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Laufberichte

First Winter Edition

28.10.12
Autor: Klaus Duwe

Nein, ich habe nichts gegen die Schweizer. Nein, die Luzerner haben mir nichts Böses getan. Ich bin es leid, mich dafür zu rechtfertigen, dass ich beim Lucerne Marathon bisher nicht am Start war.

Dabei ist der Grund ganz einfach: Daniel, unser Schweizer Freund, ist hier Stammgast und meist in Doppelfunktion als Pacer und Schreiber unterwegs. Wo immer es geht, vermeide ich es, ihm über den Weg zu laufen, um stattdessen von anderer Stelle zu berichten.  Umso mehr freue ich mich, wenn die Ausnahme die Regel bestätigt.

Gleich als die erste Meldung über den bevorstehenden Wintereinbruch über die Nachrichtensender verbreitet wird, lasse ich mein Gefährt auf Winter umrüsten. Wohl wissend, dass mir das wenig nützt, wenn ich auf schneebedeckter Autobahn zwischen sommerbereiften Autos stecke. Aber einmal muss ja doch sein, warum nicht jetzt?

Trotz Schneefall blitzt es zweimal auf der Autobahn. Zweimal bin ich, so hoffe ich, nicht gemeint. Es lohnt sich, in der Schweiz diszipliniert zu fahren. Es drohen happige Strafen. Ich kenne jemand, der musste ein paar hundert Euros zahlen und durfte sich wegen Fahrverbots einige Monate nicht bei den Eidgenossen blicken lassen.

Mit ziemlicher Verspätung komme ich in Luzern an. Einchecken, Mails abrufen, Seite aktualisieren, dann noch schnell die Startunterlagen  im Hotel Schweizer Hof abholen, Schwätzchen machen und schon dämmert es. Stadtbesichtigung?  Würde sich lohnen. Ich komme aber nur bis zu einem Italiener, bei dem noch zwei Stühle frei sind. Eine Pizza oder ein Teller Nudeln kosten so viel wie bei uns ein Steak im Maredo. Aber das hatten wir schon mal. Gäbe es den Mindestkurs von 1,20 nicht, sähe es für uns Euro-Zahler noch schlimmer aus.

Luzern ist eine vergleichsweise „junge“ Stadt. Die Gründung, so schätzt man, erfolgte um 1200. Umso rasanter war die Entwicklung als Verwaltungsstadt und Stützpunkt im stark zunehmenden Verkehr über den Gotthard.  Markenzeichen der am Vierwaldstädtersee und zwischen Pilatus (2128 m) und Rigi (1798 m) gelegenen Stadt ist die Kapellbrücke mit dem Wasserturm, 1365 als Wehrgang gebaut, heute Touristenattraktion und Verbindung zwischen der durch die Reuss getrennte Alt- und Neustadt. 

Es ist kalt und es schneit unaufhörlich. Ich nehme mir vor, die Stadtbesichtigung an Weihnachten nachzuholen. Dann scheint bestimmt die Sonne bei 20 Grad.

Am Morgen wartet ein großzügiges Frühstück-Buffet zu extra früher Stunde auf die Läufer samt Begleiter. Ich sündige mich durch das leckere Angebot, aber in kleinen Dosen. Dann pilgere ich der verschneiten Promenade am See entlang zum Startplatz beim Schweizer Verkehrshaus. Heute ist ideales Wetter, um einen Tag zwischen Autos, Schiffen und Lokomotiven im  meistbesuchten Schweizer Museum zu verbringen.  Aber die, die den Wallfahrtsort der Technik-Freaks heute bevölkern, zieht es gleich wieder nach draußen.

Zuvor kriege noch mit, warum  Daniel sich den Luzern Marathon nicht ausreden lässt. Als Pacer genießt er Privilegien, die vielleicht einmalig sind und der noch nicht einmal unsere Katrin Dörre-Heinig widerstehen kann. Sie coacht die 1:45 Stunden-Halbmarathonis, Daniel die 4:45-Marathonis. Auf einer separaten Etage teilen sich die Pacer großzügige Räumlichkeiten und Kaffe und Gipfeli mit den staffellaufenden Parlamentariern und den Presse-Fritzen. Auch ein harter Trailer wie Daniel hat es mal gern, wenn er gepampert wird. „Wenigstens ist es orange“, tröstet er mich, als ich reklamiere, dass er mit dem offiziellen Pacer- statt mit seinem Diensthemd an den Start geht.  Gleichzeitig überlässt er mir exklusiv die Reportertätigkeit.

