeichnet – ich würde regelrecht im Wald stehen. Und immer wieder dieser schöne Mix aus Wiesen und Wäldern am Rand von Bächen und Stauseen – einfach spitze! Hierfür von mir die Höchstnote, denn viele Streckenteile erinnern mich an den Monschau Marathon, den Rothaarsteig Marathon oder den Rothaar Waldlauf – alles Strecken, die ich innig liebe.
Nur die Konversation untereinander ist sehr spärlich, aber ich glaube die vorwiegend Luxemburger LäuferInnen genießen dieses Lauferlebnis genau wie ich lieber nach innen. 45, 46, 47, 48 – neben Robin Hayes, einem Läufer aus Irland und mit John van Rijn aus Rotterdam, der dieses Jahr den Ultratrail Montblanc bestand, stehe ich nun am Fuße der letzten Steigung hinauf nach Heiderscheid. Schon jetzt bin ich sprachlos ob der magischen Momente und Stunden, die hinter mir liegen.
Ich lege eine Gehpause ein, denke daran, dass ich nach einjähriger Krankheitspause erst wieder am 1.8.07 mit dem Ausdauertraining begann. Bin so dankbar, heute hier nach 5 Stunden und 40 Minuten das Ziel zu erreichen. Dort wartet schon Roland Breitenmoser auf mich, auch „Ein Davoser der ersten Stunde“, sind wir doch dort beim K78 Swiss Alpine Marathon die ersten 20 Läufe seit 1986 erfolgreich mitgelaufen. Ein Kuss meiner Partnerin, eine warme Dusche – Läuferherz, was willst du mehr. Auch im Depressionsmonat November kann das Leben so schön sein.
Merci Trail Uewersauer. Merci Grand Duche Luxembourg. Abgerundet wurde dieses rundherum positive Fazit mit der Tatsache, dass der Veranstalter auch diesmal wieder einen Scheck an Unicef Luxemburg übergab, und zwar ein stolzer Betrag von 2.000 Euro, was mich als Unicef Laufbotschafter natürlich ganz besonders freute.
Auszug aus der Ergebnsiliste, Ultratrail 50,1 km,
182 Teilnehmer im Ziel
Männer
1. José Azevedo, Portugal 3 :45 :32
2. Marc Vanderlinden, Bel 3 :54 :29
3. Georges Krier, Lux 3 :54 :29
4. Helmut Dehaut, D-Wallhalben 4 :01 :04
5. Frank Muller, Lux 4 :15 :59
6. Stephane Adam, Bel 4 :23 :26
7. Bernhard Glasow, D-Saarbrücken 4 :27 :11
8. Robert Feller, D-Birkenfeld 4 :28 :18
Veranstaltungsort :
Heiderscheid/Luxemburg
Angebot :
Staffel (3 Teilnehmer), Sprint-Trail (10 km), Ultra-Trail (50,160 km), Walking (10, 20, 35 km)
Teilnehmer 2007 :
insgesamt 526 LäuferInnen im Ziel
Auszeichnung:
Für 37 Euro Startgeld erhält man einen schönen Beutel in Art einer Fahrradkuriertasche, ein langärmliges Funktions-T-Shirt mit dem Logo des Trail, Bon für ein Essen im Ziel, keine Urkunde, keine Medaille
Streckenführung:
sehr abwechlungsreicher und landschaftlich herrlicher Rundkurs über Felder, Wiesen, schmale Wege entlang von Bächen und des Grenzflusses Sauer, Höhepunkt ist die Überquerung der Sauertalsperre bei Lultzhausen mit seiner achteckigen Kapelle