Gute Laune vor dem Start ist bei Hobbyläufern und Breitensportlern obligatorisch. Heute scheint es, als würde das nasskalte Schneetreiben den Fun-Faktor statt zu killen eher noch zu steigern.  Die etwas wetterempfindlicheren Eliteläufer sind erst gar nicht am Start. Auch das hat nichts mit dem Wetter zu tun. Denn wo keine Antritts- und/oder Siegprämien locken, laufen sie auch bei schönem Wetter nicht. Und so hat, wer als Fun-Runner, Hobbyläufer oder Breitensportler in der Lage ist, 42,195 km zwischen 2:30 und 2:40 Stunden (Mädels unter 3:00 Stunden)abzuspulen, eine echte Chance, am Ende ganz vorne zu landen.

Bewegung ist das beste Anti-Kältemittel. 9.00 Uhr, es geht los. Ist man nicht gerade Trommler, hat man als Musiker da nur eingeschränkte Möglichkeiten. Zum Glück ist die „Uniform“ der ersten Guggemusik wintertauglich.

Die Haldenstraße führt direkt am See entlang. Auf dem bunten Laub der Bäume liegt dick der Schnee. Die Ausflugsschiffe haben heute außerplanmäßig einen Ruhetag. Kein Mensch hat bei diesem Wetter Lust auf eine Fahrt auf den von Bergen umgebenen, weit verzweigten  Vierwaldstättersee, an den vier Kantone grenzen:  Uri, Unterwalden, Schwyz und Luzern.  Dem Wasser schreibt man Trinkwasserqualität zu. Im Sommer wird er bis zu 22 Grad warm, jetzt vielleicht 10. Die Luft ist kälter, es hat knappe Plusgrade.

Wo die Reuss in den See mündet, laufen wir über die Seebrücke zum Europaplatz. Rechts sieht man auf die Kapellbrücke mit ihrem über 200 m langen, mit Blumen geschmückten, überdachten  Holzsteg. Der achteckige Wasserturm musste in seiner langen Geschichte, er wurde um 1300 erbaut, schon für vieles herhalten. Als Eckpfeiler der einstigen Stadtbefestigung war er Schatzkammer, Kerker und Folterkammer. Heute findet man dort einen Souvenirladen und das Vereinslokal des Luzerner Artillerievereins. 

Vorbei am Bahnhof kommen wir zum KKL, über das es später was zu sagen gibt. Zunächst fällt auf, dass hier unglaublich viele Menschen die Läuferinnen und Läufer feiern. Unglaublich deshalb, weil man sich weiß Gott was Besseres denken kann, als bei Schnee und Kälte anderen beim Sporteln zuzusehen.  Dem Gekreische der Fans folgt der getragene Vortrag der Alphornbläser, der wiederum wird abgelöst von den schrägen Klängen der „Luzärner Häxe“. Die Guggemusiker haben in Marathonkreisen eine guten Namen, denn auch beim Zermatt Marathon sind sie unermüdlich im Einsatz. Der Schwung tut gut, die Straße geht jetzt nämlich deutlich spürbar aufwärts (km 5).

Die Strecke ist ein 21 km langer  Rundkurs von der Stadt aus um die Halbinsel Horw,  zum gleichnamigen südlichen Vorort von Luzern und zurück in die Stadt. Marathonis laufen die Strecke zweimal.  1635 Läuferinnen und Läufer sind mit dieser Absicht gestartet, nur 217 sind davon aus unterschiedlichen Gründen abgekommen. Ich lasse es auch mit einer Runde gut sein, bin allerdings bereits mit dieser Absicht losgelaufen.

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Informationen: SwissCityMarathon Lucerne
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